Latexdame Jannette 'historische' Korsettgeschichten

The Society for the Fulfilment of the Venus Ideal
- Die Gesellschaft für die Erfüllung des Venus Ideals -

von Dave Potter

Alle Rechte und weitere Nutzung beim Autor.

LONG ISLAND STAYLACE ASSOCIATION

This story is EXCLUSIVELY published on the LISA Corsetry site (www.staylace.com)
and has been translated and placed on this site by permission.

LISA and the authors reserve the right to withdraw permission at any time.

Übersetzung: Jannette

Einführung:

Die folgende Erzählung ist der Abschluss der Venus Chronologie. Sie vereint alle Gedanken, Erfahrungen und Gefühle der vorherigen Erzählungen. Die Inspiration kam daher, dass ein italienischer Leser mehr über die Arbeit der Gesellschaft wissen wollte. Hiermit erfüllen wir seinen Herzenswunsch und hoffen dass die Ideale der Vereinigung gut zur Geltung kommen.

Weitere Anregungen sind wie immer mehr als Willkommen.
Dave Potter

Tragödie in Malmö

Ich denke, ich sollte damit beginnen mich selber vorzustellen. Mein Name ist Elvira, Elvira Lundstrom, und ich bin, wie sie aus meinen Nachnamen erraten haben, Bürgerin von Schweden. Außerdem bin ich Kassiererin in der örtlichen Bank, Witwe, eine begeisterte Bergsteigerin, lese sehr gerne und bin eine Mutter. Und Letzteres ist der Grund dieser beunruhigenden Erzählung.

Ich teilte ihnen ja bereits mit dass ich Witwe bin. Vor 25 Jahren heiratete ich Owe, den süßesten und sanftesten Mann auf Erden. Und wir zeugten ein Kind. Wir hatten immer zwei gewollt, aber leider verstarb er bevor jener Traum erfüllt werden konnte. Doch eine Tochter ist das größte Geschenk, das man im Leben bekommen kann. So kann ich mich nicht beklagen. Und was für eine Tochter sie ist, meine liebe, süße und hübsche Maria. Sie hatte eine gute Kindheit, war immer höflich und hilfreich, lernte gut in der Schule und war nicht wie die anderen launenhaften Teenager. Alles in allem war sie so, wie sich ein Mutter ihr Kind wünschen würde. Wir führten ein glückliches Leben bis...

Bis...

Bis zu JENEM Tag, den Tag, an dem ich mich das ganze Leben erinnern werde:

Der Tag, als meine Maria verschwand.

Ich wusste sofort dass etwas nicht stimmte. Sie war niemals von der Schule zu spät nach Hause gekommen, außer wenn sie einen ihrer Freunde besuchen wollte - Martina, Gabriella oder Gretcha - aber dann rief sie zuerst zu hause an. Ich wartete eine Stunde, dann rief ich ihre Mitschüler an.
„Nein, Frau Lundstrom, sie ging direkt nach Hause, so wie immer. Sie ist nicht hier“, hörte ich als Antwort.
Dann setzte ich mich mit der Polizei in Verbindung. Einen ganzen Monat lang wurde sie gesucht. Ich trat im Fernsehen auf und bat um Auskunft. Der Polizeibeamte spekulierte ob sie vielleicht von zu Hause davongelaufen sei, oder Selbstmord begangen hätte. Aber ich kannte meine Maria zu gut. Sie war glücklich und zufrieden. Sie würde niemals so etwas wie das tun. „Sie ist entführt worden“, protestierte ich.
„Unsinn“, sagte der Inspektor. „Es gibt keine Nachricht. Kidnapper fordern immer etwas, oder...“ Er beendete nicht den Satz, und ich wollte es auch nicht hören. Keiner von uns wollte an das Schlimmste denken.

Jetzt habe ich Ihnen etwas mitzuteilen. Ich muss etwas erklären. Ich bin nicht darüber beschämt, aber ich bitte Sie dies nicht herum zu erzählen, wenn Sie wissen was ich meine. Was ich versuche zu sagen ist, dass es um etwas geht, was gutbürgerliche, respektable schwedische Dame mittleren Alters nicht tun sollte. Seit längerem suche ich ständig gewisse Webseiten auf. Sie wissen welche Art. Vielleicht machen Sie es ja auch. Ich interessiere mich nicht für widernatürliche Bilder oder Pornografie, wo alle möglichen Löcher gestopft werden. Nein, nicht so was. Ich hatte eingangs erzählt, dass ich gerne lese und gute Erzählungen sehr schätze, mit ein bisschen Sex. Sie wissen was ich meine.

Nun ist mein Geheimnis raus.

Jeden Tag lese ich im Internet Romane wie diese ‚Storysite’, ‚Fictionmania’, Korsett- Erzählungen, LISA... ja, LISA. The Long Island Staylace Association! Eine Homepage voller Korsett- Geschichten, anregender als auch sehr strenger Geschichten. Ich hatte oft dort gelesen, gute Erzählungen, Fiktionen. Aber dann stieß ich auf Erzählungen, welche zu gut waren als dass sie nur erfunden schienen. Sie klangen eher sachlich als erfunden. Zuerst nahm ich an, ich würde es mir einbilden. Aber da war dieser Schriftsteller - Dave Potter - und seine Erzählungen. Sie waren krank, sie handelten von Frauen die in Venus- Korsagen geschnürt und von Männern dominiert wurden. Und noch andere Dinge. Ich bin eine Feministin. Ich verabscheue jene Art der Unterwerfung von Frauen, und obwohl... auch wenn mich einiges anekelte, irgendwie gefielen mir jene Erzählungen. Sie sandten Schauer über meinen Rücken, da sie so echt schienen. Der Typ schien von aus persönlicher Erfahrung zu schreiben.
Dort gab es eine Gesellschaft, eine heimlichtuerische Gruppe von Individuen, Männer natürlich, welche ihre Frauen gefesselt hielten und armlos. In einer Erzählung schrieb er sogar, dass sie einen jungen Mann in ein Mädchen transformierten und sie ihn dann ebenso in eine Venus- Korsett schnürten. Sie waren überall in der Welt, den Vereinigten Staaten, Holland, Indonesien, Saudi-Arabien, und sie entführten Leute.

Entführt.

In meinem Gehirn arbeitete es. Warum, weiß ich nicht. Immerhin, werden nicht Frauen entführt und unterworfen von... von hunderten, vielleicht sogar tausenden kranker Individuen? Was wäre, wenn sie auch meine Maria entführt hätten? Immerhin war sie der Typ Frau, der ihnen gefiel, schön, jung, wohlerzogen. Sie schaute etwas Puppenhaft aus mit ihrem blonden Haar und den blauen Augen. Nacht für Nacht wälzte ich mich im Bett herum, unfähig zu schlafen. Ich war krank vor Sorgen. Dann entschied ich. Am folgenden Tag meldete ich mich bei meiner Arbeitsstelle ab und begab mich selber auf die Suche nach meiner geliebten Tochter.

Die Suche beginnt...

Ich durchsuchte das Internet und druckte einige Erzählungen aus. Es gab insgesamt drei davon, welche diese Gesellschaft betrafen: Araksia, Gabrielle van Hessel und Ihbat. Der Verfasser, Dave Potter, hatte auch andere Erzählungen geschrieben, aber keine davon interessierte mich wirklich, obwohl einige Themen ähnlich waren. Das übliche: Korsett, Unterdrückung, das Puppenideal. Es war so, wie ich schon erwähnt hatte, abstoßend. Besonders für eine aktive Feministen wie mich, die dennoch gleichzeitig diese Geschichten wiederum anregend empfand. Ein Widerspruch, nicht wahr?
Nachdem ich die Erzählungen ausgedruckt hatte, setzte ich mich gemütlich hin und las sie mir noch einmal genau durch. Ich hatte ja erwähnte, dass ich eine begeisterte Leserin bin, aber ich hätte genauer sein sollen. Ich bin auch begeisterte Leserin von Detektivromanen. Hier war schließlich die Gelegenheit, all jene Verfahren von Agatha Christie anzuwenden. Van Wettering und Ruth Rendells Romane in der Praxis. Da die einzigen Schlüssel, die ich hatte, die Erzählungen waren, wusste ich dass ich wo ich anfangen musste. Ich nahm einem Notizblock und notierte meine Entdeckungen.

Araksia: Die Geschichte handelt von einem jungen armenischen Mädchen. Mit falschen Versprechungen zur Ehe verführt, nach Amerika gebracht, wo sie gezwungen wird eine armlose Existenz irgendwo in Kalifornien zu leben. Später zieht sie nach einem Palast, irgendwo in Saudi-Arabien, um. Ihr Ehemann ist ebenfalls Armenier.

Gabrielle: Aus dem Jahre 1830. Ein Holländer, Van Wettering, der ein Mädchen, Gabrielle, heiratet, welche unter der Obhut ihres Onkels lange Zeit unterdrückt wurde, ohne den Gebrauch ihrer Arme. Die Gesellschaft wird nicht erwähnt.

Ihbat: Es handelt sich um einen griechischen Jungen, entführte auf seinem Heimweg von der Schule(!). Er wird zu einer anderen Schule gebracht. Der Ort ist unbekannt. Er wird in eine Frau transformiert und muss nach der Purdah leben. Er lebt abseits jener Gesellschaft, versteckt. Dann wird er mit einem Mann verheiratet, einem Mitglied der Gesellschaft. Vermutlich in einem arabischen Land lebend.

Besonderheiten:

Die Gesellschaft.
Der volle Name lautet: ‚The Society for the Fulfillment of the Venus Ideal’.

Zu Deutsch: Die Gesellschaft für die Erfüllung des Venus Ideals.

Als da sind: Van Wettering und sein Schwiegervater, beschrieben in der Geschichte der Gabrielle. Anwendung das Venus- de- Milo- Ideals zwecks weiblicher Vervollkommnung. Sehr viele Anführungen über Details wie Frauen unterjocht werden. Das könnte später einmal nützlich sein, jetzt noch nicht. Die Gesellschaft scheint Entführung anzuwenden, Eheanbahnungen übers Internet, Bordelle scheinen auch eine Rolle zu spielen. Die Gesellschaft hat einen internationalen Charakter. Die Mitglieder, deren Ehefrauen oder deren Zofen sind arabischer, amerikanischer, armenischer, bulgarischer, niederländischer philippinischer und vietnamesischer Herkunft.

Dave Potter: Wer ist es? Der Name ist englisch aber wahrscheinlich ein Deckname. Er schreibt in Englisch, doch das mache ich ja auch. Weitere Erzählungen spielen sich in Deutschland, Russland, Großbritannien und Indien ab.

Hinweis: Er wendet die britische Schreibweise an, wahrscheinlich kein Amerikaner.

Orte der Handlungen: Es gibt davon sehr viele. Armenien, Kalifornien, Saudi-Arabien, Ungarn, Indonesien, die Niederlande, Griechenland. Viele Beschreibungen sind vage. Zum Beispiel die Herrenhäuser in Kalifornien und Saudi Arabien. Aber ein Ort ist präzise beschrieben: Zierikzee in den Niederlanden.

Ich wusste, wo ich meine Suche beginnen sollte.

Zierikzee

Ich ließ den Volvo aus der Garage rollen und startete den Motor. Zehn Stunden später fuhr ich über die Brücke, die nach Schouven in Duiveland führt. Der Insel, auf der sich die Stadt Zierikzee befindet. Es war leicht den Ort zu finden. Der Turm der mächtigen Sankt Livens Kirche, das Gotteshaus in dem vermutlich Gabrielle und Wilhem Van Wettering heirateten, ragte weit über das flache niederländische Land empor. Ich fuhr bei Tagesende mit meinem Auto in die Stadt hinein, und nahm mir ein Zimmer in einem kleinen Hotel mitten in dem alten Stadtzentrum.

