Kapitelübersicht:
Kapitel 1 (diese Seite)
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Diese Geschichte wurde für die zahlreiche Fetischisten geschrieben, die im
Internet herum surfen. Einige Leser, welche konventionelle Geschichten gewöhnt
sind, mögen die langatmigen und ausschweifenden Beschreibungen der Kleidung und
der Fesselungen lästig empfinden und vielleicht sogar überspringen. Doch seien
Sie gewarnt. Keine Quengelei. Diese Erzählung ist nicht in meinem üblichen Stil
geschrieben worden. Die Idee dazu kam zu mir während ich zu Hause mit offenen
Augen träumte. Ich hatte Radio gehört und gleichzeitig eine glänzende schwarze
und bizarre Fetisch- Statue angestarrt, die auf meinem Fernseher steht.
Während ich also dem Hörspiel zuhörte, entstand in meinem Kopf diese Geschichte.
Ich musste diese Geschichte in einem anachronistischen Stil schreiben. Fragen
Sie mich nicht warum. Ich weiß nicht einmal ob ich trotz dieser Anstrengung
Erfolg hatte. Leser meiner anderen Romane könnten diese Geschichte wortgewaltig,
langwierig und langsam finden. Ich hoffe dass die anderen sie aber so genießen
wie sie ist. Ich stehe dazu.
Dies, liebe Leserin, lieber Leser, ist die Erzählung über eine Frau, welche sinnliches Vergnügen daran hat Träume und Alpträume anderer Menschen zu erfahren, welche die Grenzen zum Übernatürlichen als auch Perversen überschritten haben. Sie hat sich entschlossen einer anderen Art des Lebens anzuschließen... es ist himmlisch.
Die Hölle kann es sicherlich nicht sein, denn ich hatte meine Gelegenheit zu fliehen, aber ich kam zurück um diese teuflische Art zu leben und zu akzeptieren. Ich bin freiwillig hier, es bleibt mir auch nichts anderes mehr übrig. Meine Geschichte beginnt vor etwa einem Jahr...
Meine Eltern waren gestorben als ich noch sehr jung war. Während der folgenden Jahre, als ich mich von diesem Schicksalsschlag erholte, brauchte ich mir keine Sorgen um meine Zukunft machen, denn meine Eltern hatten mir eine großzügige Erbschaft hinterlassen. So konnte ich ungestört studieren. Nach dem Abschluss, ich war die einzige Frau in unserer Familie und nähere Bekanntschaft mit einem Studienabschluss, konnte ich ungestört in den Tag hinein leben.
Warum sollte ich nicht? Ich war unabhängig. Natürlich war mein Leben nicht den gesellschaftlichen Regeln entsprechend. Ich verschmähte diese Regeln, die mich in meiner Entfaltung nur einengten. Die einzigen Verhaltensregeln die ich nicht ablehnte, waren die keuschen und romantischen Liebesabenteuer, sowie die angenehme Beengung meiner geliebten Korsagen und Stiefel.
Es war in dem dreiundzwanzigsten Jahr meiner Jugend, während einer
Weihnachtsfeier. Um genau zu sein, es war das Jahr 1924. Während dieser Feier
hörte ich die leise erzählte Geschichte eines Geister- Bordells in England. Zu
dieser Zeit hatte ich nicht an das Okkulte geglaubt, etwa an Gespenster und
dergleichen. Aber dieses Haus hatte einen perversen Ruf gehabt. Und schon damals
war ich fasziniert von jenen Geschichten. Ich bohrte nach weiteren
Informationen. Der Informant war ein betrunkener junger Medizinstudent, der
einen ungeschickten Versuch machte, mich für weitere Informationen verführen zu
dürfen.
Er hatte diese Erzählung von einem britischen Professor der Psychologie gehört,
der einen Gastvortrag an der Uni jenes jungen Mannes gehalten hatte. Ich
täuschte meinem Gegenüber jenes Dummerchen vor, das die Männer jener Zeit so
gerne sahen.
