Arabella setzte sich vorsichtig hin, sie hatte keine andere Wahl an diesem
Tag, und schaute sich ihre Umgebung an. Um zu sagen, dass es die
beeindruckendste Umgebung war, die sie jemals angetroffen hatte, entspräche
nicht der Wahrheit. Immerhin kam sie aus einer der feinsten Familien Englands.
Doch immerhin war der Ort spektakulär und sie war überwältigt, nach den zwei
Jahre in den spartanischen Räumlichkeiten des La-Maison-des Poupees.
Das Hotel-du Nord in Paris, angrenzend an dem berühmten namensgleichen Bahnhof,
war eins der feinsten Hotels in einer für seinen Luxus berühmten Stadt. Sie
wollte nicht darüber nachdenken, wie hoch die Kosten der Suite wären. Es wurde
jedenfalls alles von der Schule bezahlt, und war wohl in den Internatskosten mit
inbegriffen, welche laut Gerüchten, exorbitant waren. Die junge Dame war niemals
in einem Hotel wie diesem, aber Madame Dorozhkina hatte im Foyer erklärt, sie
würden es immer so machen, und das wäre normal. Nach allem waren sie keine
Kinder mehr, sondern junge Damen des höchsten Grades.
Sie saß kerzengerade auf der Samtcouch und besah sich das Bett mit seinen vier
Pfosten. Die Wände dekoriert mit seidigen Tapeten und Spiegeln mit Blattgold-
Rahmen. Oh wie sie sich danach sehnte ihrer Haube abzunehmen und den Schleier zu
entfernen, um ihre veränderte Figur in jenen feinen, köperlangen Spiegel zu
betrachten. Doch leider war da die Fesselung ihrer Hände in dem Muff.
Es Klopfte an der Tür.
"Entrez!", befahl sie etwas unverständlich.
Vier Mägde kamen herein, verbeugten sich untertänig und fuhren dann fort, die
Spiegel mit dunklem Tuch abzudecken. Sie gaben dem Mädchen ein Zeichen und
beseitigten ihren Schleier, Muff, Haube und Knebel.
"Warum haben Sie die Spiegel abgedeckt?", fragte sie in gebrochenen Französisch.
"Mademoiselles Anordnungen", antwortete eins der Mägde in ihrer Muttersprache.
Sie fuhren dann fort Arabella auszuziehen, da es schon spät war, und führten sie
zur Schnürstange, wo ihr enges Reisekorsett entfernt und durch ein leichteres
Nachtkorsett ersetzt wurde. Dann wurden die gefürchteten Nachtstiefel, die ihre
Zehen überstreckten, über ihre Beine gezogen und eng geschnürt. Sie wurde dann
von der Stange abgenommen und ihre Arme in dem Monohandschuh verschnürt.
'Verdammt!', dachte das Mädchen, das gehofft hatte dieses schreckliche
Instrument wäre an der Schule zurückgelassen worden. So konnte sie nicht in der
Nacht aufstehen und sich im Spiegel ansehen. Gefesselt wie sie war, konnte sie
in der Tat sehr wenig unternehmen. Sie hatte nun Zeit um sich zu erholen. Die
Mägde trugen sie zum Bett und legten sie auf die Seite. "Bonne-nuit!"
‚Niemals’, dachte unsere Heldin. 'Morgen ist der Ball, der Tag, auf dem ich mich
so lange gefreut habe.' Mit glücklichen Gedanken daran, an den kostspieligen
Tanzsaal des Hotels, dort in den Armen eines schneidigen, schönen jungen Mannes
zu liegen, sank sie friedlich in den Schlaf.