Am folgenden Morgen machte ich mich frisch und ausgeruht auf die Suche. In der Erzählung von Herrn Potter wurden zwei Orte sehr realistisch beschrieben. Um festzustellen, ob die Erzählung auf Tatsachen beruhte, oder zumindest der Wahrheit nahe kam, musste ich dies zuerst überprüfen. So ging ich nach unten und fragte die freundliche Dame am Empfang nach einem Café namens ‚Vlinder’.
„Ja“, sagte sie, „es ist ganz in der Nähe, am Hafen. Aber Madame, warum wollen sie unbedingt dort hin gehen? Es ist kein guter Ort. Dort sind immer Rocker und die Musik ist laut.“
Ich verließ das Hotel und ging zu dem Café. Es war so, wie mir gesagt wurde. Es war aber auch ein Altbau aus dem achtzehnten Jahrhundert. Es war geschlossen, so klopfte ich an die Tür. Nach einem Moment öffnete sich die Tür und eine ältere Putzfrau schimpfte auf Niederländisch mit mir.
„Entschuldigen sie mich, aber ich bin aus Schweden. Ich spreche kein Niederländisch“, sagte ich auf Englisch.
„Entschuldigung“, antwortete sie. Ihre Gesichtszüge entspannten sich und sagte mit einer Mischung aus Niederländisch und Englisch: „Ich sagte, das Café ist geschlossen. Warte bitte bis heute Nacht.“
„Ich will nichts trinken, Madame. Ich erforsche meine Familienherkunft. Einige Ahnen von mir waren Holländer und hatten ein Café gepachtet in Zierikzee. Es wurde ‚Der Vlinder’ genannt, und es muss vor zweihundert Jahren gewesen sein. Ich möchte nur sehen, ob dies der Ort ist.“
„Sicherlich es ist das“, antwortete sie. „Dieses Gebäude ist über dreihundert Jahre alt und wurde immer ‚De Vlinder’ genannt.“
Ich bedankte mich bei ihr und ging weiter.
Mein nächster Stopp war das kleine Stadtmuseum, welches sich im altertümlichen Gefängnis befand. Ich trat ein und schaute mich genauer um. Hauptsächlich wurden ehemalige Sturmfluten und diverse Fischfanggeräte dargestellt. Die Museumsführerin, eine freundliche ältere Frau, sprach mich an, als ich ein maßstabgetreues Modell der Stadt aus dem neunzehnten Jahrhundert bewunderte.
„Entschuldigen sie bitte wenn ich sie störe, Madame“, sagte sie, „aber liege ich richtig, wenn ich annehme dass sie nicht Holländerin sind?“
„Sie vermuten richtig“, antwortete ich. „Ich komme aus Schweden.“
„Und wie finden sie Zierikzee?“
„Sehr angenehm.“ Das war meine Chance. „Eigentlich mache ich ein wenig Ahnenforschung. Ich möchte etwas über den Van Hessels herausfinden. Sie waren geachtete Bürger in dieser Stadt, im neunzehnten Jahrhundert. Eine meiner Vorahnen, eine gewisse Gabrielle, heiratete einen Wilhelm Van Wettering in der Kirche Sankt Liven. Die Van Wetterings waren auch wohl bekannte Bürger dieser Stadt gewesen. Ich möchte herausfinden, wo die Van Hessels gewohnt haben.“
„Vielleicht kann ich ihnen helfen“, sagte sie und verschwand in einem Hinterzimmer. Etwa zehn Minuten später kam sie zurück. Sie brachte ein uraltes, ledergebundenes Buch mit. „Hier steht es“, sagte sie, „Wilhelm Van Wettering von Batavia in Ost- Indien, verheiratet mit Gabrielle Van Hessel, Mündel von Jacob Van Hessel, von Wielingenstraat Nummer 12 am 29. Mai, 1831 bei Sintlivenskirk.“
„Wielingenstraat 12. Existiert das Haus noch?“
„Aber sicher, Madame, es ist es ein schönes altes Stadthaus, einen Besuch wert.“

Das tat ich dann auch. Ich drückte die Türklingel jenes alten Handelshauses. Eine etwas ältere Frau öffnete die Tür und fragte: „Ja?“
„Hallo. Mein Name ist Elvira Lundstrom, ich komme aus Schweden. Ich bin hier, weil ich glaube, dass ein Vorfahre von mir einmal in diesem Haus gewohnt hat. Wenn es ihnen nichts ausmacht, würde ich gerne ein Blick hinein werfen.“
„Wirklich? Wie war sein Name?“
„Van Hessel“, sagte ich.
„Oh ja, sie sind genau am richtigen Ort. Die Van Hessels waren eine der mächtigsten Familien der Stadt. Ich stamme selber von ihnen ab. Vielleicht sind wir verwandt? Kommen sie doch bitte herein!“
Louisa van der Laan, das war ihr voller Name, stellte sich als eine liebenswürdige und intelligente Dame heraus. Ich genoss meinen Rundgang durch ihr schönes Heim. Oben zeigte sie mir den Raum, der mich sehr interessierte.
„Das war das Büro von Herrn Van Hessel“, sagte sie.
„Sind das noch die originalen Bücherregale“, fragte ich.
„Es ist hier noch alles im Originalzustand“, antwortete sie. „Warum?“
„Weil ich glaube, dass sie ein Geheimnis enthalten könnten.“
Ich tastete mit den Fingern hinter einigen Büchern herum und fühlte schließlich einen Hebel. Ich zog daran, und die Regale gaben einen Durchgang frei.
„Ich habe niemals“, sprach Louisa, „in all meinen Jahren die ich hier lebe das gewusst...“
„Der Gang führt zum Hafen“, sagte ich, „oder zumindest tat er es mal.“
Wir betraten den Gang mit einer Kerze in der Hand. Nach einigen Metern verbreiterte sich der Gang und ein dünner Lichtstrahl kam von der Wand. Ich schaute hindurch. Es war Louisas Schlafzimmer zu sehen. Es war das beschriebene Guckloch!
Als ich durch das Loch schaute, berührte ich etwas mit meinem Fuß. Ich bückte mich nach unten und nahm es hoch. Es war ein Lederner Ordner.
„Was das ist“, fragte Louisa.
„Ich weiß nicht“, sagte ich. „Lass uns zurück ins Büro gehen, um es herauszufinden.“
Im Büro schlugen wir den Ordner auf. Darin lagen Dokumente, handgeschriebene Dokumente, ganz vergilbt. Ich nahm eines heraus. Sie waren in Französisch geschrieben, aber ich konnte die Überschrift entziffern, da ich in meiner Schulzeit Französisch gelernt hatte. Da stand: ‚Eine kurze...Erklärung...’
„Was steht drin“, fragte Louisa. „Ich kann kein Französisch.“
„Es sind einige Memoiren von einem unserer Ahnen“, sagte ich. „Jacob van Hessel.“
„Oh! Wie faszinierend! Du kannst es übersetzen?“
„Wenn du mir die Zeit dafür gibst? Ja, aber es ist sehr viel. Kann ich es mitnehmen?“
„Ich würde es dir gerne mitgeben, aber es ist auch ein kostbares Erbstück.“
„Stimmt. Ich kann es fotokopieren und wenn ich die Kopien übersetzt habe, schicke ich dir den Text zu.“
„Ja, so geht es.“

Und so ging ich zur Bibliothek und fotokopierte die vielen Blätter des Ordners. Dann fuhr ich wieder nach Hause, wo ich mit Hilfe meines Schwedisch- Französisch- Wörterbuchs die Dokumente entschlüsseln konnte. Ich war fest der Meinung, dass dies der Schlüssel war, nachdem ich suchte.

Und ich hatte richtig geraten.

Van Hessels Memoiren

Ein kurzer Abriss meiner letzten Reisen und der Gründung der Gesellschaft für die Erfüllung des Venus Ideals.
Von Jacob Van Hessel.
Niedergeschrieben in der Französischen Sprache, welche den Männern aller Nationen verständlich ist und kein weibliches Auge zu sehen bekommen darf.

Im Jahre des Herrn 1851, über einem Jahrzehnt nachdem der junge Wilhelm Van Wettering von diesen Ufern abreiste und meine Nichte als seine Braut mitnahm, und ich endlich von meiner eigenen Ehe befreit, da der Herr beschlossen hatte Frau Van Hessel zu sich zu nehmen, begab ich mich auf eine Reise, um meinen verehrten Schwiegersohn und natürlich auch seine Ehefrau, einmal mein Mündel, wieder zu sehen. Und so bestieg ich das sichere Schiff ‚Eindhoven’ und segelte zum Hafen von Batavia. Dort bestieg ich ein kleineres Boot, welches extra von Van Wettering gechartert war, welchen ich vorher über meine Absichten informiert hatte, da ich die Absicht hatte mich an den Gummiplantagen der westindischen Inseln seiner Königlichen Niederländischen Majestät zu beteiligen.

Es war bereits Dämmerung, da unser Schoner die Landspitze umrundete und sich in eine Bucht begab, welche von Van Wetterings Herrenhaus überragt wird. Ich schaute mir die Gegend mit Genugtuung an. Die üppigen grünen Palmen schwankten im Wind, und die weiße Villa mit der ausgeprägten holländischen Fassade, das Heim meiner Nichte, stand beeindruckend dar. An der Anlegestelle sah ich einige Personen stehen. Offensichtlich waren sie dort, um mich zu begrüßen. Als der Schoner näher kam, musste ich mir eingestehen, dass ich etwas verwundert war. Schrieb ich eingangs dass dies das Jahr 1851 sei, musste ich nun annehmen mich geirrt zu haben. Es schien ein Jahrhundert früher zu sein. Jene Personen am Kai, meine Nichte, mein Schwiegersohn und einige Diener trugen Kleidung aus der letzten Hälfte des vorherigen Jahrhunderts!

Und was für schöne Kostüme es waren, besonders jene der Damen. Ganz Besonders meine Nichte sah spektakulär aus. Sie trug eine aufwändige Schöpfung aus Satin mit einem Reifrock, der bestimmt einen Meter abstand. Ihre Taille war, auch auf Grund meiner eigenen Ausbildung, so angenehm verengt wie nie, sie war in einem starren kegelförmigen Korsett eingeschnürt, genau so wie die Mode in jenen Zeiten war. Als ich näher herankam, sah ich, wie sich ihre Brüste unglaublich stark auf und nieder bewegten, da sie nur sehr schwer Luft bekam. Ein Anblick der, das musste ich zugeben, viele glückliche Erinnerungen der letzten Jahre wieder in Erinnerung brachte. Jene entzückende Nymphe, welche innerhalb meiner Wände lebte und ständig um Atem kämpfte, da sie über alle Maßen beschränkt wurde. Ich konnte selbst aus der Entfernung erkennen, dass das Kostüm, welches sie trug, furchtbar schwer zu tragen gewesen sein muss, besonders in der tropischen Hitze. Es war eine exquisite Schöpfung aus blauem Satin. Später erfuhr ich, dass es eine getreue Kopie des letzten Kostüms von Marie Antoinette war. Der Rock wurde durch einen stählernen Reifrock zu der unglaublichen Breite ausgedehnt. Meine Nichte stand vollkommen steif da, ihr Gesicht schien ausdruckslos und ihre Arme waren gerade ausgestreckt, als wenn sie den Rock halten wollte. Was mich allerdings zu aller meist erstaunte, war ihre Frisur. Sie war gepudert und so kunstvoll, vollkommen riesig, so dass sie wohl von einer Art Gerüst gehalten wurde. Es war wahrlich ein Kunstwerk, obwohl es andererseits auch unglaublich schwer auf dem Kopf lasten musste.

Meine Verwandten wurden von zwei anderen Frauen flankiert, Zofen wie ich vermutete. Auch sie trugen kostbare Kostüme. Da waren auch zwei Herren. Einer musste natürlich Van Wettering sein. Auch die beiden Männer waren der alten Epoche entsprechend gekleidet. Deren Kleidung sah ebenfalls kunstvoll aus, aber weniger hinderlich und nicht so dick, Als ich den Anlegesteg betrat, kam mein Schwiegersohn angemessenen Schrittes auf mich zu und schüttelte ganz fest meine Hand.