„Oh!“, sagte ich mit einer Stimme als wenn ich flirten wollte, „wie herrlich
böse! Was denken Sie tun die Gespenster an solchen Orten?“
Es stellte sich heraus dass er keine Ahnung hatte. Ich bohrte so lange weiter,
bis er den Namen des Gastprofessors verriet.
Ein paar Tage später stattete ich dem Professor einen Besuch ab. Nachdem ich
dem guten Doktor erklärt hatte dass ich keine Patientin sei, enthüllte ich ihm
den Grund meiner Neugier und bat höflich um eine genaue Auskunft über jenem
Mythos.
„Junge Dame, jener Ort ist kein Mythos, und es ist gefährlich ihn zu betreten“,
sagte er. „Außerdem dürfet das wohl kaum die Art sein, die eine junge Frau wie
sie interessieren dürfte.“
Ich gab ihm als Antwort, dass ich Psychologie studiert hatte. Mich interessierte
stets das menschliche Verlangen nach dem Obskuren und dem Bizarren.
So erklärte er sich bereit mir den Rest der Erzählung zu sagen.
„Das Haus war überhaupt kein Bordell, nicht im wörtlichen Sinne“, sagte er.
„Ursprünglich wurde es von einem sehr wohlhabenden Mann namens Hargreave erbaut.
Er war sehr verschlossen gegenüber den Einheimischen. Selten sah man ihn
außerhalb seines riesigen Anwesens. Dennoch bekam er regelmäßig Besuch von teils
weit gereisten und merkwürdigen Besuchern, die zwar Wohlhabend zu sein schienen,
aber auch einen ebenso rätselhaftem Charakter hatten. Es wurde gemunkelt, dass
die Besucher nur deswegen kamen, um die bizarrsten und dekadentesten Vergnügen
zu erleben, die sich Hargreave und seine Leute ausdachten. Es wurde ebenso
gesagt, dass er ein Harem von schamlosen Frauen unterhielt, und jede von ihnen
sollte ebenso zügellos und verrückt wie er sein. Weiteren Gerüchten zufolge war
der Hausherr weit mehr dem perversen Vergnügen erlegen als all die anderen
Gäste. Mehr sogar noch als jeder bis dahin sterbliche Mann. Auf jeden Fall wurde
er eines Frühjahrs plötzlich krank und verstarb sehr unglücklich innerhalb nur
weniger Tage. Er hatte sich beklagt nicht das alles erleben zu können, was er
sich noch vorgenommen hatte. Der Legende nach soll sein Geist in dem Haus
herumspuken und ahnungslose Frauen anlocken und sie für immer zu seinen
geheimnisvollen Dienern machen. Glücklicherweise befindet sich das Haus in einem
entlegenen Tal und wird selten aufgesucht. Ich glaube, dass es jetzt jemandem
aus Deutschland gehört, der darauf besteht das Haus leer stehen zu lassen und es
weder restauriert noch verkauft.“
Der Professor senkt seine Stimme zu einem geheimnisvollen Geflüster. Als er
weiter sprach verstand ich warum viele Menschen Psychologen als verkappte
Perverse hielten.
„Der beste Teil der Erzählung kommt noch. Vermutlich haben einige Frauen aus den
verschiedensten Teilen der Welt das Herrenhaus ohne Begleitung besichtigt. Ob
aus wissenschaftlicher Neugier oder aus Neugier wird nicht erzählt. Aber laut
den Einwohnern wurde nie mehr eine der Frauen gesehen!“
„Aber die Polizei hat doch Untersuchungen angestellt?“, fragte ich ungläubig.
„Sie wurden niemals benachrichtigt. Die ganze Erzählung wird von den Einwohnern
geheim gehalten. Sie haben kein Interesse daran dass es nach außen publik wird.
