Latexdame Jannette 'historische' Korsettgeschichten

Tante Pollys Ziehkind

Original Fiction by Stephen

Alle Rechte und weitere Nutzung beim Autor.

Übersetzung: Jannette

Kapitel Drei

Patricia schlief nicht gut, denn tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf. So war sie morgens noch sehr müde und wollte nicht aufstehen. Die Zofe musste sie sogar aus dem Bett herausziehen. Da die Zofe nicht bei ihr geblieben war, fand sie eine viertel Stunde später Patricia wieder schlafend im Bett vor. Sofort holte die Zofe eine zweite Zofe zur Hilfe und gemeinsam zogen sie Patricia aus dem Bett heraus, wuschen und zogen sie an. Dass kalte Wasser hatte zwar die Müdigkeit verjagt, aber sie war dennoch nicht hellwach als sie viertel vor acht den Frühstücksraum ihrer Tante betrat.
Die ersten Worte der Tante waren: „Du bist zu spät.“
Patricia gähnte. „Ich weiß, Tante. Es tut mir sehr leid. Ich hatte gestern eine lange Fahrt und wurde heute Morgen einfach nicht wach.“
„Halte die Hand vor dem Mund wenn du gähnst, Patricia, und mache dabei den Mund nicht so weit auf. Das ist keine Entschuldigung. Eine Dame weiß immer um ihre Pflichten, und deine hieß rechtzeitig aufzustehen. Ich habe mein Frühstück schon beendet. Das war nicht sehr schön von dir dass du mir keine Gesellschaft geleistet hast.“
Patricia seufzte. „Das tut mir Leid, Tante. Was soll ich jetzt machen?“
„Ich möchte, dass du beginnst dich wie eine wirkliche Dame zu verhalten und nicht wie ein Straßenbengel. Aber in der Zwischenzeit könntest du um den Frühstückstisch herumgehen, mit Goldsmiths Geschichtsbuch auf dem Kopf. Es liegt dort drüben auf dem Buffet.
Patricia ging zum Buffet hinüber und legte das Buch auf ihrem Kopf. Dann wollte sie um den Tisch herumgehen. Da der Raum aber nicht so groß und leer war, hatte sie Probleme. Es gab unzählige Hindernisse, um die sie herumgehen musste. Sie musste mehrere Male um den Tisch herumgehen und das Buch dabei auf dem Kopf balancieren, bis sie es endlich die erste Umrundung schaffte ohne dass das Buch herunterfiel. Tante Polly schnalzte mit der Zunge und sagte: „Nicht gut, Patricia, überhaupt nicht gut. Du musst das noch sehr oft üben. Ein Korsett wird da sehr hilfreich sein.“
„Wird es mir helfen meinen Körper gerade zu halten?“
„Nicht nur das. Wenn du eng geschnürt bist, wirst du es dir zweimal überlegen dich nach unten beugen zu müssen. Das Buch wieder vom Boden hochzuheben wird nicht sehr angenehm sein wenn du endlich in einem Korsett eingeschnürt bist. Dann wirst du alles tun um das zu vermeiden. Du wirst viel schneller lernen dich gerade zu halten.“
Patricia gefiel nicht der drohenden Unterton in Tante Pollys Stimme, aber sie wollte sich nicht mit ihr streiten. „Darf ich mich hinsetzen und frühstücken, Tante?“
„Du darfst.“
Patricia wurde etwas ziemlich abstoßendes serviert. Tante Polly nannte es ‚Bengers Essen’. Es sah wirklich nicht sehr appetitlich aus. Als Patricia protestierte, sagte ihre Tante: „Das, oder gar nichts.“
So würgte Patricia den Brei herunter. Sie fragte sich was für Unannehmlichkeiten ihre Tante noch für sie parat hätte.