Die Dämmerung war schon angebrochen, als Arabella geschüttelt und von zwei
französischen Mägden geweckt wurde. Sie ließ noch ganz verschlafen die Diener
ihre Arme befreien, und rieb dann ihr Gesicht mit einem nassen gereichten
Handtuch ab. Sie schwang sich dann auf die Bettkante und erlaubte ihnen, ihr die
Nachtstiefel zu entfernen. Diese wurden gegen ein Paar mit hohen Absätzen
versehene Hausschuhe getauscht. Diese waren weit weniger lästig zu tragen, und
erlaubten auch einen Spaziergang. Dann ließ sie sich von den Mägden beim
Aufstehen helfen, und zu dem Suite eigenen Badezimmer hinüber führen. Dort wurde
ihr das Korsett entfernt. Dann ließ sie sich in das heiße und dampfende Wasser
sinken, und eine der Mägde wusch sie. Danach verließ sie das Bad, und während
eine Magd Arabella stützte, da sie nicht mehr ohne die Stütze des Korsetts
stehen konnte, rasierte die andere ihren Körper, sodass sie so glatt war wie ein
gekochtes Ei. Sie kamen dann zum Schlafzimmer zurück und Arabella führte ihre
Hände durch die Gurte der Schnürstange. Sie wurde, wie jeden Tag, hochgezogen,
bis ihre Zehenspitzen so eben noch den Boden berührten.
Madame Dorozhkina hatte den Mädchen am Vortage erklärt, dass ein Ball, inklusive
der Vorbereitungen, eine ganztägige Veranstaltung sei. Die Vorbereitung für
dieses Fest seien so umfangreich, dass man sehr früh beginnen müsste.
Anstelle des üblichen Unterhemdes, das sie nicht unter ihrem Korsett tragen
konnte, da das Ballkleid ihre Schultern frei ließ, und des üblichen Tages-
Korsetts, wurde ihr eine schöne aber grauenerregende Schöpfung aus Stahl und
Seide gereicht: Ihr Ballkorsett. Dieses war viel länger als die Korsetts, die
sie jemals tragen musste. Es war auch enger in der Taille, und Arabella
fürchtete sich davor. Da sie jedoch in ihrem himmlischen Pfirsichkleid
erscheinen wollte, war dieses Korsett eine Notwendigkeit. Sie atmete tief ein,
als die Magd die gänzlich starre Schöpfung aufhob. Sogar die Magd hatte Mühe es
um ihren Körper zu legen und zu schließen.
Sogar im lockeren Zustand fühlte sich das Korsett eng und starr an. Das Gewicht
dieses Korsetts zog Arabella noch weiter nach unten. Das Besondere daran war,
dass das Korsett an drei Stellen geschnürt werden musste. Einmal auf ihren
Oberschenkeln, eine weitere Schnürung befand sich im oberen Brustbereich für die
Brüste, und die dritte Schnürung war natürlich für ihre Taille bestimmt. Das
würde wohl eine ernste Einengung verursachen! Arabella ahnte, dass sie beim
Tragen dieser Konstruktion sich sehr wenig bewegen könne, da sie gänzlich von
den Büsten bis zu den Knien eng eingeschnürt wäre.
Man muss dazu erklären, dass die Einschnürung in diesem furchtbaren Instrument, zwecks Taillenreduzierung, nicht in einer Sitzung durchgeführt werden kann. Statt dessen wird die Einschnürung auf mehrere Intervallen, verteilt auf den ganzen Tag, verteilt.
Als das französische Mädchen anfing, die Korsettschnur fest anzuziehen, und
Arabellas kleine Taille noch kleiner wurde, fragte sie sich trotzdem, ob sie es
jemals schaffen würde. Gerade, als ihr leicht schwindelig wurde, hörte das
Mädchen auf, und sicherte die Korsettschnur. Sie nahm ein Maßband und legte es
um Arabellas Taille.
"Vierzig Zentimeter", verkündete sie.
Es sollte also noch lange dauern, bis das Korsett ganz geschlossen war!
Unsere junge Dame wurde dann von der Schnürstange losgebunden, und zu einem
Stuhl geleitet, wo sie sich hinsetzte. Noch ging es, da mit der unteren
Schnürung noch nicht angefangen wurde. Sie sollte zunächst frühstücken. Ein
Stück Toast und ein Glas Orangensaft. Hungrig verschlang sie ihr kleines
Frühstück. Sie machte sich etwas fein, bevor es mit ihr weiterging.
