Nicht nur das es für Arabella schwierig war mit diesen engen und hochhackigen
Schuhen zu gehen, sondern sie hatte auch Probleme mit dem Ballonartigen
Reifrock. Auf dem ganzen Weg zu dem Ort, wo ihre Haare geschnitten werden
sollten, stieß sie dauernd gegen irgend etwas, oder stolperte. Der Reifrock war
so groß, dass Arabella wirklich Schwierigkeiten damit hatte, besonders mit dem
Hinterteil und den Seiten. Und trotz der Tatsache dass ihr diese Schuhe und das
Korsett aufgezwungen wurde zu tragen, machte sie viel kleinere Schritte, als
früher. Der Stahlapparat, welcher in einer lästigen Weise schwang, trug zu einem
uneleganten Erscheinungsbild bei, da sie ständig damit gegen Wände und Möbel
stieß.
"Justine, Ihre Schritte sind zu groß. Versuchen Sie gefälligst mit mehr Anmut
und Würde zu gehen!", befahl Madame Dorozhkina. Aber Arabella war vorher niemals
derart ausgebildet worden, wie sollte sie es tun?
Das größte Problem allerdings, waren die Treppen. Ihr Korsett hielt sie starr
und gerade und ihre Schuhe erschwerten ihre Balance. Der hohe und steife Kragen,
sowie der breite Reifrock hinderten sie daran den Boden vor ihr sehen zu können.
So konnte sie nicht sehen wohin sie trat. Folglich wusste sie überhaupt nicht,
wie sie ihre Füße setzen sollte. Behutsam hielt sie sich am Geländer fest und
tastete sich die Stufen hinab. Allerdings bei der dritten Stufe geriet sie ins
Straucheln, verpasste die Stufe, trat dann auf den Saum ihres Unterrocks, und
stürzte Kopfüber das Treppenhaus hinunter. Der Schock, gekoppelt mit dem
unnachgiebigen Druck des Korsetts, verursachte eine sofortige Ohnmacht. Als sie
wieder zu sich kam, weil die Magd ihr Riechsalz unter die Nase hielt, fand sie
sich, ziemlich ramponiert, am Fuß des Treppenhauses wieder. Sie benötigte die
Hilfe von Svetelina um wieder auf ihre Füße zu kommen. Es gab allerdings kein
Wort des Mitleids von der Schulvorsteherin.
"Also wirklich, Justine, Ihre Haltung ist schrecklich. Sie bewegen sich wie ein
Wasser-Büffel!" Sie fügte dann hinzu: "Ich muss ihnen einen engen Unterrock
verpassen lassen, damit Sie nicht mehr so große Schritte machen können."
Als sie schließlich den Raum erreichten, wo sie ihren Haarschnitt bekommen
sollte, war Arabella ziemlich ermattet und außer Atem. Sie wurde hingesetzt, was
auf Grund des engen Korsetts sehr schwierig war.
Sie saß auf einen großen Stuhl, mitten im Raum, vor einem großen Spiegel. Dann,
zu ihrer Überraschung, nahmen Svetelina und die andere Magd ihre Handgelenke und
sicherten sie an den Armlehnen des Stuhles. Sie benutzten die dort befestigten
Lederriemen. Dann holte die andere Magd eine große Schere, und fing an ihr
schönes, langes kastanienbraunes Haar abzuschneiden. Arabella konnte es nicht
glauben! Warum schnitt man ihr Haar ab? Nach allem, was sie wusste, war kurzes
Haar nicht damenhaft. Sie sah fragend zur Schulvorsteherin um eine Erklärung zu
bekommen, aber es gab keine. Statt dessen fuhr Svetelina damit fort, die kurzen
Reste ihres Haares mit einer Rasierklinge, wie sie ihr Vater zur Rasur
gebrauchte, zu entfernen! Innerhalb zwanzig Minuten war Arabella Hetheringtons
Haupt so kahl, wie das sprichwörtliche gekochte Ei. Was war der Grund für all
das?
Madame Dorozhkina schien in ihren besorgten Augen zu lesen und sie kam näher zur
Schülerin heran.
"Sie erinnern sich, Justine, warum meine Errichtung 'Das Haus der Puppen'
heißt?"
