Latexdame Jannette 'historische' Korsettgeschichten

La Maison Des Poupees

von Dave Potter Copyright ©, 2002

Alle Rechte und weitere Nutzung beim Autor.

Übersetzung: Jannette

Kapitel 19

"Nun liebe Damen, heute ist ein wichtiger Tag in Ihren Leben. Wie Sie alle wissen, sind es nur noch drei Monate bis zum jährlichen La-Maison-des Poupees Ball, und eine sehr wichtige Aufgabe wartet heute auf Ihnen. Ich werde einer jeden von Ihnen einen Katalog der neuesten Pariser Moden reichen. Aus diesem Katalog müssen Sie für sich ein Reisekostüm und ein Ballkleid wählen."
Die Mädchen waren sehr aufgeregt. Auch wenn man nicht ihren Gesichtsausdruck sehen konnte, war dieses Gefühl in der Luft, und die heftige eingeschränkte Atmung und das Knarren der Korsetts, bestätigte es. Das erste Ballkleid wählen! Welch ein Moment im Leben eines jungen Mädchens! Sogar die einst jungenhafte Arabella Hetherington flatterte vor Aufregung. Waren nicht die Unterrichtungen der letzten sechs Monate genau auf diesen Ball ausgerichtet? Sie blätterte angespannt in dem Katalog, den die Schulvorsteherin ihr auf den Schreibtisch gelegt hatte. Die Schöpfungen waren unglaublich. Immerhin war es 1861 und wann war die Mode üppiger gewesen als in diesem Jahr? Für die Frauen war das jedenfalls gut.
In diesem Moment, zum ersten Mal in ihrem Leben, bedauerte sie die armen Männer, die keine Wahl hatten bei deren verdrießlichen Abendanzügen. Aber sie hatte die Wahl, und was für welche! Die Kleider waren unglaublich. Riesige Menge aus Seide, Taft und Spitze, große Reifröcke, die in unmöglich kleinsten Taillen mündeten, bevor es sich einmal mehr ausdehnte, um die reichlichen Brüste der Modelle hervorzuheben. Alles hatte tiefe Ausschnitte, die Schultern unbedeckt, Porzellanweiße Schultern, die zu einem Porzellanweißen Gesicht mit schlichten Augen und roten Lippen passten. Dicke Haarlocken quollen von den Köpfen der Mädchen herunter, mit Schleifen, Rosen und Juwelen geschmückt. Lange, enge Handschuhe bedeckten ihre kleinen Hände. Ihre Brüste wurden angehoben, damit sie sich mehr als vorteilhaft zeigten. Alle Bilder zeigten himmlische Entwürfe, himmlische Visionen. Eine Vision, von der Arabella gefangen war. Eine bessere Dame, die einen Mann wild vor Verlangen machen konnte. Sie erzitterte bei diesem Gedanken, und eine Hand strich über ihren großen Brüsten. Dann fuhr sie mit ihren Händen zu ihrer Taille, inzwischen nichts mehr als eine elegante Einengung, die sie leicht umfasste. Daumen und Zeigefinger berührten sich ohne Schwierigkeiten. Ja, das könnte sie, die Schönste des Balles sein!
"Wählen Sie mit vorsichtig", mahnte die Schulvorsteherin. "Denken sie daran, das Kleid ist Mittel zum Zweck, mit dem Sie sich anpreisen. Beachten Sie Ihre Merkmale, Haar, Hände, Augen und Brüste. Jene von Ihnen, mit kleineren Brüsten zum Beispiel, sollte nicht versuchen die Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Jene von Ihnen mit blondem Haar sollten besser blaues auswählen und die Hände vom Rot lassen. Welche Farbe haben Ihre Augen, und wie zierlich sind Ihre Hände. All diese Faktoren sind sehr wichtig."