An jenem Morgen wurde ihr Körperhaltungstraining verschärft. Tante Polly band ein Gummiseil in Höhe der Knie über Patricias Rock, sodass sie nur noch kleine Schritte machen konnte. Das empfand sie zunächst als sehr beunruhigend, aber ihre Tante erklärte ihr dass es zu einem wesentlich damenhafteren Gang führen würde. Es wirkte tatsächlich Wunder. Patricias Gang wurde dadurch verbessert und ihrer Tante musste nicht mehr so oft schimpfen. Die Tante ermahnte sie aber immer wieder den Oberkörper gerade zu halten. Bedrohlich fügte sie hinzu: „Wir werden etwas dafür tun, wenn du dein erstes Korsett bekommst.“
Dann musste Patricia üben wie man sich hinsetzt, wie man sitzt, wie man aufsteht, wie man geht, wie man die Treppe hinauf und hinunter geht...
Schließlich dozierte Tante Polly: „Und zu guter Letzt wirst du lernen dich mit einem anständigen Kleid richtig zu bewegen Es ist eine wahre Kunst sich trotz eines engen Rocks anmutig zu bewegen.“

Vor dem Mittagessen musste Patricia wieder mit einem großen Buch auf dem Kopf um den großen Tisch herumgehen, bevor sie essen durfte. Das war wegen des Gummibands über den Knien viel schwieriger als am Morgen. Sie brauchte fast 10 Minuten bis sie es fehlerfrei schaffte. Patricia war sehr hungrig, da sie einen harten Vormittag hinter sich gebracht hatte. Sie nahm an dass sich ihre Tante freuen würde wenn sie so richtig zulangen würde, aber da lag sie völlig falsch.
„Nein, Patricia. Keine Dame isst so wie du.“
„Und wie soll ich essen, Tante Polly?“
„Wie ich. Nimm nur einen kleinen Bissen auf deine Gabel, führe sie zum Mund, und kaue die Nahrung gut durch bevor du es herunterschluckst. Beeile dich niemals, und esse niemals den Teller leer.“
„Aber Tante Polly, ich bin hungrig!“
„Dann musst du lernen es nicht zu sein. Hungrig zu sein ist ein Zeichen für Armut. Du bist eine Dame. Du hast immer zu Essen im Haus. Du hast niemals ein Problem damit, weil es immer eine nächste Mahlzeit gibt. Verschlinge nicht deine Nahrung wie ein Hafenarbeiter. Jeder soll sehen dass du gut erzogen bist. Es ist schade dass du dich nicht beim Frühstück gesehen hast. Da hast du dich viel besser zurückgehalten.“
„Das“, sagte Patricia mit bitter klingender Stimme, „geschah weil es mir nicht schmeckte.“
„Ah“, sagte ihre Tante als wäre gerade das Geheimnis des Universums enthüllt worden. „Das könnte das unterschiedliche Verhalten begründen. Was möchtest du denn gerne essen? Wir müssen also darauf aufpassen und nicht deine Lieblingsnahrung servieren, sonst kommt wieder dein schlechtes Verhalten zutage.“
„Gut, Schokoladenpudding, und Entenbraten, aber... Ich möchte nicht dass ich das nie mehr essen darf!“
„Vielleicht wird es nicht notwendig sein, jedenfalls für die nächsten Tage. Sobald du eng geschnürt bist, wirst du nicht mehr so viel essen wollen.“