Die Seidenstrümpfe, die über ihre Beine gezogen wurden, waren von der feinsten
Qualität, die sie jemals getragen hatte. Unfähig sich nach vorne zu beugen,
konnte sie die Strümpfe nur fühlen, und jene Qualität nicht ansehen.
Der nächste Schnürdurchgang begann. Das Korsett passte inzwischen etwas besser,
und ihr Körper hatte sich den Stahlstäben angepasst. Trotzdem war der Druck sehr
gut zu spüren. Er erhöhte sich sogar, als die französische Magd anfing die
untere und oberen Schnürung fest zu ziehen. Von nun an, als sie wieder eine
Pause einlegte, konnte sich Arabella kaum noch bewegen. Aber das war nichts im
Vergleich dazu, als ihre Rohrtaille wieder etwas enger geschnürt wurde. Sie
konnte kaum noch atmen, und ihre Wangen begannen zu glühen. Sobald ihr wieder
schwindelig wurde, hörte die Magd auf mit der Reduzierung ihrer Taille und nahm
ein Maßband zu Hand.
„Siebenunddreißig Zentimeter“, Mademoiselle, „eine Reduzierung um drei
Zentimeter."
Das war ein guter Fortschritt. Doch es war noch weit entfernt, von dem, was
erforderlich war um das Kleid tragen zu können.
"Wie lang ist jetzt meine Rohrtaille?", fragte sie.
"Sieben Zentimeter, Mademoiselle", antwortete die Magd.
Das kam dem Ziel schon näher.
Sobald Arabella wieder losgebunden wurde, führte man sie zu einem Brett, an
welches sie sich anlehnte. Daran wurde sie festgebunden. Am Boden war ein
Fußbrett, worauf sie stand. Dieses Gerät wurde deshalb benutzt, da Sitzen nun
eine Unmöglichkeit für unsere Heldin darstellte. Die Mägde kippten das Brett um
fünfundvierzig Grad und verschwanden, um gegen elf Uhr wieder zu erscheinen.
Mademoiselle durfte sich ausruhen.
Arabella nahm das Buch, welches sie ausgesucht hatte. Eine Romanze von Austen,
und fing an darin zu lesen. Doch auf Grund ihrer Beengung durch das Korsett
konnte sie sich nicht auf das Buch konzentrieren. So gab sie nach zehn Minuten
auf und legte es zur Seite. Sie schloss statt dessen ihre Augen.
Schon bald döste sie ein. Sie träumte vom bevorstehenden Abend, wo sie ihren
Partner auf Lebenszeit treffen sollte.
Bevor sie ihren Traum zu Ende träumen konnte, waren die Mägde schon wieder bei
ihr. Sie gaben ihr ein kleines Glas Wasser zu trinken, und banden sie wieder an
der Schnürstange fest, um sie dann hoch zu ziehen.
In der folgenden Zeit wurde die Reduzierung immer schwieriger. Die französische
Magd musste wirklich zerren und ziehen, bis sie fast blau im Gesicht war. Die
Magd war nicht die einzige, die unter der Anstrengung litt. Arabella konnte kaum
atmen. Ihre Brüste wurden bei jedem kleinen Atemzug nach oben gedrückt. Trotz
des Mangels an Luft und des Gefühls der Schwindeligkeit bewahrte sie ihre
Fassung und wurde nicht ohnmächtig.
Wieder sicherte die Magd die Schnüre und kontrollierte die Taille unserer Heldin
mit ihrem Maßband.
"Sechsunddreißig Zentimeter, Mademoiselle", verkündete sie. "Jetzt,
Mademoiselle, bitte kommen Sie mit mir zum Brett. Wir müssen Ihre Frisur
machen."
Arabella wurde einmal mehr herunter gelassen und zum Kippbrett geführt. Dort
wurde sie wieder festgebunden. Das Brett wurde dann so gekippt, dass der
Friseur, ein berühmter Meister seines Fachs, der von Madame Dorozhkina für
diesen Tag gemietet wurde, in aller Gemütsruhe arbeiten konnte.
