Latexdame Jannette 'historische' Korsettgeschichten

Fräulein von Eltzen

von Dave Potter Copyright ©, 2002

Alle Rechte und weitere Nutzung beim Autor.

Übersetzung: Jannette

Kapitelübersicht:
Kapitel 1: Eine verhängnisvolle Entscheidung
Kapitel 2: Ein Kleid für eine Prinzessin
Kapitel 3: Der Anfang der Ehe
Kapitel 4: Flitterwochen
Kapitel 5: Rückkehr nach Berlin
Kapitel 6: Die Freundin
Kapitel 7: Der Besuch
Kapitel 8: Die Flucht
Kapitel 9: Das letzte Kapitel

Kapitel Eins
Eine verhängnisvolle Entscheidung

Warum nur hatte sie den Vorschlag an jenem Tag akzeptiert? Herausgeputzt wie eine Weihnachtsgans wurde sie ihren Geliebten vorgestellt, und er machte ihr einen Heiratsantrag.
Anne Marie seufzte so tief, wie es ihre Einengungen erlaubten.
Sie wusste sehr wohl warum. Der Grund war ganz einfach. Sie war ein junges verliebtes Mädchen gewesen. Blind für alles andere. Das zum einen, und zum anderen wollte sie aus dem Haus ihrer Tante und Aufpasserin, Margaret von Leydenburg, entfliehen. Gut, so hatte sie ihre Möglichkeit bekommen, fort vom Haus ihrer Tante und Bewacherin zu kommen. Damals wusste Anne Marei nichts über die wahren Beweggründe ihrer Tante. Anne Marie ein Anrecht auf das Anwesen ihres Onkels, des damaligen Barons von Leydenburg. Und genau deswegen hatte Margaret von Leydenburg ihre Nichte unterdrückt und alles versucht diesen Moment zu vermeiden.
Anne Marie dachte an jene Zeit zurück.
Mit viel List, Klugheit und Überzeugungskraft war es ihre Tante gelungen, sie von der bequemen, einfachen und ländlichen Kleidung abzubringen und ihr ein Korsett anzuziehen. Sie trug ein blaues Kleid mit einem Cape, unter dem ihre Arme auf dem Rücken verbunden waren. Sogar während der Fahrt vom Bahnhof nach Hause.
Und dabei sollte es nicht bleiben! Innerhalb vierzehn Tagen glich ihr täglicher Ablauf dem eines der höhergestellten Gesellschaftsmädchen. Sie trug die neueste Mode und, sehr zu ihrem Leidwesen, streng einengende und behindernde Kleidung. Vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage die Woche.
Alles war meilenweit entfernt von ihrer glücklichen Kindheit auf dem Lande!
Nachts war sie streng geschnürt, und ihre Hände mit elastischen Bändern verbunden. Während des Tages wurden ihre Hände auf ihrem Rücken in Fesselmanschetten gelegt.
Sie wurde in sehr enge Korsetts geschnürt, ihr Hals durch ein unbequemes Halskorsett aufrecht gehalten. Ihre Füße wurden in zu kleine Stiefel gezwängt, mit vierzehn Zentimeter hohen Absätzen, welche sie zwangen kleine, tänzelnde Schritte zu tun.
Das aber nur, wenn sie sich gut benommen hatte.
Wenn aber ihre Tante der Meinung war dass dem nicht so war, und das kam weit häufiger vor als es Anne Marie lieb war, wurde ihr ein Knebel in den Mund gezwungen und ein unbequemer Monohandschuh angezogen.

Nein, dies war sicherlich nicht das Leben, nachdem sich Anne Marie gesehnt hatte. Sie wollte doch so gerne Lehrerin werden.
Ein Entkommen von dieser Tante war ein wichtiger Grund. Deshalb hatte sie sich bereit erklärt Fritz von Eltzen zu heiraten, ein Doktor aus Berlin. Doch das war nicht der Hauptgrund. Der Grund, warum sie sich an jenen schicksalsschweren Tag gefügt hatte, war, dass sie verliebt in ihn war. So einfach war das.

