Latexdame Jannette 'historische' Korsettgeschichten

Lady Patricias Welt

Wunderbare Korsett- Geschichte im Stil des neunzehnten Jahrhunderts von: Julie Prue

Alle Rechte und weitere Nutzung beim Autor.

Übersetzung: Jannette

Julie Prue hat dieses Geschichte als Ergänzung zu zwei Romanen von Stephen geschrieben.
Dabei handelt es sich um die beiden zusammenhängenden Geschichten: ‚Tante Pollys Stiefkind’ und ‚Der große Aufstand’.
Dieser Roman knüpft an Stephens zweiten Roman an und beschreibt einen Teil des Lebens vom Ehepaar Lady Patricia und Godfrey Scruttle.

Kapitelübersicht:
Vorwort
Kapitel 1
Kapitel 2: Ein Blick auf einem typischen Tagesverlauf im Hause der Scruttles.
Kapitel 3: Der Brief
Kapitel 4: Eine Wiedervereinigung in der Stadt
Kapitel 5: Ein Korsett- Komplott
Kapitel 6: Die Dinner- Party
Kapitel 7: Flucht von Abbeyfield Hall
Kapitel 8: Die Wespe und der Sattel
Kapitel 9: Der ‚unerwünschte’ Landhaus- Besuch
Kapitel 10: Die Verführung von Peregine Hempbracke
Kapitel 11: Ein herrlicher Abschluss
Epilog

Vorwort

Lady Patricia Scruttle war sehr wohlhabend und außerordentlich schön. Sie besaß eine wahre Wespentaille, welche sie, obwohl sie langsam auf die Vierzig zuging, immer noch bis auf 42 Zentimeter schnürte. Ihr lockiges braunes Haar und die grünen Augen waren nur zwei auffallende Merkmale ihres sehr schönen Gesichts. Sie hatte eine sehr ungewöhnliche Jugend erlebt. Als ihre Mutter noch lebte, welche sich gegen ihre eigenen Gesellschaftskreise auflehnte, brauchte sie kein Korsett tragen. So wurde ihr Körper nicht wie gewöhnlich ab der Pubertät durch ein Korsett verformt. Als Lady Patricia achtzehn Jahre alt war, betrug ihr Taillenumfang 60 Zentimeter, und war somit meilenweit von den Taillenumfängen gleichaltriger Mädchen entfernt. Außerdem hatte man ihr nicht beigebracht wie sich eine junge Dame der höheren Gesellschaft verhalten musste. Und wäre ihre Mutter nicht so früh verstorben, wäre ihr Leben ganz anders verlaufen.

Doch dann kam Patricia unter die Obhut ihrer Tante Polly. Polly de la Coudière war eine besessene Anhängerin als auch Expertin von eng geschnürten Taillen. Sie war versessen darauf Patricia so schnell wie möglich in die höhere Gesellschaft einzuführen. Da aber Patricia keine adäquate Erziehung genossen hatte, wurde sie einem unglaublich anspruchsvollen Training unterworfen. Innerhalb nur eines Jahres musste Patricia all jene Künste lernen, welche eine junge Dame perfekt beherrschen musste. Dazu gehörte auch ein gnadenloses Taillentraining, bis ihr Taillenumfang sagenhafte 37 Zentimeter betrug. Patricia wurde bei einem Ball in die höhere Gesellschaft eingeführt. Dort traf sie auf einen jungen Mann, mit dem sie bald danach verheiratet wurde.

Zwanzig Jahre lang war Patricia der unangefochtene Mittelpunkt des allgemeinen Interesses der höheren Gesellschaft, in welche sie mit neunzehn Jahren eingeführt wurde. Damals hatte sie eine Wespentaille, welche keine andere junge Dame besaß. Die Anstrengung, welche sie erlitten hatte um einen Taillenumfang von 37 Zentimeter zu erreichen, war zu einer kleinen, immer wieder erzählten, Legende geworden.

