Als die Post eintraf, war Godfrey überrascht außer den diversen Korsettmagazinen einen Brief vorzufinden. Er stellte fest, dass der Brief von der Schule Accademia della Vespa kam. Zunächst schaute er missmutig drein, da er der Meinung war eine weitere Rechnung zu bekommen. Seine Schultern sackten noch weiter nach unten, und er wollte den Brief für seine Frau liegen lassen, doch dann überlegte er es sich. Vielleicht war der Brief von Corinna höchst persönlich geschrieben. Godfrey dachte sich, dass es nicht so schlimm sein könnte, wenn er den Brief sofort öffnen würde. Patricia würde bestimmt nicht dagegen protestieren. Godfrey eilte zu einem Raum, in dem er allein sein würde. Sobald er sich sicher und allein fühlte, öffnete er den Brief und las:
Sehr geehrter Herr Scruttle,
Da Netta das Ende ihrer Ausbildung an der Accademia della Vespa erreicht hat,
ist es Zeit über den bemerkenswerten Erfolg nachzudenken, den sie genossen hat.
Ihr Eintritt in die Gesellschaft ist wirklich bemerkenswert gewesen und sie hat
wahrlich der Neid vieler heraufbeschworen. Ich bitte Sie die beiliegende
Rechnung zu einem frühest- möglichen Zeitpunkt zu bezahlen. Aufgrund der
außerordentlichen Umstände des gegenwärtigen Zustandes der Schule bin ich
sicher, dass eintausend Pfund kein unvernünftiges Honorar darstellen würden.
Ihre persönliche Erscheinung ist nicht notwendig. Ich muss betonen dass dies
eine triviale Angelegenheit ist, und Sie sicherlich eine Person ihres Vertrauens
damit beauftragen können.
Mit freundlichen Grüßen, Corinna Badsteel, Eigentümerin und Schulvorsteherin der
Accademia della Vespa.
Godfrey schaute sich den Brief mit einem leichten Stirnrunzeln an. Er war enttäuscht darüber nur eine weitere Rechnung in den Händen zu halten. Er war sich nicht ganz sicher, meinte aber dass alle Rechnungen für Nettas Ausbildung bereits bezahlt wären. Patricia würde es gewiss wissen, denn in solchen Dingen war sie hervorragend.
Godfrey wollte den Raum verlassen, als ihm eine Idee kam. Wenn er das Geld
höchst persönlich überreichen würde, könnte er vielleicht seine geliebte Corinna
wieder sehen. Er blieb stehen und sein Griff auf das Papier wurde so fest, als
ob er ein Korsett schnüren würde. Das wäre die Gelegenheit um wieder bei ihr zu
sein, damit sie fühlen könnte welche Gefühle er für sie hegte. Diesmal wären sie
allein, ohne Patricias wachsame Augen.
Godfrey fühlte, wie sein Herz flatterte. Viel zu lange war er gezwungen worden
seinen geheimen Traum zu verbergen. Endlich konnte er die lang ersehnte Romanze
neu entzünden. Seine geheime Geliebte bat doch nur um seine Hilfe. Er musste nur
nach London fahren, ihr das benötigte Geld geben und sie UND ihre Taille würde
in seinen Armen liegen.
Godfrey betrat mit sichtlichen Unbehagen das Wohnzimmer. Er fühlte sich nie richtig wohl in diesem Raum. Das lag hauptsächlich daran, dass Patricia dort mit den geschäftlichen Belangen beschäftigt war. Godfrey hatte immer Angst, dass er von ihr gebeten würde einen Blick in die Geschäftsbücher zu werfen. Allein der Gedanke daran die unendlichen Zahlenkolonnen betrachten zu müssen ließ ihn schwindelig werden.
Seine Anwesenheit blieb nicht unbemerkt. Patricia blickte von einem der
Geschäftsbücher auf und schaute ihn prüfend an. Ihr Gesicht zeigte ihre
offensichtliche Überraschung, da sie ihn erst wieder am Abend erwartet hatte.
