Es folgt das sehr interessante Tagebuch von Gabrielle bis zur Eheschließung mit dem Gründer der Venus Society, Wilhelm van Wettering. Wir haben zahlreiche Anfragen bekommen von den vielen mitfühlenden Lesern der Internet Gemeinschaft, welche mehr darüber erfahren wollten, wie wir unsere Frauen behandeln. Folglich habe ich, der Archivar unserer Gesellschaft, mich darum bemüht eine interessante Auswahl aus den Tagebüchern der Frau van Wettering, vormals Fräulein van Hessel, zusammen zu stellen.
Dave Potter
Gabrielles Tagebücher sind umfassend und gehen auf ihre frühesten Jahre zurück. Im Besonderen sind der Kummer über den Tod ihrer Mutter und auch des Vaters dokumentiert. Ebenso detailliert beschrieben ist ihre Kindheit, welche sie auf einem Boot verbracht hat, gekleidet und frei wie ein Junge. Es scheint, dass ihr jede Freiheit bewilligt wurde und dass sie ermutigt wurde, in einer unabhängigen Weise zu denken. Allerdings habe ich beschlossen, meine Auswahl ab dem Zeitpunkt des Eintreffens im Hause des Onkels, Jacob van Hessel, einzugrenzen. Es sollte allerdings beachtet werden, dass ihre Eltern innerhalb eines Jahres nacheinander an einer schweren Krankheit verstarben. Ebenso dass sie nach dem Begräbnis ihres Vaters vom Boot, das ihr Heim gewesen war, genommen, und zum strikten Haushalt ihres Onkels in der Ortschaft von Zierikzee in Zeeland gebracht wurde. So beginnen wir mit dem Tagebuch, als sie fast dreizehn Jahre alt war.
Die Tagebücher geben uns ebenso einen Einblick in den Charakter von Gabrielle, als auch ihres Onkels und der Tante. Im Besonderen können wir erkennen, dass Jacob van Hessel keine Achtung vor den Frauen in jener Zeit hatte. Das trifft besonders auf Gabrielle und ganz speziell auch auf seine Ehefrau zu. Erfahren Sie, lieber Leser, die Art, wie er das Mädchen seinem Regiment unterwarf. Seine Art zu denken und zu handeln. Bis zu jenem Zeitpunkt, als sie im Jahre 1826 zwangsverheiratet wurde.
Obwohl ihre Tante auf ähnliche Art wie Gabrielle unterworfen wird, können wir doch kleine Unterschiede erkennen. Frau van Hessel rebellierte niemals und schien ihre erzwungene Keuschheit und all die Beschränkungen als eine gerechte Strafe für ihre schreckliche Sünde des Ehebruchs mit van Ouden zu akzeptieren. Gabrielle dagegen niemals, nicht einmal nach ihrer Ehe. Sie akzeptierte niemals ihre weibliche, als auch restriktive Kleidung. Man kann sich nur vorstellen, wie sich Jacob van Hessel gefühlt hat, als er jegliche Aufruhr im Keim unterdrücken musste, und welchen Erfindungsreichtum er an den Tag legte. So ist er für uns ein wahrer Lehrmeister und Inspirator.
18. Oktober, 1826
Ich kam heute am Haus meines Onkels an. Es ist ein schmales Stadthaus in der
Ortschaft von Zierikzee. Um ehrlich zu sein, hatte ich, bevor ich ankam, wenig
an mein neues Leben gedacht. Ich trauerte so sehr über Mama und Papa. Sobald ich
eintrat, bemerkte ich allerdings, dass die Dinge sich ändern sollten. Meine
Tante ist eine kleine, hübsche Frau. Sie sieht liebenswürdig, ruhig und ziemlich
eingeschüchtert aus, nicht wie meine gute starke Mama. Mein Onkel ist dagegen
ein großer, starker Mann. Er scheint streng zu sein, da bin ich mir sicher. Ich
kam abends an und wir aßen Abendessen zusammen. Dann wurde ich in meinem Raum
geführt. Mein Onkel sagte, dass er Morgen mir mein neues Leben erklärt wird. Ich
muss sagen, dass mein Onkel sehr liebenswürdig gewesen ist. Mein Raum ist
großzügig und teuer möbliert, allerdings für mich ein wenig zu weiblich. Überall
hängen und liegen Schleifchen und Deckchen herum. Ich untersuchte die Garderoben
und fand eine Reihe von Kleidern der neuesten Mode. Morgen werde ich meinem
Onkel erklären, dass ich vorziehe Hosen und Jungenspiele bevorzuge. Ich hoffe so
sehr, dass ihm Angel gefällt. Es gefiel mir immer mit Papa angeln zu gehen, und
auf die Bäume zu klettern. Ich werde meinen Onkel darum bitten mich zu
begleiten.
19. Oktober, 1826
Oh, mein Leben ist jetzt ganz schrecklich! Nicht nur Papa und Mama haben mich
verlassen, auch mein Onkel wünscht dass ich mein Leben vollkommen verändere.
Heute Morgen weckte mich eine Zofe und versuchte mir ein rosafarbenes Kleid
anzuziehen, aber ich lehnte ab. Ich zog meine übliche Kleidung an und ging
hinunter frühstücken. Als mein Onkel mich sah, verfinsterte sich sein Gesicht,
aber er sagte nichts. Allerdings wurde ich danach zum Wohnzimmer gerufen und er
fragte warum ich nicht das Kleid trug, das er für mich zur Verfügung gestellt
hatte. Ich sagte ihm, dass ich nicht unhöflich sein wollte, aber ich bevorzugte
meine alten Kleidungsstücke, da sie leichter waren, ich besser damit fischen und
herumklettern könnte. Und dann fragte ich ihn, ob er mit mir Angeln gehen
wollte. Allerdings wurde sein Gesicht, anstatt zu lächeln wie Papa es immer
machte, finster wie ein Unwetter und er fing an schreckliche Dinge über mein
Mama und Papa zu rufen. Ich befahl ihm solche Dinge nicht zu sagen, da sie eine
wunderbare Mama und Papa für mich waren, aber er wurde noch böser. Er sagte dass
ich eine Schande für den Namen van Hessel sei, und dass ich so lange ich unter
seinem Dach wohnen würde, als ein Mädchen leben würde, nicht wie ein Junge. Als
ich protestierte dass ich nicht als Mädchen leben wollte, antwortete er dass
meine Meinung ihn nicht interessiere, mir nur schaden, und ich es nicht zu einer
Dame dieser Gesellschaft bringen würde. Mit wurde dann befohlen mich sofort nach
oben zu begeben und das Kleid anzuziehen, was er gekauft hatte.
Das Kleid war vollkommen entsetzlich und schrecklich zu tragen. Es war rosa mit
großen aufgedunsenen Ärmeln und geschmückt mit riesigen gelben Schleifen und
Bändern. Darunter trug ich nicht weniger als zehn Unterröcke so dass es sich
aufbauschte und meine Beine ungeschützt blieben. Außerdem trug ich lächerlich
aussehende weiße Spitzenunterhöschen.
Am Schlimmsten war allerdings, der um meine Mitte gezogene Gürtel, den die Zofe
übermäßig eng schloss. Ich schnappte nach Atem. Als ich mich beklagte, bestand
sie darauf, da das Kleid nicht recht aussehen würde wenn meine Taille zu breit
wäre und außerdem wäre es gutes Training. Der Gürtel wäre im Gegensatz zu einem
Korsett noch gar nichts. Ich erwiderte, dass ich niemals ein Korsett tragen
würde, ich niemals ein solch dummes Gewand benutzt würde. Darauf sagte die Magd
nichts. So wusste ich, dass ich meinen Standpunkt klar gemacht hatte.
Seidenstrümpfe mit engen Strumpfbändern, die meine Schenkel zwickten und rote
Abdrücke hinterließen, wurden über meine Beine gezogen. Ein furchtbares Paar
schwarzer Schuhe mit hohen Absätzen, die meine Füße abknickten, folgte.
Die Zofe ließ mich dann weiße Handschuhe tragen und kämmte mein Haar aus, bevor
sie zu zwei kurzen Ringelzöpfen teilte und mit rosafarbenen Schleifchen
dekorierte.
Als ich mich im Spiegel sah, war ich entsetzt. Die Gabrielle, das ich kannte,
war verschwunden. Stattdessen sah ich ein schrecklich putziges Mädchen, das eher
sieben Jahre alt erschien, als zwölf. Als ich nach unten geführt wurde, erklärte
sich mein Onkel mit der Änderung für zufrieden und sagte, dass ich immer solche
Kleidungsstücke tragen werde, bis ich alt genug sei die Kleidung einer Frau zu
tragen. Um mir zu zeigen, wie glücklich er war, schenkte er mir eine
Spielzeugpuppe. Ich meinte, dass er vielleicht nur nett zu mir sein wollte, aber
mir gefallen keine Puppen und ich habe niemals mit ihnen gespielt. Diese Puppe
ist besonders schrecklich. Sie ist hat blondes Haar, ein Gesicht das ein
bisschen meinem eigenen ähnelt, hat alberne Ringellocken und ein dummes
gerüschtes blaues Kleid mit breiten Röcken und riesigen Ärmeln. Sie sieht so
dumm und mädchenhaft aus, dass ich sie hasse. Ich habe sie ins Regal gestellt
und mit einem Ball beworfen. Viele Mädchen wären glücklich über mein Leben
gewesen, aber ich hasse es. Ich habe beschlossen von diesem schrecklichen Haus
und diesen dummen Kleidungsstücken davonlaufen und zu den Wasserkanälen zurück
zu kehren.
20. Oktober, 1826
Ein weiterer schlechter Tag. Ich wurde früh geweckt und von der Zofe gebadet und
dann ein furchtbares Schottenkarokleid mit einem dummen Strohhut gesteckt. Dann
musste ich mit meiner Tante einen Spaziergang um die Kirche machen. Mein Onkel
bestand darauf, dass ich meine Puppe, er nannte sie Gabrielle wie mich, mit mir
trage. Es war furchtbar! Meine Tante, die ein sehr enges Korsett und viele
Unterröcke trägt, geht so langsam und schimpft mich immer aus, da ich ständig
davon laufe. Mit ihrer langsamen Geschwindigkeit zu gehen ist so langweilig! Und
als wir dort waren sah ich ein anderes Mädchen in meinem Alter welche gegenüber
ihrer Mama Bemerkungen machte, wie hübsch mein Kleid war und wie süß meine Puppe
aussah. Dieses Mädchen, trug ihr braunes Haar mit albernen Ringellocken, wie
meine Puppe. Sie sah so übertrieben mädchenhaft aus. Ich bin sicher, dass wenn
ich ihr eine hauen würde, sie sofort umfallen würde. Nach dem Spaziergang lernte
ich Rechnen und Singen. Es war so langweilig. Ich habe beschlossen, diese Nacht
davonzulaufen und meine Vorbereitungen schon gemacht.
21. Oktober, 1826
Oh es ist völlig so furchtbar! Meine Flucht zu den Wasserkanälen hat nicht
geklappt. Vor fünf Tagen ging ich zu Bett, gekleidet in diesem furchtbaren
gerüschten Nachtgewand, und nun wartete ich bis alle Lichter ausgemacht wurden.
Dann stand ich ganz leise auf und zog meine alten Hosen und das Hemd an, welche
ich für diesen Fall versteckt hatte. Ich setzte mir die Mütze eines alten
Bootsmanns auf, Papa hatte sie mir mal gegeben, öffnete das Fenster, kletterte
am Regenrohr herunter und schlich mich davon. Ich beschloss, dass ich am Besten
nach Norden, nach Rotterdam fliehen sollte. Ich schlich durch die Stadt, immer
im Schatten bleibend, da mein Onkel viele Freunde in der Stadt hatte. Sobald ich
auf dem Land war, ging ich in der Mitte der Straße entlang. Nach ungefähr
zwanzig Minuten hörte ich eine Kutsche kommen. Es winkte und sie blieb stehen.
Darin war ein junger Mann von ungefähr achtzehn. Er fragte, wo ich hin wollte.
Ich sagte Rotterdam. Er antwortete, dass er in der gleichen Richtung fahren
würde, und ich einsteigen sollte. Als wir beieinander saßen, unterhielten wir
uns. Er sagte, dass sein Name Wilhelm war und dass er nach den Ostindischen
Inseln wollte, und dass sein Schiff nach Batavia am Morgen auslaufen würde. Als
ich über mich erzählte, war er über mein Alter überrascht, denn ich sah wegen
meiner Kleidung älter aus. Er fragte, warum ich von meinem Onkel weg lief. Ich
sagte ihm, dass mein Onkel versuchte, mich in ein kleines Mädchen umzuwandeln,
und ich wollte Kleider und dergleichen nicht tragen. Da lachte er und sagte dass
Frauen Kleider und alle weiblichen Dinge tragen sollten und dass mein Onkel
Recht hatte, nicht ich. Er fügte hinzu, dass ich als sein Mündel auch inzwischen
ein Korsett tragen sollte.
Während er dies sagte, bemerkte ich zu meinem Entsetzen, dass er anfing meine
Schenkel mit seiner hageren Hand zu reiben. Dann berührte er meine Taille und
meine Brüste. Ich begriff, dass dieser Mann gefährlich war, so wie diese
schrecklichen Kerle, von denen ich gehört hatte. Zuerst sind sie ganz nett, und
dann fallen sie plötzlich über einen her. So beugte ich mich vor, biss in seine
Hand und sprang dann aus der fahrenden Kutsche heraus. Ich lief über die Felder.
Er blieb stehen und begann nach mir zu suchen, aber ich war in der Kunst geübt
durch das Unterholz umherzustreifen, und er nicht. Nachdem er mich ungefähr
zwanzig Minuten gesucht hatte, fuhr er ohne mich weiter, sehr zu meiner
Erleichterung.
Wie seltsam doch das Leben verläuft. Jener Wilhelm, den sie damals traf, war kein anderer als ihr zukünftiger Ehemann van Wettering. Und was für ein Zufall, dass sie sechs Jahre später zusammentrafen. Ein Grund dafür, dass sie sich nicht wieder erkannten, war die Dunkelheit bei ihrer ersten Zufallsbegegnung, ein anderer ihre Erscheinung als Junge verkleidetes Mädchen. Ganz im Gegensatz zu der Erscheinung sechs Jahre später. Als van Wetterung eines Tages in Batavia die Tagebücher seiner Ehefrau fand, wurde er sich der vollen Wahrheit bewusst. Er gab frei zu, dass seine Absicht war sie zu vergewaltigen. Sie sah damals auch als Junge verkleidet recht nett aus. Er macht sich sogar über die Tatsache lustig, dass das größte Hindernis zu seiner späteren Ehe fast er selber gewesen wäre.
Ich wanderte dann einfach weiter über die Felder. Aber leider wurde ich wegen
der Anspannung wieder müde und unaufmerksam. Ich geriet in einen Sumpf. Ich
schrie um Hilfe und ein Knecht eines nahen Bauernhofes hörte mich. Er und ein
anderer eilten herbei und retteten mich. Allerdings wurde der Gendarm gerufen
und meine Identität wurde entdeckt und am gleichen Morgen wurde ich vom
Gesetzeshüter zum Haus meines Onkels zurück gebracht.
Mein Onkel war wütend über meinen Fluchtversuch und erklärte, dass er bisher zu
nachsichtig gewesen war, und es war offensichtlich, dass ich ein aufsässiges
Frauenzimmer war, das etwas Disziplin benötigte. Er bestand darauf, dass von
jetzt an mein Gürtel immer mehr gespannt werden muss, zu einem Kreisumfang von
45 cm. Das war äußerst eng für mich. Außerdem sollten meine Hände ständig auf
dem Rücken gefesselt sein, wenn ich sie nicht unbedingt benötigen würde.
Dies wird getan, indem man sie mit an meinen Röcken festgenähten Bändern
fesselt, welche zusätzlich mit großen Schleifen dekoriert werden. Nun kann jeder
sehen, dass meine Hände hinten gefesselt sind. Für die Nacht hat er befohlen
meine Hände mit Schnüre an die Bettpfosten zu fesseln, sodass ich keine weiteren
nächtlichen Abenteuer versuchen kann. Am schlimmsten von allen ist allerdings
der Kragen und die Leine, welche er für mich hat machen lassen, ähnlich dem der
Hunde. Auch dieses muss ich ständig tragen. Als ich laut über diese furchtbaren
grausamen Maßnahmen protestierte und angefangen hatte zu weinen, stopfte er ganz
verärgert ein Taschentuch in meinem Mund und band ein weiteres Tuch um meinen
Kopf, so dass ich nur stöhnen und wimmern konnte. Er befestigte dann die Leine
meines Kragens am Bettpfosten. Ich versuchte meine gefesselten Handgelenke zu
befreien, aber je mehr ich zog, desto enger zogen sich die Schnüre zusammen, bis
sie schmerzhaft ins Fleisch schnitten. Dann versuchte ich den Knoten
aufzumachen, der die Leine am Bettpfosten hielt, aber meine Finger, welche in
den engen Handschuhen steckten, konnten die Knoten nicht lösen. Ich wurde in
jener Lage für fünf Stunden gehalten, und nur für meine Gesangstunde am
Nachmittag freigelassen.
23. Oktober, 1826
Wie ich meine neuen Röcke hasse! Sie stehen so weit ab und ständig komme ich
überall dran oder stoße etwas hinunter. Wenn ich mich hinsetze, erheben sie sich
vorne und sind ein furchtbares Ärgernis. Wie ich mich zu meinen Hosen zurück
sehne, wie ich draußen herumtollte. Das ist alles unmöglich mit solch einer
lächerlichen Ausstattung.
28. Oktober, 1826
Ein erniedrigender Tag. Wir machten unseren gewöhnlichen Spaziergang um die
Kirche herum, wo wir üblicherweise niemand trafen, außer heute. Wir trafen den
Pastor. Er und mein Onkel kannten sich offensichtlich und der Pastor fing an zu
fragen wer dieses 'hübsche kleine Mädchen' neben ihm war, und warum ihre Hände
an dem Rock gebunden waren, und eine Leine an ihrem Halsband befestigt sei. Mein
Onkel antwortete, dass ich seine Nichte und Mündel war, und dass ich so fixiert
wurde, weil ich unartig gewesen war, und versucht hatte davonzulaufen. Der
Pastor sah mich hart an und sagte dass es Jesus keine kleinen unartigen Mädchen
mochte, und dass ich mehr auf meinen Onkel hören sollte, der nur das Beste für
mich wollte. Er lud uns dann zu seinem Haus ein, einer Einladung die mein Onkel
annahm. Ich wurde seiner Tochter Maria vorgestellt, welche sehr zu meinem
Entsetzen genau jenes albernes kleines Mädchen war, welcher ich mit meiner Tante
schon begegnet war.
Der Pastor schlug vor dass wir zwei Freundinnen sein sollten und schickte uns
auf ihr Zimmer. Sie konnte nur über Puppen, Kleider und Spazierengehen reden.
Sie sehnte sich so sehr nach ihr erstes Erwachsenenkleid und das zugehörige
Korsett. Ich beschloss die Gelegenheit zu nutzen, sie darum zu bitten, mich von
meinen Fesseln zu befreien, aber sie lehnte ab. Und als ich sagte, dass ihr
Vater und mein Onkel es niemals erfahren würden, antwortete sie, ‚sie wissen es
nicht, aber Jesus sieht alles’. Nach zwei Stunden dieses Fegefeuers, rief mein
Onkel dass wir nach Hause gehen. Es wurde angenommen, dass Maria einen guten
Einfluss auf mich habe, und so sollte ich sie ab nun regelmäßig besuchen.
30. Oktober, 1826
Wie langweilig mein neues Leben ist! Täglich wird mir diese dumme Ausstattung
angezogen, ich werde wie ein Hund durch den Park geführt und muss die eitle
dumme kleine Maria aushalten. Lieber Gott, befreie mich aus dieser Lage!
4. November, 1826
Ich wurde bestraft. Ich hatte eine Keramikfigurine mit meinen dummen Röcken zu
Boden geworfen. Ich musste in der Eingangshalle stehen. Ein Ball wurde in meinen
Mund gedrückt und mit einem Lederriemen gesichert, der in meinem Nacken
gesichert wurde. Ich wurde an einer der Säulen festgebunden und musste dort den
ganzen Nachmittag stillstehen.
8. November, 1826
Es wird schlimmer. Meine Zofe setzte mich heute auf einen Stuhl und verpasste
mir, auf Anordnung meines Onkels, eine neue Frisur. Obwohl mir die kurzen Zöpfe
nicht gefielen, sind die neuen Ringellocken noch schlimmer. Sie kitzeln und
hüpfen den ganzen Tag um mein Gesicht herum. Maria gratulierte mich zu der neuen
Frisur und sagte, dass wir jetzt wie Schwestern aussehen.
14. November, 1826
Wieder bestraft. Diesmal verspritzte ich während meines Algebraunterrichts Tinte
auf meinen weißen Handschuhen. Ich musste den Ball im Mund tragen und wurde für
den Rest des Tages an der Säule gefesselt. Mein Onkel bestand darauf, dass ich
den Ball auch im Bett tragen werde.
15. November, 1826
Ein schrecklicher Tag! Mein Onkel beschloss meine Bestrafung fortzuführen. Es
ist absolut fürchterlich mit dem Ball in meinem Mund. Außerdem werden die Lippen
ganz trocken. Noch schlimmer war, dass ich so zu Maria gehen musste. Ich war den
ganzen Tag unfähig mit meiner Spielkameradin zu reden, und musste ihr
unentwegtes Geschnatter über mich ergehen lassen, während ich dort saß, stumm
und mit gefesselten Händen. Als es Zeit wurde wieder zu gehen, fragte der Pastor
warum ich stumm gehalten wurde, und meine Tante sagte, dass ich ein schlechtes
Mädchen gewesen war. Der Pastor schaute mich streng an und sagte ich sollte
Jesus um Vergebung bitten, da schlechte Mädchen in die Hölle kämen. Wir sollten
alle unser Los auf Erden tragen, dann würden wir in den Himmel kommen.
Allerdings glaube ich dass der Teufel nicht schlechter sein kann als mein Onkel
Jacob. Bitte Gott, wenn du gut bist, wie alle von dir behaupten, hilf mir aus
meinem elendigen Leben zu entfliehen.
21. November, 1826
Gute Nachrichten! Maria hat mit mitgeteilt, dass sie nach Weihnachten in ein
Schweizer Mädchenpensionat kommt. Ich bin überglücklich! Keine langweiligen Tage
mehr, wo wir nur über Puppen und Kleider reden.
