In einem fernen Land lebte ein sehr wohlhabender Händler. Er hatte drei Söhne und drei Töchter. Die jüngste der Tochter wurde Beauty genannt, und sie war wirklich die Hübscheste. Wenn Schönheit ihr einziges Merkmal gewesen wäre, dann wäre sie nicht Erwähnenswert gewesen. Doch sie hatte passend zu ihrer Schönheit eine noch bemerkenswertere Seele. Ganz im Gegensatz zu ihr, waren ihre Schwestern weit von jeglicher Schönheit entfernt. Sie interessierten sich mehr für Bällen und Konzerte, und verachteten ihre Schwester, welche gerne las und malte. Beautys Schwestern hatten nur ihre zukünftigen Hochzeiten und die endgültige Befreiung von der lästigen Gesellschaft ihres Vaters im Sinn. Beauty hegte dagegen kein besonderes Verlangen geheiratet zu werden, und machte sich mehr Sorgen um das Wohlergehen ihres Vaters.
Es geschah kurz nach Beautys achtzehnten Geburtstag, dass die Geschäfte ihres Vaters immer schlechter liefen. Er verlor fast sein ganzes Vermögen und konnte sich nicht mehr das Haus in der Stadt leisten. Er war gezwungen in ein kleines Landhaus zu ziehen, welches weit von der Stadt entfernt lag. Die beiden älteren Töchter verloren ihre Geduld mit dem Vater, da er kein Geld hatte um sie mit reichen Männern zu verheiraten, damit sie ein Leben in Luxus führen könnten. Die schlechte finanzielle Lage, in die jene Familie gebracht worden war, war fast Mitleiderregend. Viele Menschen hatten großes Mitleid mit Beauty, da sie solch eine hübsche junge Frau war. Es gab viele Herren, die sie trotz ihres Mangels an Reichtum geheiratet hätten. Beautys Schönheit war so überwältigend, und ihre Taille so schlank, dass für diejenigen, die sie kannten, Geld nicht der Grund für eine Heirat sein konnte. Da Korsetts in jener Zeit nicht in Mode waren, hatte Beauty niemals eines getragen. Viele konnten es nicht glauben, dass ihre Figur von Natur aus eine Sanduhrform hatte. Doch trotz der vielen Heiratsangebote konnte es Beauty nicht übers Herz bringen ihren Vater in seiner Verzweifelung alleine zu lassen. Und so hatte sie alle Anträge abgelehnt.
Die Familie wohnte viele Monate auf dem Land, und Beauty hielt das
anstrengende und entbehrungsreiche Leben ohne Beschwerden aus.
Eines Tages kam die Nachricht, dass ein Frachtschiff eingetroffen war. An Bord
waren viele Waren des Händlers. Diese Nachricht war eine der guten Sorte, da
dies bedeutete, die Familie hätte wieder etwas Geld. Die beiden älteren
Schwestern von Beauty hörten davon und drangen darauf, dass ihr Vater ihnen
jenes Geld als Mitgift geben sollte. Die Schwestern hofften auf Heiratsanträge
von zwei Männern, welche zwar nicht die beste Wahl, aber sehr wohlhabend waren.
Das Bitten und Drängen der Schwestern war regelrecht unverschämt. Da aber der
Vater ein sanfter und liebenswürdiger Mann war, konnte er nicht ‚Nein’ sagen.
Als er seine jüngste Tochter fragte, welche Heiratspläne sie habe, entschied sie
sich ledig zu bleiben und bat lediglich dass er ihr eine Rose mitbringen sollte.
Beauty wusste, dass ihr Vater nicht genug Geld für drei Hochzeiten hatte.
Der Händler machte sich auf die Reise in die Stadt, um dort seine Ware in
Empfang zu nehmen. Er musste jedoch vor Ort feststellen, dass das Meiste bereits
von den Steuerbeamten beschlagnahmt worden war, um seine Schulden zu begleichen.
Das war ein grausamer Schlag, und die Reise zurück zu seinem Haus auf dem Land,
tat wenig dazu bei seine Laune zu verbessern. Das Wetter war sehr schlecht und
folterte ihn mit Regen. Aus dem Tag wurde Nacht und das Jaulen grimmiger Wölfe
jagte ihn einen Schrecken in die Glieder.
Der Händler war am Rande der Verzweiflung. Da sah er in der Ferne ein Licht. Er
beeilte sich der Lichtquelle näher zu kommen, und entdeckte ein Schloss.
Die Freude dieser Entdeckung gab ihm die Entschlusskraft dort hin zu eilen. Und
schon bald war er am Eingang zu einem Hof. Er sah niemanden von dem Schloss, der
ihn begrüßen wollte, und so band er sein Pferd in einem der Ställen fest, bevor
er sich in das Schloss hinein wagte, um dort Schutz vor dem Regen zu suchen.
Der Zustand des Schlosses verwirrte ihn zu einem erheblichen Grad. Die Kerzen
der Kronleuchter brannten zwar, aber es war niemand zu sehen. Abgesehen von den
leuchtenden Kronleuchtern, gab es kein Anzeichen dafür, dass jemand in dem
Schloss lebte. Die Möbel waren mit einer dicken Schicht aus Staub bedeckt. Der
Händler ging über die vielen Korridore und schaute in so manche Zimmer hinein.
Er fand nicht die geringste Spur der Bewohner. Nachdem er fast alle Zimmer
betreten hatte, fand er ein Schlafzimmer, das nicht verstaubt war. Dort
verbrachte er die Nacht, und war dankbar Schutz gefunden zu haben.
Am nächsten Morgen wollte der Händler seine Heimreise fortsetzen. Als er aber
im Garten des Schlosses die vielen Rosen sah, hielt er an. Ihm war die Bitte
seiner jüngsten Tochter Beauty wieder eingefallen. So beschloss er ein Dutzend
Rosen für sie mitzunehmen.
Kaum hatte er die Rosen eingesammelt, kam von dem Schloss das fürchterlichste
Monster auf ihn zu, das er jemals gesehen hatte. Es näherte sich so schnell,
dass der Händler nicht entkommen konnte und deswegen stehen blieb. Die Bestie
hielt kurz vor ihm an. Jener Riese überragte den Händler um einiges.
„Wie kannst du es wagen meine Rosen zu stehlen! Ist das der Lohn dafür, dass ich
dir erlaubt habe hier vor dem Sturm Obdach zu suchen?“ Die Stimme des Geschöpfes
war wie das Gebrüll eines Vulkans. „Meine Rosen bedeuten mir mehr als alles
anderes in der Welt. Ich werde dich für diesen Diebstahl töten!“
Als der Händler seinen Mund öffnete, um zu sprechen, war seine Stimme fast ein
Geflüster: „Mein Herr, ich bitte sie dringend mir zu verzeihen. Ich wusste
nicht, dass jemand in diesem Schloss wohnt. Ich wollte doch nur die Rosen für
eine meiner Töchter mitnehmen. Haben sie bitte Barmherzigkeit mit mir. Bitte.“
Der Blick, den das Monster ihm bereitete, war fast geringschätzig. „Dein
Plädoyer beeindruckt mich nicht. Da du Töchter hast, werde ich jedoch dein Leben
verschonen. Allerdings muss eine von deine Töchtern hier her kommen, und an
deiner Stelle die Strafe erdulden. Sollte keine von deinen Töchtern bereit sein,
musst du in der Zeit dreier Monate zurückkommen.“
Der Händler stimmte dem Ultimatum des Geschöpfes zu. Er hatte aber nicht vor
auch nur eine seiner Töchter jener Bestie zu übergeben. Er würde eher selber
wieder zurückkommen. Er war der Meinung, dass er so immerhin noch einmal seine
Familie wiedersehen könnte.
Als der Händler zu seiner Familie zurückkam, erzählte er ihnen von dem, was
geschehen war. Zu seinem großen Entsetzen bestand Beauty darauf, dass sie
anstelle ihres Vaters zu der Bestie gehen wollte. Trotz allen Plädoyers ihres
Vaters konnte die Entscheidung von Beauty nicht umgestoßen werden. Für Beauty
war es eine Pflicht, ihrem Vater und ihrer Familie zu helfen. So geschah es,
dass vor dem Ende der drei Monaten der Händler mit großem Widerwillen seine
Tochter Beauty zu dem Schloss mit der Bestie brachte.