„Hallo Godfrey, mein Liebling. Was ist der Grund für dein Erscheinen?“
Trotz ihrer Wörter schien sie nicht auf ein Gespräch mit ihm erpicht, und sie
widmete wieder ihre Aufmerksamkeit den vor ihr liegenden Unterlagen.
Godfrey hielt eine Hand vor seinem Mund und hüstelte. „Tja, Patricia, ich habe
gerade einen Brief empfangen, von meinem Cousin aus London. Er verlangt dass ich
zu ihm komme... äh... allein.“
Patricia fuhr fort etwas zu schreiben. „Oh? Schön. Das ist aber nett von ihm.“
„Jaaa... Ich habe gedacht... ich habe entschieden... Da ich der Mann dieses
Hauses bin, musst du mir erlauben meinen Cousin zu besuchen.“
Patricia schaute nicht von ihren Unterlagen hoch. Ihr Kopf bewegte sich kaum von
links nach rechts. „Das ist fein, Godfrey. Ich hoffe dass dein Besuch ganz
angenehm für ihn wird.“
Godfrey wollte fast behaupten dass sie sich vernünftig verhalten sollte, als er
begriff dass sie genau das gesagt hatte, was er sich wünschte. Er wäre am
Liebsten vor Freude in die Luft gesprungen, doch er äußerte nur seine
Anerkennung und verließ hastig den Raum.
Nachdem Godfrey den Raum verlassen hatte und siegesgewiss durch den Korridor
lief, trat Marjorie an Patricias Schreibtisch heran und nahm einige Papiere in
die Hand. „Patricia, sie glauben doch nicht dass er einen Cousin besuchen wird,
oder?“
Patricia schaute nicht hoch. Sie hörte allerdings auf zu schreiben und ein
leichtes Lächeln kam über ihre Lippen. „Godfreys Verhalten verrät ihn immer. Ich
habe es natürlich bemerkt.“
„Natürlich.“
Godfrey hatte sich einen Grund ausgedacht, um ohne seiner Frau nach London reisen zu können. Er hatte Patricia erzählt, dass er einen Verwandten besuchen müsste. Dafür musste ein entfernter Cousin herhalten, der nicht wirklich existierte. Er hatte nicht gewagt einen näheren Verwandten auszuwählen, aus Angst sie würde ihn kennen. Dann hätte die Gefahr bestanden dass sein Geheimnis mit der Zeit ans Tageslicht gekommen wäre. Er hatte mit Absicht abgewartet bis sie mit den von ihm gehassten Geschäftsbüchern beschäftigt war, denn er hatte gehofft dass sie zu sehr abgelenkt war um aufzustehen und ihn direkt in die Augen zu schauen. So war sie einverstanden dass er alleine nach London fahren konnte.
Und so war er nach London gekommen, um die Adresse aufzusuchen, welche in
Corinnas Brief stand. Der Stadtteil war für ihn eine unangenehme Gegend. Dort
wohnten nur Bankangestellte oder andere Menschen, die auf jeden Fall nicht zu
der höheren Gesellschaft gehörten. Godfrey fürchtete sich sogar davor über jene
Straßen gehen zu müssen, aus Angst dass sich einer der Bewohner ihm zu nahe
kommen würde. Allerdings war Liebe eine starke Motivation, und bald stand er vor
dem Gebäude, wo Corinna lebte. Er beeilte sich die Treppen hoch zu gehen.
Als Godfrey nach oben ging, wurden seine Beine weich wie Gummi. Er konnte aber
nicht stehen bleiben da er zu aufgeregt war. Viele Monate waren vergangen, seit
er zuletzt seine Geliebte Corinna Badsteel gesehen hatte. Der Trennungsschmerz,
den er seitdem in seinem Herz gefühlt hatte, war enorm. Es war fürchterlich für
ihn gewesen. All die vergangenen Jahre hatte die Sehnsucht nach seiner wahren
Liebe wie ein dunkler Schatten auf seiner Seele gelegen. Und nun, da er sie in
so kurzer Zeit zweimal gesehen hatte, war dieser Schatten zu einer drückenden
Last geworden.