Viel lieber würden sie das Herrenhaus und all die damit verbundenen Geheimnisse
vergessen. Zudem hat niemand jemals nach diesen Frauen nachgefragt. Darüber sind
die Einwohner nur zu glücklich. Schlafende Hunde soll man nicht aufwecken, wie
man so sagt. Sie fürchten sich selber vor diesem geheimnisvollen Ort. Sie sagen,
dass sie merkwürdige Lichter in dem Haus gesehen haben. Und was noch schlimmer
ist: Wenn jemand nachts vorbeigeht, hört man Angsteinflössende Geräusche und ein
Stöhnen.“
„Wie ... seltsam“, war meine einzige Antwort.
Mein Geist war in einem Zustand der Erregung, mein Herz schlug mit einem
unbekannten Verlangen. Ich MUSSTE den Ort besichtigen, selbst wenn sich meinen
Verdacht bestätigen würde dass die ganze Erzählung nur ein Trick sei um
Touristen anzulocken.
Heute kann ich zugeben, dass ich genau nach diesem Mysteriösem gesucht hatte.
Damals war ich aber noch nicht sicher wonach ich suchte. Was ich bis dahin fand,
hatte mich nicht befriedigt. Trotz meiner häufigen Liaisons mit den örtlichen
‚Don Juans’ führte ich ein solides Leben. Ich lebte allein in dem Haus, in dem
mich meine Eltern groß gezogen hatten. Es war vertraut und kostbar, und ich sah
keinen Grund das Eigentum, das sie so liebevoll gebaut hatten, trotz der
großzügigen Hinterlassenschaft zu verlassen.
Allein. Ja, ich war einsam, und es langweilte mich. Meine Beziehungen zu
verschiedenen Geliebten änderten nichts an dem Gefühl der Einsamkeit. Selbst
meine verschiedenen gesellschaftlichen Aktivitäten änderten nichts daran.
Es dauerte einige Wochen all meine Angelegenheiten zu ordnen. Da ich nicht
wollte dass ich ständig von selbsternannten Rettern und diversen Besserwissern
aufgesucht werden würde, sagte ich nichts über meinen wahren Reisegrund. Ich
erzählte vielmehr dass ich vor hatte aus beruflichen Gründen für mehrere Jahre
in einem fernen Land zu leben.
Natürlich hatte ich nicht die Absicht das zu tun, aber ich wollte meine
Privatsphäre schützen. Ich hielt nichts von den wohlgemeinten Ratschlägen der
anderen, die mich vor meinen eigenen Aktivitäten schützen wollten.
Die Reise über dem Atlantik, abgesehen von üblichen Bordaktivitäten, war ohne
besondere Vorkommnisse. Gut, es gab da einen jungen, gut aussehenden Seemann. Er
war Ingenieur oder Funker... aber ich weiche ab. Die einzige Unterhaltung, die
ich während der Reise hatte, abgesehen von den Unterhaltungen mit meinem jungen
Ingenieur, waren meine ganz persönlichen Modevorführungen, welche immer wieder
für Aufruhr sorgten.
Wie daheim, pflegte ich mich im Stil der vergangenen Epoche zu kleiden, und das
trotz meiner Jugend. Ich trug eng geschnürte Korsagen und eng anliegende
Kleidung. Wenn man jemand die Schuld geben müsste, dann war es meine geliebte
Mutter, die stets darauf gedrungen hatte aufs engste geschnürt zu sein, egal
welche Temperaturen herrschten. Sie hörte auch nicht auf den aufblühenden
Gesundheitswahn und den vielen Gesundheitsaposteln, die solch strenge
Einschnürung für überholt und ungesund hielten. Ich glaube, ich war sieben oder
acht Jahre alt, als ich nach meinem eigenen Korsett fragte. Ich hatte damals
geweint, als es mir verwehrt wurde. Das hatte sich aber schnell geändert, und im
Alter von 23 Jahren besaß ich eine beachtliche Sammlung von handgefertigten
Korsagen, von denen viele aus Leder bestanden und Federstahleinlagen hatten um
sie steif und unnachgiebig zu machen. Meine wirklich schmale Taille, die ich
aufgrund des jahrelangen Korsetttrainings erlangt hatte, verursachte ein
wahrlich großes Aufsehen, als ich zum ersten Mal auf dem Promenadedeck erschien.