„Dies ist wirklich der feinste und unerwarteter Empfang, den ich jemals in meinem Leben erlebt haben durfte“, rief ich mit vollster Überzeugung.
„Ich dachte, dass es dir gefallen würde. Wir tun diesen Monat so, als wenn wir im vorigen Jahrhundert leben würden“, erklärte Van Wettering „Und ich muss zugeben, es macht ziemlichen Spaß!“
„Ich sehe“, sagte ich, und drehte mich meiner Nichte zu. „Und du, meine Schöne, du siehst exquisit aus. Die tropische Luft scheint dir nichts auszumachen.“
Gabrielle sagte nichts und schaute weiterhin völlig ausdruckslos. Die einzige Antwort, die ich von ihr bekam, war ein leiser Seufzer. Ich schaute in ihr Gesicht. Es war stark geschminkt, der vergangenen Mode entsprechend.
‚Wieso schwitzt sie nicht in dieser heftigen Hitze“, dachte ich, als ich ihre zarte Haut sah, da mir dagegen die Schweißtropfen herunter liefen.
„Komm’, gehen wir zum Haus“, sagte mein Schwiegersohn.
Wir beide, und der andere Mann, stiegen in den bereit stehenden Wagen. Die Damen bewegten sich sehr langsam.
„Jacob, darf ich dir Dimitur Gruncharov vorstellen, mein bester Freund und Mitverschwörer bei allen ernsten Angelegenheiten, er stammt aus Rumelia. Ich stellte ihn in der ersten Woche bei mir ein, als ich hier her kam. Das war die beste Entscheidung, die ich jemals gemacht habe.“
Ich drehte mich dem anderen Mann zu. Er war dunkelhäutiger Slawe aus dem Süden. Er verbeugte sich und sprach mit dem Dialekt der niederländischen Seefahrer: „Ich bin hocherfreut deine Bekannten zu machen. Herr Van Wettering spricht sehr oft und sehr ehrfurchtsvoll von dir.“
„Was sagst du zu deiner Nichte“, fragte Van Wettering. „Habe ich sie nicht so erzogen, wie du mich gebeten hast?“
„In der Tat, Wilhelm, sie ist eine bemerkenswerte Erscheinung, so hatte ich es mir auch vorgestellt. Ihre Taille war so klein wie ehedem, und jenes Kleid.... ja... es sah sehr streng und unbequem aus. Ich weiß nicht, wie man so etwas tragen kann. Und ihr Gesicht, sie schien nicht gealtert zu sein, seit ich sie in dein Obhut gegeben habe. Außerdem schien sie nicht zu schwitzen.“
Als ich das gesagt hatte, fingen Gruncharov und Van Wettering an zu lachen.
„Was ist, meine Herren“, fragte ich.
„Ihr Gesicht? Ihr Gesicht! Jacob, du hast gar nicht ihr Gesicht gesehen! Na ja, ich muss schon zugeben, dass auch bei ihr die Jahre nicht spurlos vorüber gegangen sind. Aber du hast es noch nicht gesehen. Jenes Gesicht von Gabrielle, dass du heute sahst war eine Maske. Als sie hier vor einem Jahrzehnt ankam, hatte ich, inspiriert von dir mein lieber Schwiegervater, von einem Experten javanischer Masken mehrere Masken herstellen lassen. Allerdings, innen mit einer genauen Kopien meiner aufrechten Männlichkeit, welche ihren Mund zum Schweigen bringt. Die heutige Maske ist eine Abbildung aus dem vorherigen Jahrhundert, mit schweren Make-up und dem obligatorischen schwarzen Punkt. Ich habe auch einige Masken aus diesem Jahrhundert anfertigen lassen. Aus diesem Grunde, egal ob sie gealtert erscheint oder nicht, erweckt sie immer in mir die Vorstellung von der Lieblichkeit, die sie hatte, als ich sie damals kennen lernte.“
„Und sie kann dich nicht mehr mit ihren Beschwerden belästigen“, fügte Gruncharov hinzu.
„Gut“, rief ich. „Van Wettering, du bist ein Genie. Bitte erzähle mir welche anderen versteckten Zusätze du in jenem Kostüm eingebaut hast.“
„Oh, nicht sehr viele, Jacob. Es ist schon allein sehr überwältigend. Speziell die Frisur und die fünfzehn Zentimeter hohen Absätze, ja, da ist noch was. Ihre Arme, sie schienen den Rock zu halten. Die Hände sind aber unter dem Stoff am stählernen Reifrock gefesselt, und da sind noch die Eisenstreben an ihren Armen. Dadurch sind sie steif und unbeweglich. Und ihre schönen Brüste, sie bewegten mit jedem knappen Atemzug heftig rauf und runter und waren bedingt durch das freizügige Dekolletee gut sichtbar. Warum rutschten aber ihre Brüste nicht heraus?“
„Stimmt, sie sind sehr freizügig.“
„Was nicht sichtbar ist, sind die Ringe durch ihre Nippel. Dadurch wird verhindert, dass ihre Brüste herausrutschen.“
„Ein Meisterwerk“, rief ich aus.

An jenem Abend, als wir in dem großartigen Esszimmer des neuen Heimes von Van Wettering speisten, saß seine Ehefrau herrlich unbequem und verlegen zwischen uns. Danach zogen wir uns zurück. Es sollte den Anschein haben, als wenn wir uns auf eine Zigarre und etwas Portwein zurückzögen. In Wahrheit taten wir was ganz anderes. Wir machten das, was ich mit Wilhelm schon vor Jahren in meinem Haus taten, es hieß ‚Peeping Tom’.

„Als ich dieses Herrenhaus entwarf, hatte ich natürlich einige Geheimgänge hinzugefügt“, bemerkte er mit einem ironischen Lächeln während er eine Geheimtür öffnete, welche von seinem Lesezimmer hinauf zur Kammer seiner Frau führte. „Doch, ich hoffe dass du nicht beleidigt bist weil ich deine ausgezeichnete Idee kopiert habe, habe ich mir erlaubt einige kleinere Verbesserungen hinzuzufügen.“

Ich war gespannt zu sehen, was er damit meinte.

Der Geheimgang mündete in einem kleinen gemütlichen Zimmer. Das war sichtlich eine Verbesserung gegenüber dem dunklen und engen Gang, von dem ich in der Vergangenheit meine Nichte heimlich beobachtet hatte. In dem Zimmer standen zwei bequeme Stühle. „Üblicherweise begleitet mich Gruncharov“, bemerkte Van Wettering. Zwischen den Stühlen stand ein kleiner polierter Tisch. Darauf standen eine Flasche Portwein und zwei Gläser. Vor den Stühlen befand sich ein großes Glasfenster, durch das wir eine gute Aussicht auf das Ankleidezimmer seiner Frau hatten.
„Das“, erklärte mein Schwiegersohn, „ist ein Fenster, durch das man nur in eine Richtung hindurch schauen kann. Für deine Nichte, und all den anderen Frauen ist es ein großer, kunstvoller Spiegel.“
Was mich jedoch mehr als das Fenster verwirrte, waren zwei Kästen mit Öffnungen vor jeden der Stühle. „Welchen Zweck dienen diese“, fragte ich.
„Ich bitte um Entschuldigung. Bitte sei nicht prüde. Wenn du deine Männlichkeit aus deiner Hose befreist und in das Loch vor deinem Stuhl steckst, wirst du es herausfinden.“
Zunächst etwas schockiert, tat ich trotzdem wie empfohlen. Und zu meiner Überraschung, sobald ich es hineingesteckt hatte, umschloss etwas mein aufrechtes Glied. Um es genauer zu sagen, ein warmer menschlicher Mund! Ich sah Wilhelm zwecks einer Erklärung an.
„Zwei schöne einheimische Jungfrauen, die ich für diesen Zweck gekauft habe. Ich habe sie für deinen Besuch besorgt. Du kannst sie vergewaltigen, später am heutigen Abend in deinem Schlafzimmer.“

Oh! Die Freuden des Koloniallebens. Und diese Großzügigkeit meines Schwiegersohns. Ich bedankte mich bei ihm recht herzlich und genoss das unterhaltsame Schauspiel meiner Nichte, als sie von ihrer einschränkenden Kleidung befreit wurde und anschließend in ein fürchterlich enges Schlaf- Venus- Korsett geschnürt wurde. Sie schien darin keine Arme zu haben. Danach wurde sie in einem engen Lederkokon eingeschnürt. Dadurch wurde sie all ihrer Sinne beraubt und es war bestimmt sehr heiß darin. Das einzige, was noch von ihr zu sehen war, war diese riesige und unbequeme Frisur. Diese wurde ihr nicht abgenommen, da es über fünf Stunden dauern würde sie wieder am anderen Morgen herzurichten. So war meine Nichte gezwungen die Nacht in einem heißen und vor Schweiß klebrigen Kokon zu schlafen, mit einer äußerst unbequem verbogenen Kopfhaltung. Währenddessen wurde meine Männlichkeit von der unbekannten Schönen vor mir gemolken. Das war ein ungemein herrlicher Urlaubsanfang.

Am folgenden Morgen, ich war spät dran, denn ein Vergnügen mit jener jungen Eingeborenen hielt mich davon ab rechtzeitig zum Frühstück zu erscheinen, traf ich Van Wettering. Er lud mich zu einem besonderen Höhepunkt meiner Reise ein: Einen Ausritt auf seine Ländereien.

„Ich wusste nicht, dass du Pferde reitest“, sagte ich.
„Mache ich auch nicht“, antwortete er mit einem schelmischen Lächeln.
Das Rätsel wurde gelüftet, als ich den ersten seiner 'Ställe' betrat. Darin fand ich anstelle einer Futterkrippe und Stroh ein einfaches Bett. Darauf lag ein Mädchen. Ein schönes Mädchen, ein einheimisches Mädchen mit großen dunklen Augen und langen schwarzem Haar. Ein gefesseltes Mädchen, oh, wie streng ihre Fesselung war! Sie trug ein wunderbar eng geschnürtes Korsett, und über den Füßen waren lange schwarze Lederstiefel geschnürt, die in Pferdehufen endeten.
„Ihre Füße stehen in den Stiefeln auf den Zehenspitzen“, merkte Wilhelm an.
Ihre Arme waren in einem glatten und unglaublich engen Monohandschuh zusammengeschnürt, der ihr großes Unbehagen zu verursachen schien. Im Mund steckte ein großer Knebel. Sie schaute mich flehend an, und ich lächelte.
„Dein Pony für den heutigen Tag“, gab mein Gastgeber bekannt. Er zog das Frauenzimmer hoch und befahl Gruncharov sie vorzubereiten.
„Ihr Name ist Christina.“ Sie wurde mittels einer am Halsband befestigten Leine hinaus geführt. Ein Moment später wurde sie an einem kleinen Sulky, einem Einspänner, befestigt, auf dem ich sitzen sollte. Scheuklappen hielten sie davon ab dorthin blicken zu können, wo sie nicht hinschauen sollte. Eine Trense, also eine Beißstange, ersetzte den Knebel.
„Ist sie fertig“, fragte ich.
„Nein“, sagte Gruncharov, „ich habe das Letzte, und für dich wohl Interessanteste, noch nicht durchgeführt.“
Der Mann aus Rumelia hielt mir einen Pferdeschwanz entgegen. Die langen Haare waren in einem Plug befestigt.
„Du musst mir nicht sagen, wo das hin gehört“, sagte ich, und während ich das Mädchen nach vorne beugte, fügte ich es in ihren After ein. Das veranlasste, dass das Frauenzimmer grunzte und stöhnte. Inzwischen waren zwei andere 'Ponys' mit ihren Sulkys herausgebracht worden und Gruncharov als auch Van Wettering setzten sich auf die kleinen Wagen.
„Auf geht es“, sagte der Plantagenbesitzer, und so fuhren wir los. Ich muss nicht betonen, dass dies nicht die schnellste Fahrt war, die ich jemals gemacht hatte, aber sie war sicherlich die Aufregenste. Ich fuhr hinter Van Wetterring her und schaute auf einen erregenden Hintern einer schwitzenden und wohlgestalteten Pony- Frau. Es war eine schöne Art und Weise zu reisen. Hin und wieder verpasste ich jenen rundlichen braunen Gesäß einen Klaps mit der Peitsche.

An jenen Nachmittag unseres Ausritts führte mich Van Wettering zu einer Gruppe kleinerer Landhäuser, tief in den Gummiplantagen versteckt.