Arabella sah sich die Abbildungen an. Blaues würde zu Blondinen passen, aber ihr Haar war kastanienbraun und ihre Augen waren auch braun. Was passt dazu? Ihre Brüste waren groß und gut geformt, so sollte Sie sie vielleicht betonen. Und ihre Hände? Sie waren sicherlich zierlich, aber waren sie zierlich genug? Sollte sie dieses betonen? Wahrscheinlich nicht. Sie blätterte weiter.
Jenes grüne Kleid war schön, aber es betonte nicht genug den Busen, und war überhaupt grün gut für sie? Und was war mit dem schönen, violetten Kleid? War es besser als Grün oder Rot? Besser vielleicht, aber war es das Beste? Vielleicht nicht. Sie schaute noch mal den Katalog durch.
Und plötzlich sah sie es, ein überragendes Kleid, ein Kleid wie für sie geschaffen. Eine Fantasie aus Spitze und Seide, in einem alle Aufmerksamkeit auf sich ziehenden Pfirsich- Farbton. Ein Traum mit einem unglaublich breiten Reifrock, sehr schönem, ihre gegenwärtige Taille von 35 Zentimeter betonenden Mittelteil, endend mit Rüschen an den Schultern. Der Busen wurde betont, aber nicht so übertrieben wie ‚Frischfleisch’. Die ganze Schöpfung war mit weißen Blumen bedeckt. Wenn man es nur sah, fühlte man sich wie im Himmel, wie sollte es erst sein, wenn man es trug! Das wäre herrlicher als sie sich jemals vorstellen konnte!
"Sie haben eine Wahl getroffen, Justine?" fragte Madame Dorozhkina, die sich ihr gerade genähert hatte, und über ihre linke Schulter sah. Arabella nickte und deutete zum Pfirsichtraum.
"Eine weise Wahl", sagte die Schulvorsteherin langsam, "eine sehr weise Wahl, obwohl, schwierig zu tragen. Eine Taille von vierunddreißig Zentimetern, fast einen Zentimeter weniger als ihre gegenwärtige Taille, und Schuhe mit Absätze von dreizehn Zentimeter. Trauen Sie sich das zu?"
Arabella nickte begeistert. Sie würde alles tun, um jenes Traumkleid zu tragen.
"Sehr gut, wählen Sie jetzt Ihr Reisekostüm aus."
Arabella nahm das andere Buch, und fing an die Abbildungen der Reisekleidungen zu studieren. Es wurde ihr erst nach ein paar Minuten bewusst was sie eigentlich tat. Bevor sie in das La-Maison-des Poupees kam, wäre sie niemals darüber so aufgeregt gewesen ein Pfirsichfarbenes Ballkleid zu tragen, besonders eines, dass wahrscheinlich sehr schmerzhaft zu tragen sei. Tatsächlicherweise hätte sie alles unternommen, um es nicht zu tragen. Trotz all ihrer anfänglichen Widersetzungsanstrengungen hatte die Schule den Kampf gewonnen. Sie wurde dahin gehend geformt, was die Schule wollte. Sie blickte nun in die Zukunft, um eine junge Dame der besseren Gesellschaft zu werden. Jener Gedanke erschrak sie, und machte sie innerlich wütend. Sie schlug den Katalog für Reisebekleidung zu und war schlechter Laune. Aber es war zu verführerisch, jenes Kleid aus purpurner Seide mit seinen feinen Rüschen. Unsere junge Dame nahm wieder den Katalog zur Hand und schlug ihn auf.