Die Erinnerung an die letzten gemeinsamen Treffen kam ihn wieder in den Sinn.
Sie hatten sich wegen des Abschlussballs seiner Tochter in der Akademie della
Vespa gesehen. Eigentlich war es Godfreys Idee gewesen, Netta dort hin zu
schicken. Patricia hatte sich nach diversen Mädchenpensionaten erkundigt, um
Nettas Figur und Verhalten ausbilden zu lassen. Der Ruf jener Schule war sehr
gut. Schließlich musste Patricia zwischen diesem und einem anderen guten
Mädchenpensionat wählen. Und als Godfrey seiner Frau eine heimlich vorbereitete
Liste von Gründen, warum Netta ausgerechnet dort unterrichtet werden sollte,
vortrug, war sie zu seiner Überraschung seiner Meinung gewesen. Normalerweise
war Patricia besonders stur und nur schwer von seinen Ideen zu überzeugen.
Erinnerungen an seine Hochzeitsnacht waren ein gutes Beispiel dafür.
Natürlich gab es damals einen zweiten Grund, warum Godfrey sich gewünscht hatte
dass Netta zur Akademie della Vespa geschickt werden sollte. Natürlich war es
ihm wichtig dass seine Tochter eine gute Ausbildung bekommen sollte. Und nur
jene Schule schien ihm gut genug geeignet zu sein. Doch seine wichtigste
Motivation war der Grund endlich wieder seine kostbare Corinna sehen zu dürfen.
Er wurde von seinen Gefühlen geleitet, die ihn zu jener Planung trieben. Er
wollte sich endlich mit seiner wahren Liebe vereinigen. Und so geschah es dann
auch. Er hatte sehr lange auf diesen Moment warten müssen. Doch aus
irgendwelchen Gründen war Corinna ziemlich abweisend gewesen. Sie wollte in
jener Ballnacht nicht mit ihm tanzen. Unzählige Male er sich jene Nacht in
Erinnerung geholt und versucht ihre Argumentation zu verstehen. Er hatte sich
gefragt, ob der dürftige Auftritt ihrer Schülerinnen die Ursache gewesen war.
Vielleicht hatte sie sich geschämt, da ihre Schülerinnen nicht richtig
ausgebildet waren und traute sich damals deswegen nicht sich selber zu
amüsieren? Godfrey hatte nicht verstanden was tatsächlich in ihrer Schule
vorgefallen war. Angeblich hatten die Schülerinnen während des zweiten
Halbjahres das Korsetttraining vernachlässigen dürfen. Als Ergebnis jener
lockeren Erziehung sahen die Mädchen, vor allen Dingen deren Taillen, wenig
überzeugend aus. Das sprach sich natürlich schnell herum und immer weniger
Eltern waren bereit ihre Töchter zu jener Schule zu schicken. Schließlich musste
das Internat mangels ausrechender Schülerinnen geschlossen werden.
Und so befand sich sein Liebling Corinna in finanziellen Schwierigkeiten. Ihr
Vermögen war fast aufgebraucht und sie hatte keine neue Einkommensmöglichkeit.
So hatte sie in dieser bitteren Stunde Godfrey um Hilfe gebeten. Godfrey war
sofort bereit den Retter zu spielen. Der Retter in einer glänzenden Rüstung, der
eine Prinzessin von einem Drachen befreit.
Godfrey dachte nur noch an die Belohnung, die er empfangen würde. Während seiner
Jugend war seine Zeit der Leidenschaft mit Corinna viel zu kurz gewesen.
Irgendwie hatte sein Vater es herausgefunden und in seiner Wut Corinna gezwungen
ihn zu verlassen. Godfrey hatte versucht seinem Vater gegenüberzutreten. Er
hatte Corinna heiraten wollen, damit sie den Rest ihres Lebens in Liebe vereint
gewesen wären. Sein Vater war allerdings unnachgiebig gewesen und seine wahre
Liebe war aus seinem Leben verschwunden. Seine Eltern hatten sich schnell bemüht
ihn zu verheiraten. Wahrscheinlich in der Hoffnungen, dass er seine geliebte
Corinna vergessen würde.