"So, mein Schatz, nun wirst du eine Frau", kündigte ihre Tante an jenen Abend nach dem Abendessen an.
Anne Marie antwortete nicht, da sie es nicht konnte. Ihre Tante hatte mal wieder ein Zeichen gesetzt, wie sie es nannte, wenn Anne Marie geknebelt wurde.
"Das, Anne Marie, ist ein großer Tag im Leben einer jungen Dame, fast so groß wie die Freude des Heiratens."
Aufgrund des versteinerten Gesichts ihrer Erzieherin fragte sich Anne Marie, ob sie es vielleicht ironisch gemeint hatte. Denn Margarets eigene Ehe mit Baron von Leydenburg war ohne Liebe gewesen.
"Allerdings, mit der Freude kommt auch Verantwortung."
Suzanne, ihre Gouvernante, die zweite Dame die im Zimmer saß, nickte zustimmend.
"Meiner Meinung nach eine große Verantwortung, Madame. Sobald sie eine Ehefrau ist, kann sie nicht mehr Herr über sich selbst sein, so wie sie es jetzt ist. Sie muss stattdessen all ihre Energie ihren Ehemann widmen."
'Selbstbestimmend', dachte die geknebelte und gefesselte Anne Marie. 'Wenn nur…'
"Suzanne hat Recht, meine Teuerste", fuhr ihre Tante fort. "Vollkommen Recht. Das ist der Weg, vielleicht ein bisschen altmodisch, wie ich zugeben muss. Doch trotzdem halte ich mich daran. Verantwortung fängt nicht mit der Hochzeit an, sondern schon mit dem ersten Kennenlernen."
"Madame, ich muss ihnen zustimmen", pflichtete ihr Suzanne bei.
"Jedoch Anne Marie, ich bin mir nicht ganz sicher, ob Sie tatsächlich reif dafür sind. In der letzten Zeit gab es öfters ungebührendes Benehmen ihrerseits. Angefangen damit, dass sie unaufgefordert spricht, bis hin zu ihrer Kritik gegenüber der charmanten Frau Kinnsman, welche ihr wertvolles Kleid lobte. Ich kann fast garantieren, dass sie überhaupt noch nicht so weit ist!"
'So läuft der Hase', dachte Anne Marie, der die Richtung dieses Gespräch überhaupt nicht gefiel.
"Ich befürchte, dass unsere junge Anne Marie durch uns noch mehr Ausbildung benötigt, Madame", erklärte Suzanne. "Wir müssen ihr auf ihrem Weg in ihre neue Rolle helfen."
"Ein ausgezeichneter Vorschlag, Suzanne", antwortete Margaret.
Die arme Anne Marie fing an zu weinen. Was auch immer geschah, egal wie sehr sie sich anstrengte, die zwei Damen, besonders die sadistische Suzanne, fanden immer einen Grund ihr Leben zu erschweren. Wenn sie nur frei von ihnen wäre! Jedoch, Fritz ihr zukünftiger Ehemann, hatte bestimmt, dass Suzanne nach der Hochzeit weiterhin ihre Gouvernante bleiben sollte. 'Jedoch', dachte sie, 'wird es für mich vielleicht erträglicher werden, wenn ich die Hausherrin bin.'
"So weit, so gut, das für die Zukunft. Jetzt ist es Zeit für das Bett. Gehe schon mal vor, Anne Marie, gute Nacht."
Anne Marie stand vorsichtig und anmutig auf und machte, so gut es ging, einen Knicks, bevor sie Suzanne über die Wendeltreppe zu ihrem Zimmer hinauf folgte.
Nachdem sie ihr Kleid, Korsett und die Unterröcke ausgezogen hatte, bedeutete Suzanne dass Anne Marie zur Schnürvorrichtung gehen sollte, sodass ihr Nachtkorsett angelegt werden konnte.
Das verwirrte das Mädchen, da ihr Nachtkorsett lockerer als das Tageskorsett war. Üblicherweise wurde dafür keine Schnürhilfe benötigt. Doch um mögliche negative Konsequenzen zu vermeiden, sagte sie nichts.
Suzanne bemerkte ihre Verwirrung und gab eine Erklärung, sobald sie Anne Marie mit den Handgelenken an der Stange festgebunden hatte.
"Mademoiselle, sie dürfen mich nicht so verwirrt ansehen. Sie hörten doch, was Madame unten gesagt hat. Sie brauchen eine zusätzliche Ausbildung, und diese sollte sofort starten! Sie sind Fritz versprochen und können somit nicht mehr frei sein wie ein junges Pony. Zuerst einmal sollte eine Dame in ihrer Lage keusch und jungfräulich sein. Wir dürfen es nicht versäumen sie nicht nur vor sich selbst zu schützen, sondern auch von den Nachstellungen der jungen männlichen Bevölkerung Berlins. Ihr Verlobter hat verlangt, dass sie unsere Anweisungen befolgen. Und wir beide, Madame und ich, sind vollkommen seiner Meinung."