"Ja, Madame", antwortete sie ruhig. "Sie sagten, dass es so genannt wurde, weil
eine junge Dame Ihrer Meinung nach wie eine Puppe sein sollte."
"Genau, Justine, wie eine Porzellan-Puppe, ein hübsches Accessoire für ihre
Ehegatten. Genau das ist es, was wir hier erschaffen, junge Puppen, und das
Justine, ist der Grund, warum wir gerade all Ihre schönen Locken abrasiert
haben. Sie sehen dass ich Disziplin sicher stelle. Sie lernen, dass all meine
jungen Damen aussehen wie ich es will. Meine Aufgabe ist es, sie daran zu
gewöhnen, dass sie in Ihrem späteren Leben das tun, was Ihr zukünftiger Ehemann
von Ihnen verlangt. Ich werde das zerstören, was sie einmal glaubten zu sein, um
aus ihnen eine richtige junge Dame zu schaffen." Sie machte eine kurze Pause, um
dann fortzufahren: "Beseitigung der vorhandenen Individualität, sodass wir ein
sauberes Blatt haben, aus welchem ein Meisterwerk geschaffen werden kann: Eine
perfekte junge Dame. Die meisten Schulen und Einrichtungen ignorieren diese
wichtige Tatsache zu einem gewissen Umfang. Warum sonst, meinen Sie, dass
Armeen, Bahngesellschaften, Schulen und zahllose andere Organisationen Uniformen
gebrauchen? Die Individualität von ihren Mitgliedern zu zerstören ist es, um
dann ihr eigenes Bild zu formen. Allerdings, hier im La-Maison-des Poupees gehen
wir einen Schritt weiter als die meisten Errichtungen. Das ist de Grund, warum
wir die Besten sind."
Arabella war darüber erschreckt. Was sie da hörte, gefiel ihr überhaupt nicht.
Madame Dorozhkina gab Svetelina den Befehl, ein Paar weiße Kalbslederhandschuhe,
die aussahen wie ein Stück Holz, oder als wenn sie innen mit Metall ausgekleidet
wären, zu holen.
"Eine Dame sollte immer Handschuhe tragen, um ihre Haut zu schützen und einen
guten Teint zu garantieren“, sagte Madame Dorozhkina. "Außerdem sollten ihre
Handschuhe immer so eng wie möglich sein."
"Warum, Madame?", fragte Arabella.
"Warum? Eine gute Frage, und darauf gibt es einige Antworten. Erstens gefällt es
den Männern. Es erregt sie aus Gründen, die Sie nicht wissen müssen. Allerdings
ist das nicht alles. Eine Dame mit engen Handschuhen kann nicht viel mit ihren
Händen tun, sie kann ihre Finger und ihren Ellenbogen kaum beugen. Deswegen kann
sie nichts tun. Sie ist in der Tat vielfach gänzlich hilflos. Dies gefällt auch
den Männern, aber viel wichtiger ist es ein Zeichen für Prestige. Eine Dame, die
sich leisten kann nicht zu arbeiten, muss eine wohlhabende Dame, eine besser
gestellte Dame sein. Diese Handschuhe hier sind im wesentlichen exakt nach Ihren
Maßen geschaffen worden. Sie werden im Moment durch Handschuh- Spreizer gedehnt,
sonst würden wir sie Ihnen nicht anziehen können. Hinterher ziehen sie sich
wieder etwas zusammen. „Svetelina!"
Svetelina löste Arabellas linke Hand von der Lehne und streckte sie aus. Die
andere Magd nahm dann vorsichtig das Innenleben aus dem Handschuh heraus und
fing an den langen Handschuh über Arabellas Hand zu ziehen. Sogar in diesem,
leicht ausgedehnten, Zustand, war es nicht leicht. Die Magd schob, zog und
massierte ihn über Arabellas Finger, Handgelenk, Unterarm und Ellenbogen und
brauchte eine erhebliche Zeit, alles glatt zu ziehen. Letztendlich, nach großer
Anstrengung wurde die Einkleidung vollständig beendet. Die neuen Handschuhe
waren wahrlich wie eine zweite Haut, welche ihre Arme von den Fingerspitzen bis
hinauf zu den Oberarmen bedeckten. All ihr Fleisch wurde unbarmherzig
zusammengedrückt. Zu ihrer Überraschung stellte Arabella fest, dass ihre
Bewegungen äußerst beschränkt waren, sie konnte kaum ihre Handgelenke,
Ellenbogen oder Fingern bewegen, und ihre Arme wurden fast gänzlich starr
gehalten. Als sie fertig angezogen war, fühlte sich das arme junge Mädchen wie
ein hölzernes Spielzeug. All ihre Bewegungsmöglichkeiten vom Hals abwärts wurden
in der einen oder anderen Art behindert oder eingeschnürt.
