Als ich endlich in den vertrauten Gefilden ‚meines’ Zimmers war, fühlte ich
mich viel sicherer. Es war das Zimmer, welches ich bei meinem ersten Besuch als
aller erstes untersucht hatte.
Ich schaute mich um.
Sollte dies wirklich mein Zimmer sein? Ich fühlte ein nervöses aber auch
erregendes Kribbeln. Jenes Gefühl musste wohl auch eine junge Dame in ihrer
Hochzeitsnacht fühlen. Aber ich war keine scheue Braut, und es gab auch keinen
nervösen Bräutigam, der mich ins Bett tragen wollte.
Das riesige Bett war jedoch verlockend, und ich begann mich auszuziehen. So wie
Lord Hargreave, ich war mir sicher dass er der Gastgeber war, versprochen hatte,
konnte ich in jenem Raum meinen Rock und die anderen Gewänder ganz leicht
ablegen. Nachdem ich etwas mit der Korsettschnur gekämpft hatte, war ich nackt.
Ich bin mir gewiss, dass meine Freunde und Bekannten von zu Hause entsetzt
wären, wenn sie wüssten dass ich nackt schlief. Aber dies war mir schon seit
Jahren zur Gewohnheit geworden, und ich wollte sie nicht aufgeben, nur weil ich
an einem seltsamen Ort schlief.
Ich ließ alles liegen, wo es hingefallen war. Ich wollte die Sachen am nächsten
Morgen aufräumen. Ich war zu müde, um mich um Ordnung zu kümmern, oder mich vor
dem Schlafengehen noch zu waschen, obwohl ich es bitter nötig hatte. Ich schob
mich durch den Bettvorhang und stieß augenblicklich mit meinen Kopf gegen das
eiserne Ding, welches ich bei meinem ersten Besuch gesehen hatte. Es hing immer
noch genau in der Mitte über dem Bett. Es hätte kaum ein ungünstigerer Ort sein
können!
Ich rieb meine Stirn und starrte beleidigt das Gerät an. Ich hatte keine Lust
mir den Kopf zu zerbrechen wofür es gedacht war. Dann schaute ich nach oben und
sah die Öffnung im Baldachin, wo die Kette, an dem das verdammte Ding hing,
verschwand. Die Kette schien in der Zimmerdecke zu verschwinden. Ich fluchte.
Doch dann fiel mir ein, dass eine Möglichkeit geben musste das Ding hochzuheben
als auch abzusenken. Man konnte doch nicht von mir erwarten, dass ich in diesem
Bett schlafen könnte, wenn dieses bedrohliche Ding direkt über mir hing.
Ich ging um das Bett herum. Tatsächlich, auf der anderen Seite befand sich an
der Wand eine kleine Kurbel, die ich bisher übersehen hatte. Bei meinem letzten
Besuch war ich ja auch zu sehr von den neuen Kleidungsstücken abgelenkt worden.
Ich versuchte die Kurbel zu drehen, und ganz langsam wurde das eiserne Ding
hochgezogen. Ich musste ziemlich lange kurbeln, aber der Mechanismus war so
konstruiert worden, dass es ohne Anstrengung ging. Ich war dankbar dafür, denn
ich bin nicht so stark.
Schließlich hing das Ding ganz oben im Schatten des riesigen Baldachins, und ich
hatte ausreichend Platz um bequem schlafen zu können.
Ich schlief tief und fest, wie ein unschuldiges Lamm. Trotzdem hatte ich heftige
Träume von bizarren Fesselungen und geisterhaften Geliebten.
Plötzlich wachte ich unvermittelt auf. In meinen Gedanken befanden sich noch
die letzten Fetzen eines erregenden Traums. Ziemlich helles Morgenlicht blendete
meine Augen. In meinem Traum waren beunruhigende Szenen vorgekommen, doch sie
verblassten schnell im Lichterglanz der Sonne. Ich erinnerte mich nur noch vage
dass mir fünf Phallusse begegnet sind, was eigentlich weder besonders erotisch
noch beunruhigend sein konnte, sondern nur ziemlich pervers.