1. Dezember, 1826
Mein Weihnachtskleid wurde heute geliefert. Es ist furchtbar! Es ist weit und
bauschig mit enorm großen Puffärmeln und dutzenden roter Schleifen. Ich muss
dazu eine schreckliche Kopfhaube tragen. Sie ist so riesig und mit Stechpalme
und Beeren und Girlanden geschmückt. Am schlimmsten sind allerdings zwei enorme
Engelsflügel, die auf dem Rücken des Kleides befestigt werden und über meinen
Kopf emporragen sowie an den Seiten abstehen. Ich fühle mich darin mehr wie eine
Weihnachtsgans als ein Mensch.
7. Dezember, 1826
Das Leben geht in seinen langweiligen Bahnen immer so weiter. Ich bin gekleidet
wie ein buntes Weihnachtsgeschenk, gefesselt, und an der Leine wie ein Hund
herumgeführt. Ich hasse es. Mein Onkel hat den Ball und die Fesselungen als
ständigen Bestandteil meiner Nachtruhe eingeführt. Ich bete um eine
Erleichterung.
11. Dezember, 1826
Eine seltsame Sache geschah letzte Nacht. Blut fing an aus meinen
unaussprechlichen Teilen zu sickern. Ich war ganz erschreckt. Ich rief die Zofe,
da ich dachte krank zu sein. Als sie kam, rief sie nach meiner Tante. Meine
Tante erklärte, dass dies normal war und bei allen Mädchen geschah, wenn sie
mein Alter erreichten. Sie sagte, dass es bedeutet, dass ich eine Frau geworden
bin. Sie fügte dann hinzu, dass das Gleiche jeden Monat geschehen wird und dass
es ungefähr drei Tage dauern wird.
14. Dezember, 1826
Ich wurde heute ins Wohnzimmer gerufen, wo mein Onkel und Tante auf mich
warteten. Mein Onkel hieß mich, mich hinzusetzen, und fing an, mit mir zu reden.
Er sagte dass die Blutung, die ich vor drei Tagen hatte, bedeuten dass ich kein
Kind mehr bin. Nun sei ich eine Erwachsene und als solche müsste sich mein Leben
verändern. Er sagte, dass ich aufhören muss Mädchen- Kleidung zu tragen, und
aufhören muss zu spielen, und dass ich lernen muss mich wie eine Dame zu
verhalten. Er fügte dann hinzu, dass gewisse Vorsorgen getroffen wurden.
Zu meiner Überraschung wurde mir dann befohlen mich vollkommen auszuziehen. Ich
empfand das als sehr Seltsam, da wir in der Anwesenheit eines Mannes waren, auch
wenn er mein Onkel ist, aber ich fügte mich trotzdem. Um ehrlich zu sein, war
ich froh, frei von dem furchtbaren gerüschten Mädchenkleid zu sein. Als ich
völlig nackt war, holte mein Onkel von seinen Schreibtisch einen seltsamen aus
Bronze gemachten Gegenstand herüber. Es sah wie eine Metallunterhose aus. Ich
fragte ihn, was es war, und er antwortete, dass es ein Schutz sei mich vor den
irdischen Teufels zu schützen. Er reichte mir den Gegenstand und ich schaute ihn
mir genau an. Es war tatsächlich eine Metallunterhose, allerdings mit einem Loch
auf dem Rücken. Innen waren einige schwarze Gummiwülste befestigt, genau dort,
wo meine unaussprechlichen Teile sein würden. Ich fragte wofür jene da waren,
und mein Onkel antwortete 'für Bequemlichkeit'. Er fuhr dann fort, die
Metallhose mir anzulegen. Dann zog er den Gürtel am Bund der Metallunterhose
fest, sodass sie richtig anlag. Mit einem Vorhängeschloss sicherte er die
Unterhose. Er erklärte dass ich niemals diese Hose alleine ausziehen könnte. Nur
meine Zofe dürfe das einmal im Monat, um mich zu reinigen. Das aber nur, wenn
ich mit meinen Händen an einer Schnürstange (was auch immer das sei) hängen
würde. Außerdem würde er den Schlüssel für das Schloss persönlich meinen
zukünftigen Ehemann geben. Dann wurde ich zu meiner Enttäuschung wieder in mein
Mädchenkleid gesteckt. Mein Onkel erklärte, dass ich zuerst vermessen werden
müsste, bevor ich ein Frauenkleid erhalten würde.
Die Metallhose fühlt sich seltsam an, dass muss ich sagen, und die Gummiwülste
im Innern kitzeln dass sie ein seltsames Gefühl an meinen unaussprechlichen
Teilen verursachen. Die Hose ist auch ein bisschen schwer, aber es geht.
Es wird mir gesagt, dass ich Morgen für meine Damenkleider vermessen werden
würde.
15. Dezember, 1826
Ein turbulenter Tag heute. Wir waren den ganzen Tag unterwegs, besuchten die
verschiedensten Händler, um meine neue Kleidung zusammen zu stellen. Zuerst
besuchten wir einen Korsettmacher, der mir eines anfertigen wird. Ich musste
mich bis auf die Unterwäsche und Strümpfe ausziehen, und dann vermaß er mich
sehr genau, sogar an meinen peinlichen Stellen. Er sagte meinen Onkel, dass ich
mit fünfundvierzig anfangen sollte, was auch immer dass bedeutet, und dass ich
sehr biegsam wäre. Dann gingen wir zu einem Stiefelhersteller, wo meine Füße
vermessen wurden. Er schimpfte über meine langen Füße und fragte meinen Onkel
ganz erbost, warum wir nicht früher damit angefangen haben. Ich sollte dann
einige Stiefel mit furchtbar hohen Absätzen anprobieren. Es war unmöglich damit
zu gehen. Ich hoffe sehr, dass ich nicht gezwungen werden solche Schuhe tragen
zu müssen. Schließlich gab es den Damenschneider, eine freundliche und äußerst
modische Dame namens Van Ousten. Sie schimpfte ebenfalls über meine mangelnde
Ausbildung, doch als sie von meinem ehemaligen freien Leben auf dem Boot hörte,
wurde sie ganz sanft und sagte: „Nicht schlimm mein Schatz, du fängst spät an,
aber ich bin sicher, dass du eine hübsche Dame werden wirst.“ Diese Worte
ermutigten mich etwas, aber die Kleidungsstücke, die sie zeigte, wiederum nicht.
Alles schien so verspielt zu sein, wie meine Mädchenkleider, mit Schleifen,
Rüschen, zahllosen Unterröcken, aufgebauscht wie ein Ballon. Schließlich
statteten wir der Hutmacherin einen Besuch ab. Dort war ich am meisten
verschreckt, da ich entdeckte, dass diese Verspieltheit im Augenblick bei allen
Kleiderarten vorherrschte, auch bei den Hüten. Einige Hüte und Hauben wurden
bestellt, alle groß und verziert und weit ausladend. Die Kopfbedeckungen haben
ein lächerliches Aussehen. Sie sind so groß. An einigen hängen dicke Schleier
herab. Da kann man doch nichts sehen. Alles in allem bin ich nicht zufrieden
damit, obwohl ich schätze dass eine Dame versuchen sollte der Mode zu folgen,
auch wenn es nicht ihr Geschmack ist. Außerdem fühle ich mich ein bisschen über
die Tatsache erleichtert, dass ich jetzt eine Erwachsene bin, dann erübrigt sich
bestimmt das furchtbare Weihnachtskostüm, dass mein Onkel für mich kaufte.
20. Dezember, 1826
Meine Korsagen und Schuhe wurden heute geliefert. Sofort rief mein Onkel mich in
meinen Raum und forderte dass sie mir angezogen werden. Von den Korsagen habe
ich zwei. Eins für den Tag und eins für das Bett. Ich bin ein wenig erschreckt
und auch überrascht, denn ich soll solch ein Gewand auch nachts tragen, aber
meine Tante hat mir versichert dass es üblich ist. Mein Onkel hat für mich eine
Taille von 45 cm festgesetzt. Damit konnte ich nichts anfangen, bis ich das
furchtbare Gewand am Körper hatte, und die Zofe anfing an der Schnur zu ziehen.
Der Druck war unglaublich, ich konnte es nicht glauben. Schon nach wenigen
Sekunden schnappte ich nach Luft, und die Beengung an meiner armen Mitte war
weit, weit schlimmer als mit dem Gürtel. Ich befahl der Zofe aufzuhören und bat
sie mir zu sagen welche Taillengröße ich habe. Sie sagte, dass es 46 cm war, und
noch weiter schnüren wollte! Sie fing an wieder zu zerren, aber ich konnte nicht
mehr. Zwischen meinen knappen Atemzügen befahl ich ihr aufzuhören. Sie hörte auf
und band einen Knoten in die Schnur. Ich stand da, schwach wie ein Vogel und
keuchte um mein Leben. Es dauerte volle 10 Minuten, bis ich wieder etwas mehr
Luft bekam. Ich versuchte mich auf das Bett hinzusetzen, aber stellte dabei
voller Entsetzen fest, dass dieses Folterwerkzeug meinen Körper nicht mehr
beugen lässt. Schließlich ließ ich mit auf das Bett einfach fallen. Doch dann
stellte ich fest, dass ich nicht mehr aufstehen konnte. Ich musste die Zofe um
Hilfe bitten.
Dann sollten meine neuen Stiefel angezogen werden. Mein Onkel hat bei all meinen
Schuhen eine Absatzhöhe von mindestens fünf Zentimeter angeordnet. Ich halte das
für sehr hoch. Die bis z den Knien reichenden Stiefel wurden mir angelegt und
geschnürt. Allein das dauerte bestimmt 15 Minuten. Dann wurde mir befohlen
aufzustehen. Ich stand ganz wackelig, und hielt den Arm der Zofe ganz fest, für
den Fall das ich stolpern oder gar fallen sollte. Die Höhe der Stiefel ärgerte
mich weniger, mehr die Schuhgröße. Mein Onkel hat sie absichtlich zwei Größen
kleiner machen lassen, da er meine Füße für zu groß und undamenhaft hält. Er
sagt, dass meine Füße im Laufe der Zeit, wenn ich immer solche Schuhe trage,
aufhören werden zu wachsen und klein und wohlgestaltet werden. Ob das stimmt,
weiß ich nicht. Aber was ich weiß ist dass diese neuen Stiefel, sobald ich mit
meinem Gewicht auf ihnen stehe, meine Füße furchtbar brennen lassen. Es ist
furchtbar! Meine Freiheit, als ein normaler Mensch gehen zu können, vom Rennen
oder Klettern ganz zu schweigen, ist mir genommen worden. Ich muss jetzt herum
schwanken wie eine alte Frau. Währenddessen greife ich an meine enge Taille. Es
drückt, und der Keuschheitsgürtel reibt ständig an meinen unaussprechlichen
Teilen in einer sehr beunruhigenden Weise.
Um meine Blamage abzuschließen hat mein Onkel gesagt, dass ich jeden Tag mein
verspieltes Mädchen- Weihnachts- Kleid tragen soll, bis meine Damenkleider
eintreffen. Ich bete jeden Tag dass sie bald kommen.
22. Dezember, 1826
Da sich Weihnachten nähert, ist es mein Los ständig im Haus mit den hohen
Absätzen herum zu laufen, wie ein Engel verkleidet mit diesen Engelsflügeln, die
alles zu Boden werfen. Mein Korsett zerdrückt meine Taille und meine
unaussprechlichen Teile sehnen sich nach Berührung, da der Keuschheitsgürtel
dort ständig reibt.
23. Dezember, 1826
Meine Hüte und Handschuhe trafen heute ein, aber mein Onkel hat verboten sie zu
tragen bis meine Kleider eintreffen. Ich habe jetzt das Nachtkorsett fünf Nächte
lang getragen. Es hält mich vom Schlafen ab, und ich sehne mich danach es
loszubinden. Aber meine Arme sind an den Bettpfosten gefesselt, so kann ich es
natürlich nicht. Stattdessen liege ich in meinem Schlafzimmer und starre meine
Gabrielle-Puppe an. Sie scheint sich über meine Zwangslage lustig zu machen. Oh,
wie ich sie hasse!
24. Dezember, 1826
Meine Kleider trafen endlich ein und für den Abend wurde ich zum ersten Mal in
meinem ganzen Leben als eine Frau gekleidet. Mein Korsett wurde bis auf 45 cm
zugeschnürt, sodass ich verzweifelt nach Luft schnappte. Weiße Seidestrümpfe
wurden über meine Beine gezogen. Dann wurden mir meine besten Stiefel, die mit
den 6 Zentimeter hohen Absätzen, vorsichtig über meine Füße gezogen und
geschnürt. Anschließend wurde mir ein hübsches rosafarbenes Unterkleid über mein
Korsett geschnürt. Als Nächstes kamen enge weiße schulterlange Handschuhe an die
Reihe. Sie wurden über meine Arme gezerrt und oben mit einem engen Strumpfband
gesichert.
Allein dafür brauchten wir nicht weniger als fünfzehn Minuten pro Handschuh. Sie
waren so eng, dass es sehr schwierig war meine Finger zu bewegen. Es war
unmöglich damit etwas festzuhalten. Dann kamen meine Unterröcke, zehn Stück, und
danach das Kleid. Es war ein rosafarbenes Ausgehkleid mit einem hohen Kragen,
der meinen Kopf in eine aufrechte Lage zwang. Außerdem hatte es diese dicken
Puffärmel. Schließlich wurde ein großer geblümter Hut auf meinen Ringellocken
gesetzt. Mir wurde erklärt, dass ich für den Kirchgang eingekleidet wurde.
Der Gang zu dem Gotteshaus dauerte fünfzehn Minuten. Normalerweise schaffe ich
es in nur fünf Minuten. Ich schwankte auf meinen 6 Zentimeter hohen Absätzen und
bekam wegen des engen Korsetts nicht genügend Luft. Ich verfluchte nicht mehr
meine Tante wegen ihres langsamen Tempos! Ich muss allerdings zugeben, dass ich
mich elegant fühle während ich dahin schleiche. Und ich mag die bewundernden
Blicke der anderen Kirchenbesucher, obwohl ich immer noch nicht verstehen kann,
warum die Damen solche einschränkende und lächerliche Kleidung anziehen. Nur
wegen der Mode?
25. Dezember, 1826
Weihnachten 1826. Der Geburtstag unseres Herrn Jesus Christus. Das erste
Weihnachten, seit ich von meinen Eltern fort bin. Ich weinte bitterlich an
diesem Morgen. Ich wurde heute ganz früh aufgeweckt und sollte in all meiner
neue Erwachsenen- Eleganz angezogen werden. Als ich mich badete, befestigten
zwei Arbeiter das Weihnachtsgeschenk meines Onkels an der Decke meines Zimmers.
Es ist eine Art Trapez, das an der Decke meines Raumes hängt. Ich werde daran
mit den Handgelenken befestigt und in die Luft hochgezogen. Dann wird mir mein
Korsett umgelegt und geschnürt. Weil der Körper gestreckt hängt, kann das
Korsett enger geschnürt werden. Heute wurde ich langsam bis auf 44 cm
heruntergeschnürt. Allerdings ist die Erfahrung, frei im Raum zu hängen,
natürlich keine sehr angenehme. Nach meinem Korsett wurden meine Stiefel, die
mit den 6 Zentimeter Absätzen, angelegt und geschnürt. Erst danach wurde ich
wieder abgelassen. Der plötzlich einsetzende Druck war hart. Da mein Körper
versuchte seine natürliche Form zurückzuerlangen, wurde der Druck des Korsetts
unerträglich. Mein Brustkorb hob sich schnell hoch und wieder runter. Mir wurde
schwindelig. Dann wurde alles schwarz. Ich wurde einen Moment später mit einem
bitter riechenden Salz wiederbelebt. Entsetzt bat ich die Zofe das Korsett zu
lockern, aber meine Tante, die dabei war, verbot es ihr. Sie sagte, dass es für
modische Damen üblich sei ohnmächtig zu werden, und dass es ihr selbst einmal
pro Woche passierte. Ich konnte meinen Ohren nicht trauen. Würde ich zu all
meiner Lebenszeit Schwäche und Ohnmachtsanfälle ertragen müssen? Bitte nicht,
lieber Gott!
Das Kleid, dass ich an diesem tag bis zum Abend tragen sollte, war
zugegebenermaßen schön. Es war eine Kreation aus rosafarbener und weißer Seide
und weiblich- elegant in seiner Art. Wieder einmal wurden lange enge Handschuhe
über meinen Händen und Armen gezerrt, und dann wurde mir befohlen zu sitzen.
Genau betrachtet, saß ich nur auf der Stuhlkante, denn mehr war mit dem engen
Korsett nicht möglich. Währenddessen wurde mein Haar gemacht. Da Weihnachten
eine besondere Zeit ist, wurde mir eine komplizierte Frisur verpasst. Zwei
Stunden später sah ich das Ergebnis. Auf meinem Kopf war eine absonderliche
Ansammlung von Locken und Löckchen, verflochten mit rosafarbenen Rosen und
Perlen. Es sah erschütternd aus.
Und das war mein erstes Weihnachten als eine Dame. Ich aß so gut wie kein
Mittagessen, welches ich normalerweise mit großem Appetit zu mir nahm, da mein
Korsett nicht viel in meinen Bauch ließ. Danach saß ich in all meiner Pracht,
während mein Onkel sich mit unseren Gästen unterhielt. Es waren drei seiner
Freunde, Männer im mittleren Alter. Ich saß derweil steif da und versuchte genug
Luft zu bekommen. Schließlich sollte ich drei Lieder singen, die ich in meinen
Gesangsunterricht gelernt hatte. Um acht kamen zwei ziemlich junge weibliche
Besucher, deren Namen ich nicht verstand. Ich wollte gerne mit ihnen reden,
Erfahrungen austauschen, vor allen Dingen mehr über die mir vorenthaltenen
Gefühle erfahren, schließlich schienen sie nur etwas älter als ich zu sein. Doch
zu meinem Entsetzen wurde ich nach oben ins Bett geschickt.
Ich sitze nun hier geschnürt in meinem Nachtkorsett, neben mir steht die Zofe,
und schreibe dieses Tagebuch. Von unten dringt Lärm hinauf. Musik spielt und die
Mädchen lachen und kreischen. Alles in allem klingt es wie eine wilde Feier. Ich
wünschte mir, dass ich dabei wäre.
28. Dezember, 1826
Man hat mir gesagt, dass ich zur Damenausbildungsschule von Frau van den Jongens
geschickt werde, sobald das neue Jahr anfängt. Mein Onkel erklärte mir dass er
auf für einige Monate für Geschäfte nach Osten verreisen muss, und er die Bürde
eine aufsässige Frau, damit meinte er mich, zu erziehen zu groß für seine
Ehefrau sei. Ich bin froh über diese Nachricht. Ich hasse jeden Tag, den ich
unter dem Dach meines Onkels mit seinen widernatürlichen Aussichten von Frau und
Weiblichkeit verbringe. Obwohl ich zugeben muss, dass ich auch froh bin meine
Kindheit hinter mir gelassen zu haben. Meine neue Rolle als eine Frau kann ich
kaum noch erwarten. Meine Schuhe sind dagegen noch eine harte Probe. Zweimal
stolperte ich heute. Da mein enges Korsett mich sehr behindert, fiel ich hin und
konnte ohne fremde Hilfe nicht aufstehen.
3. Januar, 1827
Endlich! Das neue Jahr beginnt, und ich hoffe und bete, dass bessere Zeiten für
mich beginnen. Unsere Neujahrsfeier war nichts Besonderes. Genauso wie
Weihnachten. Einige der Freunde meines Onkels kamen herüber und redeten den
ganzen Abend miteinander. Einer packte mich um die Taille, als es läutete,
wirbelte mich durch den Raum, und betatschte mich in einer unangenehmen Weise
und setzte mir einen dicken Kuss auf die Lippen, sehr zu meinem Ekel. Die
gleichen zwei Damen wie an Weihnachten tauchten am Ende des Abends auf und
wieder einmal wurde ich zu meiner Enttäuschung nach oben geschickt.
6. Januar, 1827
Mein Keuschheitsgürtel macht mich jeden Tag fast verrückt. Die Gummiwülste in
der Metallhose reiben an meinen unaussprechlichen Teilen. Ich fühle wie sich
seltsam angenehme Gefühle dort unten aufbauen. Ich sehne mich danach die Hose
abzunehmen und jene Teile mit meinen Händen zu berühren, kann es aber nicht.
Nachts ist diese Spannung fast unerträglich und verhindert oft einen guten
Schlaf. Ich erwähnte es gegenüber meiner Tante und sie sah traurig aus und
sagte, dass wir Damen das ertragen müssen.
8. Januar, 1827
Meine Schuluniform traf heute von der Damenschneiderin ein. Es ist ein einfaches
schlichtes Teil, dunkel und grau und gefällt mir nicht. Als ich es anprobierte,
fand ich zu meinem Entsetzen heraus, dass es einen äußerst hohen Kragen hat, der
mein Kinn nach oben zwingt. Außerdem lässt es sich im Rücken nicht schließen,
erst als mein Korsett völlig geschlossen war, also bis auf 44 Zentimeter
geschnürt wurde. Die Ärmel sind lang und voluminös und innen wattiert. Es ist
warm und sehr angenehm zu tragen. Dazu gehört eine Kappe, groß und rund, sie
bedeckt fast den ganzen Kopf. Ein schwarzer Wintermantel gehört auch dazu. Er
ist sehr schwer, und ein Muff. Alle drei Teile sind obligatorisch für
Spaziergänge außerhalb der Schule, erklärte mir meine Tante.
15. Januar, 1827
Ich fuhr fort zum Internat von Frau Van der Jongen. Wie herrlich war es das Haus
meines Onkels zu verlassen, sowie diese abscheuliche kleine Stadt namens
Zierikzee. Zum ersten Mal seit dem Tod meiner Eltern. Die Fahrt allerdings, war
eine Tortur. Mein Onkel bestimmte, dass ich in mein purpurnes Ausgehkleid
anziehen sollte. Es ist dick und hat einen lästigen hohen Kragen. Außerdem
sollte ich meine Stiefel mit den 6 cm hohen Absätzen anziehen. Über all dem
ganzen musste ich dann mein dickes Wintercape anlegen. Es ist steif, unglaublich
schwer und hat nur kleine Löcher durch welches meine Hände nach außen können.
Meine Hände wurden in nicht weniger als drei Paar Handschuhe gesteckt. Und dann,
zu meinem Entsetzen, mit Handschellen verbunden. Den Schlüssel zog mein Onkel
auf eine Kette und hängte sie um meinen Hals. Da meine steifen Hände zusätzlich
in einen Muff steckten, konnte ich nicht an den Schlüssel herankommen.