Als das Pferd an den Toren des Schlosses vorbeiging, konnte Beauty ihren
Blick nicht von der Erscheinung des beeindruckenden Gebäudes abwenden. Sie hatte
schon oft Schlösser gesehen, aber immer nur aus weiter Entfernung. Doch selbst
wenn sie die anderen Schlösser aus näherer Distanz gesehen hätte, war nichts mit
jenem vergleichbar, was sie nun sah. Die Türme des Schlosses schienen bis in den
Himmel zu ragen. Beauty hatte aber nicht viel Zeit das Schloss zu bewundern.
Sie geleitete ihren Vater in eine beeindruckende Halle. Der Händler bat in jenem
Moment seine Tochter ihre Entscheidung noch einmal zu überlegen. Er flehte sie
an, doch Beauty war fest entschlossen. Sie wollte die von ihr benötigte Pflicht
erfüllen.
Der Händler war überrascht als er feststellte, dass sich die Inneneinrichtung
des Schloss seit seinem letzten Besuch stark verändert hatte. War einst alles
voller Staub, so war nun nichts mehr davon zu sehen. Das Licht ergoss sich durch
die Fenster und ließ den Ort wirklich schön erscheinen. Beauty schien von dem
Anblick sehr begeistert zu sein. Doch der Händler hatte keinen Blick dafür, denn
er wusste um das schreckliche Schicksal, welches seine Tochter erwartete. Mit
großem Widerwillen verabschiedete er sich von seiner Tochter und ging. Bevor er
die Tür hinter sich schloss, schaute er sich noch einmal zu seiner geliebten
Tochter um.
Es dauerte nicht lange, und Beauty stand weinend ganz alleine in der großen
Halle. Sie hatte sich bis dahin tapfer zusammengerissen, aber nun liefen die
Tränen in Strömen über ihre Wangen. Sie weinte nicht, weil sie sicher war in der
Nacht von einem Monster gefressen zu werden. Sie weinte, weil sie ihren Vater
schrecklich vermisste. Beauty war traurig, weil sie dachte ihren Vater nie mehr
sehen zu können.
So setzte sie sich eine Weile auf die unterste Stufe der großartigen Treppe hin
und ließ die Tränen über ihre Wangen rollen. Schließlich hörte sie auf zu
weinen, wischte sich die Tränen weg, und versuchte wieder einigermaßen gut
auszusehen. Sie wollte nicht vor Selbstmitleid vergehen. Beauty wollte mit all
ihrem Mut dem Schicksal entgegentreten.
Beauty erhob sich und schaute die Treppe hinauf. Sie hatte immer noch kein
einziges Zeichen jenes Geschöpfes gesehen, welches nun die Gewalt über ihr
hatte. Sie wunderte sich, da die Bestie eigentlich ihre Anwesenheit wissen
sollte. Beauty legte eine Hand zögernd auf das Treppengeländer, und ging nach
oben. Das Treppenhaus erschien ihr unglaublich groß. Es war sicherlich größer
als ihr eigenes Heim. Beauty hatte erst die Hälfte hinter sich gebracht, als sie
stehen blieb. Sie schaute auf eines der Gemälde, welches an der Wand hing. Auf
dem Gemälde war eine junge Frau abgebildet, ungefähr so alt wie sie selber. Jene
Frau trug ein sehr beeindruckendes Silberkleid. Es war in jenem Stil, der in
Mode war, als ihre eigene Mutter ein junges Mädchen gewesen war. Das Kleid hatte
einen breiten Reifrock, der über den Rand des Gemäldes hinaus ging. Dann sah
Beauty die besorgniserregende schmale Taille. Beauty wusste, dass jene Frau ein
Korsett trug, ganz im Gegensatz zur gegenwärtigen Mode. Man trug wieder lockere
Kleidung. Viele Mädchen, so auch Beauty, hatten noch nie ein Korsett getragen.
Beautys Hände berührten die eigene Taille, ohne dass sich Beauty darüber bewusst
war. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie sich ein derart alles
zerschmetternder Druck anfühlen würde.
Als Beauty sich umdrehte, um endgültig nach oben zu gehen, schrie sie fast vor
Schreck auf. Am oberen Ende der Treppe stand das furchterregendste Ding, das sie
jemals gesehen hatte. Es hatte eine monströse Form. Es sah überaus fürchterlich
aus. Es sollte genügen zu sagen, dass es größer war als jeder Mann, und ohne
jeden Zweifel jeden töten könnte, der in die Reichweite seiner Klauen geriet.
Beautys Herz raste wie verrückt, als sie das Monster sah. Seine roten Augen
schienen sie zu durchbohren, und Beauty erwartete dass es jeden Moment die
Treppe hinunter gestürzt käme um sie zu verschlingen.
Doch zu ihrer Überraschung wich das Geschöpf zurück. Dann vernahm Beauty einen
Klang, der sich wie das Kratzen von Metall auf Stein anhörte. Doch sie begriff
sehr schnell, dass der Klang von dem Geschöpft kam. Es sagte zu ihr: „Das
Abendessen wird um sieben im Esszimmer serviert. Wenn es ihnen nichts ausmacht,
erscheinen sie bitte in dem Kleid, welches in ihrem Zimmer auf ihrem Bett
liegt.“
Beauty hatte keine Möglichkeit zu antworten, denn das Monster drehte sich um und
verschwand.
Es dauerte eine Zeitlang, bis Beautys Herz wieder normal schlug. Es schien, dass
erst an jenem Abend über ihr Schicksal entschieden werden würde. Beauty war
dankbar, dass das Monster ihr noch ein paar Stunden erlaubt hatte, bevor ihr
Leben zu Ende gehen sollte. So könnte sie immerhin noch das prachtvolle Schloss
erkunden.
Beauty setzte ihren Weg zögernd fort und ging die Treppe hinauf. Als sie oben
angekommen war, hielt sie wieder an. Sie überlegte: ‚Was hatte das Monster
gesagt? Kleid? Bett? Zimmer? Warum soll ich ein Zimmer haben, wenn ich in ein
paar Stunden getötet werden soll? Vielleicht ist das Monster einfach nur
höflich, und erlaubte mir die Verwendung eines Raumes zum Ausruhen, bevor ich
beim Abendessen der Hauptgang bin? Und warum ein Kleid?’
Beauty dachte nach. Dann kam sie zu dem Entschluss, dass die Frauen, welche das
Monster fraß, hübsch dekoriert sein müssten, eben so, wie es ein Koch mit einem
Festmahl tat. Wenn sich also das Monster wünschte dass sie ein Kleid tragen
sollte, bevor er sie fressen würde, dann wollte sie seine Bitte erfüllen.
Beauty verbrachte die nächsten Stunden mit der Erkundung des Schlosses.
Überall gab es wunderschöne Gemälde von Menschen, die während der letzten
Jahrhunderte in diesem Schloss gelebt hatten. Beauty fragte sich, was mit ihnen
passiert war und dachte sich, dass die meisten Bewohner wohl im Bauch der Bestie
gelandet sein müssten. Beauty sah aber nicht nur die vielen Gemälde, sondern
auch Rüstung und andere schöne Dinge.
Der Schlossgarten war sehr gepflegt und es gab überall wunderschöne Blumen. Es
sah alles sehr wunderbar aus.
Beauty kehrte in das Gebäude zurück. Schließlich bemerkte sie eine Tür. Darauf
stand in goldenen Buchstaben geschrieben: „Beautys Gemach“.
Beauty war erstaunt, wie schnell die Bestie jene goldenen Metall- Buchstaben
hergestellt hatte. Doch sie überlegte nicht lange und öffnete die Tür. Sie hatte
nur sehr wenige Räume gesehen, und war neugierig wie ihr eigenes Zimmer aussehen
würde.
Der für Beauty reservierte Raum war absolut großartig. Das Gemach war derart
unglaublich kostspielig dekoriert, dass Beauty jene Eleganz mit leicht
geöffnetem Mund bestaunte.