Langsam wurde ich richtig wach und fragte mich woher das Licht kam. Ich erhob
mich und sah, dass das Tageslicht durch die aufgezogenen Bettvorhänge auf mich
schien. Waren sie nicht geschlossen gewesen, als ich mich schlafen gelegt hatte?
Ich schaute mich um. Die Fenstervorhänge waren ebenfalls aufgezogen worden, und
ich hatte eine prächtige Aussicht auf die Wälder, die das Haus umgaben.
Ich setzte mich auf die Bettkante und schaute mich genauer in dem Zimmer um. Die
perversen Kleidungsstücke, die ich nach dem Ausziehen achtlos fallen gelassen
hatte, waren nicht mehr da. Jemand muss in dem Zimmer gewesen sein, während ich
geschlafen hatte! Allerdings waren die Absichten der Person lobenswert, da das
Zimmer wieder ordentlich aussah. Dennoch jagte mir jene Erkenntnis einen
leichten Schauer über dem Rücken.
Ein Satinmorgenmantel lag über einem Stuhl. Ich stand auf und zog ihn mir mit
etwas Misstrauen über, da die Kleidung dieses Hauses mich schon einmal betrogen
hatte. Der Morgenmantel schien aber ganz normal zu sein, und ich bemerkte keine
unerfreulichen Veränderungen.
Ich musste mich unbedingt baden, denn ich roch ebenso streng wie das Pferd,
welches mich her gebracht hatte. Soweit ich wusste, gab es in diesem Flügel des
Hauses nur ein Bad, direkt neben meinem Zimmer. Badeten etwa die von mir noch
nicht entdeckten Bewohner stets gemeinsam? Welch dekadente Vorstellung! Ich ging
vorsichtig auf den Korridor hinaus und öffnete die andere Tür. Dort schaute ich
mich zunächst um und überlegte, ob ich die gepolsterte Badewanne oder die große
Dusche benutzen sollte.
Ich entschied mich für die Dusche.
War das herrlich! Es gab mehrere Drehknöpfe und sechs unterschiedliche Düsen,
und das Duschbad war so lang wie breit, dass vier Personen genügend Platz
hatten! Meine Aufmerksamkeit wurde von einem Korb voller parfümierter Seifen und
Flaschen mit schäumenden Essenzen auf sich gezogen. Es gab auch weiche
Badeschwämme!
Wieder etwas, das ich bei meinem ersten Besuch nicht gesehen hatte. Es schien,
als wollte man, dass ich mich wohl fühlte.
Ich legte meinen Morgenmantel ab und nahm die längste Dusche meines Lebens. Ich
war glücklich. Zu meiner Freude hatte ich die ganze Zeit heißes Wasser zur
Verfügung.
Meine Haut war hinterher etwas aufgequollen und zerknittert, aber ich war sauber
und entspannt.
Als ich wieder mein Zimmer betrat, fühlte ich mich viel zivilisierter. Die
nächste Frage war, was ich tragen sollte. Ich öffnete die beiden
Kleiderschränke. Meine eigene Leder- Reitkleidung, welche ich bei meinem ersten
Besuch getragen hatte, war nirgends zu sehen.
Ich schaute mir die Sachen in dem Schrank an. Wie zuvor sah ich nur Schuhe und
Stiefel. Es schien dass ich... da lag etwas auf dem Bett. Jemand war hier wieder
gewesen, während ich gebadet hatte.
Auf dem Bett lag ein ordentlicher Stapel glänzend- schwarzer Lederkleidung mit
Riemen und Schnallen, sowie diverse andere Dinge. Darauf lag eine
handschriftliche Notiz.
„Meine liebe Emily,
es würde mir sehr gefallen, wenn Sie heute diese Sachen tragen würden. Wenn Sie angezogen sind, werden Sie unten im Esszimmer Ihr Frühstück vor finden. Ich bedauere, dass ich erst heute Abend wieder bei Ihnen sein kann.