"Und jetzt Ihr Kopf!", gab Madame Dorozhkina bekannt. Arabellas Augen öffneten
sich vor Schreck weit auf. Mit Grausen betrachtete sie eine fein geformte
Porzellanmaske, die Svetelina in ihren Händen hielt. Es war die Maske einer
schönen Puppe, mit einem Porzellanweißen Teint, großen blauen Augen und einem
kleinen lächelnden Schmollmund.
"Nein!", schrie sie , "Bitte tun Sie es nicht! Bitte! Neeeiiiiinnn!!"
"Das allerletzte Teil der Anonymität!", erklärte die Schulvorsteherin.
Svetelina drückte die Maske gegen Arabellas Gesicht. Die Maske passte sehr gut,
und reichte über die ganze vordere Hälfte ihres Kopfes, bis über ihre Ohren. In
der Maske eingebaut, war ein Stück Gummi, dass genau in ihren Mund passte und
wie ein Knebel wirkte, sodass sie nicht sprechen konnte. Arabella war immerhin
dankbar darüber, dass sie durch die Löcher in der Maskennase frei atmen konnte,
und sie auch durch die blauen Augen der Puppe sehen konnte, obwohl ihr
Gesichtsfeld etwas verkleinert wurde.
Svetelina machte die Maske mit zwei Lederriemen auf Arabellas Hinterkopf fest.
Dann erschien die andere Magd mit einer schönen Perücke, welche blonde
Ringellocken hatte. Diese wurde ihr auf dem Kopf befestigt.
Gänzlich ihrer Bewegungsfreiheit beschränkt, mit einem voluminösen Kleid
verkleidet und mit einem Gesichtsausdruck vollkommenem Lächelns einer
Porzellanpuppe, konnte Arabella nicht glauben, was sie ihr angetan hatten. Sie
machte keinen Versuch, sich zu bewegen, und starrte das hübsche, aber etwas
beunruhigende Bild von ihr an, dass sie im Spiegel sah. Svetelina heftete dann
ein Abzeichen auf ihr Kleid mit dem Namen 'JUSTINE' fest.
"Sie sehen", meldete sich Madame Dorozhkina zu Wort, "Sie sind wahrlich nicht
länger mehr Arabella Hetherington. Justine wurde erschaffen!" Sie pausierte.
"Willkommen im La-Maison-des Poupees, Justine. Nun machen wir Sie zu einer
Dame."
Arabella wurde durch die Korridore zu einem großen gut beleuchteten Raum
geführt. Er hatte auf der langen Seite zwei große Schiebefenster. In dem Raum
befanden sich eine Tafel und Schülerpulte. Kurz: Es war ein Klassenzimmer.
Allerdings war das La Maison Des Poupees keine alltägliche Schule, auch das
Klassenzimmer war etwas außergewöhnlich.
Als Madame Dorozhkina die Tür öffnete, konnte Arabella kaum ihren Augen glauben.
Ein Klassenzimmer, voller Schülerinnen kannte sie von früher, aber niemals
eines, wo alle Schülerinnen vollkommen identisch waren. Dort waren über zwanzig
Schülerinnen. Jede trug ein blaues Nadelstreifenkleid, lange blonde Haarlocken,
und alle hatten das gleiche künstlich Puppen- Antlitz. Außerdem, im Gegensatz zu
den meisten anderen Klassenzimmern, die sie besucht hatte, hier herrschte
absolute Stille.
"Excusez-moi, Madame Fontaine" sagte Madame Dorozhkina. "Sie haben eine neue
sich heute Ihrer Klasse anschließende Schülerin. Dies ist Justine."
Sie drehte sich zu den Schülerinnen. "Heißen Sie bitte Ihre neue Mitschülerin
willkommen."