Kapitel 20

Der große Tag war schließlich da!

Arabella lag wach im Bett, gespannt auf die Reise. Sie freute sich darauf.
Sie konnte es immer noch nicht richtig glauben, aber er war da, dieser Tag war schließlich gekommen. Heute würde sie das La-Maison-des Poupees für immer verlassen! Heute sollte sie von der Schule fortfahren, und sich auf die lange Fahrt nach Frankreich, und den Ball begeben! Nie mehr müsste sie das abscheuliche blaue Nadelstreifenkleid, die lange blonde Perücke und das dumme Puppengesicht tragen. Für das erste Mal seit Jahren, würde sie außerhalb dieser Gesellschaft erscheinen. Und sie würde wieder als Arabella Hetherington erscheinen, nie mehr als Justine-Puppe! Ihre Füße, in den Oberschenkelhohen Nachtstiefel eingeschnürt, welche sie in eine überstreckten Haltung formten, prickelten vor Erwartung. Ihre große Brüste hoben und senkten sich, da sie um Luft innerhalb des anspruchsvollen Korsetts kämpfte.
Arabellas Korsett und somit ihr Oberkörper, sahen ganz anders aus, als an dem Tage, als sie zu Madame Dorozhkinas Büro gerufen wurde, wo ihr mitgeteilt wurde, dass ihre Taille die richtige Größe erreicht hatte.
Ihr Taillenumfang hatte sich nicht einen Millimeter geändert, er betrug immer noch um die fünfunddreißig Zentimeter, aber seine umfassende Form war etwas anders geworden.
Madame Dorozhkina hatte ihr später erklärt, dass eine Wespentaille im wesentlichen für junge Damen war, die ihre Taillen noch weiter reduzieren wollten. "Damit Ihre Taille wahrlich spektakulär sein wird, müssen wir es in eine lange Rundform umändern."
„Eine Rohrtaille?“ Arabella war erstaunt. Eigentlich hatten nur Blumen Stängel, lange grüne Triebe, welche den schönen Blütenkopf und die Blätter der Pflanze stützten. Aber konnte man so eine Art von Taille formen? Sie würde wie eine Bohnenstange aussehen, nicht gerade ein Ziel des Verlangens! "Wie ein Blumenstiel, Madame?" ,fragte sie verwirrt.
"Ja, Justine, und nein. Ja, in der Art, dass ich Ihnen eine fehlerlos kreisförmige Taille formen werde, welche gerade hinauf reicht, im Gegensatz zu dem Taillenknick, wie sie es zur Zeit haben. Nein, da Blumenstängel absurd lang sind. Ihre Rohrtaille wird zehn Zentimeter lang sein, und wird Ihre weibliche Figur zu Vervollkommnung formen."
Zehn Zentimeter, das waren fast vier Zoll! Wie plante die Schulvorsteherin, das zu erreichen? Sie glaubte, dass es wahrscheinlich unbequem sein wird, wie die meisten Dinge beim La-Maison-des die Poupees üblicherweise waren. Ihre Bedenken waren nicht unbegründet. An jenem Abend wurde zur Schlafenszeit ihr neues Schlafkorsett enthüllt. Es bestand aus zwei Teilen. Beide sahen ein wenig aus wie ein Kegel, welche sich nach oben und unten verbreiterten, aber an der Taille einen geraden Abschnitt über 2,5 Zentimeter Länge hatten. Diese Korsetts wurden ihr umgelegt, die zwei geraden Abschnitte so festgemacht, dass sie sich an der Taille überschnitten, und dann eng geschnürt. Dann nahm Svetelina ein Metallgerät zur Hand, dass aus zwei halbrunde Stahlreifen mit zwei Gewindebolzen an den Enden bestand.
"Dies ist der eigentliche Schnürtrainer.", erklärte Madame Dorozhkina, welche die ganze Angelegenheit beaufsichtigte. "Er ist es, der Ihnen die schöne Rohrtaille geben wird, obwohl es zuerst schmerzhaft beim Tragen sein wird, deshalb müssen Sie jetzt tapfer sein. Das Ergebnis ist die Anstrengung wert."
Dann zu Arabellas Überraschung und Grauen, fing Svetelina an, die an dem Rundeisen befestigten Schraubbolzen zu drehen. Die eiserne 'Schnürhilfe' fing an die zwei 'Halbkorsetts' auseinander zu drücken, und verursachte fürchterliche Schmerzen an ihren Rippen und Hüften. Sie versuchte ihr bestes, um nicht zu schreien, da sie wusste, dass das mit einem Knebel im Mund enden würde. Sie konnte aber trotzdem die Tränen nicht davon abhalten ihre Wangen hinunter zu laufen. Die Ausdehnung ging kontinuierlich weiter, bis sich der 'Gürtel' des Korsetts drei Zentimeter tief eingeschnitten hatte. Nun befahl Madame Dorozhkina Svetelina aufzuhören.
"Sie sind tapfer gewesen, Justine", sagte ihr die Schulvorsteherin. "Ich bin stolz auf Sie!"