Alle dies war aber noch nicht die schlimmste Blamage, die ich aushalten musste.
Nein, es wurde noch schlimmer und erniedrigender für mich. Mein Onkel befahl den
Kutscher, dass dieser mich während der ganzen Fahrt nicht aus der Kutsche
herauslassen dürfe, da ich ungehorsam sei und er mir nicht vertrauen dürfte. Da
allerdings die Fahrt über zehn Stunden andauern würde, fragte ich, wie ich
meinen natürlichen Bedürfnissen nachkommen sollte. Mein Onkel überlegte, und
befahl mich dann zurück auf mein Zimmer. Dort legte er mir, sehr zu meinem
Entsetzen, wie bei einem Baby Windeln an! Und als zusätzliche Garantie, dass ich
nicht weglaufen könnte, legte er mir ein Paar Manschetten um die Fußknöchel.
Eine kurze Verbindungskette von nur 10 Zentimeter behinderte mich zusätzlich.
Der Schlüssel zu dieser Kette, als auch der Schlüssel meines Keuschheitsgürtels
wurden zu dem anderen Schlüssel der Handschellen dazu getan.
Schließlich wurde mir ein großer Damenhut aufgesetzt und mit Hutnadeln im Haar
befestigt. Der dicke schwarze Schleier wurde über mein Gesicht gezogen, sodass
ich fast nichts mehr sehen konnte. Und dann wurde ich in die Kutsche gesetzt. 10
Stunden, unfähig mich zu bewegen, fast blind, erregt durch die Gummiwülste
meiner Keuschheitshose, und vollkommen frustriert saß ich da und beschmutzte
meine Windeln. Als ich schließlich am Abend am Internat, in der Nähe der Stadt
Zwolle, ankam, war ich erschöpft und auf Grund der vielen dicken Kleidungsstücke
schweißgebadet. Ich war dankbar für ein Bad und das neue Bett.
16. Januar, 1827
Mein erster Tag an meiner neuen Schule. Ich erwachte frisch und ausgeruht an
diesem Morgen, und wurde von einer Zofe mit meiner ollen grauen Schuluniform
eingekleidet. Zu meinem Entsetzen stellte ich fest, dass in meinem Schlafzimmer
in dieser Schule ein Trapez von der Decke hängt, was identisch ist mit jenem,
welches ich zu Hause habe. Diese Trapezstange, an der ich immer angehangen
wurde, damit mein Korsett sehr eng geschnürt werden konnte und ich somit meinen
Taillenumfang von 44 Zentimeter bekommen habe. Dann wurde ich nach einem kleinen
Frühstück nach unten gesandt, zum Büro von Frau Van der Jongen.
Die Schulvorsteherin mag zwar eine strenge Frau sein, da bin ich mir sicher, und
viele ihrer Schülerinnen Angst einflößen. Ich hatte allerdings keine Angst.
Schlechter als mein Onkel Jacob konnte sie aber nicht sein. Ich sollte mich
hinsetzen, und sie erklärte mir alles über das Internat und seine Philosophie.
Sie sagte dass die meisten Eltern ihr ihre Töchter zusenden würden, zwecks
Vollendung der weiblichen Rolle. Der Unterricht würde Kochen, Singen,
Klavierspielen, Konversation, Rechnen, Lesen, Zeichnen und Tanzen beinhalten.
Allerdings war ich so etwas wie ein Sonderfall. Sie sagte, dass mein Onkel ihr
geschrieben hatte, ich sei in vielen Dingen schon weit fortgeschritten und
Kochen sollte ich nicht lernen, da ich eine Dame werden sollte, die niemals
kochen müsste. Schließlich würden es Dienstboten für mich machen. Außerdem
bräuchte ich keine höfliche Konversation und Tanzen lernen. Mein Onkel
bezeichnete mich als Unbelehrbar. Die Schulvorsteherin fügte dann hinzu, sie
könnte sehen, dass die Einschätzung meines Onkels gänzlich richtig sei. Sie
könnte an meinem Blick erkennen, dass ich intelligent sei. Doch es sei nicht
gut, wenn eine Dame zuviel wüsste. Während ich für mein Alter in einigen
Gebieten voraus sei, wäre ich in anderen traurigerweise zurück geblieben, ganz
besonders meine Haltung und meine Figur. Als die Schulvorsteherin letzteres
sagte, schaute sie mich von oben bis unten an und schüttelte verzweifelt ihren
Kopf. Da müsste noch sehr viel getan werden. Folglich war ein besonderer,
maßgeschneiderter Lehrplan für mich ausgedacht worden. Ich sollte jeden Dienstag
und Donnerstag- Abend mit den anderen Mädchen Tanzunterricht nehmen, jeden
Montag und Mittwoch in der zweiten Klasse Konversation lernen. Die restliche
Zeit würde ich alleine lernen, unter ihrer persönlichen Aufsicht. So würde ich
mich jeden Tag auf meine Haltung konzentrieren. Überdies erwähnte Frau Van der
Jongen, dass ihre Akademie besonders für seine Ergebnisse bei der
Taillenausbildung bekannt sei. Sie sagte, sehr zu meinem Entsetzen, dass ab dem
Sommer meine Taille nicht weiter als 38 Zentimeter sein wird. Woher sie diese
Zuversicht her hat, weiß ich nicht. Schon mein jetziges Korsett mit einem
Taillenumfang von 44 Zentimeter ist übermäßig eng, und ich bin sicher dass eine
weitere Reduzierung unmöglich ist. Ich äußerte ihr gegenüber nicht meine
Bedenken. Sie wird die Realität schon mit der Zeit erkennen.
Heute gibt es keinen Unterricht, da die Schule erst nächste Woche beginnt.
Stattdessen nahm ich die Gelegenheit wahr, um mir einen Überblick über die die
Akademie zu verschaffen. Das Internat befindet sich in der Mitte non Nichts, in
einem großen Ziegelsteinhaus, das aus dem 17. Jahrhundert stammt. Rings herum
gibt es nur flaches Land mit Felder und Weiden, auf denen friesische Kühe
grasen. Am Horizont kann man einen Kirchturm sehen. Er steht in einem Dorf, was
ungefähr acht Kilometer entfernt ist. Dort sollen wir jeden Sonntag zur Messe
gehen und beten. Das Haus selbst wird von einem schönen Park umgeben, und von
einer hohen und unüberwindlichen Mauer. Oben sieht man spitze Zacken.
Offensichtlich will sich Frau Van der Jongen vergewissern, dass ihre Zöglinge
gar nicht erst in Versuchung kommen zu fliehen. Ich habe bereits Erfahrung
damit. Nach einer gescheiterten Flucht zu meinem Onkel zurück gebracht zu werden
ist weit aus schlimmer, als hier zu leben.
Am Abend wurde ich von der Schulvorsteherin aufgesucht. Zu meiner Verwunderung
vermaß sie sehr genau meine Füße, Arme und Hände.
Ich schreibe diese Zeilen frei und unbehindert. Heute Nacht, zum ersten Mal seit
Monaten, werde ich ohne gefesselte Hände schlafen. Allerdings wurde über mein
Korsett ein abschließbarer Gürtel geschlossen, damit ich nicht die Schnur
lockern kann. Wie problemlos das Leben ist, wenn mein Onkel kein Teil davon ist!
17. Januar, 1827
Mein erster Unterrichtstag. Obwohl der Unterricht noch nicht offiziell eröffnet
wurde, hat Frau Van der Jongen mit meinem Unterricht angefangen. Den ganzen Tag
Haltungsübungen. Es war so langweilig und lästig! Den ganzen Tag ging ich im
Klassenzimmer herum und musste dabei ein Buch auf dem Kopf balancieren, während
meine Lehrerin immer wieder über meine großen Schritte murrte, ebenso über meine
Kopfhaltung und was weiß ich noch alles. Sie erklärte meinen Gang als eine
Schande und sagte, dass ich diese Übungen so lange machen werde, bis ich es
schaffen würde das Klassenzimmer dreimal zu umrunden, ohne das das Buch von
meinem Kopf zu verlieren. Davon bin ich allerdings meilenweit entfernt. Fast
alle zwei Meter droht es vom Kopf zu fallen, wenn ich nicht entsprechend
reagiere und danach packe. Manchmal gehe ich dabei in die Knie, denn das Korsett
hält meinen Oberkörper starr. Ständig strauchele ich wegen der hohen Absätze,
und rudere mit meinen in den engen Handschuhen steckenden Armen in der Luft
herum. Viermal fiel ich zu Boden und eine Zofe musste gerufen werden, um mich
hochzuheben.
Jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, stehen meine Füße immer noch in Flammen,
wie meine unaussprechlichen Teile, die vom Keuschheitsgürtel unbarmherzig den
ganzen Tag gerieben worden sind. Wenn ich mich in der eingeübten Haltung
herumlaufe, scheint die Reizung der Gummiwülste noch viel intensiver zu werden.
Zu allem Überfluss hat meine Lehrerin erwähnt dass es für mich viel leichter
werden würde, sobald meine neuen Stiefel und anderes Beiwerk fertig seien. Ich
wusste nicht dass neue Stiefel für mich bestellt worden waren, und bezüglich der
anderen Sachen... Ich hoffe, dass sie nicht zu lästig sind.
20. Januar, 1827
Ein weiterer ganzer Tag mit dem Buch auf dem Kopf balancierend durch das
Klassenzimmer herumlaufen! Regelmäßig fällt es herunter und die Schulvorsteherin
wurde immer mehr verärgert darüber. Schließlich war ich so frustriert, als das
Buch wieder von meinem Kopf herunter fiel, dass ich mich weigerte weiter zu
machen. Sie erklärte mir genau warum ich das auf diese stupide Art und Weise
lernen sollte, bis ich keine Probleme mehr hätte wie eine Dame und nicht wie ein
Kind zu laufen. Frau Van der Jongen ließ mich hinsetzen und erklärte mir alles
langsam und geduldig. Jetzt weiß ich, dass eine Dame es nicht immer leicht hat.
Auch wenn es uns nicht immer gefallen mag, so ist es dennoch notwendig, um die
Männer zu erregen. Als ich fragte, warum ich Männern gefallen und aufregen
sollte, lachte sie und sagte, dass ich nicht die Rolle meines zukünftigen Lebens
verstanden habe.
Daraufhin erklärte sie mir mehr. „Frauen“, sagte sie, „sind in unsere
Gesellschaft nicht mit den Männern gleichgestellt. Männer haben alle Freiheiten
die sie brauchen, damit sie was erreichen im Leben. Frauen dagegen brauchen
nicht diese Freiheiten, denn es könnte gefährlich oder beschämend für sie sein.
Du wurdest, wie mir dein Onkel mitteilte, in deiner Kindheit mehr wie ein Mann
als wie eine Frau erzogen. Leider musst du alles neu lernen, dich als Frau
begreifen. Und lass mich dir eines sagen, Gabrielle, es ist nicht leicht im
Leben immer die richtige Rolle als Frau zu spielen. Frauen sollen nicht frei
sein, stattdessen haben sie abhängig zu sein. Abhängig von ihrem Mann. Im
Augenblick bist du deswegen gänzlich abhängig von deinem Onkel. Das wird sich
nur ändern, wenn du heiratest. Von dem Moment an wird dein Ehemann der Mann
sein, auf den du dich verlässt. Wir sind abhängig von Männern und müssen uns mit
ihnen abfinden. Unser Leben dient nur dem Zweck ihnen Vergnügen zu bereiten, in
der Liebe und bei der Entspannung, und noch viel wichtiger, im Schlafzimmer. Wir
vergnügen sie. Wir können es auf viele Arten machen, doch wir müssen immer dabei
hübsch aussehen. Frauen fühlen sich im Großen und Ganzen zu den Männern durch
deren Charakter angezogen. Männer dagegen achten mehr auf unser Aussehen.
Deswegen ist es wichtig, nein, das einzige, was im Leben einer unverheirateten
Frau von Bedeutung ist, ist so attraktiv wie möglich zu sein. Nur so wird sie
die Männer anziehen. Und von jenen Männern kann sie einen Ehemann wählen, der
für sie sorgen wird, so lange er lebt, und für den sie Söhne zeugt, die sein
Lebenswerk fortführen werden. Gabrielle, betrachte dich nicht mehr als eine
Person mit freiem Willen und Gefühlen. Begreife dich stattdessen mehr als ein
Beiwerk, ein hübsches Accessoire wie ein Fächer, Haube oder Muff, ein Beiwerk
für einen Mann. Werde ein abhängiges Teil eines Mannes, finde dich mit deinem
Schicksal ab und begreife diese Schule als nützliche Hilfe für dein zukünftiges
Leben. Rebelliere dagegen, und du wirst lange unglücklich sein.“
Ihre Wörter schockierten und ekelten mich. Ich war kein Beiwerk, weder ein Muff
noch eine Haube, sondern eine Person, eine willensstarke und intelligente Person
mit eigenen Gefühlen. Sollte ich mich mit solch einem Schicksal abfinden, mich
vollkommen verändern in einen hübsch angezogenen Schoßhund für einen Mann? Nein,
natürlich wollte ich das nicht! Und doch, in ihren Wörtern steckte so viel
Wahrheit. War es das, was mich aufbrachte, aber auch viel Leid bescherte?
„Es ist so ungerecht“, schrie ich und meine Tränen flossen über mein Gesicht.
„Ich weiß Gabrielle, aber so ist das Leben“, antwortete sie. „Finde dich damit
ab! Nun, mein Mädchen, lege das Buch auf deinen Kopf und übe wieder deinen
damenhaften Gang.“
Ich lief den restlichen Tag in dem Raum mit dem Buch auf dem Kopf herum. Die
ganze zeit gingen mir ihre Wörter durch den Kopf. Diese ganze Ungerechtigkeit
brachte mich fast dazu einfach hinfallen und sterben zu wollen. Mein ganzes
Leben soll nur ein Accessoire sein! Satt einer Person namens Gabrielle soll ich
nicht mehr als eine verziertes Püppchen werden! Oh wie ich mein Leben hasse!
Und als wenn es nicht schon schlimm genug ist, wurde mein Schlafkorsett heute
Abend von der Zofe bis auf 43 cm herunter geschnürt. Als ich nach dem Grund
fragte, antwortete sie: „Anordnung der Direktorin. Sie sagt, dass du heute
Nachmittag ungehorsam und undamenhaft warst und ihre Weisheit in Frage gestellt
hast. 43 cm ist jetzt das Standardmaß, sowohl für die Nacht als auch für den
Tag.“
21. Januar, 1827
Es wird mir mitgeteilt, dass meine neue Zimmergenossin, ein Mädchen namens Lucy,
Morgen eintrifft. Ich frage mich wie sie so sein wird. Ich hoffe so sehr, dass
wir Freundinnen werden können. Ich sehne mich schon so lange nach eine Freundin.
22. Januar, 1827
Oh, welch eine Freude! Ich habe heute meine neue Zimmergenossin Lucy kennen
gelernt, und sie ist das netteste aller Mädchen, und ich bin sicher, dass wir
bald Freundinnen werden. Sie ist in meinem Alter, aus Russland, ihr wirklicher
Name ist Ludmilla, und hat kastanienbraunes Haar und große dunkle Augen. Sie war
vor über einem Jahr Schülerin dieses Internats gewesen, und weiß genau wie hier
alles abläuft. Sie ist, so wie ich und all die anderen Schülerinnen hier, sehr
stark in einem Korsett geschnürt, aber ich weiß dass sie es hasst. Sie hatte mir
mit Abscheu in ihrer Stimme gesagt: „Man will uns hier in Porzellanpuppen
verwandeln.“ Ich konnte nicht fassen, dass ich jemanden gefunden habe, welche
genauso denkt wie ich. Welch Wohltat gegenüber Onkel Jacob, Tante Wilhelmina und
der Direktorin Frau Van den Jongen! Ich kann kaum bis Morgen warten, wenn wir
Gelegenheit haben ausführlicher miteinander zu sprechen.
23. Januar, 1827
Lucy ist wahrlich wie eine Schwester, nach welcher ich mich immer gesehnt hatte.
Heute, nach einem lästigen Unterrichtstag mit Frau Van den Jongen saßen wir in
unserem Zimmer und sprachen über drei Stunden lang miteinander. Sie erzählte mir
alles über ihr Leben und ich erzählte ihr alles über meins. Normalerweise fühle
ich mich so traurig wenn ich über mein Leben nachdenke, aber wenn ich mein leben
mit dem von meiner lieben Lucy vergleiche, bin ich glücklich. Mein Eintritt in
diese abscheuliche Welt der Weiblichkeit war erst letztes Jahr, aber dieses arme
Mädchen hat ihr ganzes Leben so verbringen müssen. Sie sagt, dass sie, so lange
wie sie sich erinnern kann, schon immer in zahllose gerüschte Kleider und
Unterröcke gekleidet wurde, ihr Haar diese Locken gewickelt bekam, und ihre
Hände ständig in irgend einer Weise behindert waren. Sie sagte, dass sie sich
als Kind danach sehnte sich ihren Brüdern anzuschließen, als diese hinaus gingen
um zu spielen und zu angeln. Ihr wurde es niemals erlaubt, stattdessen musste
sie immer zu Hause bleiben und Stickarbeiten machen. Ich kann es fast nicht
glauben, dass sie hohe Absätze und ein Korsett seit ihrem zarten Alter von acht
Jahren tragen musste! Doch ihre Taille ist weit aus kleiner und eleganter als
meine, da sie ständig einen Taillenumfang von unglaublichen 32 cm ertragen
musste. Und jetzt soll sie eine ‚Rohrtaille’ bekommen. Dabei wird der schmalste
Teil einer Taille breiter geschnürt, als wenn der Körper in die Länge gedehnt
wäre. Das hört sich äußerst schmerzhaft an und Lucy sagt das es auch so ist. Sie
hasst diese neue Mode, hat aber keine Wahl.
Dies war allerdings nicht das Schlimmste von allen. Nein, es kommt noch
schlimmer, sodass ich kaum darüber schreiben kann. Sie ist einen Mann
versprochen worden, und das, als sie erst im Alter von acht Jahren war. Dieser
Mann war zu jener Zeit schon 33 Jahre alt. Ihr Vater hatte dies vollzogen, und
sie konnte nichts dazu sagen. Sie zeigte mir ein Bild des Mannes. Er war so alt
und runzelig. Der Gedanke daran ihn zu küssen, oder sogar mit ihm schlafen zu
müssen, ließ mich erschaudern. Sie sagt, dass es auch sie ekelte, und dass sie
ihn verabscheute. Es ist fast nicht zu glauben, doch dieser Mann hatte auf ihre
extreme Taillenausbildung bestanden. Und er verspricht, so sagte sie, dass er
sie auf äußerst weibliche und beschränkende Weise halten werde, nachdem er sie
geheiratet haben wird. Wie unmenschlich und brutal! Mein Leben ist jetzt schon
schrecklich, aber ich habe beschlossen solch ein Schicksal nicht ertragen und
fliehen zu wollen, wenn ich von jemand wie diesen Mann geheiratet werden würde!
Ich fragte sie, warum sie nicht versucht hatte zu fliehen. Sie antwortete: „Wie
kann ein Mädchen fliehen, wenn es Schuhe mit 12 Zentimeter hohen Absätzen und
einer Taille von 32 Zentimeter tragen muss? Ich kann mich nur in dem Tempo einer
Schnecke bewegen. Und alle zehn Sekunden bin ich außer Atem und muss stehen
bleiben.“
Oh, wie ich mit ihr fühle und mir wünschte ihr helfen zu können! Alles, das ich
ertragen habe, hat sie ebenfalls erlebt, außer dem Keuschheitsgürtel. Dies
überraschte mich, da mein Onkel mir gesagt hatte, dass jedes unverheiratete
Mädchen einen tragen muss, aber Lucy hatte noch nie davon gehört. Ich sagte ihr,
dass diese Metallhose äußerst brutal sei, und dass sie glücklich sein sollte so
ein Ding nicht kennen gelernt zu haben. Es sei fast so schlimm wie ihre
zerbrechlich wirkende Taille, reize die unaussprechlichen Teile bis zum
äußersten und sie äußerst unbequem. Sie sagte, dass sie wüsste was ich meinte.
Obwohl sie keinen Keuschheitsgürtel hat tragen müssen, habe ihr zukünftiger
Ehemann darauf bestanden dass sie hinten trainiert sei. Als ich sie erstaunt und
fragend anschaute, sagte sie: „Angeblich mögen Männer nach der Eheschließung
ganz gerne in ihren Frauen mit etwas eindringen, was sie Penis nennen. Es muss
wie eine Salami aussehen. Sie stecken es in die unaussprechlichen Teile ihrer
Ehefrau und ihrem Hintern. Allerdings ist das hintere Loch einer Dame zu klein
um diese Wurst aufzunehmen. So muss die hintere Öffnung geweitet werden, indem
man einen Zylinder aus glattem Holz da hinein steckt und jeden Tag damit herum
läuft.“
Das hörte sich furchtbar an und Lucy sagte, dass es auch so war und unbequem
obendrein. Wenn man hinten gestopft ist, meint man ständig, man müsse sich
entleeren. Außerdem kann man nicht richtig sitzen und gehen. Ich hoffe sehr,
dass mein künftiger Ehemann niemals solche Dinge von mir erwartet. Ich werde es
ihm untersagen!
Trotz all ihrer Leiden bin ich so froh, Lucy als Freundin zu haben. Wenn ich
hier in meinem Bett liege und zu ihr hinüber schaue, wie rasch sich ihr
Brustkorb hebt und senkt, fühle ich mich so geborgen. Es ist schön.
24. Januar, 1827
Das Leben in dieser Schule ist angenehmer geworden! Heute hat der reguläre
Unterricht begonnen. Eigentlich war alles ziemlich langweilig, aber es war so
schön nicht mehr ständig den Haltungsunterricht der Direktorin ertragen zu
müssen. Und mit Lucy neben sieht das Leben richtig rosig aus. Heute hatten wir
Tanzunterricht. Der Tanzlehrer, ein Monsieur Hoekstra, ist ein ekelhafter alter
Mann. Es scheint ihm sehr zu erfreuen mit seinen großen Händen in die Taillen
seiner Schülerinnen zu greifen. Außerdem berührt er ständig unseren Hintern und
drückt sich an unsere Brüste. Und dann reibt er auch noch sein kratziges Gesicht
an unsere Wangen.