Es gab ein großes Bett, welches mit vier stabilen Pfosten versehen war. Das
Gemach war mit purpurnen Vorhängen reichlich dekoriert. Aber da war noch viel
mehr zu entdecken. Bei einem der Fenster stand ein großer Tisch mit einem
Spiegel. Die Schnitzereien an jenem Eichentisch mussten von einem wahren
Künstler angefertigt worden sein. Dann sah Beauty ein Regal voller Bücher. In
der Ecke stand ein silbernes Cembalo. Es war alles wirklich hübsch. Das einzige
Problem bestand jedoch darin, dass Beauty sich wünschte mehr Zeit zu haben, um
jenen schönen Raum wirklich benutzen zu können.
Während Beauty in dem Raum herum ging und alles betrachtete, sah sie schließlich
das Kleid. Es bestand eigentlich aus vielen Einzelteilen. Es gab ein Unterkleid,
ein Leibchen, einen Rock, ein Oberteil, Schuhe und ein Korsett. Da es schon spät
war, beschloss Beauty sich umzuziehen, denn sie wollte nicht unpünktlich sein.
Aber dann überlegte sie, warum sie sich Gedanken darüber machte, ob sie zu spät
zu ihrer eigenen Beerdigung erscheinen würde?
Sie verwarf wieder jenen Gedanken, und zog sich aus.
Sie hob das Unterkleid über ihrem Kopf und ließ ihn langsam nach unten
streifen. Der Stoff fühlte sich unglaublich weich und glatt an, als er über ihre
Haut rutschte. Das gefiel ihr. Schließlich lag das Unterkleid an ihrem Körper
an. Es reichte bis unter die Knie. Oben bedeckte es ihre Schultern. Es gab vorne
einen viereckigen Ausschnitt, sodass der meiste Teil ihrer Brüste unbedeckt war.
Die kurzen Ärmel waren aufgebauscht und endeten in einem langen Spitzenstoff.
Beauty befühlte immer wieder den glatten Stoff. Schließlich schaute sie sich die
anderen Sachen an. Da war das Korsett. Beauty hatte niemals ein Korsett getragen
und war neugierig als auch beunruhigt. Sie hatte einige Frauen gesehen, die
Korsetts getragen hatten. Jene Frauen hatten eine schöne Figur mit weit nach
oben gedrückten Busen gehabt. Aber das war schon lange her gewesen.
Das auf dem Bett liegende Korsett war goldfarben und schienen aus Wolle oder
Leinen gemacht zu sein. Das Korsett hatte äußerst feine Nähte. Beauty schloss
daraus, dass der oder die Näherin äußerst begabt gewesen sein muss.
Als Beauty das Korsett anhob, fühlte sie das Gewicht und die Steifheit. Das
Korsett sah nicht so aus als ob es jemals getragen worden war. Es musste schon
seit sehr langer Zeit dort gelegen haben, denn es war mit einer dünnen
Staubschicht bedeckt, welche nun herunter fiel. Für einen Moment war der goldene
Glanz verschwunden, bevor es wieder im vollen Glanz erstrahlte. Beauty wunderte
sich, denn das Verhalten des Staubs kam ihr äußerst merkwürdig vor. Aber dann
vergaß sie es und widmete ihre volle Aufmerksamkeit dem Korsett zu. Sie drehte
das Korsett in ihren Händen herum. Beauty stand vor dem Bett und schien
nachzudenken. Doch dann entschloss sie sich das Korsett anzulegen. Es dauerte
eine Weile, bis sie endlich das Korsett am Körper anlegen konnte. Das Korsett
war wirklich steif. Es fühlte sich an, als ob sie ein aus stabilem Holz
gefertigtes Kleidungsstück tragen würde. Der untere Teil des Korsett bestand aus
vier Teilen, damit es besser auf den Hüften aufliegen konnte. Der Rückenteil des
Korsetts reichte viel weiter nach Oben, als das Vorderteil. Vorne war das
Korsett so geformt, dass ein Großteil des Brustkorbs unbedeckt bleiben würde.
Beauty entdeckte Schulterriemen, welche hinten festgemacht werden müssten. Das
Korsett sah aus, als ob es für jemanden angefertigt worden war, der die gleiche
Größe wie Beauty hatte. Trotzdem war das Korsett wirklich unhandlich. Beauty
stand vor dem Spiegele und brauchte eine Weile, bis sie wusste, wie sie das
Korsett richtig tragen könnte. Das Korsett musste geschnürt werden, damit es
richtig saß!
Beauty schalt sich einen Dummkopf, weil sie so lange gebraucht hatte um zu jener
Erkenntnis zu gelangen. Doch nun wusste sie was sie machen musste und nahm die
Korsettschnur in die Hände. Sie stellte sich seitwärts vor den Spiegel, damit
sie ihre Hände sehen konnte. Dann begann sie das Korsett zu schnüren. Sie packte
die Korsettschnur und begann daran zu ziehen. Aber sie bemerkte sofort, dass sie
so nicht das Korsett zuschnüren konnte. Das Gewand war definitiv nicht entworfen
worden, um von einer Person mit herumfummelnden Händen getragen zu werden. Sie
würde jemand brauchen, der das Korsett zuschnüren würde. Beauty schaute
enttäuscht drein, denn sie wusste dass es niemand gab, der ihr helfen könnte.
Sie wagte nicht daran zu denken die Bestie in den Raum zu bitten, da sie nicht
vollständig bekleidet war. Sie schaute in den Spiegel und überlegte was sie tun
könnte. Sie wollte unbedingt zum Abendessen jenes Kleid tragen, und dafür musste
sie das Korsett tragen. Beauty erwog das Korsett so zu belassen, wie es gerade
war. Aber sie wusste, dass die Bestie es bemerken würde und sie für wirklich
rücksichtslos halten könnte. Schließlich seufzte sie, ließ die Korsettschnur los
und die Arme kraftlos an den Seiten ihren Körper hängen.
Beauty sagte zu ihrem Spiegelbild: „Ich wünschte mir, dass dieses Korsett sich
von allein schnüren könnte.“
Kaum hatte Beauty ihren Wunsch ausgesprochen, vernahm sie ein Geräusch. Sie
wusste nicht woher es kam oder was es wirklich war. Es klang fast wie die
gezupften Saiten einer Harfe. Es klang aber auch wie rauschender Sand einer
Sanduhr. Beauty kippte ihren Kopf ein wenig zur Seite, um zu hören woher der
Harfenklang her kam. Doch da wurde ihre Aufmerksamkeit schnell auf etwas anderes
gelenkt. Sie fühlte einen zunehmenden Druck an den Seiten.
Beauty schaute nach unten und dann in den Spiegel. Da sah sie eine Bewegung. Das
Korsett wurde langsam enger! Beauty stand bewegungslos vor dem Spiegel. Sie
begriff nicht, wie ein unbelebter Gegenstand plötzlich lebendig werden konnte.
Beauty stand zwar noch ein wenig unter Schock, da sich das Korsett von alleine
bewegte, aber sie hörte etwas hinter ihr. Sie drehte sich um und sah nichts, nur
das Bett. Alles schien unverändert geblieben zu sein. Das Geräusch war aber
immer noch vorhanden, es kam nur von der anderen Seite des Raums. Beauty drehte
sich schnell um, sah aber wieder nicht die Ursache des Geräuschs. Es hörte sich
wie ein Knarren oder Sägen an. Beauty war verblüfft und wollte unbedingt die
Ursache des Geräuschs ergründen, doch da sah sie ihr Spiegelbild. Die
Korsettschnur kroch langsam durch die vielen Schnürösen. Beauty stellte sich so
hin, dass sie ihren Rücken besser sehen konnte. Tatsächlich! Die Korsettschnur
bewegte sich! Das Korsett wurde geschnürt, als ob unsichtbare Hände an der
Korsettschnur zogen.
Beauty hätte gerne noch länger gebannt auf die Korsettschnur gestarrt, wären da
nicht die anderen Gefühle gewesen, welche mit zunehmender Einengung ihres
Körpers stärker wurden. Das Korsett hatte aufgehört sich zu bewegen, da die
Lücke zwischen den Schnürleisten geschlossen war. Beautys Körper, vielmehr ihre
Taille, war zusammen gedrückt worden. Jenes Gefühl überraschte Beauty. Sie war
aber auch davon begeistert. Von den Brüsten bis zur Taille war jener
unglaubliche Druck zu spüren. Es war ein sanfter Druck, der an der Taille am
Stärksten war. Beauty schaute erstaunt in den Spiegel. Sie hatte eine Sanduhr-
Figur bekommen. Die nach oben gedrückten Brüste verstärkten nur den Anblick
ihrer nun künstlich wirkenden Figur.