Fühlen Sie sich bitte wie zu Hause und entspannen Sie sich bei guter Literatur oder Musik. Sie können aber auch den Rest des Hauses erforschen. Doch wie Sie inzwischen zweifellos erfahren haben, kann es auch die eine oder andere Überraschung geben. Ihnen droht keine Gefahr. Sie könnten aber über ein oder zwei Dinge stolpern, die Ihnen unangenehm wären.
Ich freue mich auf unser Zusammentreffen heute Abend. Würden Sie mir die Freude machen und sich mir um 7 Uhr zum Abendessen anschließen?
Ein Abendkleid wäre geeignet. -H“
Sehr schön! Er ließ also nicht locker! Wie dem auch war, ich fühlte mich
geschmeichelt.
Ich schaute wieder auf den Kleiderstapel und überflog ihn flüchtig. Ich wusste
nicht, ob ich mich seinen Anweisungen fügen konnte. Ich überlegte hin und her,
denn ich befürchtete dass er mich bestrafen könnte, falls ich die Kleidung nicht
anziehen würde.
Meine erste Reaktion bezüglich der Auswahl jener Kleidung besagte, dass mein
Gastgeber einen ziemlich undamenhaften Vorschlag gemacht hatte. Doch dann
erkannte ich den wahren Sinn, der dahinter steckte. Zum einen wäre es ziemlich
unklug jene Kleidung abzulehnen, da dies möglicherweise eine unangenehme Strafe
nach sich ziehen würde. Ich dachte dabei an die vielen Strafgestelle in jenem
Haus. Zum anderen sollte ich in Verlegenheit gebracht werden. Aber dann fiel mir
ein, dass die Bewohner jenes Hauses, wo immer sie sich aufhielten, mich bereits
in weitaus unverschämte Situationen gesehen hatten.
Nachdem ich das Für und Wider abgewogen hatte, kam ich zu dem Entschluss das
Angebot anzunehmen. Außerdem war mein Interesse an den Kleidungsstücken längst
geweckt. Ich nahm die Sachen in die Hände und untersuchte sie genauer. Es gab
ziemlich viele Riemen, Schnallen, Haken und Ösen. Ich versuchte zu erahnen wie
alles zusammengehörte. Auf jeden Fall war die Kleidung ganz anders als die
Gummikleidung vom Vortag. Das Hauptkleidungsstück für den Tag war ein
kompliziertes Korsettkleid aus schwarzem Glanzleder. Dieses unverschämte
Kleidungsstück bedeckte allerdings weder meine Brüste noch mein Gesäß! Es gab
keine Brustcups, sondern nur kleine Halbschalen, damit meine Brüste leicht
angehoben wurden. Das Kleid reichte unten bis fast an die Knie, hatte aber eine
große Öffnung für meine Gesäßbacken. Unterhalb der Öffnungen gab es eine zweite
Schnürung.
Ich errötete, da ein Riemen mein Gesäß teilen sollte, also genau durch meinen
Schritt verlief. Der Stapel enthielt auch ein Paar der mir inzwischen vertrauten
hohen Stiefel.
Ich legte also das Korsettkleid zur Seite. Ich wusste dass ich mit eng
geschnürtem Korsettkleid unfähig wäre die Stiefel anzuziehen.
Die Stiefel waren leicht anzuziehen, obwohl die Absätze höher waren, und meine
Füße stärker gebogen wurden. Diese Stiefel waren sogar noch extremer als jene,
welche ich bisher getragen hatte. An den Stiefelrändern befanden sich
Schnürösen. Als ich mir das Korsettkleid genauer anschaute, sah ich unten
ebenfalls Schnürösen, die genau zu denen der Stiefelschäfte passten.