„Warum führst du mich hier her“, fragte ich.
„Du wirst sehen“, antwortete er.
Wir öffneten die Tür zu einer dieser bescheidenen Behausungen, und fanden drinnen zwei Näherinnen vor, welche ein schönes Seidenkleid nähten. Sie waren hübsche Dinger, Europäerinnen, keine Einheimischen, und sie war geschnürt, wie ich es noch nie gesehen hatte. Ihr Magen schien ein dünnes Ofenrohr zu sein.
„Hier werden Gabrielles bemerkenswerte Kleider und auch andere Kleidungsstücke gefertigt. In diesen Landhäusern leben die Näherinnen, nebenan wohnt die Korsettmacherin. Wir haben auch einen Schuster und andere Fachkräfte, welche die anderen extremen Kleidungsstücke anfertigen wie zum Beispiel den eisernen Reifrock. Entworfen werden all die Kleidungsstücke allerdings von Gruncharov und mir. Dieses hier wird ein mir, nicht so sehr deiner Nichte, gut gefallenes Teil werden. Es ist eine genaue Kopie eines Kleides des spanischen Hofs, wie es auf den phantastischen Gemälden von Velasquez abgebildet ist.“
Ich hatte die Gemälde gesehen, von denen er sprach, während meiner Reisen zu den spanischen Kolonien und bewunderte das Kostüm.
„Gott, ist das Kostüm schön“, sprach ich. „Es ist so anmutig und elegant, und dennoch weit über zwei Meter im Umfang. Waren diese Kleider nicht jene mit den breitesten Rockumfängen der Geschichte?“
„Das sind sie, und sie werden es auch bleiben bis wir dieses hier fertig haben. Ich habe extra dafür Gabrielles Räumlichkeiten vergrößern lassen.“
„Woher kommen diese Mädchen“, fragte ich und zeigte auf die wohlgestalteten Näherinnen.
„Gruncharov beschaffte sie. Sie sind sehr gute Näherinnen vom Balkan, aus der Nähe seines Heimatdorfes. Und sind sie nicht schöne Geschöpfe?“
„In der Tat“, stimmte ich zu.
„Genau. Und der eigentliche Grund“, sagte Gruncharov, „ist der, dass wir hier eine Vereinigung gründen wollen.“
„Eine Vereinigung?“
„Richtig“, erklärte mein Schwiegersohn, „ein Verein. Wir beabsichtigen diese phantastischen Kunstgegenstände bauen zu lassen, damit sie den nächsten Generationen erhalten bleiben.“
„Aber warum“, fragte ich verwirrt.
„Mein lieber Jacob, ich werde es dir im Laufe der Zeit erklären. Aber was ich dir jetzt schon sagen kann, ist, dass ich eine großartige Idee habe. Jene dort, mit der kleinen Taille, hat Gruncharov zu dienen. Ich benutze die andere zu meiner eigenen Entspannung. Es gibt allerdings noch weitere in den anderen Hütten.“
„Schön. Wenn sie ebenso wohlgestaltet sind wie diese zwei, darf ich dann auch mein Vergnügen haben?“
Van Wettering schaute mich mit gestellter Abscheu an. „Ist Nurmusari nicht genug für dich, du alter Schwerenöter“, fragte er lachend. „Natürlich war das ein Scherz, Jacob. Ich werde dafür sorgen, dass beide, Nurmusari und Ralitsa, heute Nacht in deinem Raum sind. Dann kannst du in Ruhe wählen.“

Wir fuhren fort uns die anderen Häuser anzusehen, bevor wir zu einem üppigen Dinner zurückkehrten, bei dem ich meine Nichte füttern durfte. Sie trug ein phantastisches gelbes Satinkleid. Danach setzte ich mich für einen Kaffee im Wohnzimmer neben meinem ehemaligen Mündel hin und fragte sie, wie sie das Leben in den Tropen empfand.
„Was meinst du wohl, Onkel? Ich hatte niemals gedacht, dass es einen Mann geben könnte, der noch perverser und chauvinistischer ist als du. Doch das Schicksal hat mich genau mit diesem Mann vereint.“
„Gefällt es dir nicht all diese schönen Kleider tragen zu können und ein angenehmes Leben zu führen“, fragte ich.
„Möchtest du ständig gefesselt und bis zur Unbeweglichkeit gekleidet, wie eine Spielzeugpuppe, sein, welche Nacht für Nacht von einem Mann, den du hasst, vergewaltigt zu werden? Ohne Hoffnung jemals dem entfliehen zu können“, fragte mich jenes hübsche Mädchen.
„Oh nein, ich bin ganz zufrieden mit dem wie ich bin, meine liebe Gabrielle“, antwortete ich lachend. „Ich denke, dass du dein Los so haben wolltest und leider, meine süße Nichte, auch bekommen hast.“
Sie sagte nichts und machte nur ein mürrisches Gesicht. Stattdessen schaute sie mich mit böse funkelnden Augen an. Da ich nicht in der Stimmung war ein solches Verhalten zu tolerieren, nahm ich ihren Knebel vom Tisch und presste ihn in ihrem Mund.
„Schon viel besser“, bemerkte der liebenswürdige Gruncharov mit einem Kichern.

Wir zogen uns alsbald zur Nachtruhe zurück. Ich war allerdings zunächst erschrocken, als ich in meinem Schlafzimmer auf jeder Seite meines Bettes zwei schwarze Lederkokons an den Deckenbalken hängen sah. Der Form nach zu urteilen enthielten sie jeweils eine gut gebaute Frau, welche bis zur Unbeweglichkeit zusammengeschnürt waren. Ich nahm die Gesichtsverkleidung von der linken gestallt ab und entdeckte die schöne dunkelhäutige Nurmusari. Rechts vermutete ich eines der schönen Balkan- Frauen, vermutlich die Näherin welche Van Wettering erwähnt hatte. Nachdem ich mir beide hängende Frauen näher angeschaut hatte, entschied ich mich meine Männlichkeit an der Europäerin auszuprobieren. So befreite ich sie aus dem Kokon, bevor ich sie auf meine Art nahm, während sie andere Frau an dem Deckenhaken hängen blieb. Ihr Stöhnen begleitete mich bei meinem Vergnügen die ganze Nacht.

Ich könnte noch lange über jene Reise zum Herrenhaus des Herrn Van Wettering berichten, einer Reise die zwei Monate dauerte und alle Arten von Perversionen enthielt. Einige konnte selbst ich mir bis dahin nicht vorstellen. Ich wusste immer, dass ich gut getan hatte Wilhelm als meinen Erben auserwählt zu haben. Doch ich hatte bis dato nie gedacht, wie gut meine Wahl wirklich war. Gegen Ende meines Aufenthalts, als wir wieder einmal rauchend und trinkend in dem geheimen Raum neben Gabrielles Schlafzimmer saßen und unser Vergnügen genossen, erklärte mir Van Wettering seine Idee, die unser beider Leben verändern würde, und, so hofften wir, auch das vieler weiterer Männer der kommenden Jahrzehnten.

„Jacob“, sagte er, „du hast viele Formen der weiblichen Unterdrückung ausprobiert, und was weiß ich noch alles. Bitte erzähle mir, welche Methode dein ganz bevorzugte ist.“
Ich saß da und überlegte eine Weile, während Nurmusari zart an meinem Werkzeug saugte. „Ja, Wilhelm“, sagte ich schließlich, „ich denke es ist die absolute Beschränkung, bei der die Arme völlig nutzlos gemacht werden.“
Mein Schwiegersohn klatschte mit seinen Händen. „Jacob“, sagte er, „ich habe die gleichen Gedanken. Gibt es etwas, was schöner sein kann? Das Venus- Korsett, der Monohandschuh, sogar jenes findige Ballonärmelgerät, das du dir ausdachtest. Sie alle regen mich an wie nichts anderes. Schau dir jetzt unser Gabrielle an. Sieht sie nicht schöner aus, als alle Bilder der Welt?“
Meine Nichte war gerade geschnürt worden in ein sehr enges Venus- Korsett. Sie sah, wie ihr Ehemann gesagt hatte, exquisit aus.
„Dem stimme ich zu“, sagte ich, als ich mich in demselben Moment in den Mund des einheimischen Mädchens entlud. „Aber warum fragst du?“
„Jacob, habe ich einen Vorschlag zu machen. Dir gefällt die armlose Weiblichkeit. Mit gefällt es ebenso. Auch Gruncharov gefällt es. Also wird es auch bestimmt anderen Gentlemen gefallen. Wenn ich es überschlage, gibt es bestimmt sehr viele Männer, denen es gefällt, vielleicht sogar den meisten Männern dieser Welt. Sie alle werden von diesem Ideal angeregt. Allerdings, mein Freund, wie viele dieser entzückenden Geschöpfe gibt es wirklich?“
„Nicht sehr viele, Wilhelm, viel zu wenig.“
„Genau, viel, zu wenige. Gut, hier in den Kolonien kann man schöne Mädchen für unsere Aktivitäten leicht bekommen. Aber woanders? Wie du sehr wohl weißt, ist es in Europa eine weit aus schwierigerer Aufgabe. Eine Frau dazu zu erziehen, wie du es gemacht hast, ist in einem zivilisierten Land beinahe unmöglich. Liege ich da richtig?“
„In der Tat, Wilhelm, du hast Recht. Diese abstoßende Bewegung der Anstiegsflut der Rechte... der Frauen.“
„Genau, Jacob, das ekelt mich an. Es dauert nicht lange, und unsere Art und Weise so zu leben wird innerhalb eines Jahrzehntes ausgelöscht werden.“
„Vollkommen...“
„So, was können wir dagegen tun?“
„Dagegen tun? Was meinst du damit?“
„Ich meine, Jacob, wir sollten Vorkehrungen treffen, unsere edle Lebensweise zu bewahren.“
„In welcher Weise?“
„Jacob!“ Es blitzte in seinen Augen und er sprach ganz feierlich: „Ich denke an eine Gesellschaft, eine Gesellschaft, die wir gründen werden. Eine Gesellschaft, die sicherstellt, dass das armlose weibliche Wesen nicht auf dieser Welt in Vergessenheit gerät. Ich denke da an die Gesellschaft für die Erfüllung des Venus Ideals!“

Und so wurde sie gegründet.

Wir verbrachten den Rest jener Reise mit der Gründung unserer Gesellschaft. Es war eine Geheimgesellschaft. Sie stand für die natürliche Haltung der Frau entgegen jeglicher Frauenbefreiungsversuche. Es durften nur ausgewählte Männer Mitglieder werden. Und sie mussten reich sein. Um Frauen so zu halten, wie unsere Statuten bestimmten, benötigte man genügend Kapital. Und außerdem mussten die Mitglieder einflussreich sein. Wenn man solche Mitglieder hat, sind Regierungen kein Problem mehr.

Die Regeln waren einfach:
Alle Ehefrauen der Gesellschafts-Mitgliedern werden streng fixiert gehalten. Das heißt, ihre Arme müssen ständig unbrauchbare Anhängsel sein.
Alle Mitglieder ist es verboten gegenüber Außenstehenden über die Gesellschaft zu reden.
Alle Mitglieder müssen einen Beitrag von einer Million holländischer Gulden an die Gesellschaft zahlen, zwecks Finanzierung des Vorstands und des Ausbildungszentrum.
Ehefrauen der Mitglieder müssen, falls es ihnen gelungen sei zu fliehen, sofort wieder eingefangen werden, damit sie unsere Geheimnisse nicht ausplaudern können. Ihre Ehemänner werden dafür verantwortlich gemacht.
Jede Art von Armbeschränkung ist zulässig, solange sie absolut ist. Handschellen alleine sind nicht zulässig.

Der Sitz der Gesellschaft und das Ausbildungszentrum, das ich erwähnte, befanden sich natürlich auf dem Besitz von Van Wettering. Wir hatten ein sehr weit entlegenes Gelände ausgewählt, da wir wussten, dass unsere edle Ausbildung von willigen Frauen immer mit Problemen behaftet sein würde. Er war glücklich mit Gabrielle gewesen, andere könnten nicht so glücklich sein. Schließlich mussten es nicht einfach nur Frauen, sondern hübsche Frauen sein. Und hübsche Mädchen müssen sorgsam ausgewählt und sehr gut ausgebildet werden. Beim Erwerb dieser Frauen waren alle Methoden erlaubt, solange diese Methoden niemals zu unserer Organisation zurückverfolgt werden könnten. So wurde die Kidnapping- Methode sehr populär, und die glücklichen Damen wurden sofort zu dem Heim des Herrn Van Wetterings gebracht, wo sie ihr neues Leben unter der Schirmherrschaft von Gruncharov begannen. Jener Mann war der Direktor des Ausbildungszentrums, bevor ein geeigneter Ehegatte aus unseren Reihen gefunden wurde. Dort befand sich auch unser Herstellungszentrum für geeignete Bondage- Kleidung. Diese Manufaktur wurde aus den Näherinnen und Korsettmacherinnen jener ländlichen Siedlung von Herrn Van Wettering gegründet. Jene Mädchen und deren Nachwuchs bildeten den Stamm getreuer Dienerinnen und Diener unserer Organisation während der folgenden Jahre.