Beauty kehrte zu den restlichen Kleidungsstücken zurück. Auf dem Bett lagen
immer noch das Oberteil, der Reifrock und die Schuhe. Sie zog das Oberteil an,
konnte es aber nicht schließen. Schließlich fragte sie zögernd: „Kannst du dich
bitte schließen?“
Kaum hatte sie die Bitte geäußert, schloss sich das Oberteil und lag hauteng an
ihrem Oberkörper an. Die prächtigen Rüschen umrahmten einen prachtvoll heraus
gedrückten Busen, und waren mit Goldfäden durchwirkt. Es sah einfach großartig
aus.
Dann war der Reifrock an der Reihe. Er passte vorzüglich zu den anderen Sachen.
Was auch immer für ein magischer Bann auf den Kleidern lag, Beauty war rasch
angezogen.
Der Reifrock war cremefarben und mit goldenen Stickereien versehen. Dank des
Metallgestells dehnte sich der Rock zu den Seiten um jeweils einen halben Meter
aus.
Die Schuhe passten farblich zu dem Rock und hatten ebenfalls goldenes Dekor. Die
Absätze waren fünf Zentimeter hoch. Beauty war ein wenig nervös, da sie noch nie
Schuhe mit hohen Absätzen getragen hatte. Nachdem sie die Schuhe angezogen
hatte, trippelte sie unsicher in dem Raum herum und versuchte ihr Gleichgewicht
zu halten.
Nun war sie komplett umgezogen und betrachtete sich in dem großen Spiegel.
Sie war überrascht, denn sie sah sehr schön und edel in jenen Kleidungsstücken
aus. Sie bewunderte ihr Spiegelbild. Doch dann seufzte sie und sagte: „Ich
sterbe immerhin elegant aussehend.“
Sie verließ das Zimmer und ging zum Esszimmer, denn die Abendessenszeit hatte
sich rasch genähert.
Als sie das Esszimmer betrat, war das Monster nicht anwesend. Stattdessen,
fand sie einen reich gedeckten Tisch vor, mit den unterschiedlichsten Arten von
Nahrung. Sie gab eine Vielfalt von Fleischgerichten, allerlei bekannte und
unbekannte Früchte, Suppen und wunderbare Desserts.
Beauty näherte sich vorsichtig dem Tisch und überlegte, ob sie beginnen sollte
zu essen. Sie zögerte, doch ihr plötzlich auftretender Hunger war stärker als
ihr Willen. Und ehe sich Beauty versah, saß sie schon am Tisch und aß.
Das Essen war einfach köstlich. Beauty konnte aber nur einen Bruchteil davon
genießen, da ihr Korsett sie unbarmherzig daran hinderte sich den Bauch voll zu
schlagen. So versuchte Beauty wenigstens von Allem etwas zu probieren, aber die
Auswahl war viel zu groß.
Da hörte sie etwas und schaute sich um. In der Ecke stand das Monster.
Beauty fragte sich, ob es schon die ganze Zeit dort gestanden hatte, oder ob der
Reiz des köstlichen Abendmahls sie zu sehr abgelenkt hatte. Sie wusste es nicht
und konnte nur raten. Doch nun, da sie gegessen hatte, war es Zeit, von dem
Monster gefressen zu werden.
„Hat es ihnen geschmeckt?“
„Ja, sehr. Ich denke nur, dass dieses Korsett mein Appetit stark reduziert hat.
Jedenfalls hat es mir sehr gut geschmeckt.“
„Dann wird ihr nächstes Abendessen diesem gleichen.“
Beauty war überrascht. Nächstes Abendessen? Sie hatte erwartet, dass dies ihr
letztes Abendessen gewesen wäre. So sagte sie: „Ich verstehe nicht, mein Herr.“
Das Geschöpf drehte seinen Kopf und verzog sein Gesicht wegen ihrer Frage zu
einer Grimasse. „Nennen sie mich nicht ‚mein Herr’, einfach nur Bestie. Nennen
sie mich Bestie.“
„Oh, ich bitte um Entschuldigung, mein He... Bestie. Ich möchte noch gerne
wissen, was sie mit ‚nächstes Abendessen’ meinen. Ich hatte gedacht, dass dies
mein Allerletztes sei. Ich möchte mich nicht beklagen. Bitte verstehen sie, ich
bin allerdings wirklich neugierig. Sie müssen wissen dass ich in dem Glauben bin
hier her gebracht worden zu sein, um anstelle meines Vaters zu sterben.“
„Sie werden nicht getötet werden. Sie bleiben nur an seiner Stelle hier. Ich
werde alles besorgen was sie benötigen. Sie können um jede erdenkliche
Mahlzeiten bitten, was auch immer ihnen gefällt. Sie können alle Zimmer des
Schlosses betreten. Sie können in meinen Büchern lesen. Sie können alles tun was
sie wollen, solange es in diesem Schloss geschieht. Ich habe nur eine Bitte.“
Beauty glaubte fast ihr Herz würde aus dem Kleid heraus springen. Vielleicht lag
es daran, dass sie gerade erfahren hatte nicht sterben zu müssen. Vielleicht lag
es aber auch nur an dem enormen Druck des Korsetts. Sie durfte jedenfalls
weiterleben. Ihr Atem beschleunigte sich und veranlasste, dass ihr Busen sich
heftig anhob.
„Was für eine Bitte haben sie?“
„Ich möchte, dass sie während ihres Aufenthalts jene Kleider tragen, die sie in
ihrer Garderobe vorfinden.“
Ihr Leben blieb also solange verschont, wie sie jene hübschen Kleider trug?
Beauty war begeistert das zu hören und antwortete ohne zu überlegen: „Natürlich!
Das werde ich!“
Ihr Busen hob und senkte sich vor Aufregung noch mehr, und es war klar dass dies
der Bestie nicht entgehen konnte.
Die nächsten Monate gingen wirklich schnell vorbei. Jeden Tag sorgte Bestie für ein angenehmes Frühstück, Mittag- und Abendessen. Bestie erschien aber nur zum Abendessen. Mit der Zeit gewöhnet sich Beauty an seine groteske körperliche Form und fürchtete sich nicht mehr vor ihm. Die Gespräche wurden schließlich länger und länger, und so innig, dass Beauty ihn als einen vertrauten Freund ansah. Das stellte Beauty vor ein Problem, denn sie hatte nur während des Abendessens Gelegenheit mit ihm zu sprechen. Bestie war den ganzen Tag über unauffindbar. Beauty fragte Bestie wohin er stets nach dem Abendessen ging, bekam aber keine Antwort. Ein paar Mal durchsuchte Beauty während es Tages das ganze Schloss, fand aber nur leere Räume vor.
Beauty verbrachte die meisten Tage damit, indem sie die verschiedenen Vorzüge
des Schlosses nutzte. Sie fand viele interessante Bücher sowohl in ihren Raum,
als auch in der Bibliothek. Sie spielte auch oft auf dem Cembalo, während sie
aus dem Fenster hinaus in den sonnigen Himmel schaute. Beauty ging jeden Tag in
den Garten und genoss die frische Luft, sowie den Duft der vielen schönen
Blumen. Sie atmete den Duft tief ein, jedenfalls so tief, wie es ihr das Korsett
zuließ.
Beautys Zustimmung jene Kleidungsstücke zu tragen, welche in ihrem Zimmer waren,
hieß natürlich dass sie jeden Tag ein enges Korsett und einen riesigen Reifrock
tragen musste. Die Kleider waren manchmal lästig, doch sie waren auch sehr
schön. Beautys Garderobe schien immer neue und gänzlich unterschiedliche Kleider
für sie zu enthalten. So hatte sie stets eine große Auswahl. Zum Glück war die
Kleidung mit einer gewissen Magie behaftet, sonst hätte sie nie diese einengende
Kleidung alleine anziehen können.
Es gab ein besonderes Kleid, das die ganze Zeit während ihres Aufenthalts in der Garderobe hing. Beauty hatte es sich oft angesehen, aber niemals versucht es zu tragen. Der Grund lag an der Taille. Das Kleid war dort so eng, dass es dort im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend war. Zwischen all den Korsetts, welche für Beauty bestimmt waren, lag ein silberfarbenes Korsett. Jenes Korsett schien das geeignete Korsett für das besondere Kleid zu sein. Beauty war sich aber auch bewusst, dass die Maße jenes Korsetts von ihren Körpermaßen weit entfernt waren, obwohl sie Tag für Tag ein Korsett trug.
