Latexdame Jannette 'historische' Korsettgeschichten

La Maison Des Poupees

von Dave Potter Copyright ©, 2002

Alle Rechte und weitere Nutzung beim Autor.

Übersetzung: Jannette

Kapitel 10

"Und was, Justine, soll das hier bedeuten?"
Madame Dorozhkina sah nicht aus wie eine zufriedene Frau, ganz im Gegenteil: Ihr Gesicht war verfinstert.
"Madame Dorozhkina." Arabella knickste. Sie dachte, es wäre am Besten, im Moment so nett und freundlich wie möglich gegenüber der Schulvorsteherin zu sein, da sie etwas von ihr wollte.
"Was gibt es?"
"Diese Nahrung, Madame…"
"Was ist mit der Nahrung, Justine? Ist sie unter ihren Niveau?"
"Oh nein, Madame, es ist fein", log Arabella. "Es ist so, dass ich es gut gegessen habe und noch hungrig bin. Vielleicht vergaßen Svetelina oder der Koch, dass ich diesen Morgen kein Frühstück bekommen hatte, noch ein Abendessen gestern abend. Ich bin noch äußerst hungrig, Madame. Entschuldigen Sie bitte."
Madame Dorozhkinas Gesicht schien etwas milder zu werden. Nur ihre Wörter waren es nicht. "Justine, weder Svetelina, noch der Koch haben irgend etwas vergessen. Die kleine Mahlzeit ist mit absichtlich so. Ich weiß, dass Sie hungrig sind, und ich weiß, dass es nicht angenehm ist, aber nach einiger Zeit werden sie es ertragen können."
"Aber warum, Madame? Was habe ich getan, um diese Strafe zu bekommen?"
"Justine, es ist keine Strafe. Glauben Sie mir, ich versichere Ihnen, dass sie sich wesentlich schlechter fühlen würden, wenn ich Sie bestrafen würde. Nein, es ist so, dass alle unsere Mädchen da durch müssen."
"Aber warum, Madame?"
"Warum? Warum? Sie wurden sicherlich sehr unwissend erzogen, Justine. Fakt ist, mein Mädchen, dass es unmöglich ist eine schmale Taille zu bekommen, wenn man zu dick ist. Sie haben viel zuviel überflüssiges Fett, Justine, und damit werden Sie niemals die Taillenweite erreichen, die notwendig ist. Deswegen müssen Sie abnehmen. Das ist der Grund, warum Sie auf Diät gesetzt werden. Und das ist, warum Sie Hunger haben. Es tut mir leid, aber so ist das eben."
"Aber…"
"Kein 'Aber', Justine, Ende der Diskussion. Sein Sie jetzt bitte fertig, sonst kommen Sie zu spät zu Ihren Bewegungs- Unterricht!"
Dann drehte sie sich auf ihren hohen Absätzen um und ging, die Tür hinter sich zuschlagend, hinaus.
Eine niedergeschlagene Arabella ließ Svetelina das Geschirr wegräumen. Sie bedeutete dann der Magd, ihr die Puppenmaske wieder aufzusetzen, aber zu ihrer Überraschung schüttelte das Russische Mädchen ihren Kopf und zeigte zur Trapezstange.
"Warum?", fragte das Mädchen, bekam aber natürlich keine Antwort. Außerdem wusste sie ganz genau, dass Madame Dorozhkina nicht gerade begeistert sein würde, wenn sie nochmal zu ihr kommen müsste. Also war es besser, Svetelina das tun zu lassen, was sie mit ihr vor hatte. So stand sie ungern auf und ging zur Schnürhilfe hinüber, wo die Magd ihre Handgelenke fest anbrachte und sie anschließend hochzog.
Svetelina ging dann zum Rückenteil ihres Kleides, öffnete die Korsettabdeckung und fing an das Korsett enger zu schnüren. Jene Lockerheit, die sich tagsüber entwickelt hatte, war schnell verschwunden. Als nach einigen Minuten das russische Mädchen aufhörte das Korsett enger zu schnüren, war Arabellas Korsett enger als jemals zuvor. Auf einmal fühlte sie sich ein wenig benebelt. Svetelina sicherte die Korsettschnur und schloss wieder das Kleid. Sie platzierte die verhasste Maske auf das hübsche Gesicht des jungen Mädchens, bevor sie Arabella herunterließ und ihre Handgelenke losband. Sie war jetzt wieder vollkommen fixiert, kämpfte um genug Atem und war unsicher auf ihren Füßen. Sie war bereit für die nächste Unterrichtung der La-Maison-des Poupees: Der Körperhaltungsunterricht.