Wenn ich abends in den Salon ging, sorgte ich für noch mehr Verwirrung.
Der Grund war wohl meine schmale Taille, und vielleicht noch mehr meine eng
anliegenden Lederhandschuhe. Sie wurden mit 22 Knöpfen geschlossen. Trotz der
warmen und schwülen Seeluft, es war Mitte Juni, beharrte ich darauf mich korrekt
zu kleiden, was von einigen wohlhabenden Matronen mit Kopfschütteln quittiert
wurde, da sie mehr die Bequemlichkeit der Reise schätzten.
Ich beantwortete höflich deren Fragen, allerdings sagte ich nicht immer die
volle Wahrheit. Ich war der Meinung, dass sie nicht wirklich wissen mussten
warum es mit so sehr gefiel derart einschränkende und eng anliegende Gewänder zu
tragen. Denn wenn sie gewusst hätten, was ich oft unter meinen Unterröcken trug,
man hätte mich wohl bei der Ankunft in London verhaftet!
Ich erreichte die nette kleine Ortschaft Harrowgate, südlich von London, und
mietete ein Zimmer in der einzigen Herberge der Stadt. Ein paar harmlose
Anfragen bestätigten die Nachforschung, die ich getan hatte bevor ich Amerika
verlassen hatte. Der Landsitz war den Stadtmenschen wohlbekannt, aber sie waren
nicht gewillt darüber zu sprechen. Niemand wollte mir sagen wo sich das Haus
befand. Es kam mir so vor, als wenn jener Ort eher unerwünscht war, als das er
Angst und Schrecken verbreitete. Ich begann, meine Theorie über einem
Touristenanreiz zu überdenken.
Ich besuchte das kleine Stadtarchiv. Nirgends fand ich einen Hinweis bezüglich
der genauen Lage des Hauses. Ich fand nur einen Hinweis auf einem seltsamen
Vorfall bezüglich Lord Hargreaves Anwesen. Allerdings waren wichtige Details,
außer zwei obskuren Notizen, herausgerissen oder unkenntlich gemacht worden. Aus
diesen beiden Notizen, die wahrscheinlich übersehen worden waren, konnte ich
ersehen, dass ein spezialisierter Handwerker von Lord Hargreave gesucht wurde.
Die andere Notiz betraf eine Anmerkung bezüglich einer Steuerzahlung über eine
große Warenladung Naturkautschuks von den westindischen Inseln.
Nach zwei Tagen der beharrlichem Nachforschung, die meiste Zeit hatte ich damit
verbracht die Einwohner davon zu überzeugen dass ich Forscherin einer berühmten
amerikanischen Universität sei und meine Entdeckungen streng vertraulich bleiben
würden, lernte ich einen Geschäftsinhaber kennen, der anscheinend etwas wusste.
Ich war per Zufall über sein Geschäft gestolpert. In seinem Schaufenster hatte
ich ungewöhnliche Schuhe und Stiefel entdeckt. Die Absätze waren sehr hoch und
schmal, und ich hatte angenommen dass sie unpraktisch sein müssten, denn die
Absätze sahen sehr zerbrechlich aus. Einige Stiefel reichten sogar höher hinauf
als üblich. Sie reichten über die Knöchel hinauf. Einige bedeckten sogar das
ganze Bein! Ich war sofort fasziniert davon, und gleichzeitig dachte ich mir,
dass wenn irgendjemand etwas über Lord Hargreave und seinem berüchtigtem Anwesen
wissen müsste, dann dieser Mann. Ich wurde nicht enttäuscht.