Die Zeit der späten 1850er hatte eine Haarmode, welche im wesentlichen aus
Ringellocken bestand.
"Ich werde Ihnen Ringellocken auf jeder Seite Ihres Kopfes geben", sagte der
Stilist, "die später mit kleinen Blumen und Schleifen dekorieren werden, die zu
Ihrem Kleid vorzüglich passen. Ringellocken sind nicht nur die Mode,
Mademoiselle, sondern ein Muss für diesen Abend."
"Warum ist das so?", fragte Arabella etwas erstaunt.
"Weil, Mademoiselle, das Haar, wie auch andere Teile der Damen- Erscheinung,
etwas symbolisiert. Ringellocken sehen nicht nur hübsch aus. Männer verbinden
sie mit Kindheit, so wie alle kleinen Mädchen sie tragen. Kindliche Unschuld,
Mademoiselle. Und Unschuld ist etwas, wonach sich der Herr sehnt."
"Oh“, sagte Arabella, etwas schockiert. Sie hatte niemals erfahren, wozu all
diese Details der Mode dienten.
Sie waren entworfen worden, speziell für die Fantasie und das Verlangen der
Männer. Angefangen von der kleinen zarten Taille, über eng anliegenden
Handschuhen mit ihren kleinen Händen, den kleinen Füßen bis hin zu den
Ringellocken. Es schien ihr, dass alle Männer eine hübsche hilflose kindliche
Puppe haben wollten, um bei Gelegenheiten damit zu prahlen und sie zu
entjungfern. Jener Gedanke bereitete ihr kein gutes Gefühl, doch was sollte sie
machen? Madame Dorozhkina hatte vielleicht Recht gehabt. Vielleicht musste sie
eine Puppe werden, ein bloßes Beiwerk für einen Mann, um irgendwo und irgendwie
zu leben. Ihr war noch nicht alles klar. Aber sie wusste, dass sie, um vom
La-Maison-des Poupees zu entfliehen, zumindest für diesen Abend eine hübsche
kleine Puppe sein musste. Und wenn dafür Ringellocken wichtig waren, dann musste
es so sein!
"Und auf dem Hinterkopf werden wir Ihnen ein Haarknoten bereiten, das bedeutet,
dass Ihr Haar geflochten werden wird, und dann hoch in einen Knoten eingerollt
wird, der ziemlich fest sitzen wird. Dies wird auch dekoriert werden
Mademoiselle, und keine Angst, ich beherrsche mein Handwerk gut. Sie werden
exquisit aussehen!"
'Exquisit', so würde sie aussehen. Was auch immer das Verlangen eines Mannes
war, Arabella wusste es zweifellos, sie musste exquisit aussehen. Sie sehnte
sich danach sehen zu können, was der Friseur mit ihr tat. Aber natürlich waren
keine Spiegel erlaubt, statt dessen fühlte sie auf ihren Kopf die vielen
Haarwickler. Sie roch den ekelhaften Gestank, da ihr langes Haar beim Einrollen
leicht verbrannt wurde. Nur so konnte man die ‚oh-so-fashionable-Ringellocken’
erzwingen.
Es dauerte über eine Stunde, bis der Friseur Arabellas Frisur fertig hatte.
Danach sollte sie sich so wenig wie möglich bewegen. Arabella konnte sich aber
wegen des sehr engen Ballkorsetts sowieso nicht großartig bewegen. Abgesehen
davon, dass das Mädchen kaum noch Kraft dazu hatte.