Kapitel 11

Der Körperhaltungsunterricht wurde im großen Ballsaal des Herrenhauses von der fürchterlichen Schulvorsteherin selbst gegeben. Es waren nur fünf Schülerinnen anwesend, und so bekam jede von ihnen die volle individuelle Aufmerksamkeit.
"Haltung“ kündigte Madame Dorozhkina an, "ist die wichtigste der Künste, die Sie bei La-Maison-des Poupees lernen werden. Und in Ihrem bedauerlichen Fall, Justine, werden wir mit den einfachen Übungen des anmutigen Gehens beginnen müssen. Ihre Haltung ist entsetzlich!"
Sie wählte ein schweres Buch aus und legte es auf den Kopf des Mädchens. „Gehen Sie, damit auf dem Kopf, fünf Mal um den Raum herum. Jedes Mal, wenn es herunterfällt, heben sie es auf.“
'Das klingt einfach', dachte Arabella.
Sobald sie sich allerdings bewegte, fand sie ihre Einschätzung als völlig falsch. Das Buch wollte nicht auf ihrem Kopf bleiben. Jedes Mal, wenn das Buch herunterfiel, brauchte sie verdammt viel Zeit es wieder aufzuheben. Das Herunterbeugen in dem äußerst engen und einschränkenden Korsett war nicht nur schmerzhaft, es schien beinahe unmöglich zu sein. Einmal, als sie sich wieder herunterbeugen musste, rutschte sie auf dem spiegelglatten Fußboden aus, und verfing sich mit ihren hohen Absätzen in ihrer sie behindernden Kleidung.
Noch schwieriger als das Hinunter-Beugen, war das Aufrichten. Einige Zeit versuchte sie es alleine, doch es klappte nicht. Schließlich musste Madame Dorozhkina nach einer Magd klingeln, die sie wieder auf die Füße helfen sollte. Für eine Weile, während die Schulvorsteherin die anderen Schülerinnen genau beobachtete, welche den Knicks übten, umging Arabella ihre Probleme, indem sie ihre Hände in Kopfhöhe hielt, um das Buch zu fangen, wenn es herunterfallen wollte. Madame Dorozhkina bemerkte ihre neue Taktik. Sie war wenig beeindruckt von dem Einfallsreichtum des jungen Mädchens.
"Eine Dame geht nicht mit erhobenen Händen herum!", brauste sie auf. "Ihre Hände bleiben gefälligst an der Seite oder sind vorne gefaltet!" Dann packte sie Arabellas behandschuhte Arme und führte sie auf ihren Rücken, wo sie mit einem kurzen Seil zusammengebunden wurden. Jetzt konnte Arabella ihre Hände nicht am Kopf halten, und jedes Mal, wenn das Buch fiel, musste sie geduldig auf ihre Lehrerin warten, die dann zu ihr herüberkam, um es wieder auf ihren Kopf zu legen. Folglich dauerte die einfachen Aufgabe, fünf Mal um den Raum herumzugehen, über zweieinhalb Stunden.
Allmählich allerdings, verbesserte sie sich. Während bei ihrer ersten Umrundung des Ballsaals das Buch alle drei oder vier Schritte herunter fiel, gelang es ihr zum Schluss, eine Runde zu drehen, ohne das Buch zu verlieren. Madame Dorozhkina war aber weit davon entfernt zufrieden zu sein.
"Solch undamenhafte Körperhaltung, Sie sind wirklich furchtbar, Justine. Und die Länge ihrer Schritte sind zu groß! Eine Dame sollte immer kleine tänzelnde Schritte machen, nicht wie eine Giraffe. Hmmm, halten wir fest, dass ich mich Morgen vergewissern werde, dass Sie andere Unterröcke und Stiefel für die morgige Unterrichtsstunde bekommen. In der Zwischenzeit müssen wir uns auf ein paar wichtige Punkte über das richtige Sitzen konzentrieren."
Die folgende Stunde, in der Arabella von der Schulvorsteherin unterrichtet wurde, sollte sie etwas tun, was sie eigentlich schon immer gemacht hatte. Nur das sie es immer falsch tat.
"Nein, nein! Beugen Sie Ihre Knie, nicht die Taille, und halten Sie Ihren Rücken gerade", schimpfte Madame Dorozhkina.
"Sie müssen anmutig sitzen, junge Dame, ich sagte anmutig, nicht wie ein Flusspferd!"
Arabella wusste nicht, wie sich Flusspferde setzten, war aber um so sicherer, dass sie es nicht so tat, wie ihre Lehrerin es von ihr wollte. Ungern gab sie sich Mühe. Sie versuchte anmutig auszusehen, den Rücken gerade zu halten, nur ihre Knie zu beugen und Herr über ihrer voluminösen Röcke zu werden, die immer im Wege waren. Zu allem Unglück begannen ihre Füße jetzt wirklich, nach all den Stunden, weh zu tun. Sie fühlte ihre fürchterlichen Stiefel, den grimmigen Hunger und den Schmerz des engen Korsetts so stark war noch nie. Die anderen Mädchen waren schon vor einiger Zeit gegangen, und Arabella war jetzt vollkommen der Barmherzigkeit ihrer harten Lehrerin ausgeliefert. Diese war sehr penibel, und vergewisserte sich, dass jedes Detail ihrer Haltung und Bewegung perfekt war. Nach all den Strapazen verkündigte Madame Dorozhkina schließlich: "Gut ist es noch nicht, aber es gibt eine Verbesserung. Sie können jetzt gehen Justine. Morgen werden wir weiter an Ihnen arbeiten. Ihre neuen Stiefel und Unterröcke sollten bei dieser Angelegenheiten helfen. Sie können auf Ihr Zimmer gehen!"
Die verdrossene Arabella ging zu ihr, knickste äußerst ungeschickt und ging niedergeschlagen zurück zu ihrem Zimmer, in Erwartung einer armseligen Schüssel von Sdorovoe Pitanye. Sie ging langsam ihren Weg durch die unzähligen Korridore von La-Maison-des Poupees. Sie stolperte dabei immer wieder, und stieß gegen die Wände. Ihr Antlitz offenbarte ein müdes, entmutigtes junges Mädchens, welchem der Schweiß über den Wangen lief.