Nur zwei Legenden, welche in der Stadt Bymead und den angrenzenden Bauernhöfen kursierten, wurden öfters erzählt.

Die Anwesenheit der unbarmherzigen Polly de la Coudière, welche im Herrenhaus der De la Coudières wohnte und mehr als drei Jahrzehnte führte, lag wie ein dunkler Schatten auf der Gegend. Miss de la Coudière war eine strenge Frau gewesen. Im Gegensatz zu ihrer sanften Schwester, welche nach ihrer Hochzeit Patricia zur Welt brachte, war Polly zu Hause geblieben um sich um ihre Eltern zu kümmern. Nachdem die Eltern verstorben waren, lebte sie sehr zurückgezogen im Herrenhaus und konzentrierte sich nur noch auf die Vervollkommnung ihrer eigenen Figur. Junge Herren, angezogen von dem riesigen Vermögen welches Polly besaß und verwaltete, fanden eine kühle und abweisende Person vor. Im Vergleich zu ihrem Verhalten, schien Grönland anziehender zu sein.
Obwohl sie in ihrem Herrenhaus abgeschieden von der Gesellschaft lebte, war es Miss de la Coudière gelungen, das Anwesen als auch die Umgebung mit ihrer düsteren und bedrohlichen Persönlichkeit zu dominieren.

Die eine Legende ging also um einen Bauern. Vermutlich hatte einer der ortsansässigen Bauern von der Dienerschaft ein Gerücht aufgeschnappt. Miss de la Coudière sollte angeblich bei einem ihrer Ausflüge erwähnt haben, dass seine Scheune ein großer Schandfleck für die Gegend wäre. Aus Angst vor ihrem Zorn riss er sofort die Scheune ab.
Die andere Legende, an die sich die Menschen jener Gegend lange erinnerten, betraf einen Esel. Dieser sollte angeblich eines Nachts auf das Dach eines Bauernhaus gelangt sein. Obwohl der Wahrheitsgehalt jener Legenden absolut fragwürdig war, hielten sie sich aufgrund ihres Humors lange im Gedächtnis der Landbevölkerung verankert.

Zusätzlich zu der beeindruckenden Größe ihrer Taille hatte Patricia auch eine bemerkenswerte Menge von Reichtum unter ihrer Kontrolle. Laut dem damaligen Gesetz gehörte natürlich ihr Eigentum und sonstiges Vermögen ihrem Ehemann Godfrey. Allerdings war es die Intelligenz, der Willen und das Durchsetzungsvermögen von Patricia, sowie die Tatsache, dass ihrem Ehemann genau das fehlte, der Grund dafür dass sie allein die Haushaltsbücher führte. Das war eine anspruchsvolle Aufgabe und unter Patricias wachsamen Augen stieg der Reichtum der Familie permanent an. Würde man allerdings genauer in den Unterlagen nachforschen, käme man zu der Erkenntnis, dass Patricia geheime Kassen führte. Patricia hatte insgeheim Vorsorge getroffen, falls ihr etwas widerfahren sollte. Möglicherweise wollte sie für den Fall einer Scheidung vorsorgen. Natürlich wusste niemand von den geheimen Kassen. Dennoch munkelten einige Landarbeiter dass es in ihrem Haus Räume geben sollte, welche mit Gold und Silber verziert wären.
Für ungefähr ein Jahrzehnt hatte Patricia mit ihrem Mann in dem besagten Haus gewohnt. Als schließlich ihre Tante Polly starb, zog sie mit ihrer Familie in das große Anwesen um.