An jenem Nachmittag besuchten jede Menge Leute das Haus. Die meisten waren sehr gut gekleidet und sehr höflich, aber Tante Polly behandelte sie mit ihrer üblichen Verachtung, und die Besucher schienen das zu erwarten. Patricia wurde bis auf die Unterwäsche ausgezogen. Dann wurde ihr Körper komplett vermessen. Die Damenschneider waren allesamt darüber erschüttert dass Patricia kein Korsett trug. Und Tante Pollys konnte gar nicht oft genug erklären dass sie daran arbeitete und die Schneider bald noch einmal neue Maße nehmen müssten. Patricia hörte das gar nicht gerne, sagte aber nichts dazu. Sie machte sich vielmehr darüber Sorgen, dass sie niemand fragte welchen Wunsch sie denn hätte. Allerdings überraschte sie es auch nicht mehr. Langsam ahnte sie welche Kleidung Tante Polly für sie auswählte, sowie die Schnitte und Farben. Ein Schuster fuhr mit einem Bleistift um ihre Füße herum, welche auf einem Blatt Papier standen. Da dies kitzelte, zuckte sie immer wieder zusammen und musste ermahnt werden still stehen zu bleiben. Schließlich trat ein junger Mann vor, welcher sich die ganze Zeit im Hintergrund aufgehalten hatte. Stolz trat er vor und stellte sich als Korsettmacher vor. Er vermaß Patricia nicht nur sehr genau, sondern auch dort, wo ihre intimen Stellen waren. Das beunruhigte sie sehr stark. Der Mann machte sich sehr viele Notizen. Danach fragte er Tante Polly, nicht sie, was er herstellen sollte.
„Zwei Standard- Tageskorsetts, ein Abendkorsett, ein Nachtkorsett, zwei Ausbildungskorsetts, ein Verbesserungskorsett“, leierte Tante Polly herunter, als wenn sie die Liste auswendig gelernt hätte.
Der Korsetthersteller nickte und notierte es. „Ich werde so schnell sein wie ich kann“, sagte er.
„Überstürzen sie es nicht. Alles muss sehr stabil sein. Sie hat noch nie ein Korsett getragen und wir werden sie hart schnüren müssen.“
„Sie können sich auf mich verlassen“, sagte der Korsetthersteller und ging.
Als er den Raum verlassen hatte, fragte Patricia: „Tante Polly? Darf ich sie etwas fragen?“
„Was, Kind?“
„Was ist ein Abendkorsett, was ist ein Nachtkorsett, was ist ein Ausbildungskorsett und was um Himmels Willen ist ein Verbesserungskorsett?“
„Eins nach dem anderen, Patricia. Ein Abendkorsett ist ein Korsett, das du unter einem Abendkleid trägst. Es muss stärker sein, ist aber besser geformt, damit man eine kleinere Taille bekommt. Ein Nachtkorsett ist ein Korsett, das du nachts trägst, wenn du schläfst...“
„Aber warum muss ich das tun, Tante Polly? Mir ist klar dass ein Korsett den Anblick meiner Figur schöner machen soll, aber im Bett ist es doch egal wie ich aussehe.“
Die Tante Polly schüttelte traurig ihren Kopf. „Diese Ignoranz! Deine Mutter hat dir wirklich nicht viel beigebracht. Jedes andere Mädchen in deinem Alter und aus deinem Stand weiß es. Man trägt nachts ein Korsett, Kind, weil man den Druck auf die Figur immer bewahren muss. Der Körper muss allmählich die Form des Korsetts annehmen. Jede Dame, die ihre Figur so schön wie möglich behalten will, trägt ein Nachtkorsett. Seit fünfundzwanzig Jahren trage ich immer ein eng geschnürtes Korsett, außer wann ich bade. Und genau darum habe ich eine schöne Figur. Du hast nicht einmal annähernd eine akzeptable Figur. Aber wenn wir sie formen, schaffen wir es aus dir eine schöne junge Dame zu machen. Du darfst niemals ohne Genehmigung dein Korsett öffnen.“
„Und was ist das andere Ding? Das Ausbildungskorsett?“
„Das sollte dir eigentlich klar sein, Mädchen. Ausbildungskorsetts sind speziell für Mädchen gedacht, die ihre Figur ausbilden. Der Unterschied ist, dass es länger und steifer ist als ein normales Korsett. Man kann sich nicht hinsetzen oder großartig bewegen, aber es stellt die beste mögliche Gewalt über die Figur sicher.“
„Und dann… das Verbesserungskorsett? Ist es dazu bestimmt eventuelle Defekte meiner Figur zu korrigieren weil ich nicht richtig entwickelt bin?“
Ihre Tante lachte höhnisch. „Nein, Patricia. Es dient Defekte deines Verhaltens zu korrigieren. Ein Verbesserungskorsett wird mit Absicht so gefertigt, dass es unbequem ist. Wenn ein Mädchen beim Training ungehorsam ist, wird es aufgrund des Verbesserungskorsetts viel schneller lernen sich zu benehmen. Anfangs wird dir keines deiner Korsetts gefallen, Kind. Aber nachdem du als Alternative das Verbesserungskorsett verspürt hast, wirst du selbst das strengste Ausbildungskorsett als bequem betrachten. Lege jetzt wieder das Buch auf deinem Kopf. Ich will dass du um den Tisch herumgehen kannst, ohne dass es herunterfällt.“