Ich schreibe diese Wörter fast fünfzehn Jahre nach dem Tag, als ich jenes schicksalsschwere Zusammentreffen mit Van Wettering in der Geheim- Kammer seines Herrenhauses hatte. Während jener glücklichen Jahre ist ‚Die Gesellschaft für die Erfüllung des Venus Ideals’ an Größe und Einfluss gewachsen, bis die Anzahl unserer Mitglieder am gegenwärtigen Tag auf ungefähr dreihundert angewachsen ist. Nicht weniger als zwanzig Nationalitäten unseres Globus sind vertreten. Unser Ausbildungszentrum ist auf Kalimantan, und wird von Gruncharov treu und ergeben geführt, welcher seine Rolle als Aufpasser mit Begeisterung und großer Fähigkeit ausführt.

Und ich? Ich werde jetzt wieder heiraten, ein hübsches junges, Tsvetilina heißendes Mädchen, welches wir in Russland gefangen nahmen. Sie hat nie mehr ihre Arme verwenden können, seit dem Tag, als sie zwecks ihrer Vermählung mit mir das Ausbildungszentrum verlassen hat. Ich bin glücklich mit meiner Ehe und meinem Leben, aber leider nicht in meiner Gesundheit. Der Doktor hat mich darüber informiert, dass meine Tage auf dieser Erde gezählt sind, vielleicht noch ein paar Monate. So schreibe ich hier die letzten Worte meines Lebens.

Die Gesellschaft übergebe ich voller Vertrauen in Van Wetterings und Gruncharovs Hände. Ich vertraue auf Gott.

Jacob Van Hessel, Zierikzee, Königreich der Niederlande, Anno Domini 1875

Kalimantan

Die Schrift des Van Hessel ekelte mich an. Es war wie Van Wettering: Ein ekelhafter, kranker, widernatürlicher alter Mann. Wenn er noch leben würde, ich würde...

Für ihn waren Frauen nur Objekte, er behandelte sie wie Tiere! Er war eine Geißel der Menschheit, ausgestorben, ein Dinosaurier…? Oder vielleicht nicht? Seine Gesellschaft für die Erfüllung des Venus Ideals, jener kranken, kranken geheimen Organisation, die er und sein ebenso kranker Freund gegründet hatten, existierte sie noch? So traurig es schien, doch es konnte sein. Jetzt hatte ich endlich etwas Konkretes. Ja, gewissermaßen war ich glücklich. Ich hatte jetzt etwas Konkretes über jenen Sumpf, dieser widernatürlichen, sadistischen Schweinerei. Schweinerei, ja, das war es. Eine reine Schweinerei. Und doch… und dennoch hatte mich etwas daran erregt. Der Gedanke an jene gefesselte Gabrielle, hilflos, unterdrückt wie niemand sonst. Die Ponymädchen, das überwältigende Kostüm aus vergangenen Epochen, die Maske. Ich schüttelte meinen Kopf, um jene beunruhigenden und mich verwirrenden Gedanken zu verjagen. Was hatte geschah mit mir?

Weiter mit der Rekonstruktion...

Ich wandte mich den positiven Dingen zu. Jetzt hatte ich etwas Konkretes. Und was noch viel wichtigeres. Der Hauptpunkt war natürlich das Herrenhaus des Van Wettering. Falls es das Hauptquartier war, und es hatte einen Standort: Kalimantan. Ich nahm einen Atlas heraus und schaute hinein. Kalimantan war der indonesische Name für Borneo, und es ist eine große Insel. Das Herrenhaus lag an der Küste, und es sollte nicht zu schwierig sein es zu finden. Immerhin war Van Wettering in jenen Tagen ein sehr bekannter Mann gewesen. Ich rief eine Fluggesellschaft an und buchte ein Platz für den nächsten Flug, der von Kopenhagen nach Jakarta ging.
Hitze schlug mir entgegen, als ich den Flughafen verließ. Aber ich war anderweitig beschäftigt. Ich nahm mir ein Taxi und ließ mich zum Hafen fahren. Trotz meiner Müdigkeit war dies nicht die Zeit zum Schlafen. Obwohl es sehr unwahrscheinlich war, dass das Hauptquartier und Ausbildungszentrum dieser Venus-Gesellschaft sich noch im Herrenhaus des Van Wettering befand, musste ich jede Chance die sich mir bot ausnutzen. Wenn ich mich beeilen würde, könnte ich vielleicht doch noch meine geliebte Maria finden.
Ich betrat das Pelni- Büro, eine indonesische Fährgesellschaft, und fragte nach dem nächsten Schiff Richtung Kalimantan.
„Wo genau in Kalimantan, Madame“, fragte die freundliche Dame am Schalter.
Ich war mir nicht sicher. Wo genau? Es war ein großer Ort. Ich sah die Landkarte hinter ihr an der Wand und entschied mich für eine zentral gelegene Hafenstadt.
„Pagatan“, sagte ich.
„Morgen um acht Uhr dreißig, Madame.“

Normalerweise hätte ich jene Reise in die Tropen genossen, da ich oft in der Welt herum gereist bin. Mir hatten immer fremde Gegenden gefallen. Allerdings nahmen mir die sorgenvollen Gedanken an meine liebe Tochter die Lust dazu. Die konnte vielleicht in den Händen jener kranken Männer sein.

Es war eine Erleichterung für mich, als wir schließlich den von Palmen umsäumten und verschlafen wirkenden Hafen anliefen. Sofort ging ich zum Museum der Stadt und fragte nach Van Wettering.
„Wilhelm Van Wettering? Oh ja, wir kennen ihn. Er war eine sehr bekannte Person in den Tagen der holländischen Kolonialzeit. Er war sehr reich und hatte viele Gummi- Plantagen, und viel Macht, da er die damalige holländische Krone vertrat.“
„Wo lebte er? Ich hörte, dass es auf Kalimantan oder so ähnlich war.“
„Sie haben richtig gehört, Madame. Sein Haus befand sich nicht sehr weit von hier, nur hundert Kilometer die Küste hinunter. Es war eine große weiße Villa.“
„Steht sie noch?“
„Oh ja, Madame, dass tut sie. Aber leider, Madame, können sie diesen Ort nicht besichtigen.“
„Warum nicht?“
„Es ist nicht erlaubt. Es gehört der Regierung oder einen der Minister. So genau weiß ich es nicht. Jedenfalls ist es verboten dorthin zu gehen.“
Es schien, als wenn ich Glück gehabt hätte. Verboten! Warum? Wohl wegen der kranken Dinge dort. Ich schlenderte hinunter zum Kai. Dabei überlegte ich mir einen Plan. Schließlich ging ich zu einigen Bootseigentümer. Ich wollte ein Boot mieten, das mich bei Nacht zu jener Villa bringen sollte. Zuerst waren die Preise, die sie forderten, einfach lächerlich. Sie wollten mehrere tausend Euros haben. Aber nach langem Verhandeln wurde der Preis akzeptabel. Eine Stunde später hatte ich ein Fischerboot für zwei tage gemietet. Der Preis belief sich über die fürstliche Summe von einhundert Euro.

Es war dunkel, als wir uns dem Herrenhaus näherten. Das Gebäude war gut sichtbar, da es auf einer Anhöhe gebaut war. Dennoch befahl ich den Kapitän des kleinen Fischerbootes etwa einen Kilometer vor der Küste zu ankern. Ich zog mir einen schwarzen Tauchanzug an und schwamm zum Ufer. Dann zog ich mir Schuhe an und schlich zur Villa des Van Wetterings. Ich stieß bald auf ein Hindernis, ein drei Meter hoher Drahtzaun. Glücklicherweise war ich vorbereitet. Ich schnitt mit einer Drahtschere ein Loch in den Zaun und kletterte hindurch. Mit Laub verdeckte ich das Loch, da ich mir sicher war dass das Grundstück bewacht wurde.
Nahe der Villa sah ich Lichter. Vorsichtig schaute ich über eine niedrige Steinmauer. Vor mir befand sich ein Garten, ein riesig schöner Garten, ein Garten Eden. Er war voller Menschen. Es sah wie eine normale exquisite Cocktailparty aus. Ich sah Männer und Frauen verschiedener Hautfarben und Nationalitäten. Edel und anmutig gekleidet schritten sie umher, plauderten und tranken Champagner. Was nun? War das ein Treffen der Venus-Gesellschaft, oder nicht? Es sah nicht so aus, da alle Anwesenden ihre Arme benutzen konnten, und dennoch... Bei genauerer Betrachtung waren alle Männer schon etwas älter, die Frauen aber sahen sehr jung und phantastisch schön aus. Einfach die Art von Frauen, nach denen die Gesellschaft sich sehnen würde. Die meisten redeten mit den Männern und lachten, andere standen abseits oder redeten mit anderen Frauen. Dann kam es mir wie ein Glücksfall vor. Eine jener schönen Frauen, eine Südamerikanerin, eine Schönheit welche auf jedes Titelfoto der Modezeitschriften passen würde, hatte einen sehr bedrückenden Gesichtsausdruck. Sie lehnte an der Wand in meiner Nähe. Ich ging das Risiko ein und packte sie.
„Mmmph, mm, mmmph!“
„Schhh“, beruhigte ich sie. „Ich werde dir nichts antun. Ich will dich nur was fragen.“
Die Frau, die ich gepackt und über die Mauer gezogen hatte hörte im Unterholz liegend auf sich zu winden. Sie starrte mich an. Ich nahm meine Hand von ihrem Mund und flüsterte: „Schau, du kannst mir vertrauen. Bitte.“
„Was wollen sie?“
„Ich möchte gerne mehr über diesen Ort und die anwesenden Menschen wissen. Was läuft da ab?“
„Du weißt es nicht?“
„Ist das eine Party der indonesischen Regierung?“
„Indonesische Regierung. Wir sind in Indonesien?“
„Ja. Auf Kalimantan, Borneo. Du wusstest es nicht?“
„Nein, nein, sie hatten es uns nicht gesagt.“
„Wer sind ‚Sie’?“
„Ich weiß es nicht, ehrlich.“
„Warum bist du hier?“
„Wir wurden entführt. Alle von uns. All die Frauen.“
„Warum?“
„Ich weiß es nicht. Ich kann dir nicht sagen warum. Alles, was ich weiß, ist, dass ich hier bin. Aber ich will nicht sein. Kannst du mich von hier wegbringen?“
„Sicher. Ich kann, aber nur zu einer Bedingung.“
„Welche ist das?“
„Sobald wir in Sicherheit sind, musst du mir alles erzählen was du weißt.“
„Ich verspreche es dir.“
„Schön. Dann lass uns gehen.“

Nach etwa zehn Minuten waren wir zurück auf dem Boot. Dann erzählte mir Ana Rosa ihre Erzählung.