Godfrey Scruttle, welcher seinerzeit mit Patricia verheiratet worden war, stammte aus einer Familie, welche nicht im Mittelpunkt der höheren Gesellschaft stand. Godfrey hatte, bevor er Patricia kennen lernte, ein Verhältnis mit einer Bediensteten des elterlichen Hauses gehabt. Als Akt von einer Schadenskontrolle suchten Godfreys Eltern nach einem geeigneten Mädchen aus der höheren Gesellschaft, welche obendrein eine wahrlich eng geschnürte Taille haben musste. Er sollte mit jenem Mädchen verheiratet werden, um das Mädchen aus niedrigerem Stand, in welches er sich unsterblich verliebt hatte, rasch zu vergessen. Die Ehe zwischen Lady Patricia und Godfrey Scruttle wurde rasch arrangiert. Doch sie war weit davon entfernt eine normale Ehe zu sein, denn Godfrey spielte nur nach außen den Hausherrn. Godfrey war kein besonders intelligenter Mann. Sehr schnell begann Patricia den Haushalt zu führen. Dafür gab es zwei Gründe. Der erste Grund war der, dass Godfrey unfähig war sich mit etwas zu befassen was seine Konzentration forderte. Der zweite Grund war seine sexuelle Veranlagung. Sobald er eine Frau mit einer zierlichen Taille sah, war es um ihn geschehen. Er war bereit fast alles zu tun was sie von ihm wollte. Dadurch war der Teil, den Godfrey in der Ehe ausübte, nicht viel mehr als ein Aushängeschild. Er spielte den Gastgeber bei festlichen Anlässen und von Zeit zu Zeit benötigte Patricia seine Unterschrift unter wichtigen Dokumenten.

Es gab aber auch noch eine dritte Person, welche nicht unerwähnt bleiben darf:

Corinna Badsteel war die Tochter eines Chirurgen gewesen. Herr Badsteel hatte gehofft über die Ehe seiner Tochter mit einem jungen Mann der höheren Gesellschaft selber aufsteigen zu können. Dieser Irrglaube führte dazu, dass eine erhebliche Menge der finanziellen Mittel dafür aufgebracht wurde um Corinna wie die Damen der höheren Gesellschaft auszubilden und einzukleiden. Zu diesem Irrglauben war er gekommen, da er als Chirurg sehr oft mit den Mitgliedern der höheren Gesellschaft zu tun hatte und meinte dort anerkannt zu sein. Doch genau jene höhere Gesellschaft ignorierte sein Vorhaben als auch seine schöne Tochter. Die hohen Kosten für die Kleider und die Ausbildung seiner Tochter trieb die Familie fast in den Ruin. Um einen Bankrott zu vermeiden, musste Corinna eine Stelle als Gouvernante antreten. So bekam sie eine Stelle, um die Töchter der Familie Scruttle zu erziehen. Dabei lernte sie Godfrey kennen und er verliebte sich in sie. Das daraus resultierende Ergebnis war die Schwangerschaft von Corinna. Um einen Skandal zu vertuschen gab ihr die Familie Scruttle einen großen Geldbetrag. Sie musste sich verpflichten niemand etwas zu erzählen und das Land sofort verlassen. Corinna ging nach Amerika, wo sie das Kind zur Welt brachte. Dort gab sie es in die Obhut einer wohlhabenden Familie. Danach kehrte sie wieder nach England zurück und gründete die Accademia della Vespa, ein Mädchenpensionat für wohlhabende Eltern. Die Schule war sehr erfolgreich, bis an jenem Tag, als einige Schülerinnen sich gegen die harte Erziehung von Miss Badsteel auflehnte. Eine der Anführerinnen war die Tochter von Godfrey: Netta Scruttle. Aufgrund des Versagens die Schulklasse des Jahrgangs 1902 ‚richtig’ zu erziehen, war der Ruf der Accademia della Vespa ruiniert und die Schule musste geschlossen werden. Zu jenem Zeitpunkt befand sich Corinna Badsteel in einer ziemlich furchtbaren finanziellen Situation, ganz im Gegensatz zum Leben von Lady Patricia und Godfrey Scruttle.

Kapitel Eins

Wir finden Lady Patricia in der Morgendämmerung vor...