Kapitel Vier

Für Patricia ging das Training weiter. Sie machte sich um ihre Zukunft mehr Sorgen als zuvor.
Und schließlich war es so weit: Der Korsetthersteller kam vorbei. Er hatte viele große Schachteln dabei. Er öffnete die Schachteln und holte der Reihe nach die Korsetts heraus, welche in schönem rosafarbenem Seidenpapier eingewickelt waren. Er legte alle Korsetts nebeneinander auf den großen Esstisch. Als er ein furchtbar aussehendes Korsett hinlegte, es war in blauem Seidenpapier eingeschlagen, schaute Patricia es sich nervös an und fragte: „Ist das ein Verbesserungskorsett?“
„Nein, Lady Patricia, das ist nur ein normales Ausbildungskorsett. Wollen sie ihr neues Verbesserungskorsett sehen? Ich fürchte, es wird ihnen nicht gefallen. Es gefällt keiner jungen Dame.“
„Ich möchte es trotzdem sehen“, sagte Patricia sichtlich eingeschüchtert.
„Sehr gut, Lady.“ Er öffnete die letzte und größte Schachtel und packte ein grauenerregendes, aus glänzendem schwarzem Leder gefertigtes Korsett mit zusätzlichen glänzenden Stahlteilen aus. „Da ist es!“, sagte er und hielt es stolz hoch. „Möchten sie darin geschnürt werden?“
„Bitte nicht“, sagte Patricia. Sie betrachtete das Korsett und fragte sich wie man damit überhaupt gehen könnte.
„Das ist der Sinn dieses Korsetts. Sie benehmen sich und tun was ihnen ihre Tante sagt. Sie lösen niemals ohne Genehmigung ihre Korsettschnur, und vielleicht werden sie es niemals tragen müssen.“
Tante Polly klatschte Beifall. „Gut, Patricia, jetzt verstehen wir uns wohl etwas besser. Jetzt müssen wir nach oben gehen und endlich beginnen. Wir können es unmöglich hier tun. Kommt!“

Sie gingen über das großartige Treppenhaus nach oben. Dann durchquerten sie den langen Korridor des Westflügels, bis sie das verhältnismäßig kleine Schlafzimmer erreichten, welches Patricia zugewiesen worden war. Das Einzige, was Patricia an dem Zimmer gefiel, war das Himmelbett. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Der Korsetthersteller klingelte nach Marjorie und als diese eintraf, befahl er ihr Patricia auszuziehen. Dann nahm er eines der Tageskorsetts und legte es Patricia um die Taille.
„Ich weiß, dass ihre Mutter sich nicht schnürte“, sagte er. „Aber ich nehme an dass du die Prinzipien verstehst?“
„Natürlich“, sagte Marjorie. „Ich habe mich stets selber in mein Korsett geschnürt. Allerdings nicht sehr streng. Aber einige der jüngeren Zofen taten es und ich musste ihnen helfen. Ich weiß wie man ein Korsett richtig schnüren muss.“
„Sehr gut. Und jetzt, Patricia, zu ihnen. Halten sie sich gut an dem Bettpfosten fest. Greifen sie so weit nach oben wie möglich. So ist es richtig. Holen sie jetzt tief Luft und ziehen sie ihrem Bauch ein. Jetzt halten sie den Atem an. Und während sie das tun, ziehe ich kontinuierlich an der Schnur. Atmen sie nicht aus! Ich ziehe, und ziehe, und wenn ihre Taille 5 Zentimeter schmaler ist als jetzt... Noch ein wenig... Noch etwas... Ein ganz klein wenig... Geschafft! Ich mache jetzt einen Knoten in die Schnur. Der Körper muss sich an ein Korsett gewöhnen. Anfangs wird also nicht enger geschnürt als jetzt. In ein paar Stunden wird sich der Körper angepasst haben. Außerdem wird sich das Korsett lockern.“
„Gut! Ich kann kaum atmen, so eng ist es!“
„Wenn sie glauben dass sie jetzt nicht atmen können, Lady, warten sie bis wir wirklich mit ihrer Taillenreduzierung anfangen. Wie ich also schon sagte, sobald das Korsett sich gedehnt und somit gelockert hat, muss es nachgeschnürt werden. Das ist wichtig, damit ein permanenter Druck der 5-Zentimeter- Reduzierung erhalten bleibt. Miss de la Coudière, da alle Korsetts neu sind, ist es besser, wenn sie das Nachtkorsett der jungen Lady eine Stunde bevor sie ins Bett geht anlegen lassen. Dann lockert es sich nicht während der Nacht. So! Schauen sie in den Spiegel und sagen sie mir nicht dass es keine Verbesserung ist.“
Patricia tat es. Sicher, ihre Figur hatte sich verändert, aber das war niemals ihr Ehrgeiz gewesen. Sie wollte niemals eine Wespentaille haben. Sie hatte in einer ganz anderen Welt gelebt, wo solche Dinge nicht wichtig waren. „Ich weiß nicht, ob es eine Verbesserung ist oder nicht, aber ich sehe völlig anders aus.“
„Dann musst du es mir glauben. Es ist eine Verbesserung. Deine dumme Mutter hat dir eine schlechte Erziehung zukommen lassen. Du kannst ja nicht einmal eine gute Figur erkennen, selbst wenn du sie siehst. Nimm dir ein Beispiel an mir. Ich verkörpere alles, was eine echte Dame ausmacht. Meine Haltung ist tadellos, meine Figur einwandfrei, mein Modegeschmack ist exquisit und meine Manieren ohne Tadel.“ Tante Polly sagte das alles so, als wenn sie über Haar- oder Augenfarbe reden würde. Patricia bekam eine Gänsehaut. „Als ein junges Mädchen, das nach einer guten Partie Ausschau hält, wirst du natürlich ganz anders gekleidet werden. Aber im Prinzip ist es immer das Gleiche. Du musst lernen gut auszusehen und dich gut zu benehmen. Und dir wird keine Pause gegönnt, nicht einen Tag, bis du das von mir gesteckte Ziel erreichst und bereit bist für einen guten Ehemann. Dann werde ich dich in seine Verantwortung übergeben und du kannst tun und lassen was innerhalb seiner Regeln liegt. Aber zuallererst musst du lernen mit einem Korsett zu leben, und ich warne dich. Ich lasse keinen Unsinn zu, was immer es auch sei.“