Mit der Zeit bemerkte Beauty zu ihrer eigenen Überraschung, dass sie sich an die tägliche Taillenreduzierung gewöhnt hatte. Und das, obwohl sie ebenfalls erkannt hatte, dass ihre Korsetts langsam aber kontinuierlich enger geworden waren. Als sie begonnen hatte in dem Schloss zu leben, hatte sie ein halbes Dutzend Korsetts in verschiedenen Farben. Alle waren reichlich mit Spitze und Ornamenten verziert gewesen und sahen sehr hübsch aus. Nach einigen Wochen hatte sie aber festgestellt, dass die Korsetts irgendwie enger geworden waren. Als sie ein Maßband gefunden hatte, wurde ihre Ahnung bestätigt. Die Taillenmaße waren kleiner geworden. Als Beauty das erste Korsett getragen hatte, betrug ihr natürlicher Taillenumfang 60 Zentimeter, und das erste Korsett hatte ihren Taillenumfang auf 52 Zentimeter reduziert. Die Wochen und Monate waren vergangen, und eines Morgens maß Beauty einen Taillenumfang von 45 Zentimeter. Sie war sehr erstaunt gewesen und machte sich ein kleines Bisschen Sorgen, musste aber zugeben, dass die Wirkung auf ihre Figur unglaublich gewesen war. Ihre Taille schien wahrlich sehr klein zu sein. Verglichen mit den weiten Reifröcken und dem in die Höhe getriebenem Busen erschien ihre Taille geradezu winzig.
Eines Nachmittags trug Beauty ein hübsches Aprikosenkleid, und spielte auf
ihrem Cembalo. Das Fenster ihres Raumes war offen, und eine warme Brise erfüllte
den Raum mit dem Geruch von Blumen. Der Anblick des Himmels inspirierte sie beim
Musizieren. Und so erklang unter Beautys zarten Fingern ein herrliches
Musikstück. Um ihren Sitz waren die vielen Falten des Kleides verteilt, sodass
der Stuhl gänzlich im Verborgenen blieb.
Die beruhigenden Klänge ihrer Musik veranlassten Beauty einen Seufzer von sich
zu geben, so gut es jedenfalls trotz des 45-Zentimeter-Korsetts ging.
Diesem Seufzer folgte ein Klopfen an der Tür. Beauty wäre fast vor Schreck
aufgesprungen. Sie hatte sich daran gewöhnt tagsüber alleine zu sein. So war ein
Besuch um diese Uhrzeit wahrlich eine Überraschung. Sie war aber dennoch
erfreut, denn Beauty wusste wer es nur sein konnte. Sie rief mit melodiös
klingender Stimme: „Kommen sie bitte herein!“
Die Tür öffnete sich langsam und Bestie trat sichtlich zögernd ein. Beauty
empfand es als Amüsierend, da dies doch sein eigenes Schloss war.
„Bestie! Ich bin so froh, sie hier zu sehen. Kommen sie doch bitte herein.
Setzen sie sich!“
Bestie schien glücklich über ihre Bitte zu sein und trat ein. Bestie setzte sich
gegenüber Beauty hin und lächelte. Es war ein Lächeln, das jeden anderen Angst
und Schrecken eingejagt hätte, aber Beauty wusste um die Aufrichtigkeit, die
hinter seinem Lächeln stand.
„Sie spielen sehr schöne Musik.“
Beauty errötete aufgrund des Kompliments. „Ich danke ihnen. Ich hoffe, dass sie
nicht zu mir kamen, um mich zu meiner Musik zu gratulieren.“
Bestie schien zu hüsteln und schüttelte seinen Kopf. „Nein, wissen sie, ich...
äh...“ Er schaute nach unten auf seine Füße und schien sich zu konzentrieren.
„Ich habe etwas, das ich ihnen sagen will.“
„Oh.“ Beauty hatte keine Ahnung was er sagen wollte, wusste aber dass es sehr
wichtig war. Sie drehte sich von ihrem Cembalo weg, und gab ihm so ihre volle
Aufmerksamkeit. „Was ist denn so wichtig, dass sie mir sagen möchten?“
Ihre Frage war eigentlich so gemeint, dass er leichter antworten könnte, doch
genau das Gegenteil war eingetreten. Bestie schien noch aufgeregter zu sein.
„Also ich...“ Bestie musste sich beruhigen. Und einem plötzlich Impuls folgend
nahm er ihre Hand in die seinen.
Die Atmung von Beauty beschleunigte sich, als ihre Hand in den riesigen Klauen
von Bestie lag. Sie wusste nicht genau, warum dies solche Gefühle in ihr
verursachte, aber es geschah. Beauty rang nach Luft. Dadurch wurde ihr Busen
noch schneller und noch heftiger bewegt.
Der Anblick des sich heftig auf und ab bewegenden weiblichen Oberkörpers, so nah
vor seinem Gesicht, lenkte Bestie kurz ab. Dann hüstelte er erneut. Er war
sichtlich verlegen, als er den wirklich beeindruckenden Busen von Beauty
betrachtete. Sobald er seine Fassung wiedererlangt hatte, fuhr er fort zu sagen:
„Beauty, sie bedeuten mir mehr als alles in der Welt. Ich kümmere mich um sie,
und sie danken es mir wie einen alten Freund. Deswegen habe ich beschlossen dass
sie wieder nach Hause gehen dürfen. Alles, um das ich sie bitte, ist ein Tanz.
Ein einziger Tanz mit mir, und sie tragen dabei das silberne Kleid aus ihrer
Garderobe.“
Diese Aussage war sehr überraschend, und so herrlich für die heimwehkranken
Ohren von Beauty, dass ihr Busen sich noch heftiger auf und ab bewegte. Nach
Hause! Sie würde bald ihren geliebten Vater wieder sehen. Es würde eine
Wiedervereinigung geben, wie sie erst vor kurzem mit offenen Augen geträumt
hatte. Sie war sicher, dass ihr Vater ihre Sorgfalt und Hingabe benötigte. Es
war alles wirklich spannend. Aber dann dachte sie an Bestie. Wenn sie nach Hause
zurück käme, würde sie ihn verlassen, um er müsste wieder ein einsames Leben in
dem Schloss führen. So sehr sie ihren Vater vermisste und sich verzweifelt
wünschte nach Hause zurückzukommen, wollte sie Bestie nicht verlassen. Ihr Herz
fühlte sich hin und her gerissen.
„Bestie... Ich schätze ihr Angebot. Ich frage mich jedoch, was sie in meiner
Abwesenheit tun werden.“
„Was ich tun werde?“
„Ja, wenn ich nach Hause zurückkommen sollte, ließe ich sie allein in diesem
Schloss. Ich möchte das nicht tun. Sie sind mein Freund und ich werde sie nicht
verlassen.“
Bestie schien als Antwort zu lächeln. Sicherlich, das Herz in seinem Brustkorb,
schwarz oder nicht, wurde von ihrem Angebot berührt. „Beauty, ich möchte sie
nicht hier behalten. Es gibt keinen Grund sich um ein Monster, wie ich es bin,
Sorgen zu machen. Ich habe in diesem Schloss schon viele Jahre alleine gelebt.
Ich werde es also fortfahren.“
„Ich möchte aber nicht dass sie alleine in diesem Schloss leben, Bestie.
Vielleicht könnten sie mitkommen und im Haus meines Vaters wohnen?“
Bestie schnaubte über diesem Vorschlag, aber mehr vor Traurigkeit als vor
Verachtung. „Es ist eine liebenswürdige Angebot, Beauty, aber ich kann nicht...“
Beauty unterbrach ihn voller Eifer: „Wenn sie Angst haben, mein Vater würde es
ihnen nicht erlauben, dann brauchen sie sich keine Sorgen machen. Ich bin
sicher...“
„Beauty, bitte...“
„...dass er meiner Meinung ist. Er ist sehr nett und...“
„Sie verstehen es nicht...“
„...da sie mir erlaubt haben zu gehen, wäre er ihnen sehr dankbar...“
„GENUG!!“ Das war mehr ein Gebrüll als ein Ruf. Die Frustrationen der Bestie
kamen wieder zum Vorschein und sein Gesicht nahm die furchterregendsten Merkmale
an. Das reichte, um Beauty zum Schweigen zu bringen. Sie saß unbeweglich da und
starrte ihn an. Sie konnte nur voller Ohnmacht zuschauen, wie er vor Wut das
Cembalo gegen die Wand warf. Das Musikinstrument zerbrach in viele kleine Teile.