Ein Blick durch das Schlafzimmerfenster ließ die Morgendämmerung erahnen, denn draußen herrschte nicht mehr die Schwärze der Nacht. Die Sterne waren nicht mehr am dunklen Firmament zu sehen. Stattdessen färbte sie der Horizont und wurde dunkelrot. Die Sonne würde bald aufgehen. Mit den ersten Sonnenstrahlen würde nicht nur die Natur aus dem Schlaf geweckt werden, sondern auch die Menschen. Sie würden aufstehen, um ihre Morgenpflichten zu erfüllen.

Es gab dort eine ganz besondere Person, welche stets kurz vor Sonnenaufgang aufstand. Als das dunkelrote Band am Horizont verblasste und der Himmel zart blau wurde, öffnete sie langsam ihre Augen und ihr Blick ging nach draußen. Langsam schlossen sich wieder ihre Augenlider, als ob die Müdigkeit der Nacht noch einmal die Oberhand gewinnen würde. Allerdings widerstand diese Person den Ouvertüren des Schlafes und sie zwang sich ihre Augen weit zu öffnen.
Patricia ließ sich selten von derartigen körperlichen Sehnsüchten verleiten. Sie hatte gelernt ihren eigenen Weg zugehen, ohne Kompromisse und Mitleid sich selbst gegenüber. Wenn sie also für sich selber bestimmt hatte wach zu bleiben, musste sich der Körper ihrem Wunsch fügen. Obwohl ihre Augenlider schwer wie Blei waren, blieben sie geöffnet.
Patricia konzentrierte sich auf das Fenster und erkannte langsam das dichte Grün, welches in einiger Entfernung zu sehen war. Sie sah dichte Wälder und saftige Wiesen in der hügeligen Landschaft. Das Morgenrot verblasste immer mehr. Es war ein schöner Anblick. Liebend gerne wäre sie liegen geblieben und hätte den ganzen Tag jenen Anblick genossen. Aber sie hatte Wichtigeres zu erledigen, um das sie sich nun kümmern musste.
Nur allzu ungern drehte Patricia ihren Kopf und erblickte den Baldachin, welcher von vier stabilen Bettpfosten gehalten wurde. Magentarote Seide war dieses Jahr die neue Farbe für das Schlafzimmer und hatte den alten hellblauen Baldachin ersetzt. Patricia versuchte sich an das letzte Jahr zu erinnern, doch sie konnte sich nicht mehr daran erinnern welche Farben noch modern waren. Während sie überlegte, vernahm sie ein Geräusch und drehte ihren Kopf noch weiter herum.
Ihr Ehemann Godfrey schnarchte. Patricia betrachtete den neben ihr liegenden hageren Mann. Sein Gesicht zeigte einen zufriedenen Ausdruck, wie es jemand macht, der unbekümmert schlafen kann. Er schlummerte selig vor sich hin und bekam nichts von seiner Umwelt mit. Allerdings bekam er auch im wachen Zustand nicht viel mehr mit. Der Mann drehte sich um und lag nun nicht mehr zusammengerollt wie ein ungeborenes Kind, sondern mit ausgestreckten Gliedmaßen auf dem Rücken. Sein Kopfkissen war verrutscht und lag nun mehr unter seinem Nacken, sodass sein Kopf nach hinten überstreckt wurde. So war sein ausgeprägter Adamsapfel noch deutlicher zu sehen. Patricia konnte nicht anders, sie musste über diesem Mann, der ihr Ehemann war, lächeln. Denn er hatte ihr während all der Ehejahre stets zu Füßen gelegen und ihr viele schöne Stunden gegeben. Die Ehe mit ihm hatte sich als eine glückliche Fügung für ihr erwiesen.
Patricia wandte sich von ihrem Ehemann ab und dachte über den vor ihr liegenden Tag nach. Nach ihrer üblichen Morgenroutine und dem Frühstück würde sie sich wieder um die Geschäfte kümmern. Sie hatte die Erlaubnis ihres Ehemannes sich um den finanziellen Haushalt als auch um das Vermögen der Familie zu kümmern. Danach bliebe ihr noch genügend Zeit ein gutes Buch zu lesen. Doch zuerst müsste sie ihre Nachtkorsett ablegen und sich waschen.
Patricia schaute in jene Richtung, wo sich ihr Badezimmer befand. Sie konnte natürlich nicht die Tür sehen, denn der sanfte Anstieg ihres nach oben gedrückten Busens war im Weg. Außerdem lag sie wegen des langen Nachtkorsetts gerade wie ein Besenstiel im Bett. Sie konnte nicht ihren Kopf anheben um über den steilen Brüsten zur Badezimmertür zu schauen. Trotzdem versuchte sie es und erhaschte nur einen winzigen Blick auf die Tür. Sie ließ wieder ihren Kopf auf das Kopfkissen fallen und entspannte sich einen Moment. Dann stieß sie einen leisen Seufzer aus und beschloss aufzustehen. Sie wollte sich für den Tag vorbereiten.