Anschließend kämpfte ich mich in das Korsettkleid hinein und begann mit auf dem
Rücken verrenkten Armen die mühselige Schnürung. Das war nicht sehr leicht, aber
da ich mit den Jahren lernen musste mich selber zu schnüren, schaffte ich auch
diese Herausforderung. Allerdings musste ich zwischendurch mehrmals eine Pause
einlegen um Luft zu holen. Der anstrengende Teil war jedoch das Unterteil des
Korsettkleids. Da ich zuerst das Oberteil geschnürt hatte, konnte ich mich nicht
mehr weit genug nach unten beugen um das Unterteil des Kleids zu schnüren. Also
musste ich wieder die obere Schnürung lösen und von neuem beginnen.
Als ich den Riemen durch meinen Schritt zog, drückte er sich tief in meine
Polkerbe ein. Da meine Beine wegen des engen Rockteils zusammengedrückt wurden,
war das Gefühl in meinem Schritt köstlich. Nachdem ich den Riemen nachgespannt
hatte, wurden meine Backen wegen der knappen Öffnung im Kleid nach außen
gedrückt. Ich war davon überzeugt, dass der Anblick übertrieben obszön wäre und
vermied es in den Spiegel zu schauen. Ich wollte den peinlichen Anblick meines
präsentierten Gesäßes und der hervorgehobenen Brüste so lange wie möglich
hinauszögern.
Es war lästig den Rocksaum mit den Stiefelschäften zu verbinden, ging aber
dennoch leicht voran. Als diese Schnur so fest wie möglich angezogen war,
verspürte ich an meinen Beinen ein völlig neues und schönes Gefühl. Mir kam es
so vor, als ob jemand ständig versuchte meine Stiefel hochzuziehen. Ein mir bis
dahin unbekanntes Gefühl, was ich nicht mehr missen wollte.
Es gab noch zwei weitere Dinge: Ein Paar lange schwarze Handschuhe aus dem neuen
Lackleder, und ein eigenartiges Halsband, welches ebenfalls aus schwarzem Leder
gefertigt war. Eigentlich war das Halsband ein Minikorsett mit eingenähten
Korsettstäben und diversen Schnürungen. Die Nackenschnürung hielt meinen Kopf
unbeweglich und gerade. Die unteren Schnürungen verbanden das Korsettkleid mit
dem bis auf den Schultern reichenden Halskorsett. Als alle Schnürungen fest
angezogen waren, konnte ich meinen Kopf nicht mehr bewegen. Er wurde würdevoll
aufrecht gehalten. Eigentlich war die Wirkung beunruhigend, aber ich beschloss
dass es mir gefiel.
Als ich angezogen war, drehte ich mich vor dem großen Umkleidespiegel herum. Ich
überlegte, wie sich der Schrittriemen bei einem Spaziergang auf meinem zarten
Geschlecht auswirken würde. Schließlich kam es mir wieder in den Sinn in welcher
Art von Haus ich mich befand, und ich hatte keine Scheu das Zimmer zu verlassen.
Dieser Ort war und wurde für viel mehr Jahre, als ich bis dahin gelebt hatte,
der Himmel der Perversität. Jener Ort war eine Zuflucht für jene, die wie ich
eine überaus große und intensive Fähigkeit für körperlichen Genuss entdeckt
hatten. Eine Intensität, die sich kein ‚Normal- Sterblicher’ vorstellen konnte,
von der die meisten Menschen nichts wussten.
Man konnte mich als viel zu Freizügig oder gar Verführerisch beschreiben. Beides
traf zu. Dennoch war ich eine sehr stolze und selbstsichere Frau, die durch den
Korridor schritt. Ich war froh von Lord Hargreave eine Art Erlaubnis bekommen zu
haben, da ich vor hatte sein faszinierendes Herrenhaus zu durchforschen. Ich
wusste nicht, ob ich trotz oder wegen seiner Zustimmung mit der Erkundung
weitermachen wollte, da ich schon bestimmte Erfahrungen gemacht hatte. Ich hatte
sogar seine Notiz unter die Schnürung meines Korsettkleids gesteckt, falls ich
doch noch einen der Bewohner treffen und man mir unangenehme Fragen stellen
würde. Aber zuerst wollte ich frühstücken!