Das war vor Monaten geschehen. Und jetzt hatte Arabellas Taille die Form eines kreisrunden Rohres von fast zehn Zentimetern Länge. Sie trug nachts nicht mehr den Stahlgürtel, statt dessen wurde ihr ein besonders verstärktes Schlafkorsett angepasst, das schmerzhaft war, so wie es mit dem Stahlgürtel gewesen war. Um ehrlich zu sein, bemerkte Arabella kaum noch den Schmerz jener Tage, außerdem vermisste sie das Korsett, wenn sie ohne eines da stand, da ihre Muskulatur in dieser Gegend so schwach war, dass sie nicht mehr ohne die Unterstützung des Korsetts leben konnte.
Svetelina betrat den Raum und lächelte ihr junges Fräulein an. Trotzdem sie nicht einander verstanden, hatten die zwei eine Art von Beziehung über den vergangenen zwei Jahren entwickelt, und Arabella konnte behaupten, dass die Russin trotz ihrer mitunter schmerzhaften Tätigkeit eine freundliche Dame war. Die Magd öffnete die Schnürungen und befreite die Füße von den Schlafstiefeln. Danach zog sie dem Mädchen ein Paar hochhackige Hausschuhe über die Füße, sodass sie zum Badezimmer gehen konnte.
Da sich ihre Sehnen verkürzt hatten, konnte sie nicht mehr plattfüßig gehen.
Arabella schritt zur Schnürstange, wo ihre Handgelenke befestigt wurden. Svetelina öffnete ganz langsam ihr Korsett, um schmerzhafte Krämpfe zu vermeiden.
Danach ging sie, mit Unterstützung der Magd, ins Badezimmer, wo sie im warmen Wasser versank.
Eine halbe Stunde später hing die gewaschene, abgetrocknete und eingepuderte Arabella wieder an der Schnürstange, während Svetelina ihre Taille mit dem vertrauten Korsett einengte, das wie jeden Tag bis aufs Engste geschnürt wurde. Dann wurden ihr feine Seidenstrümpfe über ihre Beine gezogen, sowie eine Menge Unterröcke. Der Reifrock wurde um ihre Taille geschnallt und ein Paar hohe, spitze Stiefel über ihren verkleinerten Füßen geschnürt. Dieser Prozess dauerte einige Zeit, da es heute Reisestiefel waren, welche bis zu den Knien reichten. Doch sobald das geschehen war, wurde sie von der Stange gelöst und konnte wieder auf ihren eigenen Füßen stehen. Dann wurden die feinen, engen Handschuhe angezogen, welche ihre Hände zusammendrückten.
Arabella setzte sich hin, um ihr feines Frühstück mit russischem schwarzen Brot, Eiern und Schinken zu genießen.
Bis zum Bersten gefüllt, von dem kleinen Frühstück, stand sie auf und wartete einige Minuten. Ihr neues Reisekleid, eine feine Schöpfung aus purpurner Seide, aufgebauscht, um dem harten russischen Wetter zu widerstehen, wurde hereingebracht und über ihrem Kopf gezogen. Als es auf ihren Rücken zugeschnürt wurde, fühlte Arabella ein Gefühl der Freude in sich aufsteigen. Sie war wieder eine Persönlichkeit, nicht mehr eine Justine-Puppe, welche das Kleid und ein Gesicht einer anderen Person trug! Sie würde gerne vor Freude laut ausrufen, aber sie wusste, dass sie es niemals tun würde. Doch ein freudiges Lächeln erfüllte trotzdem ihr Gesicht, und Freudentränen liefen aus ihren Augen.
Svetelina, die damit fertig war das Kleid zu schließen, kam nach vorne und sah das glückliche Gesicht ihrer Anvertrauten. Sie nahm ein Taschentuch und tupfte die Augen des jungen Mädchens trocken und lächelte dabei. Arabella hielt ihre Magd, so gut es mit den einschränkenden Handschuhen ging, fest und umarmte die Russin.
Es gab da ein Ding am La-Maison-des Poupees, das sie nicht vermissen würde, da sie es hasste.
Ihr Ensemble wurde mit einem Knebel abgeschlossen.
„Um die Anonymität bis zum Ball sicherzustellen“, hatte Madame Dorozhkina erklärt. „So lange Sie Schüler dieser Schule sind!"
Es folgte eine purpurne Kopfhaube mit einem blickdichten Schleier, der ihr Sehvermögen etwas verdunkelte, und der es unmöglich machte dass andere ihr Gesicht sahen.
Ihre Hände bekamen zusätzliche gelbe Reisehandschuhe, und ihr Oberkörper bekam ein Reisecape, mit zwei Löcher für ihre Arme.
Svetelina machte dann das Cape vorne zu und reichte der jungen Dame einen Muff, worin sie ihre Hände warm halten sollte. Arabella steckte ihre Hände in den Muff und war überrascht, etwas um ihre Handgelenke klicken zu hören. Sie konnte ihre Hände nicht aus dem Muff entfernen. Ihr waren tatsächlich Handschellen angelegt worden! Dies erstaunte sie etwas, aber überraschte sie nicht. Sie war wieder degradiert zu einem kleinen beschränkten Instrument des La-Maison-des Poupees, und sie akzeptierte es untertänig.
Vollständig eingekleidet stand sie stolz auf, bot ihrer Magd ein ‚auf Wiedersehen’ an.
Die Tür wurde geöffnet, und sie ging selbstsicher hinaus, bereit ein neues Leben zu beginnen.