So war Godfrey zu einem Ball geschickt worden, der zu Ehren von Lady Patricia
Quise stattfand. Patricias Tante, Polly de la Coudière, hatte großes Interesse
gehabt ihn kennen zu lernen. Angeblich hatte sie von seinen Eltern erfahren, wie
sehr er eng geschnürte Frauen liebte. Als er Miss de la Coudière traf, hatte sie
ihn um ein Paar Fragen gebeten und dann begonnen diverse Bemerkungen über ihre
Nichte zu machen. Sie hatte ihre Nichte in den höchsten Tönen gelobt. Bezüglich
ihrer Taille hatte Miss de la Coudière auf einer sehr verlockenden Art und Weise
gesprochen, war aber dennoch ziemlich vage geblieben. Godfrey hatte fast
angenommen dass sie übertrieb, bis das Mädchen den Ballsaal betrat.
Sie war so elegant und so schön gewesen. Ihr Haar schien von Gott höchst
persönlich geformt worden zu sein. Ihre Ballhandschuhe waren so eng gewesen dass
er sofort sehen konnte wie klein und zierlich ihre Hände waren. Die Handschuhe
waren so eng, dass sie ihre Finger kaum bewegen konnte.
Als Godfrey jene Erinnerung in den Sinn kam, fühlte er wie seine Wangen warm wurden. Langsam stieg er die Treppe zu Corinnas Wohnung hoch und fühlte ein gewisses Unbehagen. Doch bevor er sich fragen konnte ob es richtig war was er gerade tat, war dieses Gefühl auch schon wieder verschwunden.
Doch dann stieg in ihm wieder die Erinnerung an jenen Abend hoch. Patricias Rock war so unglaublich eng gewesen, dass er jede Kurve ihrer Beine erkennen konnte. Ihre Füße steckten in wahrlich eng geschnürten Stiefeln. Und das Oberteil des Kleids war so eng, dass er ihre Taille in der ganzen Vollkommenheit sehen konnte. Ihre Taille war so schmal, dass sie sogar mit Corinna konkurrieren konnte. Patricia war so lieb gewesen. Es war ihr erster Ball und als sie begonnen hatte mit ihm zu tanzen war sie anfangs wirklich ungeschickt gewesen, was er bezaubernd gefunden hatte. Seit jener Nacht wusste er dass sie genau die Frau der höheren Gesellschaft war, die er heiraten wollte. Die Magie war jedoch schon nach der Hochzeitsnacht langsam abgeklungen. Patricia hatte sich als stur und sehr kühl herausgestellt. Immer öfters musste Godfrey an Corinna denken und wünschte sich seine wahre Geliebte wieder zu umarmen und die hübschen Kurven ihrer Taille zu fühlen.
Godfrey erwachte aus seinen Erinnerungen und stand vor einer Tür. DER Tür!
Dahinter befand sich seine wahre Liebe. Sein Mund war trocken, und er hatte
Angst die richtigen Worte zu finden. Seine Arme fühlten sich schwach an, und für
einen Moment zweifelte er daran an der Tür klopfen zu können. Er hatte Angst
dass seine wahre Liebe ihn zurückweisen würde, wenn er nicht einmal fähig wäre
eine derart simple Tätigkeit auszuführen. Panik stieg in ihm auf. Aber zu seiner
großen Erleichterung sah er wie seine Hand nach oben kam. Er bildete eine Faust.
Godfrey war nicht gewohnt in schneller Folge gegen eine Tür zu klopfen.
Für ein Moment blieb es still, und Godfrey überlegte ob er noch einmal gegen die
Tür klopfen sollte. Da hörte er ein Geräusch. Er hörte gleichmäßige Schritte.