Alle Mädchen standen schweigend auf, knicksten, und setzten sich wieder hin. Der
einzige Lärm, der zu hören war, war das Knarren von zwanzig streng geschürten
Korsetts.
Das Sehvermögen störte Arabella sehr. 'Jeder ist unterschiedlich, jeder ist
sicherlich ein Individuum!', dachte sie. Dennoch sahen alle identisch aus,
einfach wie die Puppen, genau so wie Madame Dorzhkina es wollte. Und sie war nun
eine von ihnen! Die einzigen erkennbaren Unterschiede zwischen ihnen, waren die
unterschiedlich variierenden Taillen- und Körpergrößen! Nein sie waren wie echte
Porzellanpuppen, alle sahen vollkommen künstlich aus, da nicht ein Fleck
menschlicher Haut zu sehen war. Alle trugen die selben Masken, Perücken,
Stellungskragen, Handschuhe und Uniformen. Aber wer waren sie? Was für Personen
versteckten sich hinter jenen Masken? Arabella wollte es herausfinden.
"Justine kann derzeit kein Wort Französisch verstehen", sagte die
Schulvorsteherin. "Sie werden mit ihr neu beginnen müssen."
"Oui Mme, j'ai-compris."
"Justine, dies ist Madame Fontaine, Ihre Französisch Lehrerin. Begrüßen Sie sie,
bitte."
Arabella knickste.
"Setzen Sie sich dort hin", sagte die streng geschnürte Französin. Sie deutete
zu einem leeren Stuhl neben den anderen Puppen. Arabella schritt hinüber und
setzte sich hin. Sie nickte dem Mädchen neben ihr zu. Das nickte mit ihrem
Lächel- Maskengesicht zurück. Arabella schaute auf ihr Namensschild. Sie las
'JUSTINE'!
'Seltsam', dachte sie, und drehte sich zum Mädchen auf ihrer anderen Seite um.
Auf Ihrem Namensschild stand auch 'JUSTINE'. Sie verstand. Alle Mädchennamen,
wie ihre Kleidung, Haare und Gesichter, waren identisch. Gleichförmigkeit,
anonym, zu Damen formend. Dorozhkinas ‚besser gestellte Damen’.
"Classe!" sprach Madame Fontaine, "Copy, s’il vous plait. Je m’appelle parlez
avec Pierre, s’il vous plait…"
Die Französisch Stunde ging nur langsam und schmerzhaft vorüber. Nicht, dass es an Arabellas Auffassungsvermögen lag, es war ihre einschränkende Kleidung. Besonders das stark geschnürte Korsett und die Maske, unter der ihr sehr warm wurde. Das alles irritierte sie. Dazu kam die Tatsache, dass sie mit ihrer Lehrerin nur durch Handzeichen kommunizieren konnte. Die Sprache wurde gänzlich schriftlich unterrichtet. Der größte Teil des Unterrichtes bestand darin, dass Madame Fontaine ständig was auf die Tafel schrieb, und die Schülerinnen es in ihre Hefte abschrieben. Sogar das Schreiben war schwer genug aufgrund ihrer äußerst engen Handschuhe, welche das Halten des Bleistiftes fast unmöglich machten. Ihre Finger konnten sich doch kaum biegen. Die Handschuhe waren so glatt, dass es sehr schwer war, den Bleistift zwischen den Fingern festzuhalten. Mit einem Male fiel ihr der Bleistift auf den Boden, und sie musste ihre Hand heben, und musste dann auf Madame Fontaine warten, welche zu ihr kam, um ihn aufzuheben. Den Körper nach unten beugen, um den Bleistift selber aufzuheben, war unmöglich. Ihr Korsett war zu starr für solch eine Bewegung. Dies brachte ihr einen Tadel der Französisch Lehrerin ein.
Die nächste Unterrichtsstunde war Mathematik. Eine weitere Stunde des Abschreibens von der Tafel in absoluter Stille. Allerdings kam jetzt ein neues Problem auf sie zu, mit dem sie sich befassen musste. Unten, in den Tiefen ihres streng zusammengepressten Magens, fing es an zu schmerzen. Arabella erinnerte sich, dass sie den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte. Auch gestern abend hatte sie nichts zu essen bekommen, sie hatte Hunger! Die Minuten schlichen nur so dahin. Die folgende Unterrichtsstunde des ‚Schönschreibens’ wurde noch unerträglicher. Es ging aber nicht nur ihr so schlecht. Arabella sah, wie einige andere Mädchen anfingen, sich unruhig auf ihren Stühlen zu bewegen, und ihre schmalen Taillen rieben.