So wurde beschlossen, sie bis fünf Uhr in Ruhe zu lassen, da dann der letzte
Schnürvorgang erfolgen sollte. Außerdem kam dann anschließend die Anprobe des
Kostüms an die Reihe. Also zogen die Mägde die Vorhänge zu, löschten die Lichter
aus und ließen Miss Hetherington allein in jenem großartigen Raum zurück. Sie
war an dem Brett gebunden um ein wenig ruhen zu können. Aber wie sollte sie sich
ausruhen, mit diesem engen Korsett, dem juckenden, klebrigen Gefühl ihrer
trocknenden Frisur? Außerdem war sie zu aufgeregt. Unfähig, um zu schlafen,
schloss sie einfach ihre Augen und träumte ein wenig vor sich hin. Ein Traum, in
dem eine indische Prinzessin in einem feinen Palast am Ganges vorkam, und die
endlich ihren Prinzen treffen sollte: Einen geschätzten Krieger mit bronzener
Haut, der, obwohl eine harter Krieger auf dem Schlachtfeld, sanft zu seiner Frau
wäre. Und sie war seine Frau, und die schönste Prinzessin im Land. Er wollte
keine andere haben. Ihr schöner Prinz nahm sie in seinen Armen auf, und trug sie
zu dem feinen glatten Bett hinüber. Er legte sie mit Sorgfalt hin und begab sich
zu ihr. Seine feuchten Lippen berührten sie...
Die Mägde klopften an und kamen wieder herein. Zwischen ihnen trugen sie
etwas, was Arabellas ganzen Körper vor Erwartung prickeln ließ: ihr Ballkleid.
Und noch einmal wurde sie zur Schnürstange geführt. Ihre Handgelenke wurden
daran befestigt und dann wurde sie hochgezogen. Danach wurden ihr die Unterröcke
angezogen. Nach dieser Prozedur kam etwas Unangenehmeres dran: Ihre kleinen
Schuhe für den Ball, mit grauenerregenden Absätzen von dreizehn Zentimeter.
Langsam schoben die Mägde diese Schuhe über ihre Füße. Dies ging nur mit Hilfe
eines Schuhanziehers. Trotzdem sie zu kleine Schuhe und extravagante Absätze
gewöhnt war, wusste Arabella, dass diese Schuhe etwas Besonderes waren. Ziemlich
rasch hatte sie an ihren Füßen das gleiche Gefühl wie an ihrer
zusammengeschnürten Taille. Obwohl sie noch nicht mit ihren ganzen Körpergewicht
darin stand! Sie fürchtete sich vor dem Moment, wenn die Stange abgesenkt werden
sollte. Aber sie wusste, dass es Wert wäre. Nach Allem muss man leiden, um schön
zu sein.
Und schön wollte sie ja sein, das feinste Kleid wollte sie tragen! Aber um jenes
Kleid tragen zu können, musste ihre Taille noch kleiner sein. Es war Zeit für
den letzten Schnürvorgang.
Die Mägde schnürten zuerst die obere und dann die untere Schnürung zu. Ihr
markanter Busen wurde so hoch gedrückt, dass er regelrecht abstand. Sie konnte
nicht mehr über ihren Busen nach unten sehen. Die riesigen Kugeln wurden sehr
stark hochgehoben, da sie unter anderem auch um Luft kämpfte. Ihre Beine dagegen
wurden fest zusammengepresst, vom Unterteil des Korsetts und dem engen
Unterrock.
Als diese Arbeit abgeschlossen war, wurde es höchste Zeit ihre Rohrtaille zu
vervollkommnen. Eine der Mägde ging hinaus und kam nach einiger Zeit mit einem
kräftig- aussehenden Portier zurück. Schweiß stand in seinem Gesicht,
offensichtlich davon, dass er schon mehrere Korsetts der Schülerinnen des
La-Maison-des-Poupees geschnürt hatte.
Er verbeugte sich höflich vor Arabella und ging dann hinter ihr hin, packte die
Korsettschnur, und zog. Das arme Mädchen konnte fühlen, wie ihre Taille kleiner
und kleiner wurde. Mit jedem Zug verringerte sich ihre Fähigkeit zu atmen. Ihr
Gesicht wurde ganz rot. Ihre Brüste hoben und senkten sich immer schneller, bei
dem Versuch etwas Luft in die komprimierten Lungen zu bekommen. Arabella konnte
nicht mehr. Sie versuchte zu rufen, dass man aufhören sollten, bekam aber nicht
ein Wort über ihre hübschen Lippen. Dann wurde die Welt schwarz.