Ich ging vorsichtig die breite Treppe zur Eingangshalle hinunter. Die
Bauweise jener Treppe war anscheinend meinen Stiefeln angepasst, da ich
problemlos unten ankam. Hinter dem Wohnzimmer befand sich das Esszimmer. Wie
versprochen fand ich ein opulentes Frühstück vor. Der Tisch war reichhaltig
gedeckt, als wenn noch mehr Personen frühstücken wollten. Ich konnte kaum die
verschiedenen Dinge auseinander halten, soviel stand auf dem Tisch!
Von einigen abgedeckten Gerichten stieg Dampf auf, und ich dachte mit einem
leichten Schauder an die Erzählung ‚Die Schöne und das Biest’.
Ich war sehr hungrig und trank heißen Tee mit Milch. Dazu aß ich
Zimtbuttergebäck, ein pochiertes Ei, sowie diverse frische Früchte. Wäre ich
eine Feinschmeckerin gewesen, ich hätte mit Vergnügen von Allem probiert. Es war
ein Festessen, aber mein eng geschnürtes Korsettkleid bot keinen Platz für eine
Völlerei.
Ich kann jungen Frauen, welche auf ihre Figur achten wollen, als Diätmaßnahme nur ein eng geschnürtes Korsett empfehlen.
Nach dem Frühstück überlegte ich, was ich als Nächstes tun sollte. Lord
Hargreave hatte in seiner Notiz angedeutet, dass ich meine Zeit mit Lesen,
Musizieren oder Erforschung des Hauses verbringen könnte. Ich höre zwar sehr
gerne Musik, habe aber gar keine musikalische Begabung um selbst ein Instrument
zu spielen. Bücher sind hingegen meine große Leidenschaft. Doch an jenem Morgen
hatte ich ein noch größeres Interesse. Ich wollte meine Neugier bezüglich des
mich faszinierenden Hauses stillen.
So schritt ich wieder mit kleinen Schritten nach oben, um die restlichen Zimmer
auf der linken Seite des Korridors zu erforschen. Vielleicht gab es sogar eine
andere Treppe zur Mansarde, die nicht so abscheulich war wie jene vom Vortag.
Ich stand unschlüssig vor der Tür zu jenem Zimmer, in dem mich Lord Hargreave am
Abend zuvor empfangen hatte. Ich fragte mich ob er in diesem Zimmer schlafen
würde, oder ob er sich ganz woanders in dem riesigen Hauses versteckt hielt.
Seine Bemerkungen über nächtliche Gewohnheiten ließen mich an die entsetzlichen
Schriften von Bram Stoker denken. Vielleicht schlief er unten im Keller in einem
Sarg? Da fiel mir ein, dass ich nicht wusste ob jenes Herrenhaus einen Keller,
oder gar Kerker hatte, wie es bei alten Schlössern üblich war. Mir lief ein
kalter Schauer über dem Rücken und ich ging weiter.
Die vierte Tür, die ich öffnete, führte nur in ein Zimmer, das meinem
Gästezimmer ähnlich war. Dieser Raum war ebenso weiblich und hübsch wie das
andere männlich und geschäftsmäßig gewesen war. Es war definitiv ein
Schlafzimmer, mit einem riesigen Bett (zum Glück leer). Aber dann endete schon
die Ähnlichkeit. Dort, wo sich in meinem Zimmer der Kamin befand, stand in jenem
Zimmer ein großer weißer Kachelofen. In meinem Zimmer hing ein Kronleuchter an
der Decke. In diesem Zimmer sah ich aber eine sehr schöne Petroleumlampe mit
Porzellanschirm. In jenem Moment fiel mir auf, dass nur mein Zimmer elektrisches
Licht hatte! Das Zimmer machte einen hübschen, aber recht normalen Eindruck. Ich
verließ es ohne genauer nachzusehen.