Patricia drehte sich auf die Seite, schob die Beine über die Bettkante, und erhob sich langsam, sodass sie aufrecht saß. Das tat sie so sanft wie möglich, um nicht den Schlaf ihres Ehemanns zu stören. Ihre Schlafzimmerhausschuhe standen genau dort, wo sich nun ihre Füße befanden. Ihr ganzes Eheleben lang hatte sie diesen morgendlichen Vorgang perfektioniert. Dies war aber nur ein kleiner Teil der vielen routinemäßigen Aufgaben in Patricias Welt. Keine Aufgabe war zu unbedeutend um nicht auch diese zu perfektionieren. Patricias Füße rutschten langsam in die engen und mit hohen Absätzen versehenen Hausschuhe hinein. Da das Korsett ihren Oberkörper versteifte und ihren Busen ziemlich stark nach oben drückte, hatte Patricia lernen müssen ihre Hausschuhe ‚blind’ anziehen zu können. Die meiste Zeit ihres Lebens versperrten ihr die Brüste den Blick nach unten.
Ihre Hausschuhe waren nicht nur stabil, sondern auch sehr edel und teuer. Sie waren mit blauer Spitze verziert und über den Zehen befand sich eine große Schleife. Natürlich konnte sie nicht ihre schönen Hausschuhe bewundern, da Patricia sie nicht sehen konnte wenn sie die Schuhe trug.
Mit einer eleganten Bewegung stand Patricia auf. Sie glitt fast lautlos durch das Schlafzimmer zur Badezimmertür hinüber. Sie konnte sich schnell bewegen, ohne dass es hastig aussah. Sie konnte es vermeiden laute Geräusche dabei zu machen, ohne dass es aussah sie würde schleichen. Und das trotz der Hausschuhe, welche 8 Zentimeter hohe Absätze hatten. Diese damenhafte Demonstration, war ihr in Fleisch und Blut übergegangen, als hätte sie nie etwas anderes getan.
Lautlos betrat sie das Badezimmer. Als Patricia die Tür hinter sich schloss, sah sie etwas, das ihr sehr missfiel. Die Badewanne, in der sie ihre Bäder nahm, war nur zur Hälfte mit warmem Wasser gefüllt. Das Dienstmädchen, dem sie diese Aufgabe übertragen hatte, legte noch einen starken Mangel an Koordinationsfähigkeit an den Tag. Sie wusste immer noch nicht wie viel Zeit sie für bestimmte Tätigkeiten einplanen musste. Die gegenüberliegende Tür war weit geöffnet. Ein weiteres schlechtes Zeichen. Das Mädchen hatte versäumt die Tür geschlossen zu halten.
Jene Tür wurde von den Dienern benutzt, damit sie im Badezimmer ihre Aufgaben ausführen konnten ohne das Schlafzimmer der Herrschaft betreten zu müssen oder gar die Dame des Hauses zu stören. Patricia stieß trotz des eng geschnürten Korsetts einen maßvollen Seufzer aus.
Als Marjorie noch diese Aufgaben tätigte, war alles stets im richtigen Moment erledigt. Es hatte immer den Anschein als ob die betagte Jungfer einen sechsten Sinn für Patricias Wünsche hatte.
Sie war schon etwas älter gewesen, als Patricia noch ein Mädchen war, und nun war sie wahrlich sehr alt, unfähig diese Aufgaben auszuführen. Sie hatte auch nicht mehr die Kraft ein Korsett schnüren zu können. Trotzdem sorgte Patricia dafür dass Marjorie weiterhin im Anwesen wohnen durfte. Die Frau war Patricia stets treu ergeben geblieben und hatte sich immer um sie gekümmert, seit ihrer Kindheit. Patricia schätzte ihre Treue sehr, und so sorgte sie dafür dass Marjorie für den Rest ihres Lebens sicher versorgt war.
Während Patricia an Marjorie dachte, trat das Mädchen ein, welche die Rolle der alten Dienerin übernommen hatte, oder es vielmehr versuchte. Das junge Mädchen zuckte vor Schreck zusammen als sie Patricia neben der Badewanne stehen sah. Die Hausherrin sah nicht sehr glücklich aus. Das Mädchen blieb mit einem Eimer voller heißem Wasser stehen und schaute entsetzt drein.
„Ich bitte um Verzeihung, Lady Scruttle. Ich bin gerade im Begriff ihr Bad vorzubereiten. Aber das dauert länger als erwartet.“
„Das sehe ich“, antwortete Patricia mit einer Stimme, die zwar nicht verärgert klang, der aber zweifellos jede Wärme fehlte.
Das junge Mädchen machte den Eindruck, als ob es jeden Moment anfangen wollte zu weinen. Sie befürchtete wohl ihre Stelle zu verlieren. Ihre Hände zitterten und das Wasser drohte auf dem Fußboden verschüttet zu werden.
„Willst du mein Badewasser einlassen oder den ganzen Tag dort zitternd stehen bleiben?“
Das junge Mädchen blieb kurz regungslos stehen. Es schien, als musste sie die Worte verdauen. Sie sah wie ein hilfloses Kaninchen aus, das von einer Schlange hypnotisiert wurde. Doch dann hob sie den Eimer hoch und schüttete das heiße Wasser in die Badewanne. Schnell verließ sie das Badezimmer um noch mehr warmes Wasser zu holen. Patricias Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln, als sie dem Mädchen hinterher schaute.