Sie wurde von dem scharfen Geruch des Riechsalzes wieder zu Bewusstsein
gebracht, welches die Magd unter ihrer Nase hielt. Sofort war sie sich der
heftigen Einengung ihrer Taille bewusst und sah das französische Mädchen mit
erschrockenen Augen an.
"Es ist vollbracht, Mademoiselle. Ihre Taille hat jetzt einen Umfang von
vierunddreißig Zentimeter und der gerade Teil ist zehn Zentimeter lang. Sie sind
bereit das Kleid zu tragen, Mademoiselle."
Arabella lächelte schwach, sie hatte es geschafft!
Bevor das Kleid allerdings angezogen werden konnte, musste der feine
Korsettüberzug übergezogen werde. Dann folgte ein riesiger Unterrock, der fast
zwei Meter im Durchmesser betrug, und noch weitere Unterröcke. Letztendlich war
sie fertig und wurde langsam von der Schnürstange abgelassen.
Der Schmerz in ihren Füßen war sehr heftig, da das Gewicht von ihrem Körper und
der Kleidung, nun auf ihren gequetschten Zehen zunahm. Doch sie verzog nicht das
Gesicht und lächelte statt dessen, wie es sich für eine edle Dame gehörte. Dann
wurde das kostspielige Kleid aus Pfirsichfarbener Seide und feiner Spitze über
ihr hochgehoben und dann wieder über ihren Kopf abgelassen. Es wurde ihren
Körper angepasst, indem man es auf dem Rücken zusammenschnürte. So wurde das
zarte Kleid zu ihrer neuen Haut geformt. Nicht eine Falte war zu sehen.
Zwei Mägde beschäftigten sich damit, frische Blumen am Kleid festzumachen,
während zwei andere Mägde mit der Anprobe ihrer engen Glaceleder- Ballhandschuhe
anfingen. Diese waren über Nacht über speziellen Spreizer gespannt worden.
Das nahm gute fünfzehn Minuten in Anspruch. Und als sie fertig waren, konnte
unsere Heldin kaum ihre Arme oder Finger beugen. Ihre Hände sahen allerdings
herrlich klein und hilflos aus. Wieder etwas mehr, was einige Herrn erregen
würde.
Die Mägde waren unten herum an ihrer Kleidung tätig. Arabella konnte sie
aufgrund ihrer hochgeschnürten Brüste nicht sehen, außerdem verhinderte eine
große und breite Perlenhalskette ein Beugen ihres Kopfes, fast wie ein
Halskorsett.
Schließlich fragte die edle junge Dame, ob sie sich jetzt im Spiegel ansehen
könne. Sie war begierig sich in ihrer Pracht zu sehen.
"Non, non, Mademoiselle!" ,schrie eine Magd entsetzt. "Ihr Make-up fehlt noch!"
Nach zwei Jahren des Versteckens hinter einer Maske, hatte Arabella vollkommen
vergessen, dass Frauen Make-up trugen. Der Gedanke daran, parfümiert, und bis
zur Vervollkommnung bemalt zu werden, erregte sie.
Auf einen Hocker stehend, begann die Obermagd an Arabellas Gesicht zu arbeiten.
Ihre breiten und vollen Lippen wurden zu einem herrlichen Schmollmund verändert,
ihren Wimpern und Augenliedern kraftvolle Farbe aufgetragen. Gesicht, Hals und
Brüste wurden mit Puder bestrichen, sodass sie so weiß und glatt waren wie
Porzellan. Ein Hauch von Parfüm wurde aufgetragen und ein Fächer gereicht, den
sie kaum halten konnte.
"Mademoiselle!", gab die Magd mit etwas Stolz bekannt, "Sie sind bereit!"
Zwei weitere Mägde zogen die Tücher von den Spiegeln herunter, und Arabella
drehte sich um.