Dann, zu Anne Maries Überraschung und Grausen, sah die Gouvernante die Garderobe durch und nahm dann eine kleine Kiste heraus. Aus dieser zog sie einen seltsamen Metallapparat hervor, den sie sofort um den nackten Schritt- und Hüftbereich ihres Zöglings anlegte. Das Metall fühlte sich kalt auf der Haut an, und ein Gitter drückte auf ihr Geschlecht. Suzanne trat hinter sie und spannte das Gerät ganz zu  fest, bevor sie es abschloss. Anne Marie benötigte nicht die Erklärung ihrer Gouvernante.
"Dieses, Mademoiselle, ist ein Keuschheitsgürtel. Es wird sicherstellen, dass sie ihre Jungfräulichkeit behalten, bis zu ihrer Hochzeitsnacht. Ich habe es abgeschlossen, und morgen wird Madame Herrn Fritz den Schlüssel übergeben."
Anne Marie konnte es nicht glauben! Sie war jedenfalls keine Jungfrau mehr, und Fritz wusste sehr wohl dass er es war, durch dem sie ihre Jungfräulichkeit verloren hatte! Sie war sich sicher, dass ihre Tante es auch wusste, dennoch sollte sie ab nun jeden Tag dieses Ding tragen. Bis zu ihrer Ehe war sie in diesem unbequemen Tugendwächter eingeschlossen. Gab es da noch irgendwas Schlimmeres, was ihr die Tante antun könnte?
Jawohl! Es gab da noch was. Suzanne fing an eine übel riechende Creme in jede Pore ihres Gesichtes zu reiben.
"Was tun Sie da, Mademoiselle", fragte sie sichtlich erstaunt.
"Anne Marie, der Tag ihrer Hochzeit ist in einem Monat. Es ist unbedingt wichtig, dass sie wunderbar aussehen. Ich bin in letzter Zeit immer mehr beunruhigt gewesen über die Veränderung ihrer Haut. Sie sieht fettig aus. Das kam wohl von den vielen Süßigkeiten, die sie gegessen haben. Diese Creme hilft ihren schönen Teint wieder optimal herzustellen."
Anne Marie konnte dem nichts widersetzen. Sie hatte neuerdings viele Kuchen gegessen, da ihre Tante ihn sehr verführerisch in jedem Raum hat stehen lassen. Das war es wohl, warum ihre Haut gelitten hatte. Folglich machte sie keinen Einwand, auch wenn die Creme einen etwas ranzigen Geruch hatte.
Suzanne machte fleißig weiter und sagte: „Die Creme soll helfen ihren schönen Teint wieder herzustellten, während die Maske hilft, dass sie frei von Falten bleibt."
'Maske? Verhüllen'?, fragte sich Anne Marie.
Suzanne zog einen Lederbeutel über ihrem Kopf und band ihn hinten zu. Sehr zu ihrem Ärger, wurde Anne Maries Sehvermögen augenblicklich durch zwei winzig kleine Löcher der Ledermaske beschränkt. Lästiger war allerdings die Tatsache, dass an der lederne Kopfhaube ein hoher und steifer Halsteil angebracht war. Er war offensichtlich länger als ihr eigener Hals, den er schmerzhaft dehnte als Suzanne die Verschnürung stramm anzog.
Als sie schließlich fertig war, fühlte sich Anne Marie, als wenn ihr ganzer Kopf in einer Presse zusammengedrückt wurde.
"Diese Kopfhaube wird ab jetzt Bestandteil ihrer Nachtkleidung sein“, erklärte Suzanne.
Die Gouvernante fuhr dann fort, das Nachtkorsett um ihren Schützling zu schnüren. Aufgrund des hohen, steifen Kragens und ihres eingeschränkten Sehvermögens konnte Anne Marie nicht sehen was passierte. Jedoch konnte sie sehr wohl fühlen, dass das Nachtkorsett länger und enger als das Gewöhnliche war.
„Und nun die Stiefel", sagte Suzanne.
'Stiefel?’, dachte Anne Marie. 'Seit wann trägt man Stiefel beim Schlafen?'
Wenn sie in der Lage gewesen wäre sprechen zu können, hätte sie ihre Gouvernante danach gefragt. Doch leider war die geschnürte Kopfhaube so eng dass sie ihren Mund nicht öffnen konnte, und somit Sprechen ein Ding der Unmöglichkeit war.
Suzanne allerdings hatte wieder ihre Verwirrung gespürt, denn sie sagte: „ Ich weiß, was sie denken, Mademoiselle. Sie denken bestimmt, dass es seltsam ist eine Dame mit Stiefeln ins Bett zu legen. Doch diese sind keine normalen Stiefel. Sie helfen ihnen bei ihren Fortschritten welche sie bezüglich hoher Schuhabsätze gemacht haben. Dafür habe ich diese Ausbildungsstiefel anfertigen lassen. Sie halten ihre Füße in einer überstreckten Haltung, wie bei einer Balletttänzerin. Und das die ganze Nacht. So können sie ihre schönen Ballettstiefel auch tagsüber leichter tragen."
Dann fügte sie hinzu: „Wir beide wissen doch, wie schön sie Fritz gefallen haben, in ihren Ballettstiefeln, nicht wahr?"