Kapitel 12

Arabella, ein zerschmettertes und hungriges junges Mädchen, setzte sich hin, um ihr mageres Abendessen zu essen. Der kräftezehrende Körperhaltungsunterricht hatte aus ihr den Rest ihrer verbliebenen Energie genommen, und sie hatte Angst vor dem, was noch kommen sollte.
Was auch immer es war, dass würde sie erfahren, sobald sie ihre Mahlzeit beendet hatte.
Svetelina reichte ihr einen Brief von Madame Dorozhkina. Besorgt öffnete sie den Umschlag, nahm das Blatt Papier heraus und las, was ihre Schulvorsteherin geschrieben hatte.

Justine
Die Zeit nach dem Abendessen, steht zu Ihrer persönlichen Verfügung im La-Maison-des Poupees frei. Die Schülerinnen handhaben das auf vielfältigen Weisen. Einige üben Klavierspielen, andere bleiben in ihren Räumen und wieder andere hören abendliche Erzählungen unserer Lehrer, welche im großen Wohnzimmer abgehalten werden. Eine andere Möglichkeit ist die, über den Tanzboden zu gleiten. Als abschließender Hinweis sei bemerkt, dass Ihre vollständige Kleidung, was auch immer Sie vorziehen zu unternehmen, nicht bis zur Schlafenszeit, die um neun Uhr beginnt, verändert werden darf.
Madame Dorozhkina

'Gut, ist ja nicht so schlecht', dachte Arabella, welche noch mehr Unbill von der Schulvorsteherin erwartet hatte. Überhaupt nicht schlecht, tatsächlich frei verfügbare Zeit. Aber wie verbringt man sie? Sie mochte jetzt keine Tanzpraxis mehr nehmen. Ihre Füße taten schon so weh genug, als dass sie diese noch mehr strapazieren wollte. Normalerweise liebte sie Spaziergänge durch den Dschungel, mit ihrem Vater auf der Jagd, in Raj, aber hier? Irgendwohin zu gehen in den schweren, die Bewegung einschränkenden Kleidungsstücken, die nur Freude an einer Marter erzeugten, nein, sie würde nicht spazieren gehen. Der Gedanke, im Raum zu bleiben war verlockend. Doch was konnte sie überhaupt machen in ihrer beengenden Kleidung? Einen Brief schreiben? An wem? Die einzigen Menschen, an die sie dachte, waren tot. Nein, sie musste rausgehen, etwas unternehmen. So erhob sie sich schwerfällig und ging niedergeschmettert den Korridor entlang zu dem Hauptwohnzimmer, wo der Vorlesungsabend stattfand.
Die Lesung wurde von einem Monsieur Jospin abgehalten, der, wie Arabella später herausfand, ein Mathematik Lehrer war. Er hatte weder eine laute noch eine einfühlsame Stimme, aber der Vergnügungshungrigen Arabella Hetherington kümmerte dies nicht. So erging es auch den anderen, etwa dreißig anwesenden Schülerinnen, welche etwas mehr als die Hälfte der zwei Klassen der Schule waren. Dankbar setzte sie sich, aufgrund ihres Korsetts kerzengerade, auf einem Mahagoni- Stuhl.
Sie lauschte den Worten der Erzählung. Monsieur Jospin las die ‚Arabischen Nächte’ in französisch vor. Arabella verstand im allgemeinen den Sinn der Geschichte. Sie hatte gelogen, als sie Madame Dorozhkina sagte, sie könne kein Französisch. Zwei Jahre lang hatte sie Französisch in Mumbai gelernt.
Sie trieb fort in eine Welt der Fantasie, Moscheen und orientalischen Palästen. Eine Welt, ähnlich der ihren, wo sie einmal gelebt hatte. Einer Welt, weit weg ihres gegenwärtigen traurigen Lebens. Oh, wie sie die ihres Lebens bedrohte Scheherazade beneidete, und wie sie an eine magische Lampe kommen wollte, die ihr drei Wünsche erfüllen würde. Sie wusste, worum sie bitten würde. Erstens um nach Indien zu kommen, zweitens Madame Dorozhkina zu einer Justine-Puppe zu verwandeln und drittens ihre Eltern zurückzubekommen.
Aber so war es leider nicht, und die Schlafenszeit kam viel zu schnell. Überdrüssig stapfte sie die Treppen hinauf zu ihrem Raum, darauf hoffend sofort in ihr Bett zu sinken und tief zu schlafen.

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