Und das tat sie auch nicht. Patricia verbrachte die nächsten Stunden mit steifem Oberkörper und knappen Atem. Als sie endlich glaubte sich daran gewöhnt zu haben, erschien eine der Zofen bei ihr in der Bibliothek, wo sie etwas las. Die Zofe sagte: „Miss Patricia, Miss de la Coudière sagt dass sie bitte auf ihr Schlafzimmer gehen möchten, damit ihr Korsett nachgeschnürt werden kann.“
„Sage bitte meiner Tante, dass dieses Korsett immer noch viel zu eng ist und ich nicht die Absicht habe es enger schnüren zu lassen. Ich brauche noch etwas Zeit um mich daran zu gewöhnen. Du kannst gehen.“
Das Hausmädchen bat noch einmal. Sie sah nervös aus. Doch dann gab sie auf und ging. Ein paar Minuten später kam sie in Begleitung eines kräftigen Dieners zurück. „Bitte, Miss Patricia. Miss de la Coudière sagte dass sie enger geschnürt werden müssen, ob es ihnen gefällt oder nicht. Und wenn sie es ablehnen sollen wir Gewalt anwenden.“
Patricia schaute den Diener mit ernstem Blick an. Er verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf dem anderen, als ob er nervös wäre, aber sein Gesichtsausdruck blieb ernst. Patricia überlegte ob sie davon laufen sollte, rechnete sich aber keine Chance aus. Sie hatte das Gefühl, als wenn Tante Polly meinte was sie sagte, und diese Leute würden ihr gehorchen. Mit einem Seufzer stand sie auf und sagte: „In Ordnung, ich komme.“

Eine halbe Stunde später war Patricia wieder in der Bibliothek und versuchte weiter zu lesen, aber nun war es viel schwieriger sich zu konzentrieren. Wie bei Tante Polly knarrte es nun auch bei jedem ihrer eigenen Atemzüge. Nicht einmal für eine Sekunde konnte sie vergessen dass sie in ein neues und steifes Korsett geschnürt worden war. Sie hatte protestiert und gebettelt: „Tante Polly, lass bitte nicht zu dass man mich so eng schnürt.“ Aber ihre Tante war noch weniger mitfühlend gewesen und sagte: „Im Gegenteil, Mädchen, du wirst äußerst wenig geschnürt. Wenn ich mich morgens anziehe, muss meine Zofe viel stärker an der Korsettschnur ziehen als es jetzt bei dir geschieht. Ich würde in keinem Korsett schlafen, das so locker ist wie deines. Und jetzt höre auf solch ein Affentheater zu machen. Du musst dich damit abfinden. Aber selbst wenn du dich nicht damit abfinden willst, wirst du trotzdem lernen damit zu leben. Denn ab heute wirst du immer in einem Korsett eingeschnürt werden, bis du dieses Haus für immer verlässt.“