Nicht nur der Tanz an sich ist schlimm. Von uns wird erwartet dass wir auf
unseren spitzen Absätzen Walzer tanzen sollen. Außerdem sind unsere Korsagen
enger als üblich geschnürt. Frau Van den Jongen besteht darauf, dass unsere
Taillen zwei Zentimeter kleiner sein sollen, und dass wir noch mehr Unterrocke
tragen. Ich schaffe es nicht die richtigen Tanzschritte zu machen. Ich kann so
eben mein Gleichgewicht halten. Mehr bekomme ich nicht hin. Ich bin sicher, dass
ich mich mit der Zeit verbessern werde, besonders auf den hohen Absätzen, obwohl
die Schuhe fürchterlich drücken. Nach solcher Anstrengung wird mir ganz heiß und
ich bekomme kaum Luft. Meine Brüste heben und senken sich rasend schnell, wenn
ich mich nach der Tanzstunde bei Herrn Hoekstra hinsetzen kann.
Ich bin jetzt glücklich. Während ich hier sitze und dieses Tagebuch schreibe,
schläft Lucy in ihrem Bett neben mir und ich sehe im Abendlicht die Rundungen
ihres Körpers.
25. Januar, 1827
Heute begann für mich die erste Stunde der höflichen Konversation, und ich hasse
es! Das ist kein Unterricht, bei dem man was lernt, sondern eine pure Blamage.
Der Kern des Unterrichts besteht darin, dass die Frau ständig den Mann als
Mittelpunkt des Lebens bezeichnen soll. Wir lernen, wie wir sie ständig preisen,
und Themen wie Politik oder Religion meiden sollen. Wir Frauen sollen nur über
Mode reden dürfen. Alles andere ist Männersache. Warum werden wir nur als dumme
lächelnde Puppen betrachtet, unfähig intelligente Gespräche führen zu können?
Ich komme darüber so sehr in Rage, dass ich manchmal schreien möchte. Werden wir
Frauen jemals wirklich respektiert werden? Ich habe mich entschieden. Ich werde
mit den höflichen Gesprächen fortfahren und nicht dagegen aufbegehren, obwohl
ich tief im Innern weiß, dass ich niemals diese neuen 'Fähigkeiten' benutzen
werde. Wenn ich mit einem Mann verheiratet werde, werde ich dafür sorgen, dass
er meine Intelligenz respektieren wird und wir gleichgestellte Partner sind.
27. Januar, 1827
Gerade wie ich dachte dass mein Leben besser werden würde, geschah etwas
schreckliches, was mich auf den Boden der Tatsachen herunter brachte. Meine
Stiefel und andere Accessoires trafen heute ein, und sie sind weitaus schlimmer,
als ich mir jemals vorstellt hatte. Es dauerte den ganzen Tag sie anzulegen und
damit zu Recht zu kommen.
Ich fange mit den Stiefeln an. Diese sind viel schlimmer als mein altes Paar.
Sie reichen bis über meine Oberschenkel und werden komplett wie ein Korsett
geschnürt. Man braucht 20 Minuten pro Stiefel! Wen sie endlich geschlossen sind,
kann ich meine Knie kaum beugen und meine Knöchel sind vollkommen unbeweglich.
Das ist allerdings nicht das Schlimmste. Nein, die Absätze sind viel schlimmer.
Sie sind 10 Zentimeter hoch, das sind 4 cm mehr als die alten grotesken Stiefel.
Sobald die neuen Stiefel geschnürt waren, und ich damit versuchte zu stehen,
verlor ich sofort meine Balance und die Zofe musste mich auffangen. Außerdem war
der Schmerz, als ich stand, unglaublich. Die Stiefel waren absichtlich zwei
Größen kleiner angefertigt worden. Sobald mein Körpergewicht auf meinen Füßen
ruhte, wurden sie unbarmherzig zusammengedrückt. Frau Van den Jongen sagt, dass
dies Teil meiner Fußausbildung sei, um mir kleine und damenhafte Füße zu geben.
Ich bezweifele nicht dass sie die Wahrheit sagt, aber wie dem auch sei, ich kann
kaum mein Gewicht auf jene eingezwängten Füße stellen, so groß ist der Schmerz
und der Druck. Es dauerte fast eine Stunde, bis ich aufrecht in diesen
furchtbaren Dingern stehen konnte, geschweige denn sich damit bewegen zu können.
Nach einigen Stunden des Übens, kann ich jetzt mindestens kleinste, aber
undamenhafte schwankende Schritte machen. Ich befürchte dass ich niemals richtig
mit diesen Stiefeln gehen werden kann, obwohl meine Freundin Lucy mir versichert
dass es noch kommt. Ich weine bei den Gedanken daran, dass ich nie mehr, oder
mindestens bis ich verheiratet bin, große normale Schritte machen kann, wie ein
ganz normaler Mensch.
Meine Stiefel, so schrecklich sie auch sind, sind nicht das Schlimmste der neuen
Sachen. Nein, diese zweifelhafte Ehre geht an andere meiner neuen Accessoires.
Es ist noch mehr behindernd, als man es auf Anhieb erkennt. Zunächst sind da
meine neuen Handschuhe, welche aus dickem Leder gefertigt sind. Sie reichen bis
zu den Achseln, wo sie mit einem engen Stahlreif gehalten werden. Um sie noch
schlimmer zu gestalten, werden auch sie über die ganze Länge wie ein Korsett
geschnürt. Das Anlegen dieser Missgeburten dauerte 15 Minuten pro Handschuh.
Sobald sie völlig geschnürt sind, kann ich meine Handgelenk, die Finger und
meine Ellenbogen kaum bewegen. Dieses Tagebuch zu schreiben ist jetzt sehr
anstrengend, da ich die Handschuhe wie das Korsett 23 Stunden pro Tag tragen
soll. Sie werden mir nur zum Baden abgenommen. Ich kann kaum den Stift halten,
denn zusätzlich muss ich über den Lederhandschuhen weiße Seidenhandschuhe
tragen. Und wenn mir mein Schreibstift aus der Hand fällt, was oft vorkommt, ist
es für mich beinahe unmöglich ihn wieder aufzuheben, denn ich kann ja nicht
meinen Rücken beugen.
Die Handschuhe sind allerdings nichts im Vergleich mit meinem neuen
‚Haltungskragen’. Ich ziehe es aber vor das Ding Halskorsett zu nennen, denn
diese Bezeichnung ist präziser. Frau Van den Jongen hat festgestellt, dass ich
meinen Kopf nicht genügend aufrecht halte, obwohl der steife und hohe Kragen der
Schul- Uniform ihn nach oben zwingt. So hat sie diesen fürchterlichen zu
schnürenden Kragen bestellt, der mein Kinn weit nach oben zwingt und meine
Atmung zusätzlich einschränkt. Ich kann nicht mehr den Fußboden vor mir sehen.
Ganz schlimm ist es bei den Treppen. Ebenso wie die Handschuhe muss ich das
Halskorsett auch im Bett tragen, und ich befürchte dass mein Schlaf heute Nacht
durch den in den Nacken gezwungenen Kopf zu kurz kommen wird.
Und ob das alles nicht genug wäre, gibt es ein letztes Accessoire. Ein Paar
Manschetten, an meinen Fußknöcheln befestigt. Eine zehn Zentimeter lange Kette
zwischen ihnen zwingt mich zu 'damenhaften Schritten', wie Frau Van den Jongen
sagte.
So ist es nun vollbracht: In diesem abscheulichen Internat werden all meine
Bewegungsmöglichkeiten bis zum Äußersten eingeschränkt. Ich bin eine Gefangene
der eigenen Kleidung. Sobald all diesen abscheulichen Dingen angelegt waren,
schwankte ich durch mein Zimmer und brach in Tränen aus. Lucy kam eine Stunde
später zu mir und tröstete mich. Das Gefühl ihrer warmen Küsse auf meiner Wange
ist jetzt das einzige Glücksgefühl in meinem abscheulichen, furchtbaren und
schrecklichen Leben.
30. Januar, 1827
Und wurde zum ersten Mal erlaubt die Schule verlassen zu dürfen, und die Kirche
des nahe gelegenen Dorfs zu besuchen. Wir benötigten zwei Stunden, mit unseren
grotesken Stiefeln. Glücklicherweise wurde meine Knöchelkette für diesen Ausgang
abgenommen. Die dicken Deckmäntel und Muffs hielten uns warm, aber der an dem
breiten Hut befestigte Schleier reduzierte meine Sehvermögen drastisch. Ich
erkannte nur die Umrisse der vor mir laufenden Schülerin, denn wir gingen
zwangsweise hintereinander. Unsere Hälse waren mit Halsleinen verbunden. Frau
Van den Jongen ging vorne weg. Ich fühlte mich mehr wie eine Kuh in einer Herde,
als wie ein Mädchen. Die Messe war langweilig, aber immerhin eine Abwechselung
der täglichen Routine. Ich war froh das Sakrament empfangen zu können.
12. Februar, 1827
Als ich heute von meinen Unterricht zurückkam fand ich Lucy weinend auf ihrem
Bett sitzend vor. Ich fragte sie nach dem Grund, und sie sagte dass sie heute
einen Brief von ihrer Verlobten bekommen hatte. Er hatte geschrieben dass er es
an der Zeit hielt, ihren Hintern noch mehr zu trainieren. Aus diesem Grunde
hatte einen anderen glatten hölzernen Zylinder geschickt. Er war in ein schönes
Papier verpackt und mit einer roten Schleife verziert. Sie erklärte, dass sie
mit der Zeit ständig größere Zapfen bekommen hatte, um ihren hinteren Eingang
noch mehr zu weiten, und für die Ehe vorzubereiten. So war sie bisher in der
Annahme, dass ihr gegenwärtiger Zapfen der letzte und größte sei, den sie tragen
müsste. „Er ist so dick und groß“, stöhnte sie. Dann sagte sie: „Ich fühle mich
den ganzen Tag zum bersten gestopft. Dieser neue Zapfen ist jedoch im
Durchmesser noch eineinhalb Zentimeter größer.“
Ich nahm den Zapfen in die Hand. Es war wahrlich massiv, bestimmt 10 cm im
Umfang! Ich wusste nicht, dass die Werkzeuge der Männer so mächtig waren. Und
der Gedanke daran eines Tages so etwas Großes in meinem Hintern zu haben, war
unerträglich. Lucy weinte immer noch und jammerte: „Meine Zofe ist heute krank
und ich schaffe es nicht ihn alleine reinstecken zu können. Außerdem schäme ich
mich eine Fremde darum zu bitten, mir zu helfen.“
Ich wusste sofort, dass dies die Gelegenheit war meiner Freundin zu helfen. So
sagte ich, dass ich ihr helfen würde. Sie lächelte mich an und bat mich darum,
dafür zu sorgen etwas Schmalz zu bekommen. Das sei als Gleitmittel notwendig.
Sobald eine Küchenmagd Schmalz vorbeigebracht hatte, zogen wir den alten Zapfen
aus ihr heraus. Es war mit Kot behaftet, und ich muss zugeben, dass es mir nicht
gefallen hatte. Allerdings war die Berührung von Lucys glatter Haut ganz
angenehm. Ich begriff, warum Männer diesen Teil unseres Körpers anziehend
empfanden. Ich nahm mir viel Zeit den neuen und größeren Zapfen einzufetten. Ich
musste Lucys Gesäßbacken weit auseinanderdrücken und gleichzeitig den Zapfen mit
aller Gewalt in sie hineindrücken. Schließlich steckte er drin. Lucys
Gesichtsausdruck war nicht sehr angetan.
„Er ist zu groß! Ich bin zu stark ausgefüllt! Es tut mir weh“, stöhnte sie. Ich
tröstete sie, drückte sie an meine Brust, küsste sie und versicherte ihr, dass
dies unser Los sei und es nichts gäbe, was wir dagegen tun könnten.
23. Februar, 1827
Ich schaffte es heute drei Mal den Raum zu umrunden, ohne das Buch fallen zu
lassen. Frau Van den Jongen ist sehr zufrieden. Morgen wird mir unterrichtet wie
sich eine Dame richtig hinsetzt.
24. Februar, 1827
Sitzen ist genauso anstrengend wie Spaziergang, vielleicht sogar noch
schwieriger. Aber immerhin brauche ich nicht den ganzen Tag auf meinen armen
gefolterten Füßen herum zu laufen.
1. März, 1827
Eine weitere Korsettreduzierung. Meine Taillenweite beträgt jetzt 42 Zentimeter
und das Korsett drückt den ganzen Tag. Während des Haltungsunterrichts wurde ich
ohnmächtig und fiel die Treppen hinunter. Mir wurde gesagt, dass mein Korsett
jeden Ersten des Monats, um einen Zentimeter reduziert wird.
15. März, 1827
Lucys Verlobter stattete ihr heute einen Überraschungsbesuch in der Schule ab.
Ich muss zugeben dass ich von seiner realen Erscheinung angenehm angetan war,
aber dennoch befürchte ich dass er sogar schlechter zu sein scheint als mir
beschrieben. Sein Name ist Boris, und er ist ein lüsterner Mann. Er
beglückwünschte mich über mein Aussehen und kniff mir in den Hintern wie es mein
Onkel Jacob und seine Freunde Weihnachten getan hatten. Er sagte, dass er sich
über den Fortschritt freute, den Lucy gemacht hatte, und könne nicht mehr auf
den glücklichen Tag warten, wenn sie für immer vereinigt werden würden. Ich
selber möchte nicht eine Sekunde mit ihm verheiratet sein. Es würde mein Herz
brechen. Ich denke Lucy empfindet ähnlich, doch sie scheint sich mit ihrem
Schicksal abgefunden zu haben. Ich werde mich bei Gott bedanken, falls ich
meinen Mann auswählen könnte und nicht Onkel Jacob. Ich möchte einen Mann haben,
der mich wirklich liebt, und mich leben lässt wie ich es möchte. Ich freue mich
auf die Ehe immer mehr, sozusagen als eine Befreiung aus meiner täglichen
Unterdrückung. Aber auch, weil ich mich danach sehne zu erfahren wie es mit
einem Man im Bett sein muss. Lucy hatte mir gesagt, dass sie gehört habe es wäre
schön. Wie es sich wohl anfühlt, wenn das Werkzeug eines Mannes in meine
unaussprechlichen Teile eindringen würde? Ich meine nicht meinen Hintern, nein,
dort niemals! Ich bin nicht bestrebt es herauszufinden.
Boris erklärte den Grund für seinen Besuch. Er wollte seiner Verlobten das teure
Hochzeitkorsett vorstellen, dass er für sie in Paris hat anfertigen lassen. Es
ist ein schönes Korsett, allerdings hat es erschreckende Maße. Der Kreisumfang
der Taille ist außen 30 cm, und ist im Taillenbereich 5 Zentimeter breit. Es ist
das fürchterlichste Gewand, das jemals eine von uns gesehen hatte. Lucy
protestierte. Sie war der Meinung dass sie es niemals tragen könnte. Aber Boris
erklärte ihr warum er einen Monat eher gekommen sei. So hätte sie genügend Zeit
sich daran zu gewöhnen. Als Lucy ihn fragte, was damit meine, erklärte Boris,
dass das Datum der Hochzeit festgelegt worden sei. Sie sollte sich hier mit ihm
in der russischen Kirche in Amsterdam, nach Ostern, vermählen, und danach nicht
mehr zum Internat zurückkehren.
Ich bin verzweifelt! Nicht nur dass ich erfahren habe das ich bald meine liebe
Lucy verlieren werde, sondern auch, dass ich sie an ein Leben voller Elend
verlieren werde. Sie weinte jede Nacht nachdem Boris abgereist war. Ich hielt
sie in meinen Armen und küsste sie tröstend.
18. März, 1827
Meine Unterrichtungen sind schrecklich, aber die der armen Lucy sind noch
schlimmer. Sie wurde aus dem normalen Unterricht herausgenommen und verbringt
den ganzen Tag mit ihrer Anpassung an das Hochzeitkorsett. Mehrmals am Tag wird
sie ohnmächtig, und wenn sie an der Trapezstange in die Länge gezogen wird,
schreit sie vor Schmerz auf. Wir schlafen jetzt jede Nacht zusammen in einem
Bett und halten und ganz fest, um einander zu trösten.
22. März, 1827
Wir reisten Heute nach Amsterdam um für unsere Kleider vermessen zu werden. Ich
soll Lucys Brautjungfer sein. Das Kleid, das Boris bestellt hat, ist ein
Alptraum und sieht verspielt und frivol aus. Es hat über zwanzig Unterröcken und
Ärmel wie ein Ballon. Ich freue mich es zu tragen, allerdings nur der lieben
Lucy zuliebe.
1. April, 1827
Ein weiterer Zentimeter weniger bei meinem Korsett. Ich wurde heute dreimal
ohnmächtig. Der Normalzustand liegt jetzt bei 41 Zentimeter, während des
Tanzunterrichts bei 39 Zentimeter.
3. April, 1827
Die Schule endet heute, aber im Gegensatz zu den anderen Schülerinnen wurde ich
nicht nach Hause gesandt, da Onkel Jacob noch im Osten ist. Ich freue mich,
bedeutet es doch etwas mehr Zeit mit meiner geliebten Lucy verbringen zu können.
11. April, 1827
Wir reisten heute wieder nach Amsterdam. Ich wohne im Hotel bei Lucys Eltern.
Ihre Mutter ist eine fromme ruhige Frau mit einer Taille von erstaunlich kleinem
Ausmaß, während ihr Mann groß und herrisch ist, von dem ich mich fern halte.
Lucy ist den ganzen Tag mit Hochzeitvorbereitungen beschäftigt, und anderen
eheliche Anordnungen. Sofort nach der Zeremonie wird das Ehepaar nach Russland
zurückkehren, wo Boris ein großes Anwesen im Wald gekauft hat. Lucy ist
entsetzt, da sie gehofft hatte in der modischer Gesellschaft in Sankt Petersburg
zu leben, aber es gibt nichts was sie dagegen tun kann. Ich habe versprochen ihr
regelmäßig zu schreiben, um ihre Einsamkeit zu erleichtern.
23. April, 1827
In der Nacht vor ihrer Hochzeit weinte sich Lucy viele Stunden an meiner
Schulter aus und erzählte mir von ihren Zukunftsängsten. Oh, wenn ich nur meiner
Freundin helfen könnte!
24. April, 1827
Die Hochzeit von Lucy und Boris Artamanov verlief erfolgreich. Sie sah wie eine
der chinesischen Porzellanpuppen aus. Sie hasste ihr Hochzeitkleid und weinte
während der Hochzeitszeremonie, als der Priester sie für alle Ewigkeit mit jenem
abscheulichen Mann vermählte. Dann wurde sie nach einen kleinen Empfang von
ihrem Ehemann nach oben befohlen, um sich auf das Ehebett vorzubereiten. Ich
frage mich ob sie es genoss?
25. April, 1827
Ich werde niemals wissen, ob Lucy ihre Hochzeitsnacht genossen hatte, ich
befürchtete Schlimmstes. An diesem Morgen, als ich sie verabschiedete, versuchte
ich mit ihr zu sprechen, aber es ging nicht. Als ich ihren Schleier hoch hob,
entdeckte ich zu meinem Entsetzen, dass ihr Ehemann ihr eine Ledermaske über das
Gesicht geschnürt hatte. So konnte sie nicht reden und auch nichts sehen. Ich
flüsterte in ihr Ohr dass ich sie liebte und küsste sie auf die Maske, bevor ich
mich ganz traurig von meiner liebsten Freundin Lucy Artamanov verabschiedete.
23. Juni, 1827
Wieder zurück im Internat fühle ich mich unwohl. Vielleicht wegen der
schrecklichen Ereignisse, denen ich beiwohnte. Ich fiel in eine Ohnmacht und,
als ich erwachte, war ein ganzer Tag vergangen. Heute ist der erste Tag, an dem
es mir wieder besser geht. So habe ich das Bett verlassen und schreibe an diesem
Tagebuch. Trotzdem ich mich immer noch nicht ganz wohl finde, hat Frau Van den
Jongen auf dem Korsett, Handschuhe und Stiefel bestanden. Ich wurde auch auf 39
Zentimeter in der Taille herunter geschnürt, obwohl ich ohne Bewusstsein im Bett
gelegen hatte.
26. Juni, 1827
Das Leben ist unglücklich und leer ohne Lucy. Ich fühle mich wie tot. Alles ist
so sinnlos.
1. Juli, 1827
38 cm heute. Obwohl ich mir sicher war dass dies unmöglich sei, hat Frau Van den
Jongen ihr Ziel erreicht. Ich bin ständig außer Atem und habe Schmerzen.
2. Juli, 1827
Das Leben geht als leere Hülle weiter. Ich habe viel gelernt, aber ich lebe
nicht. Vielleicht wird mir der Sommer gut tun. Ich habe bisher fünf Briefe an
Lucy geschrieben aber keine Antwort bekommen. Ich hoffe, dass ihr Ehemann ihre
Post nicht zurückhält.
14. Juli, 1827
Die Schule hat gestern geendet, und habe ich die anstrengende Heimfahrt nach
Zierikzee hinter mich gebracht, genauso unbequem gekleidet wie auf der Hinfahrt.
Allerdings habe ich nun eine kleinere Taille. Mein Onkel war dort, um mich zu
begrüßen, als ich ankam. Ich wunderte mich etwas über sein lächelndes Gesicht.
Bin ich vielleicht in der Vergangenheit zu abweisend zu ihm gewesen? Vielleicht
waren seine Handlungen gut gemeint, obwohl sie dennoch grausam waren. Ich habe
beschlossen meinen Aufpasser diesen Sommer zu mögen.
15. Juli, 1827
Ein wirklich seltsamster Tag heute. Nach der Vollendung des Schuljahres hatte
ich erwartet, dass ich mich ein bisschen entspannen könnte, und zu Hause ein
paar Tage meine Stickereien fertig zu stellen, oder einen Roman zu lesen.
Allerdings rief mich mein Onkel an diesem Morgen zu sich ins Wohnzimmer und
erklärte, dass er über meine Fortschritte bei Frau Van den Jongens zufrieden
sei. Allerdings wäre da noch etwas Ignoranz meinerseits übrig geblieben, und so
wollte er sich den Sommer über bemühen mich weiter zu erziehen. Er wollte mir
gewisse Grundregeln beibringen. Er fragte mich, ob ich jemals außerhalb der
Marschgebiete gewesen sei. Als ich mit ‚Nein’ antwortete, warf er seine Arme
nach oben, verfluchte einmal mehr meine geliebte Mama und Papa und bedeutete
mir, dass es unbedingt wichtig für eine Dame sei, Anregungen aus der weiteren
Welt zu erlangen. Dann kündigte er an, dass wir etwas Zeit, er sagte nicht wie
lange, in seinem Urlaubshaus verbringen sollten. Wir sollten sofort abreisen.