Bestie stürmte hinaus. Er lief mit dem Kopf gegen die gegenüberliegende Wand des
Korridors und sackte laut schnaubend zusammen.
Beauty blieb für einige Minuten sitzen. Das Schock jener Szene verblasste
langsam. Sie fühlte sich schlecht, weil ihr Übereifer seinen Zorn hervorgerufen
hatte. Ein Zornausbruch, den sie bei ihm noch nie erlebt hatte. Sie stand
langsam auf. Das geschah teilweise wegen der besonderen Situation, aber auch
aufgrund dessen, weil sie ein eng geschnürtes Korsett trug. Sie ging langsam
dort hin, wo Bestie vor der Wand lag. Das laute klackern der Absätze verriet
ihre Absicht.
Bestie rollte sich zusammen.
„Bestie?“
Er zuckte bei der Erwähnung seines Namens zusammen. Es war klar, dass kein Zorn
mehr seine Bewegung dominierte, sondern Scham.
„Bestie? Es tut mir so Leid...“
„Es ist meine Schuld. Ich bin derjenige, der den Wutausbruch gehabt hat. Ich
hatte geglaubt, dass ich es beherrschen könnte, aber ich hatte Unrecht. Jetzt
sehen sie hoffentlich ein, warum sie gehen müssen, Beauty. Mir kann man nicht
vertrauen.“
„Wenn es das ist, was sie fühlen, Bestie, werde ich gehen. Aber bevor ich gehe,
werden wir noch den gewünschten Tanz machen.“
Eine Bewegung des Kopfes der Bestie enthüllte seine roten Augen. In ihnen war
ein Hoffnungsschimmer zu sehen. Bestie fragte: „Das werden sie?“
„Natürlich werde ich es tun! Ich muss mich aber vorher umziehen.“
Beauty betrat voller Sorge ihr Schlafzimmer. Bestie würde sie unten im
Ballsaal im Silberkostüm und Korsett erwarten. Sie hatte ihm versprochen, dass
sie mit ihm in dieser Ausstattung tanzen würde. Eine gute Person hielt immer
ihre Versprechen, besonders gegenüber Freunden. Beauty zog sich mit festem
Willen aus und nahm das silberne Korsett aus der Garderobe heraus. Es war ein
Korsett, welches man nicht beschreiben konnte. Es war wegen der unzähligen
Korsettstäbe sehr steif, und dennoch sehr schön, da es wunderbar verziert war.
Beauty legte sich das Korsett schnell um ihre Taille und ging zu einem der
langen Bettpfosten.
Beauty trat, nur mit dem Unterkleid und dem Korsett bekleidet, an den stabilen
Bettpfosten heran und schlang ihre Hände darum. Sie wusste, dass jenes Korsett
unbarmherzig sein würde. Das Korsett musste dennoch geschnürt werden, obwohl es
sich schon im lockeren Zustand bedrohlich anfühlte. Das Korsett war so steif,
dass es eher einer Rüstung glich, als einem Gewand. Beautys Taille fühlte schon
heftigen Druck, der von allen Seiten kam, während ihr Busen der einzigen
Fluchtmöglichkeit nachkam: Nach Oben!
Beauty brauchte einen Moment um tief ein und auszuatmen, und vor allen Dingen um
Mut zu schöpfen. Das sollten die letzten ungestörten Atemzüge sein.
„Schnüre mich!“
Zuerst fühlte und hörte Beauty nichts und fragte sich, ob sie den Befehl
wiederholen sollte. Doch dann vernahm sie das Geräusch der Korsettschnur, welche
langsam durch die Ösen glitt. Das Korsett begann zu knarren, als es immer enger
geschnürt wurde. Das Silberbrokatgewand schloss sich um ihre Taille. Während die
Korsettschnur gleichmäßig durch die Ösen glitt, dachte Beauty über der Lage
nach. Ein wunderbares Zauber-Korsett schnürte sich um ihre Taille. Schon fing
ihre Taille an, den Druck zu fühlen. Das Korsett begann jenen leicht formbaren
Teil ihres Körpers einzuengen. Beauty hatte sich an die anstrengenden Korsetts
während ihres Aufenthaltes im Schloss der Bestie gewöhnt. Sie hatte sich sogar
an die spektakuläre Wirkung gewöhnt, die sich beim Schnüren in ihrem Körper
aufbaute. Um die Wahrheit zu sagen: Sie genoss die Eleganz der Kostüme, die sie
tragen konnte. Allerdings war sie sich noch ungewiss, ob sie den Beschluss
bereuen sollte, jenes äußerst anspruchsvolle Korsett tragen zu können.
Inzwischen hatte die feste Umarmung des Korsetts ihre Taille stark verändert.
Jede Minute, die vorbei ging, nahm ihr etwas von dem Taillenumfang und ließ ihre
Taille immer schmaler aussehen. Diese Wirkung wurde von dem Fleisch, welches
verschoben wurde, nur vergrößert. Mit zunehmendem Druck wurde Beautys Fleisch
gezwungen dorthin zu gehen, wo der Druck noch nicht so groß war. Das untere
Gewebe wurde zu den Hüften gezwungen, während der Busen immer weiter nach oben
gedrückt wurde.
Schließlich hatte das Korsett die bisherige Taillenabmessung erreicht und fuhr
fort immer enger zu werden. Der verbliebene Raum im Taillenbereich wurde ständig
kleiner. Die Beengung wurde größer und das Brokatkorsett trieb Beauty beinahe
bis zur Panik.
Da hörte die Korsettschnur auf sich zu bewegen. Das geschah genau im richtigen
Moment, denn Beauty war einer Ohnmacht nicht mehr fern. Das Korsett hatte ihre
Taille bis auf unglaubliche 40 Zentimeter geschnürt. Beautys Taille hatte noch
nie einen derart starken Druck aushalten müssen. Sie hatte auch noch nie eine
derart starke Luftknappheit erlitten.
Als Beauty nach unten schaute, war sie schockiert. Sie sah, dass ihr Busen eine
Form jenseits ihrer Vorstellung übernommen hatte. Ihr weibliches Fleisch war von
dem heftigen Druck des Korsetts zu einer Größe in die Höhe getrieben worden, die
sie normalerweise nie hatte. Dennoch waren sie dort, zusammen gepresst und gen
Himmel gedrückt. Bei jedem kleinen Atemzug, mehr konnte sie nicht vollbringen,
wurde ihr Busen hoch gewuchtet, als ob er jeden Moment oben aus dem Korsett
herausspringen wollte.
Beauty ließ den Bettpfosten los und schaute in den Spiegel. Dort sah sie erst
das wahre Ausmaß ihrer Taillenreduzierung. Es sah einfach unglaublich aus, als
ob sie drohte jeden Moment in der Mitte auseinander zu brechen. Sie wusste zwar
dass dies nicht möglich war, aber es sah dennoch beunruhigend aus. Das Korsett
hatte auf äußerst dramatische Art und Weise ihren Körper verändert. Beauty stand
sehr gerade da. Sie hatte nun eine echte Sanduhrfigur. Beauty war sich sicher,
dass der weite Rock diesen Kontrast nur verstärken würde.
Beauty sprach die entsprechenden Worte, und schon legte sich ein schönes
Silber- glänzendes Oberteil um ihren Körper. Die vielen Spitzen waren mit
silbernen Fäden angenäht und durchwirkt. Das gestickte Abbild einer Rose bildete
den Mittelpunkt und war von zahlreichen gestickten Blättern umgeben. Die
täuschend echt aussehende Rose glitzerte im Sonnenschein. Schöne weiße Spitzen
dekorierten die Ränder des Oberteils und die kurzen Ärmel endeten in einer
wahren Explosion von Spitze.