Jemand näherte sich der Tür. Godfreys Herzschlag begann zu rasen. Der Klang, als
die Tür aufgeschlossen wurde, kam ihm so laut vor, als wenn ein großes
Eisenstück aus großer Höhe auf dem Bürgersteig gefallen wäre.
Die Tür schwang auf, und Godfrey stand direkt vor der Frau seiner Träume. Ihr
Haar war streng nach hinten frisiert und ihr strenges, aber schönes Gesicht
strahlte ihn an. Ihr Kleid lag an ihrem ganzen Körper eng an und präsentierte
ihren schönen kurvenreichen Körper, vor allen Dingen ihre Taille!
„Liebste Corinna! Endlich haben wir das Glück uns wieder zu sehen!“
Corinna Badsteels Gesichtszüge drückten zunächst eine gewisse Überraschung aus.
Doch dann fing sie sich wieder und sagte, scheinbar seine Worte ignorierend:
„Schnell! Komm herein!“
Godfrey war zunächst verwirrt und stolperte an ihr vorbei in die Wohnung herein.
Bevor Corinna die Tür schloss, schaute sie sich vorsichtig im Hausflur um.
Nachdem sie die Wohnungstür geschlossen hatte, drehte sie sich um und schaute
Godfrey an. Ihr Busen hob und senkte sich in rascher Folge, aber es schien mehr
von der Aufregung her zu stammen, als vom eng geschnürten Korsett. Ihr Korsett
konnte nicht der Grund sein!
„Oh liebste Corinna! Es ist so schön dich in all deinem eng geschnürten Glanz
sehen zu dürfen. Du bist wahrlich eine Göttin unter den Sterblichen.“
Corinna schaute ihn kurz misstrauisch an, doch dann ging sie zur Mitte des
Raums. Godfrey hatte kaum ihre Umgebung zur Kenntnis genommen. Ihre komplette
Wohnung war nicht größer als zwei Gästeschlafzimmer seines Herrenhauses. Die
Wohnung war schön eingerichtet, kam aber nicht an die Eleganz seines Hauses
heran. Sie stand dort eine Weile und schien in einem Zustand von tiefer
Konzentration zu sein. Immer wieder schaute sie Godfrey an, um sofort wieder
fort zu blicken, als ob sie nach den passenden Worten suchte.
„Geht es dir gut?“
Corinna schaute ihm ins Gesicht und fragte ihn leicht verwirrt: „Warum bist du
höchst persönlich gekommen? Ich bat dich an diese Adresse zu schreiben, und das
Geld hier her zu schicken.“
Godfrey fühlte ganz kurz Schuldgefühle in sich aufkeimen, aber seine
Leidenschaft wischte sie schnell fort. „Oh, ich hätte dies sicherlich tun
können. Ich musste dich aber unbedingt sehen! Ich verspürte wieder deine
Anwesenheit und musste unbedingt deine Wespentaille bewundern!“
Wäre da nicht der enge Kragen gewesen, Corinna hätte wohl mit dem Kopf
geschüttelt. Sie sah zwar nicht enttäuscht über Godfreys Aktion aus, sie drückte
eher eine gewisse Unzufriedenheit über jenen Verlauf der Dinge aus. „Ich bat
darum... Ich bat dich dringend darum dass du nicht vorbeikommen solltest! Deine
Ehefrau hat viele Augen und viele Ohren. Irgendeine Nachricht kann ihr immer zu
Ohren kommen. Wenn sie herausfinden sollte dass du hier warst, könnte sie mein
Leben wahrlich unangenehm machen.“
„Oh, liebste Corinna. Du musst dich nicht um Patricia sorgen. Sie kann manchmal
sehr kalt sein. Das ist wahr. Allerdings sprichst du über sie, als ob sie die
Macht hätte uns zu vernichten. Du solltest nicht vergessen, meine Geliebte, dass
ich ihr Ehemann und der Mann des Hauses bin. Sie kann nichts ohne meine
Genehmigung tun.“
Corinnas Gesichtsausdruck sprach jedoch eine andere Sprache. Sie schaute ihn
mitleidig an, als ob sie sagen wollte: ‚Du armer kleiner Junge.’ Natürlich wagte
Corinna nicht dies auszusprechen. Andererseits war es typisch für Godfrey, dass
er nicht ihren Gesichtsausdruck verstand. Schließlich war er viel zu sehr von
ihrer schmalen Taille abgelenkt.