Das Urlaubshaus meines Onkels stellte sich als ein komischer Ort dar. Es
befindet sich auf dem weiten Ende der Schouven- Duiveland- Insel, an einem
windzerzausten und unfruchtbaren Fleck, nahe einer unendlichen Fläche aus
Sanddünen, welche 'Die Domäne' genannt wird. Es ist deshalb komisch, weil dieses
Haus nicht in dem normalen holländischen Stil gebaut ist, es war groß und
ebenerdig. Im Innenhof stand eine Art chinesische Pagode. Mein Onkel hat das
Haus entworfen und nannte es 'Das Teehause'.
Nach der Ankunft ließ mich mein Onkel hinsetzen und erklärte mir, dass er mich
hier her gebracht hatte, um mich in die Sitten und Gebräuche des Ostens
einzuführen, die er lange bewundert hat. Er hat erklärt, dass ich so lange hier
bleiben würde, bis er der Meinung sei, ich hätte genug gelernt. Er wollte mich
in das Leben eines asiatischen Mädchens einführen, mir deren Weisen der
Weiblichkeit und Anmut lehren. Das alles klang ziemlich seltsam aber auch
spannend, doch Fragen meinerseits beantwortete er nicht. Er sagte nur, dass ich
die Antworten ab Morgen herausfinden würde. So sitze ich hier vor dem Bett, der
Wind der Nordsee heulte und rüttelt an den Fensterscheiben, und schreibe. Ich
frage mich, was am nächsten Tag auf mich zukommen wird.
16. Juli, 1827
War es gestern schon komisch, dann ist es heute noch komischer. Ich wurde ganz
früh von der Zofe geweckt, schnell gewaschen und lediglich mit einem dünnen
Nachthemd bekleidet zu der Pagode, oder dem Teehaus geführt, wo ich im
Dämmerlicht meinen Onkel warten sah. Er begrüßte mich und erklärte wir wären
deshalb so früh aufgestanden, da noch viel zu tun sei. Im Zentrum des Gebäudes
stand ein Stuhl, auf den ich mich setzen sollte. Dann fing die Zofe zu meiner
Überraschung an mein Haar zu waschen, und anschließend eine übel riechenden
Flüssigkeit einzureiben. Sie verzichtete darauf das Haar wieder auszuwaschen und
ließ sie hängen, bis sie trocken waren. Nach ungefähr einer halben Stunde wurde
ein Spiegel vor mir hingehalten. Zu meiner unglaublichen Überraschung war die
Flüssigkeit nicht Seife gewesen, sondern eine Art Farbstoff. Meine schönen
blonden Locken waren jetzt tiefschwarz.
„Aber warum, Onkel“, protestierte ich. „Ich sehe fürchterlich aus!“ Das tat ich
wirklich, denn ich starrte mein Spiegelbild mit meinen blauen Augen und immer
noch blonden Augenbrauen an. Mein Gesicht war von einer schwarzen Masse umgeben.
Ich sah eher wie eine Hexe aus, als wie eine junge Dame.
„Ich weiß mein Schatz, habe keine Angst, du wirst bald schön aussehen. Das
schwarze Haar ist notwendig, da alle Damen des Ostens, wie ihr wohl wisst,
schwarze Haare haben. Mit deinen blonden Locken würdest du nicht gerade gut
aussehen, oder?“
Ich musste ihm zustimmen. Doch trotz der schwarzen Haare sah ich noch lange
nicht wie eine Asiatin aus, und das sagte ich meinen Onkel.
„Habe keine Angst, Gabrielle“, antwortete er. „Das werden wir jetzt ändern.“
Dann nahm er, zu meiner Überraschung, etwas, was wie ein Porzellankopf aussah,
zur Hand. Das Gesicht war exakt das einer Asiatin.
„Was ist das“, fragte ich.
„Das ist dein neues Gesicht“, antwortete er. „Von jetzt an bist du nicht mehr
Gabrielle, sondern 'Akiko'. Es passt genau über deinem Kopf und den Hals, und
die Öffnung am Hinterkopf ermöglichen dein Haar frei herabfallen zu können.“
„Aber wie kann ich sehen oder atmen?“ Ich betete verzweifelt darum diese Maske
nicht tragen zu müssen.
„Da sind Löcher für die Augen und die Nase, schau.“
Ich schaute genau hin und sah dass er die Wahrheit sprach. Allerdings sah ich
ein Problem auf mich zukommen. Da war ein großer hölzerner Knauf. „Aber es gibt
kein Loch für den Mund“, protestierte ich, „stattdessen ist da eine Vorwölbung,
sodass ich nicht sprechen kann.“
„Genau, Akiko“, antwortete er, „Der Knauf wird dich zum Schweigen bringen. Du
bist hier um zu lernen, und Schüler müssen zuhören, nicht reden. Lass mich jetzt
dir die Maske aufsetzen.“
Und mit diesen Worten hielt die Zofe meinen Kopf fest, sodass ich meinen Kopf
nicht abwenden konnte, als er die Maske mir überstülpte. Der hölzerne Knauf
füllte meinen Mund. Ich konnte nur noch grunzen, mehr nicht. Als mein Onkel die
Befestigungsgurte anzog, zwängte sich der Knauf noch tiefer in meinen Mund
hinein. Mit kleinen Vorhängeschlössern sicherte er die Gurte. Es war anstrengend
als auch unangenehm diese Porzellanmaske zu tragen. Der Porzellanhals, mit
Blechstreifen verstärkt, zwang meinen Kopf unbarmherzig nach oben und streckte
ihn zusätzlich. Die Löcher für die Augen waren zu klein und zusätzlich mit einer
Schicht aus getöntem Glas abgedeckt. Von außen erschienen sie als perfekte
Kopien der dunklen Augen einer Asiatin. Dadurch wurde aber mein Gesichtsfeld
drastisch eingeschränkt und verschleiert. Der Knebel störte mich, ebenso die
fest auf meinem Gesicht gepresste Maske. Ich konnte nur noch dumpfe Laute
vernehmen.
„Sehr schön“, sagte mein Onkel. „Jetzt die Frisur!“
Ich konnte aufgrund meines beschränkten Sehvermögens nicht sehen, aber ich
vernahm dass jemand, weder mein Onkel noch meine Zofe, mein Haar in einer sehr
komplizierten Art und Weise frisierte. Während der ganzen Zeit erklärte mein
Onkel was da vor sich ging. Er erklärte mir, wie ich immer mehr von der
Gabrielle zur Akiko wurde. Einer jungen japanischen Schülerin, einer Maiko. Eine
Maiko lernt eine Geisha zu werden, sagte er, eines der weiblichsten und
anmutigsten Wesen auf dem Planeten. Sie kleiden sich vollkommen weiblich,
benehmen sich tadellos, und lernen alle weiblichen Künste, wie das Spielen von
Musikinstrumenten, um Männern gefallen zu können. Sie beherrschen die
Teezeremonie, das höfliche Gespräch, Singen und kennen die Geheimnisse des
Schlafzimmers. Mein Onkel erklärte dass ich aus ersichtlichen Gründen das
letztere nicht lernen würde, doch das Singen und das höfliche Gespräch sei
Bestandteil des Lehrplans während des Sommers. Er fing dann an mir die Frisur zu
erklären, die eine der komplizieren Frisuren sei, die jemals erdacht wurden. Aus
diesem Grunde hatte er auch Frau Wakayama eingestellt, eine Haar- und
Schminkkünstlerin. Sie war diejenige, welche mich gerade frisierte. Sie wurde
auch Wareshinobu genannt. Er fuhr fort mir die Bedeutung der verschiedenen
eingeflochtenen Bänder zu erklären. Außerdem erfuhr ich, dass jede Frisur der
Jahreszeit entsprechend anders war. Währenddessen steckte mir Frau Wakayama jede
Menge Sachen in das Haar.
Ich merkte, wie die Frisur immer schwerer wurde. Es muss zu meinem eigen Haar
bestimmt noch anderes hinzugefügt worden sein. Es dauerte mehr als drei Stunden.
Ich mochte die Frisur bestimmt nicht lange tragen, aber mein Onkel hatte
erwähnt, dass ich sie während meiner ganzen asiatischen Erziehung tragen würde.
Ich hatte ja keine Wahl und konnte nicht einmal meine Gefühle äußern.
Nach einer scheinbaren Ewigkeit durfte ich mich erheben und meine Einkleidung
begann. Mein Onkel erklärte mir das japanische Frauen kein Korsett tragen, und
meine europäische Form weitaus anders als die der gelenkigen Asiatinnen sei. So
hatte er entschieden mir anstelle des gewohnten Korsetts, welches meine schönen
Kurven formte, wurde mir ein ähnliches Teil aus früherer Zeit umgelegt. Die Zofe
schnürte es mir unbarmherzig zu, bis das von meinem Onkel festegesetzte
Taillenmaß erreicht war. Dieses andere Schnürinstrument presste nicht nur meine
Taille zusammen, sondern drückte auch auf meinen Oberkörper. Der zusätzliche
Druck auf meinen Unterleib ließ meine unaussprechliche Region seltsam angenehm
prickeln. Als alles zugeschnürt war, schnappte ich nach Luft. Danach wurde mein
Kostüm gebracht.
Zuerst sollte ich enge, weiße Socken, so genannte ‚Tabi’, anziehen. Sie kratzten
etwas. Danach wurden mir ein schweres weißes Baumwolloberteil und Rock
übergezogen. Erst dann kam ein wunderschöner schwarzer Kimono an die Reihe. Er
war mit Bildern von Bambusbäumen bestickt, und wurde mit großer Sorgfalt um
meinen Körper geschlungen. Er war wahrlich schön, aber seine Schwere sorgte mich
ein bisschen und ich bemerkte verwirrt, dass er zu lang war und auf dem Fußboden
schliff. Doch dann wurde das überzählige Material bis zu den Knöcheln
hochgezogen und mit einem passenden Gürtel befestigt. Meine Gewänder wurden dann
geglättet, bevor ein dicker gelber, bestickter Gürtel eng um meine Taille
gebunden wurde. Zwei dicke weiße Handschuhe wurden über meinen Händen gezogen.
Sie waren so eng und dick, dass ich kaum meine Finger bewegen konnte.
Schließlich wurden mir hölzerne Sandalen angezogen, welche eine dicke
Plateausohle von ungefähr drei Zentimeter hatten. Sie waren unbequem und
schlecht zu tragen.
Als ich komplett eingekleidet war, ließ mein Onkel einen Spiegel hinstellen. Das
Bild, das ich sah, ließ mich fast in Ohnmacht fallen. Gabrielle gab es nicht
mehr. Ich sah eine künstlich wirkende japanische Puppe mit schneeweißer Haut,
und einem stark geschminkten Gesicht. Als ich das ausdruckslose Spiegelbild sah,
stöhnte ich auf. Ich fühlte, wie meine komplette Persönlichkeit von mir gewichen
war.
Getreu meiner neuen Kleidung verbrachte ich den Tag unter der Führung von Frau
Wakayama. Ich gebe zu, dass es interessant war einen Einblick in den asiatischen
Lebensstil zu bekommen. Dafür hatte ja mein Onkel diese japanische Lehrerin
engagiert. Trotzdem empfand ich diesen Tag wirklich schrecklich. Diese Maske ist
so klaustrophobisch. Ich fühle mich darin eingesperrt, wie der unglückselige
Bruder des Königs im Kaiserlichen Frankreich, der gezwungen wurde eine stählerne
Maske zu tragen. Außerdem ist der Kimono schwer, heiß und beschränkt meine
Schritte unheimlich stark. Die Holuzsandalen sind ebenfalls hinderlich. Sie
lassen mich straucheln, besonders auf dem Kiesboden, der leider Bestandteil des
japanischen Gartens meines Onkels ist.
Mein Unterricht war auch sehr Langweilig. Er bestand nur aus der Teezeremonie.
Frau Wakayama zeigte mir, wie ich den Tee zubereiten muss und anschließend
vorgebe zu trinken. Mit meiner Maske konnte ich ja nichts anderes machen.
Schließlich ist dort noch das Knien. In Japan soll es angeblich keine Stühle
geben. Die Frauen müssen knien. Das wurde auch von mir erwartet. Die Frauen
müssen allerdings in einer unbequemen Art knien, denn die Beine müssen fest
zusammengedrückt sein und die Füße berühren den Hintern. Ich konnte aber nicht
länger in dieser Stellung aushalten, und musste alle fünf Minuten aufstehen, um
meine Beine auszustrecken. Darüber war Frau Wakayama sehr verärgert.
Ich sitze jetzt, immer noch in dem Kimono und mit der Maske und schreibe mein
Tagebuch. Mir wurde aber gesagt, dass mir alles für die Nacht abgenommen werden
würde. Diese Nachricht war für mich eine große Erleichterung und ich erwarte
ganz ungeduldig meine Befreiung.
17. Juli 1827
Ein weiterer unerfreulicher Tag. Gabrielle, oder sollte ich 'Akiko' sagen, wurde
früh geweckt und wie am Vortag eingekleidet. Die Maske wurde angelegt und
abgeschlossen. Dieses Mal trug ich einen orangefarbigen Kimono. Ich hatte nicht
geschlafen. Obwohl ich von der abscheulichen Maske und dem hinderlichen
japanischen Gewändern für meine Nachtruhe befreit wurde, musste ich dennoch das
eng geschnürte Korsett tragen. Außerdem waren meine Hände wie gewöhnlich
gefesselt. Viel schlimmer war allerdings meine neue Schlafanordnung. Getreu dem
Motto der asiatischen Lebensweise, musste ich im Teehaus schlafen. Das dünne
Holzgebäude ohne Glasscheiben bot keinen Schutz vor dem kalten Wind. Folglich
lag ich die ganze Nacht wach und meine Zähne klapperten vor Kälte. Ich war
meiner Zofe dankbar darüber, dass sie es meinen Onkel gegenüber erwähnte, und er
versprach dies zu ändern.
Ich muss auch zugeben, dass ich mich bald wieder aufwärmte, nachdem ich den
schweren Kimono angezogen bekam und gezwungen wurde zu trippeln. Besser kann man
die beschränkte Gehweise mit dem engen Kimono und den Holzsandalen nicht
bezeichnen. Außerdem wärmte mich die Juli- Sonne zusätzlich auf. Es kommt aber
noch schlimmer. Da ich nun Akiko bin, darf ich nicht mehr in einem Bett
schlafen, sondern muss auf einer dünnen Matratze, einem Futon, auf dem Fußboden
liegen. Dies ist schon sehr unbequem, und wird noch von der Tatsache
verschlimmert, dass Frau Wakayama mir nicht erlaubt meine komplizierte und
ziemlich ärgerliche Frisur abzulegen. Stattdessen besteht sie darauf, dass die
Frisur nicht beschädigt werden darf, und den ganzen Monat so bleiben soll. Um
dies zu gewährleisten darf ich kein Kopfkissen benutzen und muss meinen Hals auf
einem harten hohen Holzblock lagern, der am Fußboden befestigt ist, und fest um
meinen Hals herum gebunden wird. Bewegungen sind dann unmöglich. Wie soll ich
mit gefesselten und verbogenen Hals jemals schlafen können? Es ist grausam.
Heute war alles genauso wie gestern. Ich habe Fortschritt mit dem Knien gemacht.
Ich schaffe jetzt acht Minuten zu knien, aber Frau Wakayama ist noch weit davon
entfernt glücklich zu sein. Ich kann jetzt aber schon den Tee richtig in die
Tasse gießen.
18. Juli, 1827
Die 'Korrektur' meines Onkels bezüglich meiner Schlafanordnungen sind leider
fast so schlecht wie letzte Nacht. Mir wurden meine Arme auf dem Rücke gelegt
und in einen Monohandschuh geschnürt. Dann wurden um mich sieben dicke Decken
herum geschlungen. Danach wurde ich zusätzlich in einen festen körpergroßen
Lederbeutel geschnürt, sodass ich vollkommen unbeweglich war. Ein Halstuch wurde
um mein Gesicht geschlungen. Auch wenn der Wind unbarmherzig blies war mir
unglaublich heiß. Als ich an diesem Morgen geweckt wurde, war ich
Schweißgebadet.
Kein Fortschritt bei dem hinknien. Ich habe angefangen eines der asiatischen
Geigeninstrumente zu spielen. Während ich dies niederschreibe, sehe ich voller
Entsetzen, dass eine ähnliche Anordnung wie in der letzten Nacht von der Zofe
bereit gelegt wird.
19. Juli, 1827
Ein schrecklicher Tag! Frau Wakayama hat meinen Onkel über den Mangel meines
Fortschritts informiert. Nach meiner morgendlichen Einkleidung musste ich mich,
völlig überrascht, auf den Bauch legen. Dann bog sie meine Beine unbarmherzig
zurück in die Knielage und band die Unterschenkel mit dicken Lederriemen an den
Oberschenkeln fest. Ich wurde dann von zwei Dienern zu meinen Unterrichtsplatz
getragen und gezwungen fünf Stunden lang kniend das Musikinstrument zu lernen.
Der Schmerz war unglaublich. Schließlich war ich sogar nach einiger Zeit dankbar
darüber dass sie mir einschliefen und dadurch gefühllos und taub wurden. Als ich
gegen Mittag freigelassen wurde, konnte ich nicht alleine stehen und Frau
Wakayama musste mich stützen. Sobald das Gefühl in meine Beine zurückkehrte,
gingen wir für einen kurzen Gang durch den Garten. Es war schön. Dann wurden
meine Beine allerdings wieder in die Knielage gezwungen und gefesselt. Ich wurde
seitdem nicht freigelassen. Ich schreibe dieses Tagebuch noch immer in meiner
japanischen Kleidung und der Maske. Meine Beine sind immer noch in dieser
fürchterlichen Knielage gefesselt. Wie ich mich danach sehen dass diese
asiatische Qual beendet wird!
20. Juli, 1827
Alles wie gestern. Meine Beine schmerzen den ganzen Tag.
21. Juli, 1827
Ich bin so unglücklich. Ich muss fliehen.
22. Juli, 1827
Der absolute Horror. Meine Zwangslage verschlechtert sich. Etwas, was ich lang
befürchtet habe, ist passiert. Frau Wakayama ist während der letzten Tage
nachlässig geworden und hat oft das Teehaus für andere Dinge verlassen. Sie
konnte sicher sein, dass ich nichts anstellen würde, denn ich kniete gefesselt
auf dem Fußboden. Heute ließ sie mich für mehr als eine Stunde allein. Während
jener Zeit musste ich unbedingt zur Toilette. Da ich aber nicht um Hilfe rufen,
noch es zurückhalten konnte, nässte ich mich ein. Um meine Blamage zu
verschlimmern, hat mein Onkel nicht meine Lehrerin, sondern mich getadelt und
mich ein Baby genannt. Ich muss jetzt den ganzen Tag Windeln wie ein Kleinkind
tragen.
23. Juli, 1827
Wie ich dieses Leben hasse! Dieser sinnlose japanische Unterricht, diese
furchtbaren einschränkenden Kleidungsstücke, diese heiße und verschwitzte Maske,
meine Beine in eine unbequeme Lage gezwungen, unfähig mich zu bewegen, zu
sprechen oder irgendetwas zu tun. Ich benetze mich heute wieder und wurde
gezwungen die Feuchtigkeit den ganzen Tag zu ertragen. Ich muss fliehen!
31. Juli, 1827
Vor sieben Tagen machte ich meinen Fluchtversuch. Sobald meine Beine sich
während des Nachmittagsspaziergangs erholt hatten, stieß ich Frau Wakayama in
den Teich hinein und lief dann, vielmehr ich ging dann langsam hinaus. Draußen
zog ich die furchtbaren Holzsandalen aus und zerrte den Kimono herunter. So
konnte ich mich freier bewegen. Meine Maske war ein größeres Problem, da mein
Onkel sie mit Vorhängeschlössern gesichert hatte. So musste ich sie zerschlagen,
indem ich mein Gesicht gegen einen Felsen schlug. Dabei verletzte ich mich. Dann
zog ich den weißen Rock aus und lief los. Leider ist die Gegend trostlos und
ohne Häuser. Ich hörte die mich jagende Diener meines Onkels und versteckte ich
mich hinter einen Busch. Allerdings hatte ich nicht mit dem teuflischen
Einfallreichtum meines Onkels gerechnet. Er hatte ohne mein Wissen sich einen
Hund angeschafft. Dieser schnüffelte meiner Fährte hinterher. Ich wurde bald
gefunden und zurückgebracht. Mein Onkel war wütend. Er schimpfte dass ich ein
aufsässigstes und lästiges Frauenzimmer war. Er sagte, dass ich unverbesserlich
war. Er stürmte durch das Haus. Er sagte dass er viel Geld investiert hatte, mir
eine gute Ausbildung zu geben, doch alles was ich täte, wäre nur ein Davonlaufen
und die schönen Kleidungsstücke zu zerstören, die er nur für mich gekauft hat.
Ich weiß nicht, vielleicht bin ich wirklich schlecht, aber das Leben ist so
langweilig und beschränkend.
Als Strafe hat er angeordnet, dass meine Beine auch nachts in die Knielage
gefesselt werden. Es ist nicht so schlimm wie ich tagsüber, da mein Gewicht
nicht auf ihnen ruht. Aber es trotzdem unangenehm. Außerdem ist ein neuer Kimono
während meiner Tagesspaziergänge eingeführt worden. Die Ärmel sind
zusammengenäht. Meine Arme sind darunter zusammengebunden, wie bei dem
Monohandschuh, den ich nachts tragen muss. Aufgrund meiner eigenen unsinnigen
Aktion ist mein Leben jetzt viel schlimmer als jemals. Ich bin ausgesprochen
unglücklich.
4. August, 1827
Meine Ausbildung soll intensiviert werden. Onkel hat einige seiner
Geschäftspartner aus seinen fernöstlichen Tagen eingeladen und er will sie mit
einer Nacht der japanischen Gastlichkeit bewirten. Ich soll die Gäste mit Frau
Wakayama und meiner Tante bedienen. Meine Tante ist jetzt jeden Tag maskiert und
trägt einen Kimono. Aus irgendeinem Grund hat ihre Maske eine kleine
Mundöffnung, nicht groß genug um zu sprechen. Die Öffnung ist nur etwa drei
Zentimeter im Durchmesser groß. Als ich danach fragte, wurde mir gesagt, dass es
mir nicht anginge.
8. August, 1827
Schweigen, gefesselte Beine, eingeschränktes Sehvermögen und beengende
Kleidungstücke. Mein Leben ist ausgesprochen unglücklich.