Dann legte sich ein riesiges Gerippe aus Silbermetall um ihre Taille und
Unterkörper. Beauty war erstaunt, weil es auf jeder Seite gut eineinhalb Meter
abstand! Damit konnte man nur durch die Türen des Ballsaals gehen. Bei all den
anderen Türen müsste sie seitwärts versuchen hindurch zu kommen. Es legten sich
ein Dutzend Unterröcke über das Gestell, bis endlich der Rock an der Reihe war.
Das Gewicht auf Beautys Hüften war enorm. Der Rock war natürlich ebenfalls in
jener Silberfarbe gehalten und sah wegen der vielen Stickereien unglaublich
schön aus. Nachdem der Reifrock angelegt war, fehlten nur noch die Schuhe.
Die Schuhe waren mit einer brillanten Silberseide verziert. Beauty entdeckte
sehr weibliche Schleifchen. Die Absätze der Schuhe waren wirklich hoch. Beauty
schätzte sie auf 12, oder vielleicht sogar 15 Zentimeter. Die Absätze sahen sehr
dünn aus, und Beauty machten sich Sorgen dass sie abbrechen könnten. Beauty war
sich nicht sicher, ob sie jene Schuhe tragen wollte, da die Zehen, wegen der
steilen Fußhaltung und der besonderen Schuhform, sehr stark zusammengedrückt
werden würden. Aber sie musste jene Schuhe für Bestie tragen. Beautys starker
Sinn für Treue und Freundschaft zwang sie dazu. Die Schuhe waren sehr schön und
sollten wirklich gut passen.
Beauty ging also zu den Schuhen hinüber und streckte ihren rechten Fuß aus, um
den Schuh zu ertasten. Jenes Vorgehen lag nicht darin dass Beauty ein besonders
vorsichtiges Mädchen war, sondern daran dass sie wegen des Kleids nicht den
Fußboden vor ihr sehen konnte. Doch dann hatte sie den Schuh gefunden und schob
ihren Fuß hinein. Sie fühlte, wie ihre Zehen von dem Schuh sanft
zusammengedrückt wurden, aber es war auszuhalten. Dann suchte sie mit dem linken
Fuß den anderen Schuh.
Nun war allerdings doch extreme Vorsicht angesagt, denn Beautys Gleichgewicht
war vom unsicher stehenden rechten Fuß abhängig, der bereits in einem Schuh mit
15 Zentimeter hohem Absatz stand.
Schließlich fand sie den Schuh, und schob ihren Fuß hinein.
Beauty stand ein paar Minuten lang auf der Stelle, damit sich ihre Füße an den
eingeschränkten Raum gewöhnen konnten. Dann machte Beauty die ersten
Gehversuche.
Als sie ihre ersten vorsichtigen Schritte machte, verstand sie, wie schwierig es
war damit längere Wege zurückzulegen. Da ihre Bewegung bereits von dem steifen
Korsett und dem Reifrock behindert wurde, war sie gezwungen besonders vorsichtig
zu gehen. Beauty ging in ihrem Zimmer auf und ab. Die ersten Schritte waren
unglaublich langsam und unsicher. Dann wurde sie immer sicherer und gewann
Vertrauen in sich und in die Schuhe. Schließlich konnte sie sich ganz gut
vorwärts bewegen, obwohl sie hin und wieder fast stolperte.
Beauty ging zu ihrer Frisierkommode und schaute in den Spiegel. Sie
betrachtete ihr Spiegelbild. Ihr langes braunes Haar fiel an den Seiten über die
Schultern und teilte sich dort. Vorne kam es neben den Brüsten zu liegen, und
hinten reichte es bis zur Taille. Beauty schaute sich die vielen
Frisierwerkzeuge an und überlegte.
Dann sagte sie: „Seid so gut und kümmert euch um mein Haar.“
Ihre feste Stimme klang fast wie ein Befehl.
In die auf dem Tisch liegenden Werkzeuge kam Leben hinein und dann begannen sie
Beautys Haar zu frisieren. Eine Kristallglassprühflasche kreiste um ihren Kopf
herum und machte das Haare feucht. Eine Bürste und ein Kamm arbeiteten gemeinsam
an dem lockigen Haar. Ein paar Locken durften über ihren Schultern fallen,
während der Rest nach oben toupiert wurde. Haarnadeln hielten die Frisur
hochgesteckt. Einige künstliche Blumen wurden ihrem Haar hinzugefügt. Die Blumen
glichen Rosen, hatten aber die die charakteristische Farbe Silber.
„Jetzt bitte pudern.“
Der Behälter mit Gesichtspuder näherte sich, und ein Wattebausch tupften sanft
den Puder auf Beautys Gesicht. Beauty betrachtete sich währenddessen im Spiegel
und sah wie ihre rötlichen Wangen langsam immer blasser wurden. Dann wurden zwei
kleine schwarze Schönheitspunkte auf ihrem Gesicht aufgemalt.
Beauty nahm ein zartes silberfarbenes Halstuch und wickelte es fest um ihren
Hals.
Sie blieb kurz vor der Frisierkommode stehen, bis sie sich langsam davon
abwandte.
Sie war bereit.
Ihre Kleidung und das Aussehen waren vollständig. Sie hatte das klassische
blasse Gesicht. Dann ging sie zu dem großen Spiegel. Der Anblick war
atemberaubend. So konnte man nur aussehen, wenn man in einem wahrlich engen
Korsett geschnürt worden war.
Beauty war zu einer wahren Schönheit verwandelt worden. Sie sah nicht mehr wie
das junge und hübsche Mädchen aus, welches sie gewesen war als sie im Schloss
ankam. Sie sah nun vielmehr wie eine reife und entzückende Frau aus. Beauty
konnte nun mit jenen Damen konkurrieren, die auf den Gemälden des Schlosses
abgebildet waren. Wäre sie eine Generation früher geboren worden, hätte sie sich
zu den anderen modischen Damen dazu gesellen können. Es gab aber einen nicht zu
übersehenden Unterschied. Ihre Taille war viel schmaler!
Beauty schaute ein letztes Mal in den Spiegel. Dann drehte sie sich um und
verließ das Zimmer. Sie hatte einen wichtigen Tanz vor sich.
Das Klackern hoher Absätze hallte durch den langen Korridor. Bestie drehte
sich herum, um die Treppe hinauf zu schauen. Das Herz in seinem ungeheuren
Körper begann schneller zu schlagen. Bald würde er Beauty sehen können. Er war
sich sicher, dass wenn sie das Kleid tragen würde, ihre körperliche Schönheit
nur noch mit ihrer reinen Seele konkurrieren würde. Bestie trat nervös von einem
Bein auf das andere. Normalerweise trug er nur eine einfache Hose und ein
schlichtes Hemd. Doch nun hatte er wegen des besonderen Anlasses beschlossen die
Kleidung eines Schlossherrn zu tragen. Er trug einen grünen Wollmantel mit
Goldbortenrändern. Eine lange Reihe von beeindruckenden Goldknöpfen reichte bis
ganz unten. Eine bestickte Satinweste bedeckte seine grobe Haut. Die Hosenbeine
der grünen Woll- Hose steckten unten in Lederstiefeln mit Metallschnallen. Auf
dem Kopf saß ein großer schwarzer Hut.
Als er sich umgezogen hatte, fühlte er in seinem Herz jenen furchtbaren Schmerz,
den sein Zornesausbruch verursacht hatte. Er beschloss den dadurch verursachten
Schaden wieder gut zu machen.
Der Klang von Beautys Absätzen kam immer näher. Ihr Rhythmus war ein
langsames aber gleichmäßiges Klack- Klack... Klack- Klack... Klack- Klack...
Bestie hätte schwören können, dass sein Herz begann sich dem Rhythmus der Schuhe
anzupassen. Schließlich war ein Schatten an der Wand zu sehen, weil alle Kerzen
die Räumlichkeiten hell erleuchteten.
Sie war vollkommen unglaublich. Während seiner ganzen Existenz hatte Bestie keine derart hübsche Figur gesehen wie jene, welche oben an der Treppe stand. Das Licht reflektierte sich in dem Silberkleid, wodurch jede nur anwesende Person noch stärker auf die wunderschöne Person aufmerksam gemacht wurde. War das Kleid schon verlockend, so war die Frau darin noch begehrenswerter. Sie verdiente wahrlich den Namen ‚Beauty’.