Ana Rosa-de-la Torre

Mein Name ist Ana Rosa, Ana Rosa-de-la Torre. Ich stamme aus Mexiko. Dort führte ich ein normales Leben. Wir wohnten in Mexiko-Stadt. Ich war ein normales Kind aus bürgerlichem Elternhaus. Ich lebte zusammen mit meinen Eltern, Schwester und Bruder. Ich bin achtzehn. Ich ging noch zur Schule. Jedenfalls gingen wir an einem Sonntag zur Kirche, wie jeden Sonntag. Danach ging ich nach Hause. Meine Familie ging nicht mit mir. Sie wollte meine Großmutter auf der anderen Seite der Stadt besuchen und gegen 6 Uhr wieder zurück sein. Da ich am Vortag zu faul war, musste ich noch meine Hausaufgaben machen. So kehrte ich alleine von der Messe zurück, als ich einen Stich im Rücken fühlte. Wie ein Insektenbiss oder so. Mir wurde schwindlig und ich fiel hin. Das nächste Ding, an das ich mich erinnern konnte, war dass ich dort war.“
„Wo?“
„An jenem Ort, wo du mich gerade gerettet hast.“
„Gut. Fahre bitte fort.“
„Also ich war dort. Ich wachte in einem Raum auf. Ein schöner Raum mit Sonnenschein. Ich lag auf einem Doppelbett. Ich trug nur meine Unterwäsche. Ich setzte mich auf und fragte mich, wo ich war. Neben dem Bett stand ein kleiner Tisch. Auf dem Tisch lag ein Blatt Papier. Ich las es. Es war in Spanisch. Dort stand, dass ich mich duschen sollte, den Bikini anziehen und hinterher zu Raum 208 gehen sollte. Was sollte ich machen? So ging ich zur Dusche, wusch mich und zog dann den Bikini an, der auf meinem Bett lag. Er war sehr knapp und schwarz. Manche Mädchen tragen gerne so was, und prahlend dann mit ihren Körper. Ich aber bin schüchtern. Ich fühlte mich nackt damit, aber was sollte ich tun? Jedenfalls zog ich den Bikini an und ging zu Raum 208, wie angeordnet.“
„Und was war in jenem Raum?“
„Eine Frau. Ein bisschen älter als ich, in einen dunkelblauen Bikini, auch sehr knapp. Sie stellte sich als Tsvetelina vor und fragte mich, ob ich Englisch sprechen kann. Ich kann es, also unterhielten wir uns in dieser Sprache. Sie gab mir ein Obstsaft- Getränk und erklärte mir einiges.“
„Was sagte sie?“
„Dieser Ort, sie nennen ihn Eden, wäre ab jetzt mein Heim. Ich sollte niemals mehr zurück nach Hause gehen können. Ich weinte und sie tröstete mich. Sie war ein nettes Mädchen. Sie erklärte, dass sie selber dies erlebt habe und mir helfen wolle. Sie wollte auch nicht dort sein, aber sie hatte, wie ich, keine Wahl. Als ich mich beruhigt hatte, fragte ich sie mehr nach Eden. Sie sagte, dass es einfach wie der Name sei, eben ein Garten. Es war ein schöner Ort und wir könnten so lange dort bleiben wie wir mochten. Wir bräuchten nicht arbeiten, da wären nur ein paar Regeln. Ich fragte sie, was für Regeln das seien. Die erste, sagte sie, sei die dass wir immer das tragen müssten, was sie für uns bestimmten. Ich fragte, wer ‚Sie' waren, aber sie sagte, dass sie es nicht wusste. Jedenfalls war jene Regel leicht zu befolgen da es keine besonders schlimmen Kleidungsstücke gab, die ich tragen musste.“
„Welche Art von Kleidungsstücke waren es denn?“
„Da gab es den Tages- Bikini, oder auch knapp sitzende einteilige Badeanzüge. Und abends Cocktailkleider, sexy Dinger, so was wie das was ich jetzt trage. Das war alles. Jedenfalls war das die erste Regel. Die zweite Regel besagte kein Sex haben zu dürfen. Es kamen Männer zu uns. Wir durften nett zu ihnen sein, mit ihnen flirten oder sie sogar küssen, aber kein Sex. Wenn wir mit einem Mann Geschlechtsverkehr gehabt hätten, müssten wir ihn heiraten, so war das.“
„Warum das?“
„Ich weiß es nicht, aber das sagten sie uns.“
„Du bist verheiratet?“
„Nein. Wenn man verheiratet ist, muss man Eden verlassen. Nur allein stehende Jungfrauen sind erlaubt. Ich dachte also, dass dies ganz angenehm sei. Tag für Tag wachte ich auf und ließ mich von einer Zofe bedienen. Ich faulenzte am Pool, bei den anderen Mädchen und den Männern...“
„Den Männern?“
„Ja, sie waren Gäste. Sie wechselten ständig. Die meisten blieben für eine Nacht oder so. Sie waren üblicherweise alt und hässlich, aber einige waren schön. Wir plauderten mit ihnen, manchmal flirteten wir, aber das war alles. Bis...“
„Bis was?“
„Ich traf jemand. David, so war sein Name, obwohl es auch ein Deckname hätte sein können. Als ich ihn zuerst traf, war ich jedenfalls nicht von ihm beeindruckt. Er war über fünfzig, kahlköpfig, faltig und hatte einen Bierbauch. Allerdings, nach einem Tag oder so, ich weiß nicht warum, aber er fing an mir zu gefallen. Ich verliebte mich in ihn wie verrückt. Wir küssten und liebkosten uns, aber ohne Sex natürlich. Aber wie ich mich nach ihm sehnte, ich war richtig verrückt nach ihm. Ich hatte mich früher schon einmal verliebt gehabt, aber noch nie so stark wie bei ihm. Er ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich war nass im Schritt wenn ich nur an ihm dachte, obwohl ich mich nicht selber liebkosen konnte.“
„Warum nicht?“
„Dieses Halsband, das ich trage. Es war bereits da, als ich aufwachte. Tsvetelina erklärte mir, dass darin ein Chip sei. Wenn meine Hände sich auch nur on die Nähe meines Schritts bewegen würden, bekäme ich einen Stromschlag. Also kein Fingerspiel. Aber ich war so verrückt, so verzweifelt. Dann hielt er um meine Hand an. Sollte ich ihn heiraten? Zuerst sagte ich nein. Na ja, alle Mädchen wissen was geschieht. Wenn du einen der Männer heiratest, musst du fort aus Eden. Es gibt da so einige Erzählungen von anderen Mädchen. So sagte ich nein, aber Tag für Tag wurde mein Verlangen nach ihm stärker. Dann fragte er mich zwei Tage später noch einmal, und ich sagte ja. Ich konnte nicht mehr widerstehen. Doch dann sagte er mir dass sein Angebot nicht mehr galt. Ein neues Mädchen war angekommen und David wollte sie haben. Dann weiß ich nicht warum oder wie, aber mein Verlangen nach ihm verlosch. Ich verlor die Liebe zu ihm so schnell, wie ich ihr verfallen war. Als er das andere Mädchen heiratete, fühlte ich auch keine Eifersucht gegen sie, obwohl ich sie anfangs fast hätte töten können. Es war so unheimlich...“
„Sie heirateten?“
„Ja, Es war eine großartige Angelegenheit. Sie trug ein vollkommen göttliches Kleid wie eine Traum- Prinzessin. Wir beneideten sie.“
„Wo er ist, oder sie, jetzt?“
„Ich weiß es nicht. Nachdem man heiratet, verlässt man Eden für immer, und kein Kontakt wird mit uns erlaubt.“
„In Ordnung. Bitte erzähle mir was du so jeden Tag in Eden gemacht hast. Lernen? Arbeiten?“
„Nein, nichts. Vollkommen nichts. Wir durften keine Art von Aktivität außer unserer täglichen Fitnessübungen machen. Dienerinnen taten alles für uns. Alles was uns erlaubt war, war das Herumliegen am Pool, Obstsäfte trinken und hübsch aussehen.“
Ihre Worte erinnerten mich stark an die Erzählung wie Araksia von Kevork gehalten wurde.
„Ana Rosa, ich will dich um eine Frage bitten.“
Ich nahm ein Foto von Maria aus meinem Portmonee.
„Hast du jemals dieses Mädchen in Eden gesehen?“
„Oh mein Gott, sie ist es!“
„Wer?“
„Das Mädchen, das David heiratete.“
„War ihr Name Maria?“
„Ja, ja. Sie war eine dieser Europäerinnen. Ich sprach nur einmal mit ihr. Sie war sehr jung und schön.“
„Ana Rosa, bin ich die Mutter jenes Mädchens. Sie wurde entführt. Ich versuche, sie zu finden. Du kannst mir nichts über diesen 'David' sagen?“
„Nicht sehr viel. Er sagte nichts über sich. Nur eine Sache...“
„Was?“
„Er war einer dieser Osteuropäer.“
„Ich danke dir Ana Rosa, vielen, vielen Dank.“

Rumänien

Ich kehrte von Kalimantan nach Jakarta ohne einen Zwischenfall zurück. Nachdem ich Ana Rosa auf meine Kosten neu eingekleidet hatte und, ebenfalls auf meine Kosten, in einen Flieger nach Mexiko-Stadt gesetzt hatte, bestieg ich mein Flugzeug Richtung Europa.

Während des Fluges grübelte ich über das nach, was ich bisher erfahren hatte und überlegte meine weiteren Schritte: ‚Meine Nachforschungen waren bis zum jetzigen Punkt erfolgreich gewesen. Erfolgreicher als ich es je zu hoffen gewagt hätte. Mein Gefühl, dass die Gesellschaft für die Erfüllung des Venus Ideals eine real existierende Organisation war und nicht eine Erfindung eines Autors, hatte sich als richtig herausgestellt. Ebenso die Ahnung, dass meine eigene geliebte Tochter eines ihrer letzten Opfer war. Außerdem wusste ich auch in wessen Händen sie sich jetzt befand. Es war ein Osteuropäer namens David. War dieser David vielleicht gar jener Dave Potter? Es könnte so sein. Ich las noch einmal seine Erzählungen, ebenso das Vermächtnis des Van Hessel. Was mir dabei auffiel, war dass sehr viele Osteuropäer darin vorkamen. Araksia war eine Armenierin, und sie traf auf eine Tatyana aus Bulgarien. Außerdem war das Schloss, wo der viktorianische Ball stattfand bei Danube in Ungarn. Ihbat war ursprünglich ein Griechisch gewesen, ein Land, das an Osteuropa angrenzt. Außerdem gab es noch andere Erzählungen von Dave Potter, die sich in Russland abspielten. Und schließlich das Vermächtnis des Van Hessel. Es wurde immer wieder ein Gruncharov erwähnt, ein gebürtiger Mann aus Rumelia. Rumäne und rechte Hand von Van Wettering. Später war er der Leiter des Ausbildungszentrums dieser Gesellschaft. Rumelia, wo lag Rumelia war? Ich war nicht sicher. Der Name Gruncharov allerdings, da klingelte es bei mir. In meiner Jugend war ich als Austauschschülerin in Leningrad und hatte dabei Russisch gelernt. Und der Nachnahme Gruncharov, ich überlegte, es hieß so ähnlich wie... Töpfer, oder Potter auf Englisch. So war es, ja, könnte dieser Dave Potter vielleicht ein Nachfahre jenes Dimitur Gruncharov sein? Finde ihn und ich werde Maria finden! Aber Dimitur ist kein russischer Name, und Rumelia ist mir völlig unbekannt. Zu Hause werde ich mehr herausfinden.’

Immer wieder drehten sich meine Gedanken um das Ausbildungszentrum, welches ich auf Kalimantan gefunden habe. Es war völlig anders, als ich es erwartet hatte. Was hatte ich erwartet? Vielleicht die Schule irgendwelcher sadistischer Frauen, wo die Schülerinnen gefesselt und unterdrückt werden, wo man ihnen beibringt Männer mit dem Mund zu dienen? Nichts dergleichen hatte ich gefunden. Stattdessen erging es den Frauen absolut gut und sie lebten relativ frei und ungezwungen, wenn man von den Sex- Verbot absieht Sie schienen nur auf Männer zu warten, die sie heiraten sollten. Warum sollten sie einen Mann heiraten, von dem sie wussten dass er über sie dominieren würde? Dennoch schien es meine Maria getan zu haben. Es entsprach aber gar nicht ihrem Charakter. Gut, wenn man sich verliebt, und das war auch ich einmal gewesen, macht man vieles. Aber jemanden heiraten, von dem man weiß dass er einen unterdrücken wird? Ich war verwirrt. Außerdem wurde es nicht besser, als ich daran dachte, wie es wohl sein würde, so ohne Arme völlig hilflos leben zu müssen. Das erregte mich irgendwie. Ich beschoss den gerade laufenden Kinofilm im Flugzeug anzuschauen, um auf andere Gedanken zu kommen.

Wieder zu Hause in Malmö nahm ich meinen Weltatlas zur Hand und schaute nach, wo Rumelia lag. Ich fand es nicht. Es war offensichtlich eines der ehemaligen Staaten, die es nicht mehr gab. Glücklicherweise hatte ich auch einen historischen Atlas. So nahm ich ihn aus dem Regal und öffnete ihn. Van Hessel lebte im mittleren neunzehnten Jahrhundert. So suchte ich die entsprechende Europakarte. Ungefähr fünf Minuten später fand ich es. Es war eine Provinz des Osmanischen Reiches auf dem Balkan, wo sich heute der Staat... Bulgarien befand! Die Bulgarin, Tatyana kam von dort. Außerdem haben sie dort das gleiche kyrillische Alphabet wie die Russen. In meinen früheren Untersuchungen hatte ich immer Araksia gelesen. Man sprach es aber Araxie aus. Im kyrillischen Alphabet gibt es kein x! Wieder hatte ich einen Treffer gelandet.