Kapitel 21

In der großen Halle des La-Maison-des Poupees standen um die dreißig junge Damen, alle in ihren Reisekostümen mit Muff und Schleier. Obwohl der Raum groß war und sie nur wenige waren, füllte die Menge fast jeden Quadratmeter mit ihren breiten Reifröcken aus. Keine Schulter der Mädchen war näher als einen Meter an dem nächsten. Vor ihnen standen die Schulvorsteherin, Madame Dorozhkina, und die anderen Lehrer.
"Mademoiselles!" rief sie aus. "Die Zeit ist gekommen! Für etwas mehr als zwei Jahre waren Sie Schülerinnen dieser Schule, in der man aus verantwortungslosen Mädchen feine junge Damen geformt hat. Sie sind im wesentlichen für ein höher gestelltes Leben, Heirat mit einem der Ehre würdigen Mann und ein Leben von Muße, Mode und Mutterschaft vorbereitet worden. Mit den Werkzeugen, die ich Ihnen dazu gegeben habe, sind Sie alle mehr als genug ausgerüstet, um sich auf dieses Leben einzulassen und es erfolgreich zu leben. Sollten Sie versagen, haben Sie nur sich selbst zu tadeln."
Sie pausierte für ein Moment, um ihre Worte einwirken zu lassen. Dann fuhr sie fort: "In fünf Tagen werden Sie alle an dem La-Maison-des Poupees- Annual Ball teilnehmen, wo Sie voller Hoffnung Ihren Freund und Mann für ihr restliches Leben finden werden. Falls nicht, werden Sie für ein weiteres Jahr mit mir zurückkehren. Für die meisten von Ihnen allerdings, ist dies ein Abschied, denn meine jungen Damen versäumen es sehr selten den Mann zu bekommen, den sie benötigen."
Die Schulvorsteherin pausierte wieder und überblickte den Raum mit den fein, verkleideten Damen. Dann sagte sie: "Und so werden wir jetzt abreisen. Sie müssen zu viert in einen Wagen, drei Schülerinnen und ein Lehrer oder Magd reisen gemeinsam. Wenn wir den Bahnhof erreichen, werden Sie einem Abteil zugewiesen, wo Sie von einem Ihrer Lehrer begleitet werden. Damen! Lasset uns abreisen!"
Und so verließen sie den Raum. Das ganze Personal der Schule folgte.
Arabella fand sich in einen Wagen mit drei anderen Mädchen und einer Magd wieder, welche sie niemals vorher gesehen hatte. Zu sprechen, bzw. eine Kommunikation zu führen war unmöglich. Also schaute sie aus dem Fenster zu dem riesigen Wald, der vorbei flog. Sie erinnerte sich an den Tag, als sie vor langer Zeit an der Schule angekommen war. Am Bahnhof war sie überrascht, als sie erfuhr, dass die Mägde zur La-Maison-des Poupees zurückfuhren. Sie und sechs andere Mädchen reisten in einem Abteil zusammen mit einem Lehrer.
Und nicht einfach nur ein Lehrer, sondern Madame Kovalsky!
Sie stiegen ein und warteten dass der Bahnhofsvorsteher seine Pfeife blies. Die Lokomotive antwortete und das laute Zischen war zu hören. Langsam entfernte sich der Zug vom Bahnhof und rollte zum ersten Halt auf der langen Fahrt der Mädchen, nach Moskau.