Das Spiegelbild, mit dem sie konfrontiert wurde, war unglaublich schön. Als sie
sich zuletzt in einem Spiegel gesehen hatte, war sie ein dürres, verwahrlostes
kleines Mädchen mit unschönen Beinen gewesen.
Was nun aber vor ihr stand, war gänzlich verschieden. Ein riesiger, mit frischen
Blumen dekorierter Reifrock verschmolz zu einer sehr kleinen und unglaublich
eleganten Taille, die vollkommen senkrecht für ungefähr zehn Zentimetern war.
Diese Taille war nicht nur klein, sondern auch perfekt kreisförmig. Schlichtweg
eine Pfirsichfarbene Vervollkommnung. Und nach diesem Extrem der
Zerbrechlichkeit, schwoll ihr Körper zu zwei feinen Brüsten an, welche die Farbe
von Milch hatten. Das feine Kleid mit den perfekten Nähten und Spitzen
verschönerte nur diese prachtvollen Brüste. An den Seiten ihrer Taille hingen
zwei zarte, blasse Arme, eingehüllt in sehr schönen engen Handschuhen, die den
Eindruck erzeugten, als wenn sie die Hände einer Puppe wären. Über den Brüsten
erschien ein feiner, eleganter Hals, umhüllt von einer fantastischen
Perlenhalskette.
Und dann ihr Gesicht: Es war eingerahmt von Kaskaden von Ringellocken. Ihre
Augen glänzten wie Juwelen. Arabella war sich gewiss, dass sie niemals ein so
schönes, fein gezeichnetes Puppenhaftes Antlitz gesehen hatte, so gänzlich
elegant und wünschenswert.
Aus dem Kind war eine Frau geworden.
Dort stand eine wunderhübsche Prinzessin.
Das alles war zu viel für unsere arme Prinzessin, und an jenem Moment kamen die
Sterne und die Welt wurde dunkel. Sie wurde ohnmächtig!
Die Kronleuchter glitzerten und funkelten, den riesigen Tanzsaal erleuchtend,
wo einige der feinsten, jungen, geeignetsten Junggesellen Europas versammelt
waren. Alle waren nur aus dem einen Grunde anwesend: Sie wollten eine Partnerin
auf Lebenszeit finden, welche aus der Abschlussklasse der geschätzten Madame
Dorozhkinas 'La-Maison-des Poupees- Schule für junge Damen', stammten.
In Gruppen, am Rande jener großen Halle, standen die Männer und Frauen und
plauderten höflich miteinander. In einer dieser Gruppen stand unsere Heldin,
Lady Arabella Hetherington, neben ihrem neuen Freundin, Lady Rebecca Ross, die
sich mit zwei jungen deutschen Adeligen unterhielten. Die Damen kicherten
höflich über die Witze der Männer, bevor jene zwei Deutschen Grafen ihren
Abschied erbaten um zu zwei blonden französischen Mädchen zu wechseln, um ihnen
ihre Visitenkarten zu geben.
"Gott sei Dank sind sie gegangen!", sagte eine erleichterte Rebecca. "Was für
bornierte Männer!"
"Genau“, antwortete Arabella, "und besonders gut sahen sie auch nicht aus. Graf
von Straffen hatte einen Bauchansatz, glaube ich."
"Er hat ihn sicherlich, obwohl er sein bestes versuchte, um es mit einem Korsett
zu verheimlichen!"
"Ich bemerkte es auch. Apropos Korsett, wie fühlen Sie sich?"
"Ein bisschen benebelt und müde, aber nicht so schlimm. Nicht zu vergleichen mit
meinen Füßen!"
"Ja, meine bringen mich auch um. Was würde ich nicht alles dafür geben mich
einen Moment hinzusetzen."
"Ich weiß genau was Sie meinen, aber in diesem Korsett?! Keine Chance!"
"Lass uns weitergehen, dort sind noch mehr Gentlemen."
"Hmm, der links ist wirklich schneidig, er ist meiner!"