Nachdem wir uns ein paar Minuten unterhalten hatten, fiel mir ein, dass
dieser ältere Schuster eigentlich als junger Mann Schuhe für Lord Hargreave
angefertigt haben müsste, da er bei seinem Vater in die Lehre gegangen war. Er
war nicht gewillt über das Haus zu reden, bis ich mein Interesse an seine
Stiefel kund tat und versprach ein Paar sehr ausgefallener Stiefel zu kaufen.
Es war mir schon aufgefallen wie köstlich böse es sich anfühlen würde diese
Stiefel, verborgen unter meinen Unterröcken, tragen zu dürfen.
Danach ließ er sich dazu hinreißen mehr über jenes Thema zu sagen. Er hatte
offensichtlich sein Vergnügen daran über die oft sehr perversen Aufträge von
Lord Hargreave zu reden. Er beschrieb liebevoll jedes Detail von einigen sehr
einengenden Sachen. Es waren nicht nur Schuhe, die er und sein Vater für den
Lord über viele Jahre angefertigt hatten. Sicherlich wollte er mich nicht
schockieren (er hätte es bestimmt nicht geschafft), aber allein das, was er
sagte, entfachte in mir ein Feuer der Begierde. Mein Verlangen diesen
rätselhaften Ort zu besichtigen, wuchs ins Unermessliche. Schließlich hatte ich
ihn so weit. Ich stand kurz davor den genauen Standort des Hauses zu erfahren.
Obwohl er vorher so von dem Haus geschwärmt hatte, warnte er mich plötzlich
eindringlich und fast ängstlich davor. Auch er war überzeugt, dass dort
schreckliche Dinge geschehen würden. Sobald ich den Standort von ihm erfahren
hatte, entspannte ich mich etwas, denn es war schon zu spät für einen Besuch,
obwohl das Anwesen überraschenderweise nur eine Stunde vom Ort entfernt lag. So
blieb ich eine weitere angenehme Stunde bei ihm und ließ meine Beine und Füße
für zwei Paar seiner phantastischen Stiefel vermessen. Das erste Paar, ich
schätzte dass sie der kommenden Mode voraus waren, waren Stiefelletten die nicht
geknöpft, sondern geschnürt wurden. Aus diesem Grunde würden sie viel besser
passen. Außerdem hatten sie im Gegensatz zu meinen anderen Schuhen diese
unmöglich hohen Absätze. Der Schuster sagte, sie wären 12 Zentimeter hoch. Die
Absätze waren dünn wie Bleistifte. Er versicherte mir, dass sie entgegen meinen
Vermutungen nicht abbrechen würden, denn es waren Rundstähle eingearbeitet.
Ich bestellte diese Stiefelletten, allerdings aus dem neuen Lackleder, das erst
kürzlich in England publik geworden war. Er sagte, dass er es in New York
bestellen müsste, und dass ich dafür eine Extra- Prämie zahlen müsste. Das
andere Paar waren seine ungewöhnlich hohen Stiefel. Sie würden bis zu meinen
Schritt reichen. Der Gedanke daran dass meine Beine bald bis zum Schritt in den
eng geschnürten Stiefeln stecken würden, erregte mich. Ich bestand auf genaueste
Vermessung meiner Beine.
Der Geschäftsinhaber war über meine Bestellung erfreut, und als ich fragte wann
sie denn fertig seien, überraschte er mich mit der Zusage dass ich sie drei Tage
nach Eintreffen des Leders abholen könnte. Ich beschloss sie anzubehalten und
damit das Geschäft zu verlassen, wenn ich sie abholen würde.
Nach einigen Erledigungen in der Stadt, mietete ich für den nächsten Morgen
einen kastanienbraunen Wallach, um einen Ausflug machen zu können. Danach kehrte
ich auf mein Zimmer zurück.
Ich erwachte am anderen Tag aus feuchten Träumen des verbotenen Vergnügens.