Endlich läutete die Glocke und es wurde ihnen befohlen, zu ihren Räumen
zurückzugehen. Zuerst beunruhigte dies Arabella, da sie sich nicht erinnern
konnte, wie sie zu ihrem Schlafzimmer gelangen sollte. Doch glücklicherweise war
das Problem vorhergesehen worden, und Svetelina wartete auf ihr. Sie folgte
ihrer Magd entlang den Gängen und über das Treppenhaus hinauf, wo sie vorhin
hinuntergestürzt war. Sie erreichten schließlich ihren Raum. Trotz des nagenden
Hungers, fühlte sich Arabella ein bisschen besser, sie schritt jetzt sicherer
als am Morgen, und ihr Korsett fühlte sich ein bisschen lockerer an.
'Ich werde nichts davon sagen', dachte sie, da sie sich sicher war, dass die
sadistische Madame Dorozhkina sie sofort enger schnüren würde. Doch dann fiel
ihr ein, dass sie wegen der Porzellanmaske sowieso nicht sprechen konnte.
Nachdem sie den Raum betreten hatte, bedeutete ihr Svetelina, sich an einem
kleinen Tisch zu setzen, wo ihr Mittagessen auf sie wartete. Die russische Magd
nahm ihr dann die Maske ab, reichte Arabella einen Löffel und nahm den Deckel
vom Gericht, um ihre Mahlzeit zu enthüllen. Was sie sah, schaute nicht sehr
appetitlich aus. Eine kleine Schüssel, gefüllt mit braun-grauen Brei, wurde mit
einem Glas Wasser serviert. Arabella deutete darauf und fragte: "Was?"
Svetelina schaute auf das Essen und dann nach Arabella. "Sdorovoe Pitanye",
sagte sie. Arabella erfuhr später, dass dies einfach 'gesunde Nahrung' in
Russisch bedeutete.
Appetitlich sah es zwar nicht aus, aber Arabella war äußerst hungrig. Sie
ergriff mit einigen Problemen den Löffel und fing an den Brei in ihren Mund zu
schaufeln. Der Geschmack war ekelhaft, wie Sägemehl. Normalerweise hätte sie so
was nicht angerührt. Allerdings, das war kein normaler Tag, und es gab einen
überzeugenden Grund das unmögliche Mahl zu essen. Das Grollen ihres Magens. Zu
ihrem Entsetzen bemerkte sie, dass nachdem sie etwa sechs oder sieben Löffel mit
dem merkwürdigen Essen verspeist hatte, die kleine Schüssel leer war. Sie war
aber noch hungrig! Was sollte sie tun? Sicherlich würde sie keine fünf oder
sechs Tage auf dieser Art und Weise überleben.
"Svetelina, kann ich bitte noch etwas mehr bekommen?", fragte sie.
Die Magd sah sie verdutzt an, und Arabella erinnerte sich, dass sie kein
Englisch verstand. Das Mädchen deutete auf die leere Schüssel und sagte: "Mehr."
Dann zeigte sie auf ihren Mund.
"Nyet", antwortete die Magd.
Arabella wusste, dass sie nichts von der Dienerin bekommen würde, also entschied
sie aus Ärger gegenüber der Magd, nach Madame Dorozhkina zu rufen.
"Madame Dorozhkina, bitte", sagte sie.
Svetelina sah sie verblüfft an und ließ dann einen Sturzbach in ihrer slawischen
Sprache erklingen.
"Dorozhkina!" rief mehrmals Arabella.
"Nyet", antwortete die Magd.
"Dorozhkina!", brüllte das Mädchen. Svetelina sah besorgt drein und beeilte sich
hinaus zu gehen. Arabella war erfreut über ihren ersten kleinen Sieg und seufzte
erleichtert. So weit wie es ihr Korsett zuließ, lehnte sie sich zurück und
wartete.