10. August, 1827
Heute war der Empfang meines Onkels. Einige dicke Kaufleute kamen vorbei und ich
wurde gezwungen deren Dienerin zu sein. Ich goss Tee ein, spielte das japanische
Musikinstrument, kniete neben ihnen. Einer von ihnen, ein Martineau genannter
Franzose, streichelte ständig meinen Arm und den Hintern. Ich konnte nichts
dagegen tun. Ich fühlte mich erniedrigt. Nach einigen Stunden musste ich zu Bett
gehen. Meine Tante und Frau Wakayama blieb sitzen. Ich schaute zurück, als ich
ging, und sah beide kniend sich nach vorne zu den Unterleibern zweier Männer
beugend. Dies ist eine Etikette, die ich noch nicht kenne und hoffe sie niemals
kennen zu lernen. Ich weine jede Nacht über dieses furchtbare Leben.
15. August, 1827
Ein ganzer unglücklicher Monat als Akiko. Ich bete zu Gott dass es bald enden
wird. Ich kann es kaum erwarten wieder zum Internat zu müssen. Mein Onkel, der
über den letzten Empfang zufrieden war, plant zwei weitere Empfänge.
18. August, 1827
Eine Änderung. Ein Maler kam und fing an mich zu malen. Ich wurde in die
Knielage gefesselt und musste den ganzen Tag so verbringen, während er
arbeitete.
22. August, 1827
Der Maler ist fertig. Ich fühle mich erleichtert.
23. August, 1827
Wird meine Zwangslage jemals beendet? Der Maler ist noch nicht fertig!
Stattdessen hat er mit einem zweiten Bild begonnen. Ich werde jetzt gezwungen
mit meinem Kimono den ganzen Tag neben meiner Tante zu stehen. Onkel hat zwei
Stangen in den Fußboden rammen lassen. Daran werden wir festgebunden, unfähig
uns zu bewegen.
27. August, 1827
Der Maler ist endlich fertig schließlich beendet, aber ich habe einen weiteren
Empfang vorzubereiten. Wenn ich an all die anderen Mädchen denke, welche den
Kontinent bereisen oder einfach nur spielen und ihren Urlaub mit ihren Geliebten
genießen, werde ich von Verzweiflung erfüllt. Meine geliebten Eltern sind tot,
und mein Onkel ist grausam, auch wenn er nicht meint so zu sein. Warum bin nur
verflucht?
1. September, 1827
Welcher himmlische Tag! Mein Onkel hat endlich mein Leben als Akiko für beendet
erklärt. Ich wurde heute ins Haus gebracht und wieder als Gabrielle angezogen.
Ich dachte niemals, dass ich froh sein sollte mein altes Korsett die bauschigen
Kleider und die Stiefel mit den hohen Absätzen tragen zu wollen. Aber so ist es.
Ich bete zu Gott niemals wieder in meinem Leben derart die Beine gefesselt zu
bekommen. Ich fühlte mich so frei in dem Wagen, der nach Zierikzee fuhr, ohne
diese Porzellanmaske und trotz des großen Huts mit dem Schleier.
Ich freue mich, da ich wieder, wenn auch eingeschränkt, sehen, sprechen und mich
einigermaßen frei bewegen kann. Wie ich mich danach sehne zum Internat
zurückzukehren, die anderen Schülerinnen wieder zu sehen und frei von der
wohlwollenden Tyrannei meines Onkels zu sein.
7. September, 1827
Ich habe mich so gut wie nie Verhalten, seit wir aus dem Urlaubshaus
zurückgekehrt sind. Ich lächele ständig, murre niemals über meine Kleidung und
spreche nur wenn ich darf. Sogar mein Onkel hat meine Anstrengung zur Kenntnis
genommen und es wohlwollend kommentiert. Ich hoffe, dass ich so weiteren
Unannehmlichkeiten entgehe.
10. September, 1827
Der absolute Horror. Mein Plan ist fehlgeschlagen! Mein Onkel ist derart von den
Verbesserungen meines Verhaltens und Auftretens beeindruckt, dass er sich
dagegen entschieden hat mich zum Internat Van den Jongen zu schicken. Er bezieht
meine Verbesserungen auf seine eigene Ausbildung des letzten Monats. Ich bin
verloren. Mir wurde gesagt, dass eine neue belgische Gouvernante Morgen
eintreffen wird und dass mein Unterricht jetzt zu Hause, unter der Aufsicht
meines Onkels weiter geht. Hatte ich mich doch so lange danach gesehnt dieses
Haus wieder verlassen zu können, und wenn es nur für einen Tag gewesen wäre.
Dieses kleine Glück, dass ich suchte, ist mir nun entglitten.
11. September, 1827
Der Name meiner neuen Gouvernante ist Frau Mathilde Hegel. Sie ist jung,
ungefähr fünfundzwanzig, und hübsch. Ich sehe etwas Güte in ihrem Gesicht, wie
viel, kann ich aber nicht feststellen. Meine weitere Unterdrückung, welche mein
Onkel uns beiden heute im Wohnzimmer umriss, erfüllt mich nicht mit Hoffnung. Er
erwartet, dass meine Taille den Umfang von dreißig Zentimeter erlangt, und zwar
schon zu Weihnachten. Außerdem hat er Fräulein Hegel gesagt, sie solle großen
Wert auf meine Körperhaltung legen. Ich soll Gesangstunden nehmen, immerhin eine
angenehme Änderung. Demgegenüber erwähnt er dass ein weiterer Schwerpunkt die
Verkleinerung meiner Füße sei. Das macht mir Sorgen. Fräulein Hegel stimmte
natürlich meinen Onkel all seinen Forderungen zu.
12. September, 1827
Meine neue Unterdrückung hat begonnen, doch noch ist es nicht so schlimm. Mein
Korsett ist wieder etwas enger geschnürt worden. Der Taillenumfang beträgt jetzt
37 Zentimeter. Ein neues Korsett, für einen Umfang von 32 Zentimeter ist schon
in Auftrag gegeben worden. Das scheint auch schon alles zu sein. Fräulein Hegel
ist streng, doch das habe ich auch erwartet und verhalte mich entsprechend
gehorsam. Nach dem Leben als eine Geisha ist dies leicht. Allerdings gibt es was
Unangenehmes. Es betrifft meine nächtliche Routine. Mein Onkel und die
Gouvernante haben das was bezüglich der kommenden kälteren Monate besprochen.
Ein Ledersack, ähnlich dem Sack, in dem ich im Ferienhaus schlafen musste, wird
ständiger Teil meiner Nachtruhe werden. Mir ist dieser körpergroße
Lederschlafsack gezeigt worden. Er sieht ganz wie ein zu schnürendes Korsett
aus, und hat auch eine entsprechende Körperform. Als ich fragte wie ich mit dem
nächtlichen Monohandschuh darin schlafen soll, meinte Fräulein Hegel dass eine
Vorkehrung dafür getroffen worden war. Ich bin neugierig darauf, was sie meint,
obwohl ich nichts Angenehmes erwarte.
14. September, 1827
Letzte Nacht fand ich heraus, was für eine Vorkehrung getroffen wurde. Ich soll
jede Nacht in ein neues Korsett geschnürt werden, dass mein Onkel extra dafür
hat anfertigen lassen. Er nennt es ein Venus-Korsett. Es hat seinen Namen daher,
dass es keine Öffnungen für die Arme hat. Stattdessen werden meine Arme auf dem
oberen Teil meines Rückens gekreuzt und mit in dem Korsett eingeschnürt. Für das
ungeschulte Auge sieht es dann so aus, als wenn ich ohne Arme zur Welt gekommen
wäre. Ich muss zugeben, dass es mich sehr beunruhigte, als ich mich eingeschnürt
im Spiegel betrachtete. Das Korsett ist sehr unbequem. Derart geschnürt, werden
meine Arme schnell gefühllos, da sie stark verrenkt auf dem Rücken liegen, wie
etwa bei dem Monohandschuh. Mit diesem Korsett kann ich nicht bequem liegen, da
ich auf dem Rücken schlafen muss. Der Schlafsack verursacht auch zusätzliches
Missbehagen. Es ist äußerst heiß darin. Das liegt aber nicht unbedingt an den
dicken Strümpfen. Der Schlafsack ist unglaublich eng geschnürt. Ich kann mich
darin keinen Millimeter bewegen. Mein Körper wird bis zum Hals vollkommen
versteift. Noch schlimmer ist das Fußteil. Meine Füße werden nach unten
gezwängt, als wenn ich wie eine Balletttänzerin auf Zehenspitzen stehen würde.
Das ist sehr schmerzhaft. Doch auf Grund meiner Unbeweglichkeit kann ich nichts
gegen die Schmerzen unternehmen. Immerhin ist mein Kopf frei und mein Hals wird
nicht gestreckt wie eine Giraffe.
Mein Unterricht gefällt mir. Mathematik, Singen, Piano spielen, höfliches
Gespräch und, natürlich, Körperhaltung. Fräulein Hegel ist nicht zufrieden mit
dem letzteren und beklagt sich über meine großen Schritte, obwohl ich sie selbst
als sehr klein bezeichne.
20. September, 1827
Ein schlechter Tag. Wir gingen zur Korsettmacherin, um mein neues Korsett
anzuprobieren, oder vielmehr meine Korsagen. Wie ich sehe, hat mein Onkel nicht
nur eines bestellt, sondern ein ganzes Set. Als ich in mein Ausbildungskorsett
geschnürt wurde, wurde ich bei einem Taillenumfang von 37 Zentimeter ohnmächtig.
Es ist wahrlich ein entsetzliches Teil. Es ist viel länger und hat mehr
Korsettstäbe als mein jetziges Korsett. Das Schlaf-Venus-Korsett sieht etwas
besser aus. Aber das Korsett für festliche Veranstaltungen sieht Furcht-
erregend aus. Ich habe auch ein Strafkorsett bekommen. Es reicht bis knapp über
die Knie. Sobald man darin eingeschnürt wird, ist man unfähig sich zu beugen,
oder gar zu sitzen. Selbst das Gehen ist darin fast unmöglich. Ich werde mein
Bestes geben, um ja nicht darin eingeschnürt zu werden. Ich habe auch ein neues
Körperhaltungsgerät, das schrecklich aussieht. Es wird zwar Monohandschuh
genannt, doch werden damit die Arme auf dem Rücken so eng zusammengeschnürt,
dass sie sich ab den Ellenbogen abwärts komplett berühren. Die Korsettmacherin
behauptet dass es sehr gut sei meine gebeugte Haltung zu verbessern. Mit graut
davor. Fräulein Hegel bestätigte dies in einen mitleidigen Ton. So geschah es,
dass mein Onkel gegen meinen Willen diesen abscheulich aussehenden Artikel
kaufte. Ich hoffe dass ich es nicht oft tragen muss. Doch es sieht nicht so aus.
21. September, 1827
Das neue Korsett ist eine Qual. Ich bin den ganzen Tag knapp bei Atem und kann
mich nicht richtig auf den Unterricht konzentrieren.
23. September, 1827
Meine Taille hat jetzt den Umfang von 36 Zentimeter, und ich fühle immer wieder
unwohl. Gott sei Dank brauchte ich bisher noch nicht den schlimmen Monohandschuh
tragen.
1. Oktober, 1827
Wir gingen heute zu Frau Van Ousten, der Damenschneiderin. Mein Onkel hat für
mich eine komplette neue Garderobe angeordnet. Sie soll zu meiner neuen engen
Taille passen und auf dem aktuellen modischen Stand sein. Frau Van Ousten zeigte
mir einige Modezeitschriften, die veranschaulichten, wie sich die Mode verändert
hat. Während eines Jahres sind die Ärmel noch größer geworden, und werden jetzt
Gigot genannt. Die Taillen sind kleiner, die Röcke länger geworden. Mein Onkel
hat darauf bestanden der neue Mode zu folgen. Alles in allem sind zwölf neue
Kleider bestellt worden, die meisten äußerst weiblich und edel, gefertigt aus
Seide oder Satin. Mein Ballkleid wurde jedoch auf das nächste Jahr verschoben.
Mein neues purpurnes Straßenkleid hat auch solche großen Puffärmel bekommen. Zu
meiner Verwirrung scheint es aber keine Armöffnungen zu haben.
5. Oktober, 1827
Mein Keuschheitsgürtel scheint während der letzten Monate enger geworden zu
sein. Tag und Nacht gräbt er sich ins Fleisch und die Reibung ist unerträglich.
Ich muss mit meiner Tante über diese Angelegenheit sprechen.
7. Oktober, 1827
Ich wurde heute ins Wohnzimmer gerufen, wo mein Onkel und Tante bereits
warteten. Zu meiner Bestürzung wurde ich bis auf den letzten Unterrock
ausgezogen. Mein Onkel lächelte die ganze Zeit verzückt. Er sprach davon wie
stolz er über mich sei. Meine Tante hatte ihm von meinem Problem mit dem
Keuschheitsgürtel erzählt, dass er zu klein geworden sei. Darüber sei er sehr
glücklich. Als ich fragte warum, antwortete er, dass der Keuschheitsgürtel
deswegen zu klein sei, da ich gewachsen bin, oder mindestens mein Gesäß größer
geworden sei. Dies sei ein Zeichen dafür, dass ich wahrlich eine attraktive Dame
werden würde. Ein großer runder Hintern sei gut. Um seinen Worten Nachdruck zu
geben, streichelte er mich seinen Händen. Das wiederum beunruhigte mich. Als er
mein Gesäß zusammendrückte, kommentierte er: „Schön straff.“ Er sagte dass mein
Körper täglich verführerischer werden würde, und dass es ihm gefiel. Als
Konsequenz sei es jetzt an der Zeit einen neuen Keuschheitsgürtel zu tragen, der
meiner Veränderung zur Frau gerecht sein würde. Er fügte weiter hinzu, dass ich
es hier und jetzt vollziehen sollte, aber, da ich jetzt eine Frau sei, dies
nicht in der Anwesenheit eines Mannes getan werden sollte. Ich wurde auf mein
Zimmer geschickt, um den Keuschheitsgürtel zu wechseln. Mein neuer
Keuschheitsgürtel ist groß und hat innen, mich beunruhigende, viel größere
Gummikissen als 'Bequemlichkeit' für meine unaussprechlichen Teile. Selbst im
vollkommen geschlossen Zustand ist er immer noch ziemlich locker. Mein Onkel
sagte dazu, dass er erwarte dass mein Gesäß noch größer werden würde. Es könnte
sogar sein, dass ich einen noch größeren Keuschheitsgürtel benötigen würde. Ich
hoffe inständig dass er mit seinen Voraussagen Unrecht hat, denn ich empfinde
meine Rundungen schon jetzt als übermäßig groß. Zu welcher Größe sollten denn
die Rundungen anwachsen? Ist das für eine Frau völlig normal? Enorm große Brüste
und Hüften, dazwischen eingekerbt bis zum ‚Geht nicht mehr’? Wie ich mich danach
sehne wieder ein Mädchen zu... oder ein Mann!
10. Oktober, 1827
Ich ging heute mit meiner Gouvernante um die Kirche herum spazieren. Wegen
meiner lächerlichen Absätze stolperte ich und ich fiel zu Boden. Fräulein Hegel,
welche ebenso eng geschnürt ist wie ich, und auch Stiefel mit ähnlich hohen
Absätzen trägt, konnte mir nicht helfen aufzustehen. Und da es um uns herum
keinen gab der hätte helfen können, lief sie zu unserem Haus zurück, um Hilfe zu
holen. Während ich auf dem Boden saß und auf ihre Rückkehr wartete, kam ein
junger Mann vorbei, sah meine Notlage und half mir auf meine Füße hoch. Er
stellte sich als Joop Jool vor, der älteste Sohn eines bekannten Händlers der
Stadt. Er war sehr nett und vornehm, und erklärte sich bereit mich nach Hause zu
begleiten. Als wir zu Hause ankamen, bat ihn Tante Wilhelmina hinein und bot ihn
als Dank eine Tasse Kaffee an. Herr Jool akzeptierte dankend und wir verbrachten
gemeinsam über eine Stunde und plauderten miteinander. Er ist wirklich ein
netter Mann, und ich fühle mich von ihm angezogen.
12. Oktober, 1827
Wir sahen heute Herrn Jool in der Kirche. Nach der Messe kam er zu uns hinüber
und begrüßte uns. Er stellte sich meinem Onkel vor. Er ist ein so netter Mann.
Sogar Onkel Jacob schien von ihm beeindruckt zu sein, und er lud ihn wieder zu
einem Kaffee ein. Ein Angebot, welches Herr Jool annahm. Wieder blieb er für
über eine Stunde bei uns und erzählte von seinem Geschäft. Er ist wirklich ein
wohlhabender und respektabler Mann, wie es scheint. Mir gefällt er, und ich bin
sicher dass er ebenso fühlt.
13. Oktober, 1827
Wieder kam Herr Jool auf ein Kaffee vorbei. Meine Tante war die ganze Zeit nicht
dabei, und so saß er im Wohnzimmer und unterhielt sich mit Fräulein Hegel und
mich. Er ist so angenehm, ich genieße seine Gesellschaft.
16. Oktober, 1827
Herr Jool fragte heute ob er mich auf einen Spaziergang begleiten dürfte. Meine
Tante stimmte zu, und so gingen wir gemeinsam um die Kirche herum. Ich hielt
mich an seinen Arm fest, da ich mit den hohen Absätzen sehr unsicher ging.
Während wir daher gingen, gestand er mir ein, dass ich ihm gefiel und er mich
gerne immer wieder treffen möchte. Ich konnte es fast nicht glauben. Ich bin
entzückt! Er sagte, dass er morgen mit meinen Onkel darüber sprechen würde. Ich
bin sicher, dass Onkel Jacob nichts dagegen hat, da er ein geachteter Mann ist
und obendrein ziemlich wohlhabend.
20. Oktober, 1827
Ich bin am Boden zerstört. Herr Jool kam heute wieder vorbei und mein Onkel lud
ihn auf ein Getränk zu der Taverne ein. Eine Stunde später kam er allein zurück,
und sah sehr verärgert aus. Er rief mich zum Wohnzimmer und erklärte dass ich
Herrn Jool nicht mehr treffen werde, da der Mann in seinen Augen kein geeigneter
Mann für mich sei. Als ich ihn darum bat es mir zu erklären, weigerte er sich.
Als ich anfing zu weinen, wurde Onkel Jacob böse, nahm einen Knebel aus seiner
Tasche, drückte ihn in meinen Mund und zog den Riemen um meinen Kopf herum fest
an. Das wiederum verärgerte mich, so versuchte ich den Riemen wieder zu lösen.
Darauf schlug mich mein Onkel. Wutentbrannt zog mich mein Onkel auf mein Zimmer,
befahl Fräulein Hegel den Monohandschuh von der Garderobe zu holen. Mit großer
Kraft presste er meine Arme auf meinen Rücken zusammen. Dann legte er um meine
Ellenbogen Manschetten um, welche mit einer nur zehn Zentimeter kurzen kette
verbunden waren. Schließlich zerrte er den Handschuh über meine Arme und
schnürte ihn so fest zusammen, dass meine Unterarme und Hände fest zusammen
gepresst wurden. Ich konnte weder meine Arme noch einen Finger bewegen. Es war
eine anstrengende Haltung. Nach einer Stunde waren meine Arme ganz taub. Mein
Onkel erklärt mir, dass wann auch immer ich bestraft werden müsste, der
Monohandschuh für einen Zeitraum von nicht weniger als fünf Stunden getragen
werden würde. An jenen Abend musste meine Zofe mich füttern, da ich unfähig dazu
war. Als ich auf der Toilette war, musste ich mit den gefesselten Armen meinen
Hintern selbst abwischen. Es war so schlimm.
Ich bin gerade erst freigelassen worden. So kann ich dieses Tagebuch zu
schreiben. Meine Arme schmerzen immer noch. Jetzt muss ich mein Leben ohne
Hoffnung auf Erlösung durch Herrn Jool weiterführen. Außerdem werden jetzt immer
meine Arme beim kleinsten Vergehen in jener unbequemen Weise gefesselt.
1. November, 1827
Meine neue Garderobe traf heute ein, und ich wurde gezwungen das erste meiner
neuen Tageskleider anzuziehen. Es ist eine aufgebauschte Schöpfung aus
rosafarbener Seide. Das Kleid ist viel schwerer und etwas breiter als meine
älteren Kleider, und die Ärmel schwellen zu unglaublich großen Ballons auf. Das
sieht wohl nicht schlecht aus, ist aber hinderlich. Der Kragen sind eine Mühsal.
Er drückt unter das Kinn. Doch noch viel schlimmer sind die Extras, welche
Fräulein Hegel angeordnet hat. Zunächst sind da zwei neue Instrumente der
Beschränkung. Sie werden täglich um meine Beine gelegt. Eine davon hatte ich
schon im Internat von Frau Van den Jongen erlebt. Es sind zwei Manschetten mit
einer kurzen Verbindungskette. Diese ist aber nur 8 Zentimeter lang. Das zweite
Extra ist mir völlig neu. Es ist ein breites Gummiband, welches über meine Knie
gelegt wird. Diese beiden dummen Extras meiner täglichen Garderobe beschränken
nun meine Schrittweite auf die allerkleinsten Schritte. Das scheint Fräulein
Hegel und meinen Onkel sehr zu gefallen. Um ehrlich zu sein, bin ich selber
Schuld an diesen Beschränkungen und laufe wie eine Gefangene im Haus herum. Bei
meinen wöchentlichen Spaziergängen mit Fräulein Hegel bin ich zu oft gestolpert.
Viel schlimmer ist der Monohandschuh, der ein wichtiger Bestandteil meines
Lebens zu werden scheint. Nach meiner Bestrafung sagte Fräulein Hegel, dass sie
an mir eine verbesserte Körperhaltung entdeckt habe. Eine Verbesserung, welche
sie dem Monohandschuh zuschrieb. Deswegen bin ich darüber informiert worden,
dass ich ihn von jetzt an jeden Nachmittag tragen soll, während ich im
Wohnzimmer sitze. Nach Mittagessen wird er mir angelegt und mit einer
Seidenhülle überzogen, welche die gleiche Farbe wie das Kleid hat. Dann werde im
Schneckentempo nach unten geführt und muss im Wohnzimmer mindestens zwei Stunden
ausharren und den Gesprächen von meiner Tante und Fräulein Hegel zuhören. Aus
einem etwas seltsamen Grund wird meine Tante gezwungen auch einen Monohandschuh
zu tragen. Ich nehme an, dies soll mich ermutigen. Es ist sie absolute Hölle!