„Oh, liebste Corinna. Ich bin überglücklich wieder bei dir sein zu dürfen. Du
bist der schönste aller Engel. Deine Schönheit ist einfach unvergleichlich.
Deine Taille ist so klein, so eng geschnürt. Wenige Frauen sind so eng geschnürt
wie du.“
Godfreys unerwarteter Gefühlsausbruch wurde von Corinna unterbrochen, welche ihn
in einem geschäftlich klingenden Ton fragte: „Hast du das Geld, um das ich dich
bat, mitgebracht?“ Ihr Gesicht drückte eine große Hoffnung aus.
Godfrey stand aufrecht vor ihr und lächelte. „Ich konnte nicht alles bekommen
worum du mich gebeten hast. Aber ich habe für dich so viel zusammengesammelt wie
ich nur konnte.“
Er griff in eine seiner Anzugstaschen und zog einen Umschlag heraus. Corinna
nahm den Umschlag aus seiner Hand und öffnete ihn gespannt, um den Inhalt zu
überprüfen. Ihr Gesichtsausdruck war sehr ernst, als sie das Geld zählte. Ihr
anfangs besorgter Gesichtsausdruck wechselte über einen freudigen, zu einem
enttäuschten Gesichtsausdruck.
„Godfrey, das ist nicht einmal ein Viertel von dem, um was ich dich gebeten
habe. Warum hast du nicht mehr mitgebracht?“
Er wurde nervös und schaute betreten drein. Er verlagerte sein Gewicht von einem
Fuß auf den anderen und biss sich auf die Unterlippe. Plötzlich fühlte sich der
Kragen seines Anzugs viel zu eng an und seine Hand versuchte verzweifelt an dem
Kragen zu ziehen. Der Raum schien kleiner zu werden und er dachte an seine
Aktionen der vergangenen Tage. Es fiel ihm schwer eine Erklärung zu finden.
„Gut. Corinna, das ist natürlich nicht alles. Ich habe nur das mitgebracht, was
ich im Herrenhaus fand. Wir haben zwar immer etwas Bargeld im Haus um die
laufenden Rechnungen zu bezahlen, aber der Rest liegt bei der Bank oder ist
anderweitig angelegt, um das Familienvermögen zu sichern. Ich habe das ganze
Haus durchsucht, und alles eingesammelt was ich finden konnte.“
Corinna schaute ihn verwirrt an. Doch dann erlangte sie wieder ihre Fassung und
fragte: „Und warum bist du nicht zur Bank gegangen um den Geldbetrag, um den ich
dich gebeten haben, abzuheben?“
Godfrey zappelte nervös herum und schaute zu Boden. Seine niedergeschlagenen
Augen verdeutlichten wie schwer ihm das Gespräch lag. „Die Wahrheit ist, dass
ich nicht weiß wie ich solche Dinge erledigen kann.“
Wäre Corinna nicht in Haltung und Benehmen so gut geschult gewesen, sie hätte
wohl laut aufgeschrieen. Und obwohl sie keine Ausbildung in solchen
Angelegenheiten empfangen hatte, wusste sie wie man Geld anlegen, einzahlen und
wieder abheben konnte. So fragte sie höflich: „Ich bitte um Verzeihung, aber ich
verstehe nicht warum du nicht weißt wie du dein eigenes Geld von der Bank
abheben kannst.“
Godfrey schaute immer noch nach unten und lächelte wirklich hilflos. „Gut, du
musst verstehen... äh... Eigentlich befasst sich nur Patricia mit jenen Dingen.“
Corinna starrte Godfrey entsetzt an. Sie wusste zwar dass Patricia den Haushalt
führte, aber sie konnte es nicht glauben dass Godfrey ihr sogar erlaubte das
Familienvermögen zu verwalten. Sicherlich übten die eng geschnürten Frauen zu
einem gewissen Grad Einfluss auf ihre Ehemänner aus um an das zu kommen, was sie
wollten. Aber es war außerordentlich ungewöhnlich, und Corinna hatte noch nie
gehört dass es eine Familie gab, wo die Ehefrau ihren sexuellen Einfluss nutzte
um die heimliche Herrscherin über die Familie zu sein. Niemals hatte sie von
einem Haushalt gehört, wo die Frau derart offen herrschte.