Eine kurze Reinigung mit einem feuchten Schwamm erfrischte mich und ich
frühstückte in einer äußerst undamenhaften Kleidung. In meinem Kopf tummelten
sich die unwahrscheinlichsten Fantasien.
Ich hatte mich für den Ausritt angezogen. Vielleicht hatte meine Kleiderwahl mit
dem mysteriösen Ort zu tun? Obwohl, woher sollte ich wissen, was mich erwartet?
Ich hatte mein strengstes Leder- und Stahlkorsett angelegt. Zuerst zuckte ich
ein wenig zusammen, obwohl ich die feste Umarmung kannte. Darüber trug ich ein
sehr eng anliegendes englisches Reitkostüm aus braunem Leder. In jeder Zeit
eigentlich ziemlich unkonventionell für eine Dame aus der Stadt, aber ich war ja
immer eine unkonventionelle Dame gewesen. Das Ensemble bestand aus engen, in
hohen Stiefeln steckenden Leder- Reithosen, einer körperbetont eng anliegenden
Reitjacke, welche meine stark geschnürte Taille bestens zur Geltung brachte, und
einer Bluse mit hohem Rüschenkragen.
Zusätzlich trug ich ein Paar anschmiegsame Lederhandschuhe. Deren ungewöhnliche
Länge, sie reichten bis zu den Achseln, wurde unter den zugeknöpften Ärmeln
meiner Bluse und der Reitjacke verborgen.
Das Pferd wurde, wie Tags zuvor abgemacht, zur Herberge gebracht. Ich teilte
meiner Wirtin, eine Witwe namens Frau Robson, mit, dass ich die Absicht hatte
einen längeren Ausritt zu machen und erst gegen Abend wieder zurück sein würde.
Offensichtlich war sie zuerst darüber ziemlich entsetzt, aber dann zeigte ich
ihr zu ihrer Beruhigung meine kleine Pistole, die ich immer in meiner Tasche
trug. Ich informierte sie darüber dass wir in Amerika die Dinge anders sehen
würden und ich fähig sei alleine auf mich aufpassen zu können.
Das hatte sich fast als ein Fehler herausgestellt.
Sie sah dennoch besorgt aus und flüsterte mir als Warnung zu, mich von den
südlichen Hügeln fern zu halten. Ich versicherte ihr, dass ich mir nur die
Gegend anschauen wollte. Ich hatte natürlich was ganz anderes vor gehabt.
Ich machte einen großen Umweg, da ich zunächst auf der anderen Seite die Stadt verließ. So musste ich um die halbe Stadt herumreiten, bis ich endlich zu den südlichen Hügeln kam. Dort verzweigte sich die Landstraße. Ich wählte die kleinere Straße, die mehr und mehr zu einem Grasbewachsenen Feldweg wurde. Nach einigen Stunden kamen Zweifel auf ob ich die richtige Richtung eingeschlagen hätte. Es war bereits gegen Mittag, als ich neben dem Weg ein verwittertes Schild entdeckte.
Ich las: HARGREAVES ANWESEN – BETRETEN FÜR UNBEFUGTE VERBOTEN.
Kein Tor oder Zaun kennzeichnete die Grenze des Privatsitzes. Da waren nur zwei kleine halb überwucherte Grenzsteine neben dem Weg. Ich wusste nicht wie weit es noch bis zu dem Haus sein könnte, und so stieg ich vom Pferd ab und machte ein Picknick. Frau Robson hatte extra für mich mit viel Liebe einen Picknickkorb vorbereitet.
Nach der Mittagspause ritt ich noch eine Stunde lang weiter, bis ich hinter
einem kleinen Wäldchen plötzlich ohne Vorwarnung vor einem Herrenhaus stand. Es
war wirklich eine würdevolle Erscheinung. Es war ein heller Natursteinbau mit
ebenso hellen Dachschindeln. Trotzdem wirkte es schon ein wenig verwittert. Ein
großer Schornstein überragte ein Haus, das über ein Dutzend Räume zu haben
schien. Das Herrenhaus wurde von einer großen Wiese umgeben, die zum Haus hin
anstieg. Ringsherum standen Bäume. Ich musste zugeben, dass ich von der Größe
beeindruckt war.