"Kommt nicht in Frage. Sie werden um ihn kämpfen müssen!"
Die zwei Herren näherten sich den Damen und verbeugten sich. Die beiden Mädchen
brachten den besten Knicks zustande, den sie in ihrem engen Gewand machen
konnten. Es war nicht viel.
"Roland Machin zu Ihren Diensten, Miss" sagte der linke schöne junge Herr.
"Andrew Smythe, fügte sein Freund hinzu.
"Lady Arabella Hetherington", antwortete unsere Heldin.
"Und Lady Rebecca Ross", fügte ihre Begleiterin hinzu.
Sobald das Vorstellungsgespräch beendet war und sie miteinander sprachen, wurde
es bald klar, dass Hr. Machin sich ziemlich dafür interessierte, seine
Bekanntschaft mit Rebecca zu vertiefen. Der enttäuschten Arabella blieb somit
Andrew Smythe übrig.
"Und was für Geschäfte tätigen sie, Hr. Smythe?", erfragte sie aus Höflichkeit.
"Eigentlich bin ich bei der Regierung Ihrer Majestät angestellt."
"Welche Abteilung?"
"Kolonien. Ich arbeite in Indien als ein Assistent des Gouverneurs."
"Indien! Wo leben Sie dort?"
"In Delhi."
"Delhi, eine feine, feine Stadt."
"Ich weiß nicht so genau. Ich finde es etwas voll von unangenehmen Gerüchen und
braun-häutigen Menschen, aber es ist in Ordnung, denke ich. Sie kennen
anscheinend Indien, Lady Hetherington?"
"Kennen? Ich habe die meiste Zeit meines Lebens in Mumbai gelebt! Ich war dort
sehr glücklich."
"Denken Sie, es würde Ihnen nichts ausmachen dort wieder zu leben?"
"Überhaupt nicht, warum Sie fragen?"
"Na ja, die meisten Damen hier verlieren das Interesse an mir, sobald ich Indien
erwähne. Sie können es nicht ertragen von Europa getrennt zu werden."
Arabella schaute ihn genauer an. War sie an ihm interessiert? Er war nicht
besonders schön, aber er war auch nicht wirklich hässlich. Seine Art und Weise
war etwas lästig, aber welcher Mann ist es nicht? Die Art, wie er mit ihren
Brüsten und Taille weiter redete war ziemlich ärgerlich, aber es hätte schlimmer
sein können. Eine Gelegenheit, nach Indien zurück zukommen, das war wichtiger
als ein schöner Mann.
"Wie eine Frau Interesse in einem feinen Mann wie Ihnen verlieren könnte,
verstehe ich ehrlich nicht", log sie. "In der Tat bin ich überrascht, dass Sie
mit solch einem einfachen Mädchen wie mir reden. Ich hätte eher erwartet, dass
Sie sich mit den Schönen des Balles unterhalten würden!"
"Oh, bringen Sie mich nicht in Verlegenheit, Lady Hetherington, und seien sie
nicht so streng gegenüber sich selbst. Sie sehen vollkommen göttlich aus." Er
schaute auf ihre wahrlich enge Rohtaille. "Vollkommen göttlich!"
"Gut, Hr. Smythe, wenn Sie so sehr von mir angetan sind, dann hoffe ich, dass
Sie mich darum bitten werden, mit Ihnen zu tanzen."
"Oh Lady Hetherington, ich bitte vielmals um Entschuldigung! Bitte, werden Sie
mir das Vergnügen des nächsten Tanzes machen?"
"Gerne, Hr. Smythe. Auf zur Tanzfläche!"
Und da hielt er unsere junge edle Dame an ihrer zerbrechlichen Taille fest und
führte sie auf die Tanzfläche. Und als sie herum wirbelten, zur Melodie des Blue
Danube Waltzers, konnte man ein kleines Lächeln auf dem Gesicht unserer Heldin
erkennen.
Ein Lächeln, das besagte: "Ich kehre nach Indien zurück!"