Jeder, der für sie arbeitete, ausgenommen Marjorie, fürchtete sich vor ihrem Zorn fast zu Tode. Die Dienerschaft war sicherlich dankbar für Patricia arbeiten zu dürfen, denn sie wurden gut entlohnt. Allerdings konnte Patricia keinen Fehler verzeihen. Es war schwierig das von Patricia geforderte hohe Niveau zu erfüllen.
Einst hatte ein Diener, aus Dummheit oder Versehen, Dreck ins Haus getragen. Als sofortige Reaktion hatte Patricia nicht nur den Mann entlassen, sondern auch seine ganze Familie aus dem angrenzenden Haus werfen lassen, welches zum Anwesen gehörte und an die Familie vermietet worden war. Der Mann hatte vor ihr auf Knien gelegen und um Gnade gebettelt, aber sie war eiskalt geblieben.
Patricia hatte es nicht getan, um grausam zu sein. Sie wollte nicht, dass ihre Diener sie hassen. Allerdings, und das war ihre Sicht der Dinge, zog sie es vor dass man sie eher fürchtete als verehrte. Sie genoss es zwar dass ein Diener sie hin und wieder lieben durfte. Und dafür bekam er auch eine großzügige Extra- Entlohnung, aber für ihr war es keine wahre Liebe, sondern mehr eine Demonstration ihrer Macht. Angst war ein ganz anderes Instrument. Man konnte bei ihr gutes Geld verdienen, doch es bestand das Risiko beim kleinsten Fehler alles zu verlieren, auch die Wohnung. Ein Risiko, dass es wert war genau überdacht zu sein.