Ich langweile mich während ich das Geschwätz über die aktuelle Mode und der
Nachbarschaft höre. Zuerst fühlen sich meine Arme ganz normal an, aber
allmählich beginnen sie zu schmerzen und hängen schließlich wie tot auf dem
Rücken. Ich glaube nicht, dass diese andauernde Qual meine Körperhaltung
verbessert. Doch wie so vieles in meinem Leben muss ich leiden und dazu lächeln.
2. November, 1827
Eine fürchterliche Erfahrung heute. Ich machte meinen ersten Spaziergang mit
meinen neuen Wintermantel. Er hatte keine Armlöcher, da ich den Monohandschuh
darunter tragen sollte. Man kann sich nicht vorstellen wie erniedrigend dies
ist, und wie sehr es den Spaziergang erschwert, besonders mit meinen neuen 10
Zentimeter hohen Absätzen und der kurzen Fußfesselung. Das Gleichgewicht zu
halten ist fast unmöglich. Ich bin heute ein paar Mal fast gestolpert. Als
zusätzlicher Erschwerung kommt meine neue Kopfbedeckung dazu. Der
Gesichtsschleier des großen Huts ist so blickdicht, dass ich fast nichts mehr
dadurch erkennen kann. Stattdessen muss ich mit meinen Augen durch eine winzig
kleine Öffnung starren. Die Umrundung der Kirche, eine Streck von ungefähr 200
Meter, dauerte fast eine Stunde. Ich fühle mich wie ein Krüppel!
4. November, 1827
Mein Korsett wurde heute Morgen um einen weiteren Zentimeter reduziert. Ich bin
völlig atemlos und unfähig mich auf das Lernen zu konzentrieren. Fräulein Hegel
war sehr verärgert und veranlasste dass ich heute den Monohandschuh für drei
Stunden tragen musste.
Die neuen Glacehandschuhe, die ich gezwungener Maßen anziehen muss, sind auch
eine gemeine Unannehmlichkeit. Meine Arme und Hände sehen schön glatt aus. Es
ist aber ein Kampf sie anzulegen. Außerdem kann man damit kaum etwas halten. Ich
fühle mich damit so hilflos. Dies scheint aber Onkel Jacob zu gefallen. Ich soll
sie zu allen Zeiten tragen, da sie gut für meine Haut sein sollen. Ganz schlimme
ist es beim Essen. Ich kämpfe dann immer verzweifelt mit dem Besteck. Onkel
Jacob hat befohlen, dass Miss Hegel mich jetzt jeden Abend füttert. Kann man
sich vorstellen wie erniedrigend das ist? Heute hatten wir Gäste, und ich wurde
vor ihnen wie ein Baby gefüttert. Das einzig Gute dieser Handschuhe ist ihr
schönes Aussehen.
6. November, 1827
Heute Morgen gingen wir zu Kirche. Ich trug meinen alten Wintermantel, der mit
den Armlöchern, und meinen furchtbaren neuen Hut. Als wir das Haus verließen und
mein Onkel mir die Treppe hinunter half, hörte ich wie einige Damen Bemerkungen
über meine Kleidung machten. Ich wusste nicht wer sie waren, denn der Schleier
ließ mich nichts erkennen. Sie sagten: „Sieh dir jenes junge Frauenzimmer an!
Sie versucht immer Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.“ Dann machte ihr Freund
seine Bemerkungen: „Ich weiß. Ihre Kleidung ist lächerlich und ihre Taille viel
zu klein um attraktiv zu sein. Sie ist ein dummes eitles Flittchen, besessen von
ihrer eigenen Erscheinung.“
Ich wollte so gerne zu den Frauen rüber schauen und ihnen sagen dass es nicht
meine Wahl, sondern die meines Onkel sei, und wie ich hasste diese
Kleidungsstücke zu tragen. Aber natürlich konnte ich es nicht. Stattdessen fing
ich an zu weinen, aber mein Onkel, der das Gespräch mitgehört hatte, sagte, dass
ich mir keine Sorgen machen bräuchte. Es wären nur zwei dicke eifersüchtige
Mädchen. Das könnten zwar stimmen, aber ich fühlte mich dennoch fürchterlich.
Ich bin sicher, dass die ganze Stadt mich als eine Aufmerksamkeitssuchende
modebesessene Frau auf der Suche nach einem Mann gebrandmarkt hat. Doch das bin
ich nicht, sondern genau das Gegenteil.
8. November, 1827
Ein weiterer unglücklicher Spaziergang um die Kirche herum, oder sollte ich
besser Humpelgang sagen?
9. November, 1827
Fräulein Hegel hat meinen Onkel informiert, dass meine Haltung noch nicht
perfekt ist. Von jetzt an werde ich ein Halskorsett auch im Bett tragen. Mein
letztes Stück der nächtlichen Freiheit ist von mir genommen worden. Ich liege
jetzt bewegungslos und schwitzend im Bett. Mein Keuschheitsgürtel verursacht
großes Unbehagen.
13. November, 1827
Diese Woche war der Kirchbesuch noch schlimmer als letzte Woche. Mein Onkel
befahl dass ich mein auffälligstes Kleid trage, eine Schöpfung aus bauschender
hell- gelber Seide. Dazu mein größter Hut mit Gesichtsschleier. In der Kirche
suchte er absichtlich nach den beiden Frauen, welche letzte Woche über mich
gelästert hatten. Tatsächlicherweise waren sie gar nicht dick, sondern zwei
streng- gläubige Mädchen welche ich leibend gerne kennen gelernt hätte. Mein
Onkel fragte sie was sie an meiner Kleidung auszusetzen hätten, und warum sie
sich kein Beispiel an meiner Taille nehmen würden. Anfänglich völlig sprachlos,
gewannen sie bald ihre Fassung wieder und antworteten: „Neidisch? Warum sollten
aufrechte Mädchen wie wir neidisch sein über solch eine verwöhnte und
herausgeputzte künstliche wirkende kleinen Puppe wie deine Nichte. Unsere
Taillen mögen ein bisschen breiter sein, aber über uns redet nicht halb
Zierikzee. Sei und ihre undamenhaften Taten und beschränkender Kleidung!“
Ich fühlte mich Sterbens elendig! Ich werde in der Stadt gehasst, obwohl ich
keine Schuld daran habe. Es ist so ungerecht!
15. November, 1827
Während heute Spazieren ging, sah ich Herrn Jool Arm-in-Arm mit einer dieser
beiden jungen Mädchen aus der Kirche. Er ging an mir vorbei, ohne was zu sagen.
Ich fühlte mich mies, schließlich war er mein Liebster, nicht ihrer. Oh, wie ich
meinen Onkel hasse!
18. November, 1827
Das Leben ist heute etwas schöner. Während wir Spazieren gingen, verlor Fräulein
Hegel ihren Muff, und ein junger Herr hob ihn wieder auf. Er sah sie an,
lächelte und dann drehte er sich mir zu und fragte wer ich sei. Er stellte sich
als Herr Van Nistlerooy vor. Er ist schneidig, schön und hat ein liebenswürdiges
Lächeln.
19. November, 1827
Herr Van Nistlerooy kam heute für ein Kaffee vorbei. Er ist ein hübscher
liebenswürdiger Herr, und ich glaube dass ich ihm gefalle. Mir gefällt er
sicherlich, obwohl ich mir nach der Erfahrung mit Herrn Jool nicht all zu
Hoffnungen mache.
20. November, 1827
Er kam heute wieder und traf meinen Onkel. Die beiden gingen ins Wohnzimmer und
nach über einer Stunde erschienen sie lächelnd! Oh, habe ich endlich meinen Mann
gefunden? Ich denke an ihn die ganze Nacht und sehe sein Bild vor meinen
geistigen Augen.
21. November, 1827
Fräulein Hegels Verlobung mit Herrn Van Nistlerooy ist heute verkündet worden.
Sie hört im Dezember auf bei uns zu arbeiten. Ich bin allein. Ich verehrte so
sehr jenen Mann.
26. November, 1827
Herr Van Nistlerooy kommt zu allen Tageszeiten vorbei, um Fräulein Hegel zu
besuchen, sogar am Nachmittag. Dabei muss ich in seiner Anwesenheit mit meinen
Monohandschuh dabei sitzen. Es ist furchtbar, dass solch ein Mann mich
beherrscht sieht. Ich möchte ihn so gerne für mich haben, aber nein, er ist
meiner Gouvernante versprochen. Sie wird bestimmt nicht halb so gut zu ihm sein,
wie ich es sein könnte.
1. Dezember, 1827
Als Höhepunkt des Neujahrsfests für ihn und seine Freunde, natürlich nicht für
mich, hat mein Onkel angeordnet, dass ich meine asiatische Ausbildung verfeinern
soll und den Tanz der Khmer lernen muss. Als mein Onkel in Kambodscha war,
bereiste er angeblich eine uralte Stadt namens Angkor Wat, wo er einige der
dortigen Mädchen einen Tanz in Ehre der Götter aufführten. Sie waren so anmutig
und bezaubernd, dass er beschlossen hat ich solle es ihnen gleich tun, zu Ehren
der Gäste seiner Neujahrsfeier. Außerdem würde es meiner körperlichen
Entwicklung förderlich dienen. Dies klingt nicht gut. Ich erinnere mich an meine
Tage als Maiko und möchte keine ähnliche Erfahrung mehr machen. Ich werde morgen
wieder zum Teehaus gebracht, wo Frau Wakayama mich in dieser neuen Kunst
ausbilden wird.
2. Dezember, 1827
Ich fuhr mit der Kutsche hinaus zu dem abscheulichen Teehaus. Zu dieser
Jahreszeit ist der Wind bitterkalt. Ich fürchte allerdings nicht die Temperatur.
Ich kenne meinen Onkel inzwischen zu gut. Ich werde wahrscheinlicher eher
schweißnass aufwachen als vor Kälte bibbernd.
Nach der Ankunft zog ich mich bis auf das Korsett und dem Keuschheitsgürtel aus.
Die Frau zeigte mir dann mein neues Kostüm. Zu meiner Freude, werden keine hohen
Absätze benötigt, noch nicht einmal Schuhe. Das ist sehr schön, obwohl ich
inzwischen Mühe habe barfuss zu gehen. Meine Sehnen haben sich zu sehr an die
steile Fußhaltung gewöhnt. Selbst wen ich jetzt versuche barfuss zu gehen,
berühren meine Fersen nicht den Boden. Frau Wakayama sagt, dass ich mich nicht
darum kümmern soll. Bei dem Tanz werde ich sowieso nur auf den Zehen gehen. Der
Rest meines Kostüms gefällt mir allerdings weniger. Es ist aus Seide und vielen
schweren Bronze- Metallteilen. Meine Beine sind mit engen Hosen verkleidet. Sie
sind an den Knien zusammengebunden, damit meine Gehweise reduziert wird. Auf
meinem Rücken wird ein großes Paar goldener Flügel geschnallt, die sehr schwer
sind. Am schlimmsten ist mein Kopfschmuck, ein schwerer vergoldeter Helm, der
die Form eines asiatischen Tempelturms hat. Er ist aus kunstvollem Metall
gefertigt und bedeckt meinen Kopf samt Ohren wie eine Krone. Er ist so schwer
und drückt. Außerdem kann ich fast nichts hören.
Nachdem mir alles angelegt wurde, bekam ich eine goldene asiatische Maske auf
das Gesicht gepresst. Auch diese hat einen Holzknebel, wie die Porzellanmaske
des Sommers. Wieder kann ich fast nichts sehen. Dann fing Frau Wakayama an mir
Anweisungen zuzurufen. Der Tanz der Khmer ist eine leicht zu lernende Kunst. Er
besteht fast nur aus langsamen anmutigen Posen. Sehr viel wird mit den
Handgesten gearbeitet. Ich muss sagen, mir gefällt es. Nach meiner
eingeschränkten Existenz erscheint es mir wie die absolute Freiheit.
5. Dezember, 1827
Meine Situation gleicht jetzt den sommerlichen Erfahrungen als 'Akiko'. Ich
tanze jeden Tag und werde nachts gefesselt.
7. Dezember, 1827
Ein neuer und lästiger Anbau an meine Garderobe. Es scheint dass das Vogelkostüm
nicht das einzige sein wird während meiner Vorstellung. Tatsächlicherweise soll
ich mich umziehen. Die heutige Rolle ist die eines asiatischen Teufels. Um dies
zu spielen, muss ich einen unglaublichen Kopfschmuck aus stabilem Gold tragen.
Der Kopfschmuck ist so stabil und dick, dass ich fast nichts sehen und nichts
mehr hören kann. Nicht nur mein Kopf wird damit bedeckt, sondern auch mein Hals.
Damit er lang und grazil aussieht, muss ich ein Halskorsett tragen. Als mein
Onkel mich in dieser Verkleidung sah, bestand er darauf, dass ich sie auch
nachts tragen soll. Ein Vorschlag, mit dem Frau Wakayama leider übereinstimmte.
Die Wörter meines Onkels haben mich so sehr geärgert. So sehr ich mich bemühe
ihm alles gerecht zu machen, dieser Tyrann bleibt unzufrieden mit mir. Ich habe
beschlossen, einmal mehr zu fliehen und zwar so bald wie möglich, da das Khmer-
Kostüm weniger einschränkend ist. Nachts zum Beispiel. Da trage ich immer noch
das schwere Tanzkostüm und bin nur mit den Hand- und Fußgelenken an einem
Pfeiler gekettet. Ich überlege, wie ich mich befreien kann.
9. Dezember, 1827
Ich hatte heute meine erste Aufführung auf einer besondere Festlichkeit für
einige der französischen Geschäftskollegen meines Onkels, mit denen er in
Indochina zusammen gearbeitet hatte. Während des Tanzens ging alles gut und Frau
Wakayama gratulierte mir zu meiner Aufführung, doch hinterher war es
entsetzlich. Nach der Aufführung musste ich mich neben einem der Männer setzen.
Er war betrunken, und zu meiner Abscheu fing er an mich zu betatschen. Erst mein
Gesäß, dann meine Brüste. Ich glaubte dass es nicht schlimmer kommen könnte,
aber zu meinem Entsetzen tat es doch! Der Mann, völlig betrunken, öffnete seine
Hose und nahm sein Werkzeug heraus.
„Streichele es“, befahl mein Onkel, der ebenfalls betrunken war. Ich hatte Angst
das Werkzeug eines fremden Mannes anzufassen und dadurch keinen Ehemann mehr zu
bekommen und sagte dies meinen Onkel. Er aber sagte nur, es sei Teil meiner
Ausbildung und notwendig für Ehe. So fing ich an sein Ding zu streicheln, bis es
eine rosafarbene Salami wurde. Dem Mann gefiel es und er fing an mich zu küssen.
Dann befahl mein Onkel: „Fester, drücke fester!“ Ich tat es und bewegte meine
Hand rhythmisch weiter. „Dies ist etwas, das jede Ehefrau für ihren Ehemann jede
Nacht tun muss“, sagte mein Onkel, den meine Tante die ganze Zeit entsetzt
ansah. Ich mochte nicht das Werkzeug dieses Mannes halten, das warm und
gewachsen war. Ich wusste nicht warum und machte weiter, da ich Angst vor meinen
Onkel hatte. Dann, zu meiner Überraschung, nach einer Minute oder zweien des
Reibens, spritzte eine seltsam klebrige weiße Masse aus der Spitze des
Werkzeuges des Mannes heraus. Es roch faul und klebte an meiner Hand, die ich
instinktiv zurückzog.
„Darum liebe ich dich“, sagte der Mann lachend. Danach wurde ich fortgeschickt.
Zurück im Teehaus waren meine Gefühle ganz durcheinander. Ich spürte dass das,
wozu mich mein Onkel gezwungen hatte Unrecht war. Doch ich wusste nicht genau
warum. Ich habe beschlossen niemals solche Dinge wieder zu tun, und ich werde
flüchten, diesmal aber richtig. Ich werde vor meinem Onkel fliehen, der
unsittlich und böse ist.
18. Dezember, 1827
Vor drei Tagen gelang meine Flucht. Mein Onkel ließ mich, aus Gewohnheit, im
Teehaus nachts angekettet in meinem Khmer-Kostüm schlafen. Allerdings rechnete
er nicht mit meinem Einfallsreichtum. Ich benutzte die scharfen Ränder des
Kopfschmuckes um die dünne Kette zu durchtrennen. Nach drei Stunden war sie so
weit angesägt, das ich sie zerreißen konnte. Ich war zum ersten Mal seit über
einem Jahr richtig frei. Leise schlich ich mich aus dem Haus, durch den Garten
zum Meer. Ich wusste, dass sobald mein Onkel meine Flucht bemerken würde, er
seinen Hund auf meine Fährte ansetzen würde. Wenn ich durch das Wasser gehen
würde, könnte kein Hund meinen Schritten folgen und ich könnte wirklich
entkommen. Nachdem ich ungefähr zehn Minuten durch die Dünen geschritten war,
stand ich am Strand. Und was fand ich auf dem Strand? Ein Boot! Ein kleines
Angelboot, dessen Besitzer offensichtlich in der Nähe wohnte. Ich stieß es eilig
in die Wellen, nahm die Ruder und fuhr auf das offene Wasser hinaus. Wie
beeindruckend es sich anfühlte so allein unter dem Sternenhimmel. Ich bin in
jener Nacht glücklich eingeschlafen. Nur der schwere Kopfschmuck lastete auf
meinen Kopf und schränkte mein Sehvermögen ein.
Ich wachte morgens bei einigen Fischern vor dem Hafen von Middelburg auf. Sie
waren sehr überrascht ein Mädchen mit so einer gruseligen Maske vorzufinden,
welche in einem Boot daher trieb. Sie hatten mich an Bord geholt, und der
Kapitän hatte das Schloss geknackt. So enthüllte er Gabrielle, welche seit
Wochen diese Maske tragen musste. Die sehr netten Fischer gaben mir zu essen und
baten mich um meine Geschichte. Doch zu meiner Sicherheit und tat so, als wenn
ich Belgierin sei, die nur Französisch sprach. Sie glaubten meiner Erzählung und
segelten die ganze Strecke nach Ostende, wo ich das holländische Konsulat
besuchen musste, um sie davon zu überzeigen, dass ich eine Herumstreunerin sei.
Er glaubte meine Erzählung und ließ mich gehen, denn für ihn war ich Abschaum.
Nun lebe ich in den Strassen von Ostende und ernähre mich von gestohlenem Fisch.
Es ist kalt, ich bin unglücklich und einsam, aber weit weg von Leben bei meinem
Onkeln. Mein einziges Problem ist, dass ich die Matrosen meiden muss, denn sie
nehmen sich jede Frau.
22. Dezember, 1827
Ich bekam letzte Woche eine Anstellung in einem Tanzsaal. Es ist ein furchtbarer
Ort, und die Männer kommen nur vorbei, um Frauen aufzugabeln. Mein Chef will
nachts mit mir schlafen, aber ich bleibe standhaft. Was er und die anderen nicht
wissen, ist mein vorhandener Keuschheitsgürtel, den mir mein Onkel verpasst hat.
Ich möchte nur genug Geld sparen, um aus dieser verruchten Stadt zu entkommen
und nach den Niederlanden zurückzukehren. Dort werde ich ehemalige Freunde
meines Vaters aufsuchen.
2. Januar, 1828
Schrecklich! Vor zwei Tagen drängte mich mein Chef im Umkleideraum in die Enge
und fing an mich auf dem Mund zu küssen. Als ich versuchte Widerstand zu
leisten, packte er meine Arme, band sie hinter meinen Rücken zusammen und fing
an meine Kleidung abzunehmen. Unfähig ihn zu stoppen, wich ich zurück. Als er
meinen Keuschheitsgürtel entdeckte, war er allerdings schockiert und verärgert.
Er versuchte ihn zu öffnen, schaffte es aber nicht.
„Warum um Himmels Willen musst du Hure einen Gürtel wie diesen tragen“, schrie
er.
„Um Abschaum wie dich zu stoppen“, antwortete ich. Er schlug mir ins Gesicht
wegen meiner Antwort und vor lauter Frustration knöpfte er seine Hosen auf und
schob sein Werkzeug in meinem Mund. Doch in diesem Moment öffnete sich die Tür
und eine der Tänzerinnen kam herein. Sie schrie und fing an ihn zu schlagen. Er
war anscheinend ihr Geliebter. Der Chef ging fort, und die Tänzerin, ein
warmherziges Mädchen namens Justine, band mich los. Sie befahl mir so schnell
wie ich könnte abzuhauen. Ich tat das auch und lief aus dieser Stadt hinaus. Ich
setzte mich auf eine vorbeifahrende Karre, um schneller fort zu kommen. Am
Stadtrand, einer Zollstation, sah mich die Polizei und steckte mich anschließend
ins Gefängnis. Hier sitze ich jetzt, niedergeschlagen und frage mich wie es
weitergehen wird. Eine Sache war jedenfalls gut. Ich wurde nicht vergewaltigt.
Verrückt wie es klingen mag, aber dafür muss ich mich irgendwann einmal bei
meinem Onkel bedanken.
3. Januar, 1828
Ich weiß jetzt wie es weitergeht und das ist extrem schrecklich! Mein Onkel, der
entdeckt hatte dass ich mit dem Boot geflohen war, hatte an alle Häfen eine
Nachricht geschickt, dass ein Mädchen ihm einen goldenen asiatischen Helm
gestohlen habe. Die ahnungslosen Fischer von Middelburg setzten sich mit ihm in
Verbindung und erzählten ihm alles über das belgische Mädchen, das sie gefunden
und nach Ostende gebracht hatten. Er reiste zu dieser Stadt und begann mich zu
suchen, aber erfolglos. Schließlich verteilte er überall Bilder seiner
'verschollenen Tochter'. Zufällig hatte mein Chef der Tanzhalle in meinen Sachen
herumspioniert und nach der erfolglosen Vergewaltigung hatte er sich mit meinen
Onkel in Verbindung gesetzt. Der hatte wiederum die Polizei benachrichtigt.
Deshalb bin ich im Gefängnis gelandet. Vor zwei Tagen kam mein Onkel herein, um
mich abzuholen. In der Polizeiwache tat er liebensvoll und nett. Er täuschte vor
überglücklich zu sein, seine eigenwillige Tochter gefunden zu haben. In der
Kutsche allerdings lief es ganz anders ab. Meine Arme wurden sofort in den
Monohandschuh gezwängt und mir wurde eine geschlossene Gesichtsmaske mit
eingebautem Knebel um den Kopf geschnürt. Ich saß die ganze Fahrt nach Zierikzee
stumm und bewegungslos neben ihm. Zu Hause wurde ich auf mein Zimmer geschleppt
und mitsamt des Monohandschuhs und der Maske in den Schlafsack geschnürt.