Unbeirrt ritt ich zu der breiten Treppe des Haupteingangs, als wenn ich dort zu
Hause wäre, und stieg ab. Den Wallach band ich an einem der vielen Büsche fest.
Tapfer ging ich die letzten Schritte zu Fuß zu dem Eingang hinauf. Die Luft
schien still zu stehen, kein Lufthauch wehte und kein Vogel war zu hören, so
dass das Knarren meiner Reitlederkleidung unnatürlich laut zu hören war. Zögernd
blieb ich vor der riesigen Doppeltür stehen. Ich wollte zuerst gewohnheitsmäßig
an der Tür anklopfen, aber da fiel mir wieder ein, dass das Haus ja unbewohnt
sein sollte und griff nach dem Türknauf.
In diesem Moment kam mir in dem Sinn, dass eventuell Obdachlose oder
Landstreicher darin sein könnten und klopfte dann doch an. Die dumpfen Klänge
des eisernen Türklopfers hallten wie Schüsse von einer Baumgruppe zu mir zurück.
Der plötzliche Lärm ließ mich zusammenfahren. Ich meinte auch ein Geraschel von
den Bäumen gehört zu haben. Doch ich dachte mir dass ich vielleicht ein
Eichhörnchen oder ein anderes Tier durch meinen Lärm aufgeschreckt haben könnte.
Ich wartete ganz angespannt. Die Wörter aus Edgar Allan Poes Roman „The Raven“
kamen mir in den Sinn:
„Lange stand ich dort, verwundert, ängstlich, zweifelnd, mir wünschend kein Sterblicher würde mich jemals herausfordern.“
Ich sammelte noch einmal all meinen Mut zusammen und griff an den Türknauf. Langsam öffnete ich die Haustür, und entdeckte einen breiten langen Korridor mit einem großartigen Treppenhaus, welches zum oberen Stockwerk führte. Ich stand einen Moment wie versteinert da. Sonnenschein schien schräg durch die Fenster hinein und ließ den von mir aufgewirbelten Staub mit einer surrealistischen Schönheit glitzern.
Ich sah mich um und bemerkte, dass nur sehr wenig Staub auf dem Fußboden lag. Die Vorhänge, Wandteppiche und Möbel, die den Eingangbereich zierten, sahen so aus, als wenn sie erst gestern dort hingebracht worden wären. Im krassen Gegensatz zu dem verfallen aussehenden Äußeren, sah es drinnen gemütlich und bewohnt aus. Ein bisschen beeindruckend, vielleicht sogar übertrieben, aber wohnlich. Neben dem majestätischen Eindruck des riesigen Eingangsbereichs,zog etwas anderes sofort meine Aufmerksamkeit auf sich und ließ mich nicht mehr los.
Skulpturen!
Auf jeder Seite der Halle stand eine Reihe schöner Statuen von nackten Frauen
und Männern. Es sah aus, als wenn diese Figuren aus Ebenholz wären. Es gab zehn
von ihnen, fünf auf jeder Seite der Halle. Schließlich trat ich über die
Türschwelle und schritt durch den Korridor. Ich schaute mich schüchtern um.
Ich ging auf die erste Statue zu meiner Linken.
Bei genauerer Betrachtung sah ich, dass der Bildhauer die gleichen Gefühle und
Gedanken wie der Hausherr gehabt haben musste, denn seine Arbeit war sowohl
erotisch als auch bizarr. Die Frau war groß, größer sogar als ich, und wirklich
schmal, mit Hüften wie ein Junge. Aber offensichtlich war sie kein Junge, da ihr
nacktes Geschlecht in liebevollem Detail herausgearbeitet worden war. Ich
bemerkte, dass kein Haar dargestellt worden war, obwohl sie wirklich nackt war.