Acht Stunden später befand ich mich wieder auf dem Kopenhagener Flughafen, mit dem Ziel Sofia.

Sobald ich mein Gepäck auf mein Zimmer im Sofia Hilton abgestellt hatte, ging ich wider nach unten zum Empfang. Dort fragte ich: „Miss, könnten sie mir die Adresse eines Privatdetektivs dieser Stadt gegen, der auch Englisch versteht?“
Sie schaute mich zwar etwas überrascht an, doch nach kurzer Suche im Telefonbuch schrieb sie mir eine Adresse auf. Eineinhalb Stunden später wartete ich in einem hübschen Café auf dem Maria- Luisa- Boulevard auf Herrn Petkov.

„Ich suche einen Mann“, sagte ich.
„Fein“, antwortete der Detektiv. „Wie ist sein Name?“
„Gruncharov“, sagte ich.
„Madame, das ist hier ein sehr üblicher Name in Bulgarien.“
„Ich weiß. Es bedeutet Töpfer, nicht wahr?“
„Das stimmt genau. Ihr Wissen über meine Sprache ist sehr gut. Aber es hilft in dieser Angelegenheiten nicht weiter. Er hat bestimmt einen Vornamen.“
„Ich bin ziemlich sicher, dass er David ist.“
„David ist kein gebräuchlicher Vorname in Bulgarien“, sagte er und betonte dabei das 'ga' des Landesnamens mit großer Betonung.
„Aber es ist nicht unbekannt“, fragte ich.
„Madame, wir sind ein christliches Land. David ist kein unbekannter Name. Sie können mir nicht noch mehr sagen?“
„Er hat einen Vorfahr, aus dem Jahr 1850, dieser wurde Dimitur Gruncharov genannt. Dieser Mann war ein bedeutender Mann, nehme ich an, und ein Reisender. Er wohnte für viele Jahre in Niederländisch Ost Indien, jetzt Indonesien. Es ist denkbar dass der heutige Herr Gruncharov ebenfalls dort lebt, oder sonst wo in Übersee.“
„Richtig“, sagte Petkov und machte sich eine Notiz. „Irgendetwas sonst?“
„Er ist reich“, sagte ich, „sehr reich.“
„Dann ist meine Aufgabe schon leichter“, antwortete der Bulgare. „Reiche Leute gibt es nicht sehr viele in meinem Land. Madame, ich werde auf der Stelle anfangen zu forschen und werde mich gleich Morgen Früh bei ihnen melden.“

Vila Venus

David Dimitrov Gruncharov. Alter 46. Adresse: Vila Venus, ul. Rakovskii, Kurdzhali-Bezirk. Die Villa ist sehr groß, in der Nähe der Stadt Kurdzhali im Südosten des Landes. Geschätzter Wert: Zweiunddreißig Millionen Euro. Geld kommt von Anteilen diverser großer Konzerne, inkl. Lukoil, Bulgartabak. Der Vater war ein einflussreiches Mitglied des früheren Regimes. Familienstand: Ledig. Kinder: 3, von einer Ehe mit einer unbekannten portugiesischen Frau, jetzt geschieden. Lebt sehr zurück gezogen. Dauernd geschäftlich unterwegs.

Das war der Bericht, den Petkov mir gegeben hatte. Ich las es wieder und wieder, während der Zug langsam durch den Balkan meinem endgültigen Bestimmungsort entgegen ruckelte. Ich würde bald meine geliebte Tochter befreien. Ich war besorgt, und auch ein wenig verängstigt. Hatte nicht Van Hessel schriftlich niedergelegt, dass eine Ehefrau, die geflohen sei, mit aller Macht zurück gebracht werden müsse, damit sie nicht das Geheimnis der Gesellschaft verraten könne? Falls nötig, würde ich Gruncharov töten müssen. Ich hatte eine Pistole, illegal von Petkov besorgt. Eine Mutter wird, wenn sie mit dem Rücken zur Wand steht, alles tun, um ihre Kinder zu schützen.

Der Zug brachte mich in die Kleinstadt Dimitrovgrad, wo ich ein Auto mieten wollte. Autovermietungen sind, wie die meisten anderen Dinge auch, auf dem dünn besiedelten Land in jener vergessenen kleinen Ecke des Kontinentes nicht üblich. Doch ich fand einen örtlichen Klempner, der sich bereit erklärte mir seinen rostigen Lada für zwei Tage zu einem exorbitanten Preis zu überlassen. So fuhr ich mit dem russischen Wagen zu den Hügeln, wo in der Villa mein Feind lauerte.

Der Tag näherte sich dem Ende, als ich endlich mein Ziel erreichte. Von Rakovskii führte ein schmaler Weg den bewaldeten Abhang hinauf. Ich versteckte das Auto hinter einem Gebüsch und machte mich zu Fuß auf den Weg. Ich hatte meinen schwarzen Tarnanzug angelegt, den ich auch in Indonesien getragen hatte. Die Fahrbahn wandte sich den Berg hinauf. Ich bemühte mich stets im Schatten fortzubewegen. Schließlich konnte ich das Anwesen erblicken. Es war ein großartiges Haus, ein riesiges im gregorianischen Stil gebautes Kolonialhaus, wie es in England populär war. Ich schlich mich zur Rückseite heran. Dort waren einige Räume beleuchtet. Der Rest blieb im Dunkeln. Schließlich fand ich eine Hintertür. Ich drückte die Klinke nieder, aber die Tür war verschlossen. Niemals wollte ich mich geschlagen geben. Ich nahm ein Bündel Nachschlüssel zur Hand, welche mir ebenfalls Petkov besorgt hatte. Nach einigen Versuchen öffnete ich die Tür.
Ich befand mich in einer Küche. Einer großen, riesigen Küche. Auf dem ersten Blick glich sie einer Küche aus der englischen viktorianischen Ära. Ich schlich hinaus auf den Korridor, immer weiter ins Haus hinein, die Pistole lag schussbereit in meiner Hand. Schließlich näherte ich mich einer großen Doppeltür. Durch einen Schlitz in der Mitte schien Licht hindurch. In dem Raum befand sich jemand! Langsam und ganz leise öffnete ich die Tür und machte sie ebenso geräuschlos wieder hinter mir zu. Kein Laut war zu hören, kein Sprechen, keine Musik, nichts. Allerdings war ich sicher, dass jemand anwesend war. Ich schlich gebückt auf allen Vieren weiter in den Raum hinein, Richtung Kamin. Dann hörte ich ein Rascheln. Ich blieb stehen. Jemand war zweifellos anwesend. Eine Person erhob sich aus einem Sessel. Es war eine Frau! Sie trug eine riesige Krinoline aus dunkler purpurner Seide und ihr Haar war zu Ringellocken gewickelt. Ihre Taille, das nahm ich zur Kenntnis, war mit einem Korsett eng geschnürt, aber ihre Arme schienen normal zu sein, obwohl sie Handschuhe trug. Das Mädchen drehte sich langsam und erkannte mich. Wir beide keuchten vor Überraschung.
Ich hatte mein Maria erwartet, und die blonden Ringellocken, die ich von hinten sah, hätten ihr Haar sein können. Aber das Gesicht, das ich sah, es war nicht das Gesicht meiner Tochter. Es war ein tadelloses, ausdruckloses Gesicht eines jungen Mädchens von zwanzig Jahren, mit blaue Augen und Rubinroten Lippen. Es war das Gesicht einer viktorianischen Porzellanpuppe!
„Es ist alles in Ordnung“, flüsterte ich in Englisch. „Ich will dir nichts antun.“
Das Geschöpf gab mir keine Anzeige, mich verstanden zu haben.
„Du verstehst Englisch“, fragte ich.
Das Mädchen nickte.
„Wer du bist?“
Keine Antwort, nichts. Dann bemerkte ich, dass diese viktorianische Prinzessin nicht nur ihre Lippen nicht bewegte, sondern auch nicht mit den Augen blinzelte. Ich näherte mich ihr und berührte das Gesicht. Es war nicht echt, Plastik, eine Maske!
„Du kannst nicht sprechen, nicht wahr“, fragte ich.
Das Mädchen nickte.
„Tat er dir das an, dieser David Gruncharov?“
Sie nickte wieder.
„Bist du Maria Lundstrom?“
Sie genickt und ich stöhnte. Sollte ich ihr sagen, dass ich es war, ihre Mutter, welche gekommen war sie zu befreien? Ich tat es fast, aber entschied mich dann doch anders. Der Schock könnte veranlassen dass sie ohnmächtig werden würde.
„Folge mir“, flüsterte ich auf Schwedisch. „Ich werde dich befreien.“
Ich ging zur Tür und meine Tochter folgte, fürchterlich langsam. Er hatte ihr wahrscheinlich Schuhe mit sehr hohen Absätzen aufgezwungen. Das wusste ich von den kranken Erzählungen dieses verrückten Individuums. Ich nahm ihre Arme und half meinem Kind, dass die ganze Zeit heftig mit der Brust atmete. Wir gelangten bis zur Tür und ich öffnete sie.

Dann fiel ich ins Bodenlose.