Als er letzte Nacht das Licht losch, versprach mir mein Onkel eine angemessene
Bestrafung für mein schändliches Verhalten. Ich habe einen ganzen Tag so in dem
Zimmer verbracht und auf meinen Onkel gewartet. Ich fürchte, er hat Schlimmes
mit mir vor.
7. Januar, 1828
Zu meiner Überraschung wurde ich vor drei Tagen ins Krankenhaus gebracht. Ich
protestierte, da ich nicht krank sei, doch es war nutzlos. Ich wurde in mein
schönstes und auch am meisten einschränkenden Kleid gesteckt, maskiert, meine
Arme in den Monohandschuh gefesselt, und nach Rotterdam in das Krankenhaus
gebracht. Dort angekommen wurde ich sofort zu einem Operationssaal gebracht, wo
ich bis auf die Unterwäsche ausgezogen, und auf einen Tisch gelegt wurde. Ein
Doktor kam und gab mir ein Kräutergetränk. Kurz darauf schlief ich ein.
Als ich erwachte fühlte ich mich ganz gut, nur meine Füße prickelten leicht. Als
ich mich aufsetzte, entdeckte ich, dass ich dort bandagiert war. Da ich an den
Füßen doch nichts hatte, verblüffte es mich doch sehr, aber weder die Doktoren
noch die Krankenschwestern gaben mir eine Antwort auf meine Fragen.
Wegen der Verbände musste ich zum Wagen hinaus getragen werden und dort wurde
ich wie gewohnt für die Heimfahrt nach Zierikzee wieder gefesselt.
Zu Hause lag ich zwei Tage eingeschnürt in dem Ledersack und in meinem Korsett.
Ich fragte mich ob dies vielleicht die Strafe war, über die mein Onkel geredet
hatte, aber als ich ihm auf die Angelegenheit Fragen stellte, antwortete er dass
es nicht so sei und wunderte sich warum ich es als Strafe ansehen würde, wenn
ich zwei Tage in meinem Bett entspannen könnte. Dann schließlich, war dieser
Morgen, an dem ich von diesem abscheulichen Mann geweckt wurde. Er hatte
Ballettstiefel in seinen Händen und fragte: „Wie gefallen dir deine neuen
Schuhe, mein geliebte süße Gabrielle?“
Ich sah sie an und erkannte, dass er scherzte. Obwohl meine Fußgröße durch die
erzwungene intensive Ausbildung reduziert worden war, waren sie noch einiges zu
groß für diese Apparate. Sie schienen ein Mädchen von etwa acht Jahren zu
passen. Ich sagte es ihm, doch zu meiner Überraschung lachte er nur und sagte:
„Lass uns deiner Verbände abnehmen.“
Er machte es, da ich wegen meines Korsetts und des Monohandschuhs nicht fähig
dazu war. Sobald die Verbände fort waren, hielt er einen kleinen Spiegel so hin,
dass ich meine Füße darin sehen konnte. Was ich sah schockierte mich sehr. Ich
konnte meine Tränen nicht zurückhalten. Meine Füße, einst so hübsch und perfekt,
waren von einem Chirurgen gekürzt worden. Der kleine Zeh fehlte vollkommen.
„Aber warum“, schrie ich voller Panik. Ich konnte es nicht verstehen. „Deine
Füße sind jetzt kleiner und damenhafter und helfen dir nicht mehr
davonzulaufen“, antwortete dieser Teufel.
Mir wurde heute erlaubt das Bett zu verlassen und ich wurde gezwungen auf meinen
neuen Füßen zu gehen. Meine Zofe half mir dabei. Ohne meine kleinen Zehen, und
die Spitzen der anderen Zehen scheine ich mein Gleichgewichtssinn verloren zu
haben und kann nun keinen Schritt mehr alleine gehen. Ich bin ein Krüppel, alles
wegen der Mode! Ich bin informiert worden dass ich niemals mehr fähig sei ohne
Stiefel gehen zu können. Ich bin ausgesprochen verzweifelt, und meine Strafe hat
noch nicht einmal angefangen!
8. Januar, 1828
Wie kann ein Leben unglücklicher sein als mein eigenes? Heute habe ich den
ersten Tag der Bestrafung durch meinen Onkel erlitten. Und welch furchtbare
Strafe es ist! Nur ein satanischer Mann wie er kann solches Böse ersinnen. An
diesem Morgen wurde ich eher als gewöhnlich geweckt und anschließend gebadet.
Böse ahnend wurde ich hinterher wieder zu meinem Zimmer zurückgeführt, nur um
das neue Strafkorsett zu sehen, dass er für mich hat herstellen lassen. Es wird
zwar Strafkorsett genannt, allerdings ist es etwas anderes. Es ist mehr ein
Körperkorsett, das von meinen Knöcheln bis zum Hals reicht. Nur meine Füße, die
Arme und der Kopf blieben frei. Ich wurde mit den Handgelenken an der
Trapezstange befestigt und langsam von der Zofe hochgezogen. Mein Onkel half ihr
dabei. Er lächelte so merkwürdig dabei. Dann fingen sie an mich in das
fürchterliche Gewand zu schnüren. Der Prozess dauerte über einer Stunde, da das
Körperkorsett sehr schwer und über der ganzen Länge mit Korsettstangen versehen
war. Außerdem besaß es fünf Schnürleisten. Selbst im noch nicht geschlossenen
Zustand fühlte es sich hart und schwer an meinen Beinen an, welche inzwischen
von dem Korsett so fest zusammen gepresst waren, dass ich nicht einen Muskel
mehr bewegen konnte. Nach einiger Zeit fühlte ich kaum noch die Beine, so groß
war inzwischen der angewandte Druck auf ihnen.
Als sie mein Gesäß erreichten, hörten sie auf, und zu meinem Entsetzen nahm mein
Onkel einen großen Schlauch, führte ihn durch eine hintere Öffnung des Korsetts
und drückte den Schlauch anschließend sehr schmerzhaft in meinen Hintern hinein.
„Das, meine gestopfte Nichte“, erklärte er, „ist ein Einlaufschlauch. Jeden
Morgen wird Greta dadurch dein Inneres mit Wasser füllen und hinterher wieder
ablassen. Es beseitigt den Drang eine Toilette aufzusuchen. Ich freue mich dir
zu sagen, dass dieser Teil zu deiner täglichen Routine gehören wird, solange du
in diesem Hause bist.“
Dann führte er dieses seltsame Gerät vor. Wie versprochen füllte sich mein Darm
allmählich mit Wasser, bis ich wie eine schwangere Frau aussah. Es war wirklich
schmerzhaft und äußerst erniedrigend, besonders da es ein Kontrollinstrument
eines Mannes war. Als ich fühlte dass ich nicht mehr ertragen konnte, schloss
Onkel Jacob die Wasserzufuhr und ließ alles wieder ablaufen. Keine Toilette mehr
für mich von jetzt an. Es klingt seltsam, aber ich werde es vermissen.
Sicherlich ist das Aufsuchen der Damentoilette eines der natürlichsten Dinge der
menschlichen Existenz. Mein Leben scheint allerdings gänzlich künstlich zu
werden, mehr wie eine Maschine als wie ein Mädchen.
Dann begannen sie meine Taille immer enger zusammen zu schnüren. „35“, stöhnte
mein Onkel, als er heftig an der Korsettschnur zog. Das klang nicht schlecht, da
es jedenfalls mein normales Maß war, aber ich hatte vergessen dass ich für einen
Monat ohne Korsett in Ostende gelebt hatte. Meine Taille war also wieder breiter
geworden. Der Druck wuchs und wuchs, bis ich anfing zu stöhnen und rief er solle
aufhören. Alles, was ich erreichte, war ein großer Ballknebel, den er mir in den
Mund stopfte und mit einem Lederriemen sicherte. Das Schnüren ging weiter und
mir wurde schwindelig. Alles begann sich zu drehen, die Welt wurde schwarz.
Ich wurde von dem vertrauten bitteren Geruch des Riechsalzes wiederbelebt und
musste husten. Der Druck um meine Mitte war unglaublich und ich wollte fragen,
ob meine Taille inzwischen das benötigte 35 cm gereicht hatte. Mein Onkel schien
meine Gedanken erraten zu haben und sagte: „Oh nein, liebe Gabrielle, wir sind
noch nicht so weit. Dies ist eine Strafe, mein Schatz, und somit musst du jede
Sekunde davon völlig bewusst erleben.“
Dieser böse Mann! Ich wurde drei weitere Male ohnmächtig, bevor jene verdammte
Taille schließlich geschlossen wurde.
Sie machten dann weiter oben weiter, über meinem inzwischen hastig atmenden
Brustkorb. Sie schnürten auch ihn unbarmherzig zusammen. Selbst der Hals wurde
zusammengepresst. Der Halsteil des Ganzkörperkorsetts war länger als mein
natürlicher Hals entworfen worden. Als er eng geschnürt wurde, glänzten die
Augen meines Onkels vor Freude, da mein Atem zusätzlich behindert wurde. Ich
fühlte mich als würde man mich erwürgen und fiel wieder in Ohnmacht.
Der Geruch jenes fürchterlichen Salzes erweckte mich einmal mehr und führte mich
zu meinen Qualen zurück. Er hatte mich in dieses Straf- Ganzkörperkorsett
geschnürt und normalerweise hätte man mich dann den ganzen Tag so auf dem Bett
liegen gelassen. Allerdings hatte ich, wie so oft in der Vergangenheit, meinen
Onkel unterschätzt. Ein seltsames Paar Stiefel wurde gebracht und vor meinen
Augen gehalten. Das waren keine hochhackigen Stiefel wie die üblichen
Folterinstrumente die ich gezwungen war zu tragen. Die Trägerin dieser Stiefel
muss auf Zehenspitzen stehen, wie eine Balletttänzerin zu stehen. „Ein weiteres
Detail deiner neuen Garderobe“, sagte er spöttisch. „Betrachte sie als
Willkommensgeschenk deines treuen Onkels.“
Oh wie ich mich danach sehnte in seinem Gesicht zu speien und seine Augen
auszukratzen! Die Stiefel wurden jetzt über meine armen verkürzten Füße
gezwungen. Sie reichten nur zu den Knöcheln, wo das Korsett begann. Er schnürte
die Stiefel sehr fest zu. Sogar in die Luft an der Trapezstange hängend, war der
Druck auf meine Füße, ohne das eigene Körpergewicht so stark, dass die
verkürzten Zehen schon jetzt unglaublich schmerzten. „Und jetzt das, worauf du
gewartet hast“, sagte mein Onkel und ließ zu meinem Entsetzen die Trapezstange
so weit hinunter, bis mein ganzes Körpergewicht auf den armen gebeutelten
Anhängseln, den Zehen ruhte. Der Schmerz war glühend und veranlasste innerhalb
Sekunden, dass ich wieder ohnmächtig wurde.
Wieder roch ich das Bittersalz, wieder öffnete ich meine Augen und schaute
teilnahmslos in das sadistische Gesicht meines Onkels „Meine liebe Gabrielle“,
sagte er höhnisch, „und jetzt wirst du eingekleidet. Eine Korsettabdeckung sowie
zahllose Unterröcke wurden über meinen geschnürten Körper gezogen. Es waren so
viele Unterröcke, dass am Ende meine Röcke sich fast einen Meter aufbauschten.
„Und jetzt das Kleid“, befahl er. Greta holte ein blaues Seidenkleid mit breitem
Rock und riesigen Puffärmeln. Ich wurde von der Trapezstange losgebunden und das
Kleid wurde langsam über meinen Körper abgelassen. Ich war nicht überrascht, als
ich den äußerst hohen und steifen Kragen entdeckte, aber das kümmerte mich
nicht. Mit dem Halskorsett, das meinen Kopf in die Höhe zwang, machte es keinen
Unterschied. Was mich allerdings überraschte, war die Anordnung für meine Arme.
In den riesig aufgebauschten Puffärmeln war eine Art Gerüst eingebaut. Außerdem
hatte das Kleid hinten eine Öffnung, die ich nicht von den anderen Kleidern her
kannte. Als ich meine Arme in die Ärmel stecken wollte, stoppte mich mein Onkel
und sagte: „Nein, meine liebe Nichte. Du wirst heute dieses tragen.“ In seinen
Händen hielt er etwas, was ich nur als einen der restriktivsten Apparate
bezeichnen kann, was ich jemals gesehen hatte. Es sah so aus wie zwei
Metallkäfighalbschalen, welche mit Lederriemen zusammengespannt werden können.
Zwischen den beiden Käfigen befand sich eine gebogene Stange. Zu meinem
Erstaunen führte mein Onkel die Stange auf meinem Rücken unter meinem Kleid
hindurch und nahm dann meinen linken Arm. Er faltete ihn zusammen, sodass die
Fingerspitzen die Schultern berührten. Dann führte er den gefalteten Arm in
einen der beiden Käfige. Mit Hilfe der Lederriemen wurde die Größe des Käfigs
soweit reduziert, dass mein Arm schließlich eng zusammengefaltet und völlig
unbeweglich gehalten wurde. Es war eine ziemlich schmerzhafte Lage. Er fuhr fort
das Gleiche mit meinen anderen Arm zu machen. Nachdem auch der zweite Käfig
geschlossen war, schraubte er an der Stange auf meinem Rücken herum. Schließlich
konnte ich nichts mehr bewegen. Dann nahm er zu meiner Überraschung eine
perfekte hölzerne Kopie eines menschlichen Unterarmes hoch und befestigte ihn am
Ende des linken Käfigs, wo sich extra dafür Klammern befanden. Das gleiche wurde
mit der rechten Seite gemacht. Da stand ich nun mit zwei hölzernen Unterarmen.
Es sah lächerlich aus, aber gleichzeitig fürchtete ich mich. Enge
Lederhandschuhe wurden über die Attrappen gezogen und an den Käfig- Enden
ebenfalls befestigt. Als mein Onkel mir zeigte, wie ich im Spiegel aussah, war
ich schockiert und entsetzt. Es sah genauso aus wie meine eigenen Unterarme!
Kein Beobachter würde jemals annehmen, dass meine Arme immobilisiert wurden.
„Beeindruckend, nicht wahr“, kommentierte mein Onkel. „Ich habe es selbst
entworfen. Von jetzt an, bis an den Tag an dem du diesem Haus verlässt, werden
deine Arme unbeweglich gefesselt bleiben. So wirst du keinen weiteren
Fluchtversuch unternehmen und lernen damenhafter zu sein. Ich habe vor diese
Methode die meiste Zeit zu benutzen, da sie deine Fixierungen gut verschleiert.
Aber keine Angst, dein Monohandschuh und verschiedene andere Geräte werden auch
noch benutzt. Ab heute werden deine Arme nur freigelassen wenn du gebadet wirst,
Sonntags zur Kirche gehst, damit du dein Sakrament erhalten kannst, und dreißig
Minuten jeden Abend, wenn ich dich erlauben werde dein Tagebuch zu schreiben,
das du liebst.
So sollte ich ohne Arme weiterleben, wie eine Amputierte! Was hatte das mit
Weiblichkeit und Körperhaltung zu tun? Tränen standen mir in den Augen, aber
mein Onkel kümmerte sich nicht darum. Stattdessen befahl er Greta mein Haar zu
einer dieser komplizierten und mädchenhaften Frisur herzurichten mit vielen
Ringellocken und Schleifchen. Als sie damit fertig war, begann sie mich zu
schminken. Sie zupfte meine Augenbrauen zu einem schmalen Streifen zurecht, und
malte mit einem schwarzen Stift höher liegende, rundere Augenbrauen nach.
Anschließend klebte sie mir lange, falsche Wimpern auf. „Auch das ist ab jetzt
Teil deiner täglichen Routine“, kommentierte Onkel Jacob. Dann beseitigte er den
Knebel, damit Greta mit einem roten Lippenstift meinen Mund so anmalte, als wenn
er kleiner, wie eine Rosenknospe aussah. Dann steckte er einen hölzernen Ring
hinter meine Zähne. Ich konnte weder den Mund richtig schließen, noch richtig
sprechen. Stattdessen sahen meine Lippen wie ein ‚O’ aus. Den Ring konnte keiner
sehen.
„Sehr schön! Du siehst lustig aus!“ dann fügte er hinzu: „Und jetzt lass uns
dich an deinen Platz stellen.“
Er ging hinüber zu einer Garderobe und zog eine einen Meter lange Stange hervor.
Dann ging er in eine Zimmerecke und schraubte sie in einem Loch im Fußboden
fest. Das Loch war vorher nicht da gewesen. Er wird es heimlich vorbereitet
haben. Sobald dies getan war und die Stange fest am Boden verankert war,
lächelte er und kam dann zu mir hinüber. „Greta! Hilf mir mit meiner Nichte!“
Dann packten mich die beiden und trugen mich zu der Stange. Zu meinem Erstaunen
wurde ich hochgehoben und dann wieder vorsichtig nach unten gesenkt. Sie
fädelten die Stange vorsichtig zwischen meinen Beinen und dem Ganzkörperkorsett
ein! Schließlich berührten meine Füße den Boden.
„Es wird vollbracht! Dies, meine liebe Gabrielle ist deine Strafe. Du wirst
hier, gekleidet und geschminkt in dieser Ecke für einen vollen Monat stehen
bleiben. Greta wird her kommen und dir jeden Morgen einen Einlauf verpassen. Sie
wird dich zweimal am Tag füttern. Eine andere Gesellschaft wirst du nicht haben
und wirst nicht freigelassen werden, außer ich erlaube es. Wie ich schon sagte,
werden jeden Abend für eine halbe Stunde deine Arme freigelassen, damit du dein
Tagebuch schreiben kannst. Dafür bleibst du allerdings weiterhin hier stehen,
nur deine Arme werden befreit. Und nun mein Schatz, hier ist ein lebensgroßer
Spiegel den ich vor dir hinstelle, sodass du dich bewundern und über deine
Zwangslage nachdenken kannst. Auf Wiedersehen.“
Ich versucht zu protestieren und ihn darum zu bitten es sich nochmals zu
überlegen, aber der Ring in meinem Mund hielt mich davon ab irgendetwas mehr von
mir zu geben als ein Gluckern. Außerdem waren sowohl mein Onkel als auch die
Magd innerhalb einer Minute gegangen und ich war allein.
Ich habe hier den ganzen Tag gestanden, gänzlich unbeweglich und sehr unbequem.
Die Stange und das Korsett halten mich davon ab mich beugen zu können oder gar
umzufallen. Meine Arme schmerzen, ebenso mein Füße. Mein Hals schmerzt und meine
Taille ist wie tot. Ich sehe mein Bild im Spiegel an. Dort stehe ich, eine
Schönheit zwar, aber gänzlich künstlich. Meine Frisur ist frivol und mein
Make-up lässt meinem Gesicht wie das einer Puppe erscheinen. Ich schlage meine
langen falschen Augenwimpern und wundere mich. Warum ist mein Leben so geworden,
so furchtbar? Warum wurde ich mit solch einem sadistischen Wächter bestraft.
Manchmal glaubte ich, dass er wirklich vorhatte aus mir eine wahre Dame zu
machen. Aber inzwischen habe ich realisiert, dass es alles nur seine kranke
Fantasie ist. Ihm gefallen hübsche hilflose Frauen, die er beherrschen kann.
Ich stehe hier, zu Tode niedergeschlagen. Greta hat meine Arme für eine halbe
Stunde freigegeben damit ich dieses Tagebuch schreiben kann, aber die Zeit ist
fast um. Ich bin niedergeschlagen, matt und will sterben. Außer den Spiegel kann
ich das Regal sehen, wo meine Puppe Gabrielle steht. Ich begreife wie krank und
verdreht mein Onkel ist. Er hat dies alles geplant. Das weiß ich jetzt. Ich sehe
jene Puppe an und weiß warum er sie nach mir nannte. Es ist, weil sie ich ist,
oder ich mindestens in sie geformt worden bin. Mit unseren frivolen Frisuren,
blauem Seidenkleid und kleinen Taillen sind wir und gleich, unwissende Opfer
einer untertänigen weiblichen Schönheit.
Wie ich mein Leben hasse und wie ich für einen Ehemann bete mich daraus
freizulassen.
Danach folgen nur noch sporadische und weniger interessante Tagebucheintragungen.
Van Hessel, der sie unter einem strikten Regiment hält, besonders die Fixierung ihrer Arme betreffend, scheint weitere einschränkenden Neuerungen anzuwenden, welche ebenfalls Teil des Tagesablaufes von Gabrielles zu sein scheinen. Sie schreibt weit aus weniger über ihre Kleidung und die Unterdrückungen ihres Lebens und scheint sich immer mehr in ihre Fantasiewelt zurückzuziehen. Es scheint, sie hat im Hause ihres Onkels den Kampfgeist verloren, der noch sehr ausgeprägt war während des ersten halben Jahres. Jacob Van Hessel hat also gewonnen. Allerdings hat Gabrielle ihre Hoffnungen auf eine Ehe mit dem richtigen Mann nicht aufgegeben. In vielen Tagebucheinträgen fantasiert sie ihren zukünftigen Traummann.
Ein typischer Eintrag vom 13. Juni, 1830 lautet:
Er wird groß, aber nicht allzu groß sein, solide aber nicht muskulös oder Macho.
Stattdessen wird er sich um mich kümmern, mich verstehen und wird mein Verlangen
zu lernen unterstützen. Vielleicht werden wir die Universität zusammen besuchen?
Er wird immer Frauen schätzen und wird mich als eine Gleichgestellte betrachten,
und, wenn Kinder bekommen, werden wir sie lieben wie meine Eltern es mit mir
taten.
Intelligent mag Gabrielle sein, aber eine richtige Einschätzung eines guten Charakters hat sie nicht.
Der Eintrag vom 7. November, 1832 bezeugt dies:
Ein Mann kam heute zu uns ins Haus, schöner guter Mann namens Wilhelm Van
Wettering. Ich glaube, dass ich ihm gefalle, da er mich immer wieder anschaute.
Mir gefällt er sicherlich. Sein Gesicht verrät eine Güte, Mitgefühl und
Gutherzigkeit, was bei meinem Onkel leider viel zu selten vorkommt. Er hat
gesagt, dass er wieder kommen wird. Ich wage nicht zu hoffen und doch… wird er
derjenige sein? Oh ich wünsche mir, ich wünsche mir, ich wünsche mir dass er es
wäre! Vom Haus meines Onkels in die Arme solch eines Mannes zu gehen wäre
himmlisch. Ich bin sicher, dass ich gerade die Ehefrau bin, die er sucht...
Sie lag nur im letzten Punkt richtig!
Vielen Dank für Vorschläge und Hilfe zu diesem Werk an: Mike, Korsett-Superstar, Gabrielle Hessel
Dave Potter