An jenem Tage hatte ihr Geliebter, als Anne Marie ihre verhassten Ballettstiefel das erste Mal vor Fritz getragen hatte, fast ebenso oft auf ihre schmerzerfüllten Füße gestarrt, als auf ihre Wespentaille.

"Und“, fügte Suzanne hinzu, „diese Stiefel haben den besonderen Vorteil ohne Absätze zu sein. So ist ein Spaziergang damit wirklich unmöglich. Das stellt sicher, dass sie in Berlin keine nächtlichen Ausflüge mit fremden jungen Männern machen können."
'Hat sie überhaupt kein Vertrauen zu mir?', dachte Anne Marie. 'Ich habe meine Zuneigung niemals jemand andern zukommen lassen als Fritz.’

Es dauerte einige Zeit, bis die Stiefel an ihren Beinen anlagen. Als sie zugeschnürt waren, verursachte ihr Körpergewicht einen so großen Druck auf ihren Zehen, dass es fürchterlich schmerzte. Sie war froh, als die Schnürerei fertig war. Suzanne klingelte nach einem Diener. Mit vereinten Kräften wurde sie von der Trapezstange gelöst und ins Bett gelegt. Suzanne fesselte dann ihre Hände in der üblichen Weise und deckte ihr Zögling zu.
"Und nun das letzte Teil“, sagte die Gouvernante. Ihre neue Kopfhaube ist zwar ohne Zweifel nützlich für Ihren Teint, sieht aber nicht sehr schön aus. Sie sehen aus wie jene Monster aus Mary Shelleys Roman. Allerdings habe ich hier diese schöne Maske, welches die Angelegenheiten gleich verbessern wird."
Suzanne zeigte Anne Marie die Maske. Sie bestand aus Porzellan und stellte das Gesicht einer hübschen Puppe dar. Die Gouvernante legte sie über Anne Maries lederne und sehr enge Kopfhaube und befestigte sie an ihrem Hinterkopf. Dann setzte sie eine Schlafmütze auf. Anne Marie schaute nun wahrlich weiblich, modisch und schlafend aus. Allerdings konnte sie nun auch nichts mehr sehen.
Blind, gefesselt, der Hals gestreckt, zusammengedrückt in der Taille und an den Beinen, sowie keusch gemacht, lag sie in ihrem Bett. Sie lag lange wach, bevor sie endlich einschlafen konnte. In ihrem Geist ließ sie die bemerkenswerten Ereignisse des Tages Revue passieren. ‚Oh wie schön wäre es diesem Haus zu entfliehen und neben meinem Geliebten Fritz unbehindert zu schlafen!’