Sie sah ihn in der Halle stehen und lächelte ihn an. Sie stieg langsam die
Treppe hinunter. Das Treppenhaus war so gebaut worden, dass fünf Männer
gleichzeitig nebeneinander hoch oder runtergehen konnten. Doch nun nahm Beauty
wegen ihrer riesigen Reifrocks fast die ganze Breite ein. Das Kleid reichte
rechts und links so weit hinaus, dass die gesamte Breite fast drei Meter betrug.
Wenn irgendein Kleid den Ruf verdiente viel Raum einzunehmen, dann war es
dieses. Beauty stieg mit würdiger Haltung die Treppe hinunter. Ihr Kleid schien
sich so zu bewegen, als ob es Teil ihres Körpers war. Beauty stieg Schritt für
Schritt, anmutig wirkend, die Treppe hinunter.
Beauty schien in ihrem Kleid eine königliche Ausstrahlung auszusenden. Sie hielt
ihren Kopf aufrecht und ihr Gesicht drückte vollendete Würde aus. Ihre kleinen
zarten Hände lagen vorne auf dem Reifrock. Jede andere junge Frau ihres Alters
hätte wahrscheinlich versucht sich am Treppengeländer fest zu halten. Doch
Beautys Hände blieben die ganze Zeit wo sie waren. Selbst wenn sie versucht
hätte an das Treppengeländer zu gelangen, sie hätte es wegen des breiten
Reifrocks nie geschafft.
Schließlich kam Beauty am unteren Ende der Treppe an. Sie näherte sich ihm. Ihre Bewegungen waren überaus anmutig. Sie blieb vor ihm stehen. Sie war perfekt, ohne jeden Makel. Sie lächelte ihn an. Ihr Gesicht strahlte Wärme und Liebe aus. Sie gab ihm das Gefühl, als ob er niemals vor ihr vor Wut explodiert wäre. Sie reichte ihm ihre glatte und elegante Hand. Er nahm sie in seine riesige und raue Hand. Dann gingen sie gemeinsam zum Ballsaal. Die Türen öffneten sich von alleine und gaben den Blick auf den hell erleuchteten Saal frei.
Beauty hatte den Tanzsaal schon vor mehreren Wochen gesehen. Doch nun sah
alles ganz anders aus. Sie hatte sich nur Tagsüber hinein gewagt. Was sie
gesehen hatte, war eine alte staubige Halle, in der alle Gegenstände und Möbel
mit verstaubten Tüchern abgedeckt waren.
Nun war es aber Abend, und alle Kerzen in dem Ballsaal brannten. Die Tücher
waren entfernt worden, und in den Wandspiegeln spiegelten sich die Kerzen in
einer unendlichen Anzahl wider. Musik erklang, obwohl keine Musiker anwesend
waren.
Sie gingen Hand in Hand zum Mittelpunkt des Ballsaals und stellten sich
gegenüber auf. Wären Zuschauer anwesend gewesen, hätten sie den Anblick absurd
empfunden. Ein großer Ballsaal, in dem sich nur zwei Personen befanden. Eine von
ihnen war ein fürchterliches Geschöpf mit grauer Hautfarbe und Widderhörnern auf
dem Kopf. Die andere war eine äußerst elegante Schönheit mit dem breitesten
Reifrock und der schmalsten Taille des ganzen Landes. Und dann tanzten die
beiden einen Walzer nach dem anderen. Mit jedem weiteren Tanz kamen sie sich
näher.
Obwohl Beauty das Tanzen sichtlich genoss, fühlte sie Traurigkeit in ihrem
Herzen aufsteigen. Sie wusste, dass sie nach diesem Tanz und dieser Nacht die
arme Bestie ganz alleine im Schloss zurücklassen würde. Sie nahm sich vor ihn
hin und wieder zu besuchen, aber das wäre nicht die Lösung des Problems und
alles nur noch schlimmer machen. Ihr sehnlichster Wunsch war ihm irgendwie
helfen zu können.
Als die Nacht fortschritt, lag schließlich ihr Kopf an seinem breiten Brustkorb.
Als Reaktion zog er sie noch fester an sich.
Und bevor sie es wusste, hatte ihr Herz beschlossen für sie zu sprechen. Ihr
Mund äußerste drei hübsche Wörter: „Ich liebe dich.“
Beauty konnte es nicht sofort begreifen, aber etwas hatte sich verändert. Es war wie Eis, das in der Frühjahrssonne schmilzt. Sie bemerkte nur langsam die Veränderung. Sie bemerkte, dass das Gefühl von Bestie an ihrer Wange anders war. Er fühlte sich warm und nicht mehr so rau an. Sie konnte sogar trotz des Korsetts eine Veränderung seiner Hände fühlen. Seine Klauen waren nicht mehr gegenwärtig. Langsam hob sie mit einer großen Ungewissheit ihren Kopf von seinem Brustkorb hoch, und schaute Bestie an.
Der Mann, der vor ihr stand, war nicht wiederzuerkennen. Er hatte breite und starke Schultern. Sein Kinn schien wie von einem der besten Bildhauer gemeißelt zu sein. Er hatte die großartigsten blauen Augen, die Beauty jemals gesehen hatte. Sein dunkles schwarzes Haar war penibel gekämmt. Er war, um nur ein Wort zu sagen, schön.
„Bestie?“
„Beauty!“
„Ich verstehe nicht. Was ist geschehen? Warum haben sie sich verändert?“
„Zurück- verändert, wäre die richtige Beschreibung.“
„Zurück?! Ich bitte um Verzeihung, Bestie, aber sie werden es mir erklären
müssen.“
„Aber sicher. Ich denke, das wird alles erklären. Wie sie sehen, war ich nicht
immer ein schreckliches Monster. Ich war einmal ein Graf gewesen, und dies war
mein Schloss. Ich war allerdings ein ganz anderer Mann. Ich war selbstsüchtig
und egoistisch. Eines Nachts kam eine alte Hexe zu dem Schloss und suchte Schutz
für die Nacht. Ich wies sie mit der geringschätzigsten Ablehnung zurück, die man
sich nur ausdenken konnte. Aus Rache sprach sie einen Fluch aus. Mein Aussehen
sollte mit meiner inneren Einstellung übereinstimmen. Und so wurde ich in eine
scheußliche Bestie transformiert. Die Hexe war eine wahrlich böse Frau, denn sie
sagte, dass der Fluch nur durch eine mich liebende Frau gebrochen werden würde.
So war ich dazu verurteilt als ein Monster alleine in den Wände meines Heimes zu
verweilen.“
„Das ist also der Grund, warum ihr das Schloss nicht verlassen konntet.“
„Das ist richtig. Nachdem ich verflucht wurde, war ich schnell ganz alleine in
diesem Schloss. Ich hatte damals eine Gräfin von bemerkenswerter Schönheit
heiraten wollen. Für sie war jenes Kleid ursprünglich angefertigt worden. Es
hängt auch ein Bild von ihr neben der Treppe. Sie wollte natürlich kein Monster
heiraten. Wer wollte überhaupt ein derart furchterregendes Monster heiraten. Die
Diener verließen mich in Scharen, und bald war ich mit meiner Magie alleine, die
mein neuer Körper besaß. So hatte ich all die Jahre gelebt, bis ihr Vater hier
her kam, und den Rest kennt ihr ja. Als sie sagten, dass sie mich liebten, brach
es den Bann.“
Beauty fühlte voller Stolz ihre Herzenswärme. Sie hatte das wahre Herz des
Monsters gesehen, welches in diesem Schloss wohnte. Und ihrer Güte wurde mit
einem schönen Grafen belohnt.
„Beauty, würden sie mir die Ehre geben meine Gräfin zu sein? Ihr Vater darf in
das Schloss ziehen und bei uns leben. Ich möchte, dass wir für immer glücklich
und zufrieden zusammenleben!“
„Natürlich möchte ich das.“
Und so taten sie es auch. Mit Beauty, als seine Ehefrau, dauerte es nicht lange, und die Menschen strömten wieder in das Schloss des Grafen. Die Diener waren froh einer solch herrlichen, schönen und liebenswürdigen Gräfin zu dienen. Und mit der Zeit kümmerten sie sich auch um die vielen Kinder des glücklichen Paars. Der Graf und die Gräfin empfingen viele Besucher und wurden gleichfalls gern gesehen, wohin auch immer sie reisten.
In den vielen Annalen stand stets geschrieben, welch hübsche Gräfin dort gewohnt hat.
Ende