Das Letzte Kapitel

„Guten Abend Frau Lundstrom.“
Er saß vor mir. Ich versuchte mich zu bewegen, konnte es aber nicht. Ich war gelähmt.
„Ich muss ihnen kaum sagen, warum sie unfähig sind sich zu bewegen“, fuhr er fort und setzte ein widernatürliches Lächeln auf. „Nach allem, was sie on meinen Erzählungen im Internet gelesen haben, kennen sie ja die lähmende Droge. Ich werde ihnen erklären, wie sie in diese Situation gekommen sind. In meiner Jugend sah ich einen sehr guten Film über einen britischen Spion. Er hießt James Bond. Darin tötete ein verbrecherischer Anführer seine Opfer, indem er sie durch eine geheime Bodenklappe in ein Becken voller Piranhas fallen lies. Mir gefiel die Idee und so ließ auch ich eine Bodenklappe installieren, allerdings ohne die Piranhas. Es war jene Bodenklappe auf der sie gerade getreten sind. Und hier sollten nun eigentlich die Fische dieses bösen Manns sein. Verstehen sie nun ihre Zwangslage, Frau Lundstrom?“
Ich verstand und war zugleich verängstigt.
„Frau Lundstrom, ich muss sagen dass ich von ihnen beeindruckt bin. Sie haben bewiesen, dass sie eine großartige Detektivin gewesen sind. Sie zogen die richtigen Schlussfolgerungen und lösten den Fall. Ich wurde bereits dafür von der Gesellschaft gerügt, da ich jene Erzählungen geschrieben hatte und im Internet veröffentlichte. Ich hatte eigentlich nie erwartet, dass jemand daraus die richtigen Schlussfolgerungen ziehen könnte, vor allen Dingen nicht eine der Mütter unserer Ehefrauen.“
„Du bist ein verrückter Mann, Gruncharov“, knurrte ich.
„Oh ja, das bin ich. Aber seien sie mal ehrlich, sind wir nicht alle tief im Innern ein wenig verrückt? Nehmen wir sie zum Beispiel. Ein anscheinend normal gestrickte, bitte entschuldigen sie das Wortspiel, schwedische Karrieristin und Mutter. Und dennoch verbrachten sie erhebliche Zeit im Internet und lasen solche Schweinerein, welche ich nur so zu meinem Vergnügen schrieb. Was schließe ich daraus, Elvira? Es macht dir doch nichts aus, wenn ich dich mit Elvira anrede? Schön, dass du nichts dagegen hast. Hast du nicht geträumt selber in einem Korsett zu stecken und völlig hilflos zu sein? Eine Sklavin dem Verlangen eines widernatürlichen Mann ausgeliefert zu sein? Hmm…ich denke wohl schon.“
„Fantasie ist das eine, Realität ist was anderes.“
„Nicht in meiner Welt, Elvira, nicht in der Welt unserer Gesellschaft.“
„Ihr seid alle krank im Hirn. Wie kann man Frauen wie Tiere halten?“
„Tiere! Tiere? Nein, nein, Madame, du missverstehst uns. Du hast unsere Geschichten nicht gründlich genug gelesen. Wir betrachten sie nicht wie Tiere. Wie viele Tiere leben in dem Luxus wie unsere Ehefrauen, die niemals arbeiten müssen, immer die feinsten Kleider tragen? Nein, Elvira, unsere Ehefrauen nicht keine Tiere, sie sind Puppen. Spielzeug zum spielen, so wie deine Maria vorgefunden hast.“
„Lass sie gehen, Gruncharov, nimmt mich an ihrer Stelle, aber lass mein unschuldiges kleines Baby nicht weiter leiden!“
„Oh Elvira, du weißt, dass ich das nicht tun kann. Du kennst unsere Regeln, einmal eine Ehefrau, immer eine Ehefrau. Dass, hmm… , dich auch zu nehmen, könnte Interessant werden. Ha! Ha!“
„Du verrücktes Ars...“
„Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Du allerdings, du hast keine geistigen Probleme. Tatsächlich ist dein Gehirn äußerst intelligent. Du hast Zierikzee und das Haus der Van Hessels von ganz alleine gefunden. Du hast sogar das Dokument gefunden und übersetzt. Sehr gut!“
„Du wusstest von dem Dokument?“
„Natürlich taten wir das. Wir hatten es ja dort hingelegt. Wir besitzen immer noch jenes Haus, und diese alte Dame arbeitet für uns. Wir legten das Dokument dort für dich hin, um dich auf die nächste Fährte zu führen.“
„Also war das Dokument nicht echt?“
„Aber sicher war es echt, jeder einzelne Buchstabe. Weißt du eigentlich, dass du die erste Frau bist, die jemals hinter unsere Geheimnisse gekommen ist? Erfüllt das nicht mit Stolz?“
„Und Kalimantan?“
„Wir wussten dass du kommen würdest. Der Fischer, dessen Boot du gemietet hast, war einer von uns. Er war sogar der Minister, der das Haus besitzt. Er war der Meinung ein bisschen Schauspielern wäre ganz lustig.“
„Und Ana Rosa?“
„Oh nein, das war purer Zufall. Wir hatten nicht geplant, dass sie dort stand und du sie befreien könntest. Du brauchst dir aber keine Sorgen zu machen. Sie befindet sich wieder im Ausbildungszentrum. Als sie in Mexiko-Stadt ankam, wurde sie sofort wieder betäubt und als Frachtgut deklariert zurück nach Jakarta gebracht. Ähnlich so, wie die junge Araksia in meiner Erzählung transportiert wurde.“
„War das also wahr? Kevork, warst du das?“
„Nein, nein, Kevork war nur ein Freund. Araksia war niemals meine Ehefrau, obwohl ich zugeben muss sie einmal genommen zu haben, mit seiner Genehmigung natürlich. Ich hatte immer jenes Mädchen bewundert, sie hatte so etwas an sich, wie deine Tochter. Als sie auf jenem viktorianischen Ball wie versteinert sah, unglaublich! Welch ein Anblick! Aber entschuldige mich, ich weiche vom Thema ab.“
„Wenn das alles wahr ist, warum befindet sich die Gesellschaft nicht komplett in Saudi-Arabien?“
„Elvira, viele von ihnen sind dort. Aber nur die Amerikaner. Einfach wegen jenes kleinen Missgeschicks. Das bedeutet aber nicht, dass die ganze weltweite Organisation in das Wüstenland auswandern musste. Amerika, hmm… ein interessantes Land, und mit vielen sehr widernatürlichen Leuten, in der Tat. Es war immer ein fruchtbares Rekrutierungsland für die Gesellschaft gewesen, aber dann kam jener Präsident an die Macht. Er war selber unsittlich gewesen, aber er griff gegen unsere Aktivitäten energisch durch. Glücklicherweise ist er nicht mehr Präsident und das Geld regiert wieder das Land. Ich bin der Meinung dass bald wieder in das gerechte Land zurückkehren können.“
„Und Ihbat?“
„Dieses transsexuelle Zeug ist eine neue Richtung, besonders einiger jüngerer Mitglieder. Ihnen gefällt auch diese Purdah- Ausbildung. Dadurch hat es eine so lebende Ehefrau noch schwieriger. Nicht nur dass eine Frau lernen muss ohne Arme zu leben, zusätzlich wird sie auch noch von der Verschleierung behindert.“
„Krank, krank. Ihr seid alle verrückt.“
„Kann schon sein, meine Liebe, und wir genießen es auch noch. Ganz besonders ich. Wie du weißt, hat meine Familie eine lange Tradition in dieser Gesellschaft. Und ich muss zugeben, dass ich gegenwärtig meine neueste und vierte Ehefrau genieße.“
„Wie hast du es geschafft dass sie sich bereit erklärt hat dich zu heiraten?“
„Es war ganz leicht. Elvira, überlege, hast du dir keine Gedanken darüber gemacht, wie wir in unserem Trainingszentrum vorgehen?“
„Nein, ich denke dass ihnen erlaubt war ihre Arme zu gebrauchen...“
„Erlaubt ist alles, außer der einen Sache. Unsere Mitglieder fahren dort hin und suchen sich ihre Zukünftige aus. Dann fangen wir mit der Behandlung an.“
„Behandlung?“
„Behandlung, ja, die Liebes- Droge.“
„Liebes- Droge?“
„Ja, Elvira, hast du dich nicht jemals gefragt, warum die Menschheit mit all ihren großen wissenschaftlichen Fortschritten noch keine Droge erfunden hat, welche die äußerst einfachen hormonalen Wirkungen nachahmen kann, um sich zu verlieben? Warum? Weil wir das Geheimnis für uns in Beschlag genommen haben. Wir halten es unter Verschluss und werden es nicht auf dem Markt bringen. Wir haben diese Droge, hier ist einiges in dieser Spritze in meiner Hand, welche die Ursache ist, warum sich die von uns ausgewählten Frauen in uns verlieben. Wenn ein Mann sein Mädchen auswählt, verabreichen wir ihr eine geringe Dosis in ihre Nahrung und sie verliebt sich in ihn. Mit der Zeit vergrößern wir die Dosierung, bis sie ihn nicht zurückweisen kann. Auch wenn er ihr versprechen würde sie unendlich zu foltern, ihr die Brüste ohne Betäubungsmittel abzuschneiden und den Geiern zum Fraße vorzuwerfen, sie würde mit ihm gehen. Liebe ist eine mächtige Kraft, meine Teuerste. Lass es mich an dir demonstrieren.“

Und zu meinem Entsetzen injizierte er mir ein Mittel in meinen Arm.

„Ich gestehe“, fügte er hinzu, „das war ein bisschen mehr als wir normalerweise verabreichen. Ich hoffe, dass es dir nichts ausmacht. Schließlich muss ich nach allem befürchten, du würdest dich nicht in mich verlieben. Die Entführte verliebt sich Hals über Kopf in ihren Kidnapper. Da gibt es sogar einen Begriff, wie hieß er noch? Stockholm Syndrome, oder? Vielleicht wirst du dich sogar in mich verlieben? Ist Malmö nicht in der Nähe von Stockholm? Ha! Ha!
So, meine Liebe, hast du noch Fragen?“
„Maria, wie geht es ihr? Trägt sie ihre Maske permanent?“
„Ich denke sie ist glücklich damit. Um ehrlich zu sein, ich habe sie nicht gefragt, ich wollte es so. Sie hatte sich doch immer so sehr gewünscht eine Märchen- Prinzessin zu sein, so habe ich sie dazu gemacht. Also trägt sie jetzt jeden Tag jene schönen Kleider, und ihre Taillenschnürung macht Fortschritte. Sehr bald wird sie fünfzig Zentimeter erreichen, so hoffe ich jedenfalls. Vielleicht fangen wir dann an ihr eine Rohrtaille zu schnüren. Was dieses Zeugs angeht, sie bekommt keine Liebes- Droge mehr. So befürchte ich, dass ich abstoßend auf sie wirke, doch das ist völlig unwichtig. Wir haben schließlich alle unser Los zu tragen, oder? Und ihr Venus- Korsett, sie war darin eingeschnürt, als du sie getroffen hast. Ihre Arme waren künstliche Puppenarme. Sie beklagt sich zwar darüber, dass es unbequem ist. Aber keine Angst, die Maske ist keine Permanente. Schließlich will ich nicht ständig ihr hübsches Antlitz verstecken. Nein, sie trägt die Maske nur an den Abenden oder wenn ich fort bin. Es ist ein interessantes Teil, wie du weißt. Innen ist eine genaue Kopie meines Penis angebracht, welche ihren Mund ausfüllt. Und die Augen, jene schönen großen blauen Augen, haben nur winzig kleine Öffnungen für ein eingeschränktes Sehen. Gut, nicht?“

Ich hörte ihm gar nicht mehr zu, sondern konzentrierte mich auf die Veränderungen meiner Gefühle. Erstens bemerkte ich wie die Lähmungsdroge abnahm. Ich konnte meine Finger und Zehen bewegen, meine Magenatmung fühlen. Die zweite Veränderung jedoch war weit mehr störend. Ich war der Meinung Gruncharov als ganz angenehm zu empfinden. Ich schaute seine Augen und seinen Mund an. Das faszinierte mich. Er war so schön, so muskulös, so reif. Ja war er auch krank, verrückt, aber das war sexy. Oh, was für ein Mann. Ich wollte ihm gehören. Aber Halt! Halt! Ich sagte mir in Gedanken dass dieses Gefühl auf rein chemischer Basis entstand. Dies war nicht die wahre, wirkliche, immerwährende Liebe, die ich für ihn fühlte. Obwohl... Drogen könnten niemals so etwas erzeugen. Dies WAR das Echte, er war anbetungswürdig. Jener kranke Mann, der meine Tochter versklavt hatte, war der Herr meiner Träume, der Ritter in glänzender Rüstung auf den ich immer gewartet hatte! Er war mein König. Ich war eifersüchtig, eifersüchtig auf meine Tochter, diese Hure. Sie hatte ihn mir gestohlen. Ich wollte ihn, er hätte MEIN Ehemann sein sollen! Diese Hure hat einen dreißig Jahre älteren Mann genommen!

„Oh David“, rief ich aus.
Er grinste. „Meine Elvira“, sagte er.
„Nimm mich, David, nimm mich jetzt!“
„Nein, Elvira, nein.“
„Warum nicht? Bitte!“
„Weil ich nicht kann.“
„Warum denn nicht?“
„Weil ich nur Frauen ohne die Verwendung ihrer Arme akzeptiere.“
Ich zögerte. Ich wusste, wo dies hinführte. Ich kämpfte innerlich mit meinen Gefühlen, aber das Verlangen war unwiderstehlich.
„Mache mich armlos“, flehte ich.
„Nein, Elvira, ich will nicht.“ Dann nahm er ein Gewand vom Fußboden hoch und gab es mir. Ich keuchte vor Entsetzen. Ich wusste was es bedeutete.

Es war ein Venus- Korsett.

„Ich werde dich akzeptieren, lebe mit mir und Maria für den Rest deines Lebens zusammen, aber nur wenn du dich danach sehnst und mir versprichst, dies zu tragen. Ich werde dich nicht armlos machen, Elvira, das musst du selber tun.“
Ich schaute auf das Gewand und dachte an all die Jahre des Leidens, der Abhängigkeit, der Unterdrückung und Selbstbeherrschung, Herrschaft und des Grauens, die vor mir lagen, wenn ich es um meinen Körper legen würde. Und trotzdem, mein Leben würde ohne das vollkommen leer erscheinen.

Ich nahm es, legte es auf meinen Körper und kreuzte meine Arme auf meinem Rücken.

„Schnür mich“, sagte ich.
Er lächelte. „Das werde ich Elvira, aber zuerst muss ich etwas anderes machen. Du musst zugeben, dass eine hässliche alte Frau wie du, mich niemals verführen kannst, eher das Gegenteil. Ich würde dich abweisen. Außerdem kann ich deiner Tochter doch nicht sagen wer ihre neue Freundin ist, oder? Nein, natürlich nicht. So habe ich stattdessen diese absolut genaue Kopie des Gesichts deiner Tochter als Maske anfertigen lassen. Und du wirst sie tragen. Außerdem ist diese Maske eine Permanent- Maske. Willkommen in meinem Haus, Elvira!“

Und als er mir die enge Kopfhaube überzog, starrte mich aus dem Spiegelbild das Gesicht meiner Maria an, und mein Sehvermögen war auf zwei kleine Nadellöcher reduziert. Meine Arme wurden zu nutzlosen Anhängseln in das Venuskorsett geschnürt. Ich ließ mich auf ein neues Leben als eine gesichtslose, namenlose und hilflose Puppe im Herrenhaus von David Gruncharov ein.

Ende