"Gut, die Damen", gab Madame Kovalsky bekannt, als sie unterwegs waren. "Wir haben eine lange Zeit, ja zu reisen, und, obwohl Sie zusammen Schülerinnen sind, glaube ich, dass Sie einander noch nicht kennen. Es ist so langweilig hier nur zu sitzen, so lasst uns sprechen, eh?"
Und dann stand sie auf und öffnete die Handschellen, die in den Muffs versteckt waren.
Die Schülerinnen freuten sich dass ihre Hände wieder befreit waren und zogen sie heraus und benutzten sie, um ihre Hauben zu öffnen und ihre Knebel zu entfernen.
Arabella befand sich in einem großen Abteil, vollkommen mit bauschigen Reifröcken gefüllt. Sie war umgeben von hübschen jungen Damen, die alle ungefähr achtzehn Jahre alt waren.
"So, nun“, sagte die Gesangslehrerin, "bitte einander vorstellen!" Sie zeigte auf ein rabenschwarz- haariges Mädchen in der anderen Ecke gegenüber Arabella.
"Mein Name ist Lady Rebecca Ross", sagte das Mädchen in einem weichen schottischen Akzent. "Ich komme von Dumfries in Schottland."
Die Mädchen nickten, und Madame Kovalsky deutete auf die blonde junge Dame neben ihr.
"Ich bin Margaret Steveton." Ihr harter Akzent verriet ihre Heimat, die sie dann enthüllte. "Von, Baltimore in den Vereinigten Staaten von Amerika.“
Die Mädchen nickten wieder, und das nächste Mädchen kündigte an: „Ich bin die Gräfin van Zierikzee aus den Niederlanden. Erfreut Sie zu treffen."
"Je m'appelle Sophie Dacout."
Das nächste Mädchen blieb still und sah ihre Mitschüler mit erschreckten Augen an.
"Kommen Sie Lizzie!", sagte Madame Kovalsky. „Sie brauchen keine Angst von uns zu haben!"
"Ich, ich, ich, weiß", stammelte sie mit einer piepsenden Stimme, „es ist nur, äh, weil ich so lange da war, äh, bin ich nicht gewohnt mehr, äh , gut zu sprechen, äh, wie Sie sehen."
"Das macht nichts, Teuerste", sagte die freundliche Lehrerin, „viele Mädchen geht so, nach Jahren hinter der Maske. Mädchen, dies ist Elizabeth Hartley, ein hübsches Mädchen, ein bisschen schüchtern."
"Nett Sie zu treffen!" sagten die Mädchen im Chor, und Elizabeth lächelte.
"Ich bin Tatiana Goncharova", sagte das nächste Mädchen, „ich bin von Sankt Peterburg."
"Und ich bin Emily Dickinson, von Staffordshire, Großbritannien", sagte das andere Mädchen neben ihr.
Nun war Arabella an der Reihe. "Mein Name ist Arabella Hetherington, vor langer Zeit aus Indien gekommen. Erfreut Ihre Bekanntschaft zu machen."
Die Mädchen atmeten tief ein.
"Arabella? Die Arabella?", fragte Emily Dickinson.
Arabella war erstaunt.
"Ja, die Damen, die Arabella, die Dame, die Dorozhkina herausforderte und ihre Maske zerstörte!" Arabella errötete.
"Sie sind meine Heldin!", erklärte die Amerikanerin.
"Tres-magnifique!", fügte die Französin hinzu.
"Sie waren es, die uns die Hoffnung gaben, die Ausbildung weiterhin zu ertragen!", sagte Lady Ross.
"Sie, waren, s-s-sehr tapfer!", stammelte Elizabeth mit ihrer Piepsstimme.
Und so ging die Fahrt weiter. Bevor sie Moskau erreichten, wusste jede alles über das Leben der anderen. Sie hatten insgeheim ihre Adressen ausgetauscht, so dass sie in Verbindung bleiben konnten, wenn ihr neues Leben begänne. Arabella befreundete sich mit Rebecca Ross an. Während des nächsten Reiseabschnittes nach Berlin, saßen sie nebeneinander, sprachen über Großbritannien, dem Raj, wo Rebecca einmal einen Onkel besucht hatte, Mode, das schreckliche Regime am La-Maison-des Poupees, die verhasste Madame Dorozhkina, die Enge ihrer Korsetts, und der Freude wieder frei zu sein. Wenn es auch nur für einen kurzen Zeitraum war, vor ihrer bevorstehenden Unterwerfung unter einem Ehemann. Was die Zukunft für sie bereit hielt, in Paris und auch später, wussten sie nicht, aber sie genossen das Vergnügen während der Zugfahrt zusammen zu sein.
Einmal mehr hatte die respektlose Madame Kovalsky Freude in das Leben der jungen Damen gebracht.

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