Sie trug ein komplexes Geschirr aus Gurten um ihren Körper, welches ihre kleinen
und festen Brüste, ihren Hals, Kopf, als auch Taille umfasste. Kleine Ringe
waren an den Gurten befestigt. Es gab keine Zweifel, dass diese dazu dienten die
Trägerin in einer erwünschten Lage, oder irgendwo an unbekannten Apparat zu
sichern. Sie trug hohe Schnürstiefel, bis zu den Knien. Ich erkannte die dünnen
Absätze wieder, die ich beim Schuster in Stadt gesehen hatte.
Die Fähigkeit des Künstlers war so großartig und so detailgetreu, dass man
meinen könnte die Statue würde jeden Moment von ihrem Sockel herunter schreiten.
Dennoch waren das Geschirr und der Körper ganz offensichtlich aus einem Stück,
und das Ganze war eine glänzende und gleichmäßig schwarze Statue. Wahrlich
unmöglich dunkel für eine menschliche Hautfarbe, sogar noch dunkler als die Haut
der schwärzesten Eingeborenen des Kongos. Ich konzentrierte mich wieder auf die
Figur und lächelte nervös, da mir aufgefallen war dass keine Holzmaserung zu
sehen war. Das Material konnte also weder Ebenholz noch ein anderes Holz sein
das mit bekannt war.
Was dann, Obsidian? Aber wo konnte man für so viele Statuen ausreichend große
Stücke finden? Und wie sollte man es bearbeiten? Obsidian war eins der härtesten
Gesteine der Natur und sehr schwer zu bearbeiten.
Meine Augen wanderten zu einer anderen Statue, die in der Mitte der Reihe stand.
Diese Statue stellte ebenfalls eine Frau dar, doch von anderen Körpermaßen und
Äußerem. Sie war ebenfalls groß, aber nicht ganz so groß wie die erste Statue.
Außerdem war sie vollkommen anders bekleidet. Es sah wie ein kompliziertes
Korsett aus. Solch ein Korsett hatte ich noch nie gesehen. Dieses Kleidungsstück
begann an den Schultern, wo es zusätzliche Schnürleisten gab, bedeckte die
Brust, hatte Öffnungen für die Arme, und verjüngte die Taille in der üblichen
S-Kurve. Dann dehnte es sich wieder zu den Hüften hin aus, und reichte hinunter
bis zu den Fußknöcheln.
Die Brüste blieben unkomprimiert, da sie durch Öffnungen über dem Brustkorb
hinausgedrückt wurden. Ein hohes zusätzliches Halskorsett hielt den Kopf der
Frau starr geradeaus. Das gab ihr eine königliche Haltung. Der Form der Statue
konnte man entnehmen, dass das Ding ganz fest geschnürt sein müsste und der
Trägerin wirklich fest am Körper angepasst war. Es war offensichtlich, dass sie
wirklich unfähig wäre sich zu bewegen, geschweige denn zu gehen. In solch einem
Gewand konnte niemand gehen. Es sah überhaupt nicht bequem aus und dennoch
reizte es mich solch ein Gewand zu besitzen, ja sogar darin geschnürt zu sein,
von den Schultern bis zu den Knöcheln.
Als meine Blicke über die Statuen schweiften, bemerkte ich, dass alle Figuren in
einer einmaligen Art porträtiert waren, die einzig dem Zweck dienten sie in
ihrer Bewegungsfreiheit einzuschränken. Als ich diese seltsamen erotischen
Kunstwerke studierte, kam mir wieder die großartige Treppe in den Sinn. Ein
plötzliches Verlangen überkam mich nach oben zu gehen, denn ich fragte mich
welche Art von Bettkammern an einem Ort wie diesem zu finden seien.
Langsam ging ich die Treppe hinauf.