Der fünfte Raum glich schon eher dem, was ich von diesem bizarren Herrenhaus
erwartet hatte. Anscheinend war es ein weiteres ‚Spielzimmer’, da es ähnlich
eingerichtet war wie der Raum auf der anderen Seite des Hauses. Ich wagte mich
herein und schaute mich um.
Was mir sofort auffiel, war ein großer Tank oder Bottich, der von einem
Metallgerüst umgeben war. Eine Seite war aus Glas. Dieser Tank, eigentlich schon
fast ein kleiner Pool, nahm ein Viertel des Raumes ein. Wären da nicht die
schönen Vorhänge und Stofftapeten gewesen, man hätte das Zimmer für ein Labor
halten können. Dieser Bottich war mindestens 30 Zentimeter höher als ich. Bis
zur Decke waren es nur noch ungefähr eineinhalb Meter. Ich schaute mir das Ding
sichtlich verwirrt an. Ich hatte keine Ahnung wofür es da war. Da waren noch
mehrere Rohre, sowie eine große Spritze oder Düse, Ventile und Hebel, sowie der
Abfluss. Eine Stahlleiter führte über den Rand bis in das Becken hinein. Dieser
Bottich oder dieses Becken konnte ein Whirlpool sein. Jedenfalls war es leer,
und dieses Zimmer war auf keinen Fall ein Entspannungsraum. Ich mühte mich die
Stufen der Stahlleiter hinauf um in den Pool hinein zu schauen. Doch ich war
genauso ratlos wie zuvor. Ich zuckte mit den Achseln und kletterte wieder
hinunter.
An den Wänden standen sehr viele kleine Schränke und Truhen, und in der Mitte
des Raums befanden sich mehrere ungewöhnliche Möbel. Ich öffnete alle Schränke
und Truhen. Sie enthielten die verschiedensten Gewänder, sowie jede Menge
Zubehör aus Leder, Gummi und Metall. Es gab Zwangsjacken, Armröhren, Korsetts,
Beinröhren, Masken und noch so viele andere Sachen, die ich nicht identifizieren
konnte.
Ein Gegenstand, in dem ich mich sofort verliebte, war eine Art Mumie für zwei
Personen. Das Ding hatte zwei Kopfmasken, eine lange Schnürung, und lange Röhren
für Arme und Beine. Das große Ding sah aus, als ob es der kompletten Isolation
diente. Verträumt lächelnd schloss ich den Schrank wieder zu.
Dieser Raum machte auf mich einen positiven Eindruck, da sehr viele angenehme
Spielmöglichkeiten vorhanden waren. Doch noch wollte ich nichts ausprobieren.
Ich hatte noch große Lust mehr von dem Haus zu entdecken, vor allen Dingen die
Mansarde.
Ich schloss die Tür und ging zur letzten Tür, hinter der sich eine Treppe
befand, die nach oben führte. Ich öffnete langsam und vorsichtig die Tür, denn
ich befürchtete wieder einen bösen Spuk vorzufinden wie bei der Treppe auf der
anderen Seite des langen Korridors. Aber es geschah nichts Außergewöhnliches.
Ich stellte einen Fuß auf die Treppe.
Nichts geschah.
Ich wagte einen weiteren Schritt und schaute über meine Schulter ob nicht doch
wieder die schreckliche Reitgerte erscheinen würde.
Nichts.
Langsam ging ich die Treppe hinauf, schaute immer wieder nervös nach hinten, da
ich erwartete jeden Moment wieder nach unten zu gleiten. Zu meiner Überraschung
kam ich aber ohne einen Zwischenfall oben an.
Ich betrat einen großen Mansardenraum, eigentlich den Dachboden, der über die
ganze Länge des Hauses zu reichen schien. Dort war es staubig und ziemlich
dunkel.