Während das heiße Wasser eilig in die Badewanne gegossen wurde, bewunderte Patricia im Spiegel ihr Ebenbild. Sie war 39 Jahre alt, aber sie wirkte immer noch um viele Jahre jünger. Wenn sie einige ihren Tricks und ihren Charme anwandte, konnte sie glatt für Mitte Zwanzig gehalten werden. Ihre Schönheit erfüllte die Männer mit Verlangen, und Frauen mit Neid. Niemand, der sie traf, konnte es beschreiben, aber alle waren sich darin einig, dass sie das beste Beispiel für weibliche Schönheit war. Ihr lockiges braunes Haar sah wie Seide aus. Die Locken fielen in Kaskaden über ihre Schultern bis weit auf den Rücken. Ihre Augen waren so grün wie Smaragde und schienen genauso wie jene Edelsteine zu funkeln.
Allein ihr Gesicht reichte aus um alle zu bezaubern. Und dann gab es noch diesen wunderbaren Körper! Patricia betrachtete die anmutigen Kurven ihres Körpers. Während all der Jahre blieb ihre Taille immer noch die schlankste Taille ihrer Generation. Ihre Korsetts hatten sich mit der Zeit erstaunlicherweise wenig verändert. Sicher, sie schaffte es nicht mehr ihren Taillenumfang bis auf 37 Zentimeter zu reduzieren, wie einst in ihrer Jugend. Doch sie schaffte es immer noch einen Taillenumfang von 42 Zentimeter zu halten. Das weiße Korsett, welches über ihrem Nachthemd geschnürt war, hatte einen Taillenumfang von 47 Zentimeter. Diesen Umfang konnte sie ohne Probleme den ganzen Tag ertragen. Das war das Ergebnis ihrer gründlichen Taillenausbildung. Für ihre Tagesaktivitäten ließ sie sich bis auf 44 Zentimeter schnüren. Sie hatte herausgefunden, dass sie mit diesem Umfang sehr gut klar kam, und dennoch der Druck groß genug war.

Das Bad war schnell von der Magd gefüllt worden. Dann stellte sie sich neben die Badewanne. Sie schien immer noch ziemlich nervös zu sein, hatte aber wieder ihre Fassung zurück gewonnen. Während Patricia wartete, dass sich das Badewasser noch etwas abkühlte, ließ sie sich ihr Korsett von der Magd langsam aufschnüren. Das Korsett wurde vorsichtig, von Pausen begleitet, immer nur um wenige Zentimeter gelockert. Während die Magd dies tat, hielt sich Patricia an einer an der Wand befestigten waagerechten Stange fest. Da sie die meiste Zeit ihres Lebens in engen Korsetts verbracht hatte, konnte sie nicht mehr ohne die stützende Kraft eines Korsetts ihren Körper aufrecht halten. Sie war sogar unfähig ohne ein fest geschnürtes Korsett stehen zu können.

Sobald die Magd das Korsett auf ein Gestell gestellt hatte, half sie Patricia die restliche Kleidung abzulegen und in die Badewanne zu setzen. Patricia war innerlich ganz nervös. Sie befürchtete dass das Mädchen sich ungeschickt anstellen könnte und sie sogar umfallen würde. Doch entgegen allen Befürchtungen saß Patricia schließlich unversehrt in der Badewanne. Sie seufzte erleichtert als die Wärme des Wassers in ihren Körper drang und es überall angenehm prickelte. Ihre Arme ruhten auf den Rändern der Badewanne, während ihr Kopf sich an ein kleines Kopfkissen lehnte, welches für ihre Bequemlichkeit dort befestigt worden war. Nur während ihrer Morgen- und Abendbäder trug Patricia kein Korsett. Ihre Lungen, ständig von den verschiedensten Korsetts zusammengedrückt, konnten nun für kurze Zeit ungehindert atmen. Während die Magd ihren Körper mit einem Schwamm und etwas Seife wusch, dachte Patricia über dem vor ihr liegenden Tag nach. Er würde wohl wie all die anderen Tage, eingezwängt in der üblichen Routine, vorübergehen.

Kapitel 2