Es war alles andere als bezaubernd. Das Korsett ermüdete schrecklich. Nicht weil es eng und unbequem war, sondern weil es sie zwang aufrecht zu sitzen. Sie konnte ihren Rücken nicht mehr an die Stuhllehne anlegen. Sie musste auf der Stuhlkante sitzen und aufrecht sitzen bleiben. Das war aber Patricia nicht gewohnt. Nach einiger Zeit ging sie zu ihrem Schlafzimmer und legte sich mit dem Rücken auf das Bett. Das war die einzige Möglichkeit sich ein wenig zu entspannen. Als sie lesen wollte, musste sie das Buch ziemlich hoch halten, was wiederum für die Arme sehr ermüdend war. Außerdem hatte sie noch nicht sehr lange gelegen, als ein anderes Dienstmädchen erschien. Die Zofe sagte ihr, dass sie nach unten kommen sollte, für ihren Körperhaltungs- Unterricht. Patricia musste feststellen, dass sie sich nicht von alleine vom Bett erheben konnte. Die Zofe musste ihr helfen, was Patricia sehr unangenehm war. Sie schämte sich ein wenig. Knarrend wie ein Segelschiff ging sie ihren Weg. Schließlich betrat sie das Zimmer, in dem Tante Polly bereits auf sie wartete.
Die so genannte Haltungslehre verlief dieses Mal etwas besser, und Patricia musste widerwillig zugeben, dass ihre Tante Recht gehabt hatte. Das Korsett zwang sie, kerzengerade zu stehen. Das half ihr die von Tante Polly geforderte Körperhaltung zu erlangen. Auch die Regel dass sie das Buch, welches von ihrem Kopf heruntergefallen war, alleine aufheben musste, bekam eine viel größere Bedeutung. Mit ihrem langen und engen Korsett war es unmöglich sich zu bücken. Sie musste mit geradem Oberkörper in die Hocke gehen und ziemlich ungeschickt mit ihren Fingern das Buch ertasten. Das war eine wackelige Angelegenheit, und sie kippte um. Sie hatte zwar das Buch in ihrer Hand, konnte aber nicht wieder aufstehen. Natürlich kam ihr Tante Polly nicht zur Hilfe. Patricia empfing einen kurzen aber eindringlichen Vortrag warum sie das nicht wieder tun sollte. Erst danach läutete ihre Tante die Glocke, damit eine Zofe Patricia wieder auf die Beine stellen sollte. Mit jener unangenehmen Erfahrung im Hinterkopf, war Patricia anschließend doppelt so sorgfältig wie zuvor. Sie ging langsamer und vorsichtiger. Tante Polly sagte, dass sie Fortschritt machte, doch Patricia wollte ihr nicht glauben. Sie machte derart kleine Schritte, dass sie kaum vorankam. Patricia sagte es und ihre Tante antwortete: „Unsinn. Deine Schritte sind zweimal so lang wie meine. Warte ab bis deine neuen Kleider kommen. Dann wirst du herausfinden wie man richtig gehen sollte.“