Es sollte nicht mehr lange dauern.

Kapitel Zwei
Ein Kleid für eine Prinzessin

"Nun, Anne Marie“, kündigte ihre Tante am nächsten Morgen nach dem Frühstück an. "Wir haben eine sehr wichtige Aufgabe vor uns. Ihre Hochzeit ist in nur einem Monat. Wir haben mit den Vorbereitungen noch nicht einmal angefangen. Haben sie keine Angst, Teuerste, als wir letztens in Paris waren, gelang es mir einige Kataloge über wertvolle Hochzeitkleider von verschiedenen hoch geachteten Modehäusern zu erhalten. Sie werden nun nach dem Frühstück ein Hochzeitskleid auswählen, das ihnen gefällt."
Anne Marie war erstaunt. Warum hätte ihre Tante um Hochzeitkataloge von den Modehäusern während ihres letzten Besuches in Paris nachfragen sollen. Sie hatte doch noch keine Gewissheit, dass Fritz bereit wäre, sie zu heiraten.
"Oh seien sie nicht so überrascht, Teuerste", sagte ihre Tante, die offensichtlich ihren Gedankengang erraten hatte. "Ihr junger Herr deutete an jenem Wochenende an, dass wir mit den ‚Von Eltzens’ verbrachten, dass seine Zuneigung ihnen gegenüber sehr stark sei. Jetzt aber, Teuerste, ein anderes Thema!"
Anne Marie hatte gehofft, dass sie die Kataloge ganz normal mit ihren Hände durch blättern könnte. Zu ihrer Überraschung wurden ihr die zusammengebundenen Handgelenks- Manschetten entfernt und durch den lästigen Monohandschuh ersetzt.
"Warum?", fragte sie.
"Sie setzten wieder mal ein Zeichen während dieses Frühstücks, weil sie Madame nicht für die Kataloge dankten. Sie wissen was das bedeutet?"
„Wie soll ich die Kataloge durchsehen, wenn ich so gefesselt werde?", protestierte sie.
"Oh, seien sie nicht beunruhigt. Helga, unsere Dienerin wird die Seiten für sie umblättern. Öffnen sie jetzt ihren Mund, so dass ich den Knebel einsetzen kann."
Anne Marie tat, wie sie es gelernt hatte.
"Helga wird hier vor ihnen, beim Halten des Buches, in ihre Augen sehen. Blinzeln sie zweimal, wenn sie wünschen, dass weitergeblättert werden soll."
So verbrachte Anne Marie den ganzen entsetzlichen Morgen, aufrecht und unbeweglich auf einem Stuhl sitzend, die Kataloge anzuschauen und der Magd zublinzelnd.
Vor dem Mittagessen hatte sie sich für eine schöne Satinschöpfung der neuesten Mode, von Jeanne Lanvin, entschieden. Anne Marie fragte sich, ob es ein Problem gäbe dieses himmlische Teil zu tragen. Es hatte eine sehr schmale Taille und einen sehr engen Rock. Doch es war ein himmlisches, mit exquisitem Stickereien versehenes Kleid. Ihre Tante würde wahrscheinlich irgendetwas beanstanden. Es wäre ihr bestimmt nicht eng genug.
Margaret war jedoch hoch erfreut. "Eine gute Wahl, meine Teuerste", rief sie aus. "Ich glaube, dass sich ihr Geschmack entwickelt hat. Es ist ein exquisites Kleid. Es ist nicht für eine Prinzessin, sondern für eine edle Baronin! Wir werden uns morgen nach Paris aufmachen! Suzanne! Können sie bitte zum Bahnhof gehen und ein Erster- Klasse-Abteil für den neun- Uhr- dreißig- Zug buchen?"

Im Großen und Ganzen war die Reise zur französischen Hauptstadt weniger anstrengend als die letzte Reise. Obwohl... Anne Marie ‚genoss’ wieder einmal eine strenge Beschränkung ihrer Bewegungsfreiheit. Ihre Tante hatte darauf bestanden das neue Korsett zu tragen, welches ihr nicht ermöglichte sich in der Taille oder Hüfte beugen zu können.
"Aber wie soll ich sitzen, Madame?", fragte das verwirrte Mädchen.
"Selbstverständlich, Anne Marie, werden sie überhaupt nicht sitzen."