Ich zitterte, obwohl es auf dem Dachboden wirklich warm war. Überall standen
Kisten und Körbe, jedoch relativ ordentlich aufgereiht. In einer Ecke stapelten
sich leere Bilderrahmen. Zu meiner Linken stand eine verstaubte Schneiderpuppe.
Sie war voller Spinnengewebe. Auf dem ersten Blick sah es aus wie auf einem ganz
normalen Dachboden.
Warum dann jener geisterhafte Schutz, den ich bei meinem ersten Versuch erleben
musste, warum jene ‚mechanische’ Treppe? Und wo zur Hölle befanden sich die
Zimmer der Dienstboten, falls es welche gab? Langsam begann ich zu glauben, dass
Lord Hargreave vielleicht doch eine Art von Hexenmeister war, und dass sein Haus
mit unsichtbaren Dienern erfüllt war. Ich zitterte wieder und verließ ziemlich
eilig den Dachboden.
Es blieben nur noch der Keller übrig, falls das Haus einen hatte, sowie die
Küche und die restlichen Räume im Parterre, die ich noch nicht aufgesucht hatte.
Da mir aber bei den Gedanken an Keller und Kerker mulmig wurde, wollte ich jenen
Ort noch nicht aufsuchen. Allerdings hatte ich das Parterre, mit Ausnahme der
Bibliothek, als ziemlich normal empfunden.
So beschloss ich den Rest des Nachmittages mich in der ersten Etage zu
vergnügen.
Ich ging also wieder zu jenem Raum, wo ich einst unvorsichtig gewesen war und
gefangen wurde, was allerdings köstlich war. Ich schaute mir zunächst wieder die
teuflische Maske und das Beiwerk an, bevor ich mich in dem Raum umschaute. Das
nächste Teil, welches meine Aufmerksamkeit auf sich zog, war die ‚Mumie’. Bei
meinem letzten Besuch stand sie an der Wand angelehnt. Aber da gab es ja noch
andere interessante Sachen.
Ich schaute mir noch einmal das Geschirr an, welches in der Ecke hing.
Schließlich begriff ich die Funktion des Geschirrs. Man würde darin ganz
entspannt in einer horizontalen Lage hängen, während Hände und Füße in weichen
Ledermanschetten gesichert wären. Ich lächelte als ich mir vorstellte, wie es
darin sein müsste. Doch dann drehte ich mich wieder zur der ‚Mumie’, bzw. dem
Sarkophag um.
Ich konnte mir nicht vorstellen dass es angenehm darin wäre und zögerte das Ding
zu berühren. Aber bei näherer Überprüfung fand ich heraus, dass es fast keine
Ähnlichkeit mit jenem ägyptischen Sarkophag hatte, den ich in einem New Yorker
Museum gesehen hatte. Der Sarkophag hatte den Umriss einer menschlichen Person.
Er war vielleicht ein paar Zentimeter größer als ich, aber da endete schon die
Ähnlichkeit. Dieses Artefakt bestand aus dem gleichen dicken schwarzen Material,
wie der Helm auf der anderen Seite des Raumes. Außerdem hatte das Ding modern
aussehende metallische Schließvorrichtungen und Gelenke. Es lehnte nicht an der
Wand, wie ich zuerst angenommen hatte, sondern stand auf einem stabilen Stab,
der aus dem Fußboden heraus schaute. Der Deckel war geschlossen.
Geschlossen?
Mir lief es eiskalt dem Rücken hinunter.
War der Sarkophag nicht bei meinem letzten Besuch geöffnet gewesen?
Ich konnte mich allerdings nicht mehr mit Bestimmtheit daran erinnern. Ich sagte
mir, dass es keine lebendigen Mumien gab. Obwohl... Im Licht der übernatürlichen
Ereignisse, die ich bei meinem letzten Besuch erlebt hatte, konnte ich nicht
mehr sicher sein. Ich starrte das Ding an, um es besser verstehen zu können. Ich
zögerte, denn ich hatte Angst. Dennoch berührte ich den Deckel, griff zu.
Langsam und behutsam öffnete ich den Sarkophag.