Gegen sieben Uhr, an jenem Abend, war Patricia erschöpft. Sie wollte nur noch ins Bett. Sie freute sich auf einen erholsamen Schlaf, ein paar Stunden Erholung und fern von Tante Pollys Regiment.
Sie aß ihr Abendessen, allerdings nicht sehr viel. Das enge Korsett nahm ihr den Appetit. Danach bat sie um Erlaubnis schlafen gehen zu dürfen. Es wurde ihr bewilligt.
„Meine zweite Zofe, Braithwaite, wird zu dir kommen und dich ausziehen, Patricia.“
„Das ist nicht notwendig, Tante Polly, ich kann mich doch alleine ausziehen. Außerdem kann mir ja Marjorie helfen.“
„Es geht nicht um das Ausziehen, Patricia. Du musst für die Nacht vorbereitet werden.“
Patricia wollte das nicht hören, aber sie hatte keine Wahl. So ging sie nach oben auf ihr Zimmer, wo sie auf ihr Kindermädchen und eine ältere, ziemlich kräftige Frau traf. Die Zofe wollte was sagen, aber Marjorie kam ihr zuvor und sagte: „Es tut mit sehr Leid, Patricia, aber deine Tante besteht darauf. Es gibt nichts, was ich dagegen tun kann.“
„Nichts, was du tun kannst? Wogegen?“
„Kommen sie, Lady Patricia“, sagte die Zofe. „Es ist Zeit sie für die Nacht vorzubereiten. Ihre eigene Zofe kann sie ausziehen, aber dann werde ich ihnen in ihr Schlafkorsett helfen. Das hat ihre Tante so angeordnet.“
„Schlafkorsett?“
„Ich denke dass es ihnen erklärt wurde, Miss. Wenn ihre Figur richtig entwickelt werden soll, darf der Druck niemals nachlassen. Sie müssen immer ein Korsett tragen. Sie verbringen ein Drittel ihres Lebens im Bett. Das bedeutet, dass ihr Körper während dieser Zeit versucht wieder die alte Form anzunehmen. Das können wir nicht erlauben. Aus diesem Grunde war ihre Tante so großzügig für sie zwei Schlafkorsetts anfertigen zu lassen. So behalten sie ihre Figur und unterstützen ihr Training während des Schlafs. Ich bin hier, um sicher zu stellen, dass alles seine Ordnung hat und sie nicht mit allzu großer Nachsicht geschnürt werden.“
Patricia stemmte ihre Hände auf ihre geschnürte Taille. „Schau her, wie immer du auch heißt...“
Braithwaite sagte: „Miss, bitte...“
„Schau mich an, Braithwaite. Das ist das erste Mal, das ich überhaupt ein Korsett getragen habe, und ich habe genug davon. Ich weiß, dass es ungewöhnlich für ein Mädchen meines Alters und Standes ist, ohne Korsett zu leben. Ich kann auch verstehen, dass meine Tante mich konventionell erziehen will. Aber jetzt brauche ich eine Erholungspause. Ich werde jetzt aufgeschnürt werden, und ich werde nur mit meinem Nachthemd bekleidet schlafen gehen. So, und nicht anders!“
Braithwaite presste ihre Lippen zusammen. In jenem Moment sah sie aus wie Tante Polly, als ihr Patricia gesagt hatte dass sie kein Korsett tragen wollte weil es unbequem wäre.
„Ich fürchte dass ihre Meinung nicht zählt. Ich bitte nicht um ihre Zustimmung, denn ich sagte ihnen dass ihre Tante es angeordnet hat. Da dies ihr Haus ist, haben sich alle ihren Anordnungen zu fügen.“
„Und was ist, wenn ich mich weigere?“
Marjorie mischte sich in das Streitgespräch ein: „Patricia, es ist besser wenn du sie gewähren lässt. Deine Tante akzeptiert kein ‚Nein’ als Antwort, und wenn du dich sträubst, wird es dir viel schlechter ergehen.“
„Wie denn?“
Braithwaite ging zu der größeren Kommode hinüber und nahm etwas heraus. Es war lang, steif und schwarz glänzend. Dann nahm sie vom Bett etwas Kleineres und Weißes hoch und hielt es daneben. „Sie können nicht zwischen geschnürt oder ungeschnürt wählen, Miss, sondern zwischen diesen beiden Korsetts. Wenn sie nicht in dem weißen Nachtkorsett schlafen wollen, schlafen sie in ihrem Verbesserungskorsett. Ich erlaube mir ihnen einen Ratschlag zu geben, Lady Patricia. In ihrem Verbesserungskorsett ist nicht an Schlaf zu denken.“