Um dieses unleidliche Thema zu beenden, als auch um das zu machen weswegen er
gekommen war, er konnte die ganze Zeit an nichts anderes denken, kam Godfrey
wieder zum eigentlichen Grund seines Besuchs zurück. Er trat näher an seine
heimliche Geliebte heran und sagte: „Corinna. Kümmere dich nicht um das Geld!
Mit meiner Hilfe wirst du bald mehr haben als du brauchen wirst. Ich werde dir
jedenfalls dabei so gut ich kann behilflich sein. Als ein Gentleman ist es
immerhin meine Pflicht.“
Corinna gingen immer noch die Sorgen um offene Rechnungen und ihre finanzielle
Zukunft durch den Kopf. Das Geld, das Godfrey gebracht hatte, würde helfen.
Allerdings konnten die Gläubiger nicht mehr lange hingehalten werden. Doch
langsam wurde ihr klar, dass Godfrey den Abstand zwischen ihnen geschlossen
hatte und sie fast berührte. Er hob seine zitternden Hände und legte sie auf
ihre Taille.
„Oh, Corinna! Dein Korsett ist so eng geschnürt!“
Das Gefühl, Godfreys lang vergessener Hände auf ihrer Taillen zu verspüren,
erweckte auch in Corinna die alten Gefühle. Erinnerungen an ihre erste
Leidenschaft, jenen glücklichen Momenten, kamen zurück und überschwemmten sie
wie eine Sturmflut. Nur damals war sie mit einem Mann innig zusammen gewesen.
Seitdem hatte sie jene Gefühle begraben und durch strenge Gleichgültigkeit
gegenüber ihren Mitmenschen ersetzt. Doch in diesem Moment, mit diesem Mann, der
sie so sehr begehrte, fühlte sie wie sie von Emotionen überschwemmt wurde und
ihre steife Haltung dahin schmolz. Als seine Hände ihre zusammengeschnürte
Taille liebkosten, dort, wo fast nichts mehr von einer natürlichen Taille übrig
geblieben war, sprach Godfrey in ihr Ohr: „Du bist diejenige, von der ich immer
geträumt habe. Du bist diejenige, die ich immer gewollt habe.“
Er küsste sie und der Funke sprang über, sodass ihre körperlichen Gefühle die
Oberhand gewannen. Sie gingen in Corinnas Schlafzimmer hinein...
Später, als Corinna in ihrem Bett lag, Godfrey kuschelte sich an ihrem Rücken, dachte sie über ihre Zukunft nach. Der Mann hinter ihr schlief. Seine Hände ruhten auf ihrer immer noch von dem Korsett zusammengepressten Taille. Er war der Schlüssel, um wieder ein angenehmes Leben führen zu können. Sie musste nur an sein Geld herankommen, auf das er keinen Zugriff hatte. Langsam begann sich in ihrem Kopf ein Plan zu entwickeln. Die Idee wuchs an Komplexität und schließlich zu einem wahren ausgereiften Plan. Es war ein Plan, der ihr erlauben würde, das gleiche luxuriöse Leben zu führen, welches Godfreys gegenwärtige Ehefrau genoss. Godfrey murmelte im Schlaf vor sich hin und Corinna lächelte, da er etwas sagte, was ihr nützlich zu sein schien. Sie legte ihre Hände auf seine und drückte sie liebevoll. Einst war ihr das Leben als Dame verwehrt worden, doch das würde sich nicht mehr wiederholen.