So verbrachte sie die ganze Fahrt, steif wie ein Brett über drei Sitze gelegt, in einem abgeschlossenen Zugabteil.
In Paris angekommen, wurde Anne Marie im Modesalon erst einmal gründlich vermessen.
„Mademoiselle, das Hochzeitkleid, welches sie ausgesucht haben, wird vom Prinzip her für uns kein Problem sein", sagte die Assistentin. "Aber ich habe Bedenken wegen der Taille. Mademoiselle ist zwar schlank und attraktiv, tja, ich möchte aber behaupten, leider ein bisschen auch..., na ja, zu breit für dieses Kleid."
"Wie schmal soll ihre Taille sein", fragte Suzanne.
"Ich würde sagen, ideal wäre vielleicht etwa neununddreißig Zentimeter."

Neununddreißig Zentimeter! Das waren beinahe zweieinhalb Zentimeter weniger als zur Zeit! Der Gedanke daran entsetzte Anne Marie. Wo sie doch schon mit dem gegenwärtigen 42-Zentimeter Korsett gekämpft hatte.

"Kein Problem", sagte Suzanne, das werden wir mit ein wenig Training bewältigen."
"Äh, noch was Mademoiselle", sagte die Assistentin. „Das ist noch nicht alles. Sehen sie, wenn dieses Kleid ideal aussehen soll, müssen noch einige Modifikationen gemacht werden, um es tragen zu können. Es ist erforderlich dass die Taille fehlerlos kreisförmig geformt ist. Mademoiselles Taille ist aber etwas elliptisch."
"Wie erreicht meine Nichte eine fehlerlos kreisförmige Taille?", fragte Margaret, nun selbst etwas verwirrt.
"Madame, wir sind ein Salon für Kleider, nicht für Unterwäsche. Jedoch brauchen sie keine Bedenken zu haben. Ich bin sehr fachmännisch ausgebildet für dieses kleine Problem. Ich denke, dass es in der kürze der Zeit mit einem berühmten österreichischen Gerät zu schaffen ist. Es ist eine Art von Gürtel, von dem man sagt, dass es solche Taillen formen kann."
"Ich werde auf der Stelle so ein Gerät bestellen", ordnete Margaret an.

Der Gürtel war ein Stahlring, der um Anne Maries Taille gelegt wurde. Mit zwei zusätzlichen Stahlteilen an jeder Seite, die mit Hilfe von Schrauben, die Seiten ihrer Taille weiter zusammendrückten. So konnte eine kreisförmige Form erzeugt werden. Es wurde erklärt, dass Anne Marie für den Tag ihrer Hochzeit, schon die Nacht davor mit all ihrer Kleidung verbringen müsste. Es war allerdings eine ziemlich extreme Form der Taille und sehr schmerzhaft.

Das erste Mal, als Suzanne den Ring anpasste und begann die Seitenverkleidungen fest zu schrauben, heulte Anne Marie vor Höllenqual, bevor sie ohnmächtig wurde. Die unbarmherzige Zofe fuhr fort die Schrauben enger zu drehen.
"Sie wollen doch wunderschön aussehen für ihren Fritz, oder nicht?", fragte sie, als Anne Marie wieder anfing zu weinen, nachdem sie mit Hilfe von Riechsalz wiederbelebt wurde.
Und so ging es weiter. Den ganzen Monat vor ihrer Hochzeit führte Anne Maries ein Leben aus unendlichen Zyklen der Vorbereitungen, Schönheitsbehandlungen und extremer Taillenreduzierung. Und, um es noch schlimmer zu machen, ordnete ihre Tante an, dass sie Fritz nicht bis zu Zeremonie sehen durfte. Um es zu was ‚Besonderen’ zu machen und der Versuchung zu widerstehen, ihre kostbare Jungfraulichkeit nicht zu verlieren.
Wahrlich, wie hätte sie mit dem Keuschheitsgürtel ihre Jungfräulichkeit verlieren können? Anne Marie konnte es nicht verstehen. Dennoch war ihr Verlangen nach Fritz manchmal fast unerträglich.

Kapitel 3 und 4