„Ich werde nicht in diesem Ding schlafen!“
„Sie WERDEN es tragen.“
„Patricia“, sagte Marjorie, „bitte...“
Patricia gab einen Seufzer der Resignation von sich. „Wenn das die einzige Wahl ist, die ich habe, dann werde ich es wohl tun müssen. Komm her mit dem Ding.“
Marjorie zog sie aus und half ihr in einen Morgenmantel. Dann führte sie Braithwaite in das neben dem kleinen Schlafzimmer gelegene Badezimmer. Dort nahm sie ihr den Morgenmantel wieder ab und wusch ihren nackten Körper mit Seife und einem groben Schwamm, den sie immer wieder in kaltes Wasser tauchte. Patricia wurde noch nie gewaschen. Man hatte ihr beigebracht sich selber zu waschen. Aber sie nahm an, dass echte Ladies von ihren Zofen gewaschen wurden, und so ließ sie die ältere Zofe gewähren.
Nachdem Patricia abgetrocknet worden war, wurde ihr das Nachthemd angezogen, welches die Zofe mitgebracht hatte. Danach wurde sie von Braithwaite in das kleine weiße Nachtkorsett geschnürt. Dieses Korsett war nicht so eng wie das Tageskorsett, aber immer noch so steif und einschränkend, dass sie nicht ungehindert und frei atmen konnte.
Als Braithwaite endlich zufrieden war, durfte Patricia den Bettpfosten loslassen. Mit einer Hand berührte sie ihren zusammengedrückten Magen und fragte sich wie sie überhaupt schlafen können sollte.
„Willst du mir etwa sagen, dass deine Herrin jede Nacht derart geschnürt schläft?“, fragte sie die Zofe.
„Oh nein!“, antwortete Braithwaite. In ihrem Gesichtsausdruck und der Stimme lag eine gewisse Verachtung, da sie die Frage für sehr dumm hielt.
„Das dachte ich mir. Ich meine, niemand kann lange schlafen wenn man derart eng in ein Korsett geschnürt ist.“
„Nein, nein, Lady Patricia!“, sagte die ältere Zofe. „Die Nachtkorsetts von Miss de la Coudière sind viel, viel enger als das!“
Patricia setzte sich langsam auf das Bett. „Ich verstehe“, sagte sie leise und deprimiert klingend. Sie schaute Marjorie an, die traurig drein blickend dem Blick des Mädchens auswich.
„Gut, wenn ich es tun muss, dann soll es so sein. Würdest du mich jetzt bitte verlassen? Ich möchte Marjorie ‚Gute- Nacht’ sagen, allein.“
„Ich fürchte dass ich das nicht kann, Miss“, sagte Braithwaite. „Miss de la Coudière gab mir strikte Anweisungen. Ich darf sie beide nicht alleine zusammen lassen, damit nicht doch eventuell ihr Korsett aufgrund von falsch verstandener Treue gelockert wird.“ Sie starrte das Kindermädchen von Patricia mit einem bösen Blick an.
„Wenn das so ist“, sagte Marjorie, „ist es besser wenn ich jetzt gehe. Gute Nacht, Kleines.“ Sie verließ mit traurig hängendem Kopf das Zimmer.
Braithwaite blieb noch ein wenig länger in dem Zimmer und sagte: „Lady Patricia, bitte seien sie vernünftig. Verändern sie nichts an ihrem Nachtkorsett, sonst wird Miss de la Coudière sehr enttäuscht sein. Wenn sie Geduld haben, werden sie sich daran gewöhnen.“
„Ich hoffe es“, sagte Patricia. „Ich hoffe es sehr!“
Sie zog die Bettdecke zur Seite und krabbelte unbeholfen ins Bett. Sie versuchte sich so bequem wie möglich hinzulegen. Als sie zum Kerzenhalter greifen wollte, bemerkte sie, dass Braithwaite immer noch anwesend war. „Und? Worauf wartest du? Ich will jetzt schlafen!“
„Ich bitte um Verzeihung, Miss, aber ich bin ihnen als ihre persönliche Zofe zugewiesen worden. Es ist nicht höflich wenn ich gehe, bevor sie mir nicht gesagt haben dass ich gehen kann.“
Patricia gab wieder einen Seufzer von sich, der aber von dem engen Korsett abgewürgt wurde. „Braithwaite, du kann gehen.“
Braithwaite machte einen Knicks und sagte: „Vielen Dank, Lady Patricia.“
Sie ging hinaus und schloss lautlos die Tür.

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